Hessisches LAG, Urteil vom 31.01.2011 - 17 Sa 641/10
Fundstelle
openJur 2012, 34042
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. März 2010, Az.: 10 Ca 8611/09, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug um Arbeitszeitreduzierung. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlich unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 76 bis 80 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 02. März 2010 verkündetes Urteil, 10 Ca 8611/09, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Teilzeitbegehren des Klägers stünden keine betrieblichen Gründe entgegen. Das von der Beklagten angeführte Verhältnis von Informations- und Schulungsaufwand zum Arbeitseinsatz führe zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung von Organisation, Arbeitsablauf oder Sicherheit. Ebenso würden keine unverhältnismäßigen Kosten verursacht. Die von der Beklagten angeführten Schulungs- und Briefingzeiträume würden keine wesentliche Kostenbelastung darstellen. Die von der Beklagten dargestellten festen Schulungszeiträume hätten in der Vergangenheit einen Zeitanteil von 0,65% ausgemacht, der infolge der beabsichtigten Arbeitszeitreduzierung auf 1,17% steigen würde. Welche prozentuale Steigerung der Briefingzeiträume eintreten werde, hänge im Wesentlichen davon ab, wie die Beklagte den Kläger künftig einsetzen werde, wobei es noch nicht einmal zu Veränderungen kommen müsse. Angesichts einer lediglich im Umfang von 0,52% als gesichert anzunehmender Kostensteigerung könne von unverhältnismäßigen Kosten keine Rede sein. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, im Fall einer Arbeitszeitreduzierung sei zu erwarten, dass die A als Entleiherin einen Austausch des Klägers verlangen werde. Im Hinblick auf die Prognose entgegenstehender betrieblicher Gründe sei auf den Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung des Arbeitgebers abzustellen. Am 12. August 2009 als dem Zeitpunkt der Ablehnung durch die Beklagte sei die Ergänzungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der A noch nicht abgeschlossen gewesen, sei lediglich eine Forderung der A nach einer ergänzenden Regelung des Austauschrechts bekannt gewesen, wobei nicht dargelegt sei, aus welchen Gründen bereits absehbar gewesen sei, dass die später getroffene Regelung würde vereinbart werden, und wobei die Ausnahmeregelung möglicherweise ohnehin dahin auszulegen sei, dass sie auch solche Arbeitsverhältnisse erfasse, für die eine künftige Arbeitszeitreduzierung vereinbart sei. Auch habe die Beklagte nicht dargelegt, überhaupt beim Entleiher nachgefragt zu haben, ob dieser sein Gestaltungsrecht bezogen auf den Kläger würde ausüben wollen. Außerdem habe die Beklagte auch nicht dargelegt, dass der begehrten Teilzeitbeschäftigung für alle vom Kläger geschuldeten Tätigkeiten betriebliche Gründe entgegenstünden. Bei dem Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung sei nicht allein auf den gerade innegehaltenen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers abzustellen, sondern auch darauf, welche Tätigkeiten vereinbart seien und welche Versetzungsmöglichkeiten im Rahmen des Direktionsrechts bestünden. Auf diesen Inhalt bezogen könne Arbeitszeitreduzierung begehrt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 80 bis 87 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 22. April 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. April 2010 Berufung eingelegt und diese nach aufgrund Antrags vom 01. Juni 2010 erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 27. Juli 2010 am 27. Juli 2010 begründet.

Sie führt aus, das Arbeitsgericht habe ihren Vortrag nicht hinreichend berücksichtigt, wonach das Austauschrecht bereits am 20. September 2009 mit der A vereinbart und nur die schriftliche Fixierung zusammen mit weiteren Ergänzungsabreden am 20. November 2009 erfolgt sei und wonach die A eine Mindestarbeitszeitklausel bereits seit April 2009 vehement gefordert habe und seitdem hierüber verhandelt worden sei. Die Beklagte trägt – insoweit vom Kläger nicht bestritten – vor, die A habe ihr gegenüber erstmals im Jahr 2008 und verstärkt seit April 2009 zum Ausdruck gebracht, dass der Einsatz von Leiharbeitnehmern im Umfang von mindestens 18 Wochenstunden Voraussetzung für den weiteren wirtschaftlich sinnvollen Einsatz von Arbeitnehmern der Beklagten sei und man künftig den Einsatz von Arbeitnehmern der Beklagten mit einem darunter liegenden durchschnittlichen Wochenarbeitszeitvolumen ablehnen werde. Die Beklagte meint, bei Ablehnung des Teilzeitbegehrens habe sie die Prognose aufstellen können, im Fall der begehrten Arbeitszeitreduzierung sei ein Einsatz des Klägers bei der A nicht möglich, so dass dem Antrag betriebliche Gründe entgegenstünden.

Die Beklagte trägt – auch insoweit unbestritten – vor, die durchschnittlichen Fixkosten eines Mitarbeiters im Betreuungsdienst lägen bei 3.647,75 € jährlich, was 14,32% des jährlichen Bruttogehalts eines Vollzeitmitarbeiters, 17,9% des jährlichen Bruttogehalts eines Mitarbeiters mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 30 Stunden, 26,85% des jährlichen Bruttogehalts eines Mitarbeiters mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 20 Stunden und 53,7% des jährlichen Bruttogehalts eines Mitarbeiters mit wie vom Kläger beantragt 10 Wochenarbeitsstunden entspräche. Im Arbeitsbereich des Klägers bestehe ferner ein Zeitaufwand pro Mitarbeiter im Umfang von 68 Stunden jährlich für Tätigkeiten, die nicht in der eigentlichen Betreuung der Fluggäste liege. Dieser Zeitaufwand betrage im Verhältnis zur Arbeitszeit eine Vollzeitmitarbeiters im Betreuungsbereich 1,02%, im Verhältnis zur Arbeitszeit eines Mitarbeiters mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 30 Stunden 1,28%, im Verhältnis zur Arbeitszeit eines Mitarbeiters mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 20 Stunden 1,92% und im Verhältnis zur vom Kläger beantragten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 10 Stunden 3,84%. Dies belege, dass das Verhältnis der produktiven Nettoarbeitszeit in Form der Fluggastbetreuung zum Zeitaufwand für anderweitige Tätigkeiten ebenso wie die relativen Fixkosten steige, je weniger der Mitarbeiter im Jahr arbeite. Auch dieses Missverhältnis sei ein Grund dafür gewesen, dass die A gegenüber der Beklagten die Ergänzungsabrede zum Vertrag zur Arbeitnehmerüberlassung verlangt habe, wobei die Beklagte die genannten Personalnebenkosten 1:1 an die A weiter gebe, die Finanzierung der Personal- und Personalnebenkosten der Fluggastbetreuung für mobilitätseingeschränkte Gäste gemäß Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 nach einem Umlageverfahren erfolge, die Kosten von den B anfliegenden Luftfahrtunternehmen als Beitragszahler finanziert würden, Mehrkosten ggf. durch eine Erhöhung der Umlage aufgefangen werden müssten, diese Erhöhung durch ein Gremium zu beschließen sei, dem die B anfliegenden Luftfahrtunternehmen angehörten, und eine Erhöhung der Umlage mit dem Argument, die Fixkosten seien aufgrund von Mitarbeitern mit einer Wochenarbeitszeit von unter 10 Stunden (gemeint wohl: 18 Stunden) gestiegen, nicht zu vermitteln sei. Die Beklagte führt aus, sie sei sich dieser Problematik schon allein wegen der früher eigenen Durchführung des Betreuungsdienstes bewusst gewesen, habe deshalb die Forderung der A nach einer Ergänzungsabrede nachvollziehen können und habe es daher auch nicht als angezeigt angesehen, als Minderheitsgesellschafterin der A die langfristigen vertraglichen Beziehungen und das Verhältnis der Gesellschafter untereinander zu gefährden, wobei es ihr aber gelungen sei, die ursprüngliche Forderung der A mit einer Grenze von 20 Stunden auf 18 Stunden abzuschwächen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, entgegen der angefochtenen Entscheidung beziehe sich der Anspruch auf Arbeitszeitverringerung und damit auch die Prognose hinsichtlich entgegenstehender betrieblicher Gründe nur auf den im Zeitpunkt der Antragstellung innegehaltenen Arbeitsplatz und nicht auf sämtliche sonstigen Tätigkeiten, die dem Arbeitnehmer kraft Direktionsrecht übertragen werden könnten. Jedenfalls sei ein anderer freier und für den Kläger geeigneter Arbeitsplatz nicht vorhanden.

Die Beklagte meint, das angefochtene Urteil sei auch insoweit fehlerhaft, als zur Zustimmung zu einer so vom Kläger gegenüber der Beklagten überhaupt nicht beantragten Arbeitszeitreduzierung verurteilt worden sei.

Sie beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. März 2010, 10 Ca 8611/09, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte an der A nicht unwesentlich beteiligt und ihr seit 2007 bekannt sei, dass der Kläger seine Arbeitszeit reduzieren wolle. Der Beklagten sei auch bekannt, dass eine größere Anzahl von Arbeitnehmern im Betreuungsdienst weniger als 18 Stunden wöchentlich arbeiteten. Aus diesem Grund enthalte auch die Vereinbarung vom 20. November 2009 einen entsprechenden Vorbehalt. Hätte die Beklagte bereits den Antrag des Klägers vom 29. April 2007 bzw. den vom 04. August 2009 nach den gesetzlichen Vorgaben entschieden, wäre das Problem nicht entstanden. Der Kläger meint, die Beklagte versuche, durch die Vereinbarung vom 20. November 2009 das TzBfG auszuhebeln. Wegen der Teilzeitbeschäftigung des Klägers werde der Organisationsplan der Beklagten nicht beeinträchtigt. Es sei auch kaum zu befürchten, dass viele Beschäftigte gleiche Anträge stellen würden, da die meisten auf ihre Einnahmen aus Vollzeittätigkeit bei der Beklagten angewiesen seien. Wenn die A nur Arbeitnehmer mit mindestens 18 Wochenarbeitsstunden beschäftigen wolle, hätte die Beklagte den Kläger erst gar nicht entleihen dürfen, da ihr aufgrund des Antrags aus dem Jahr 2007 bekannt gewesen sei, dass der Kläger seine Arbeitszeit habe reduzieren wollen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie die im Verhandlungstermin vom 08. November 2010 protokollierten Erklärungen (Bl. 157, 157 R d. A.) verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts B vom 02. März 2010, 10 Ca 8611/09, ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.

Sie ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Angebot des Klägers auf Reduzierung der Jahresarbeitszeit auf 520 Stunden anzunehmen. Dem Verringerungsbegehren stehen betriebliche Gründe i. S. d. § 8 Abs. 4 TzBfG entgegen.

Das Arbeitsgericht hat zunächst zutreffend erkannt, dass die allgemeinen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung zur Vertragsänderung im Zeitpunkt des Änderungsverlangens erfüllt waren. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG) und die Beklagte beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG). Die dreimonatige Mindestankündigungsfrist (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG) ist gewahrt. Eine Sperrfrist (§ 8 Abs. 6 TzBfG) besteht nicht, nachdem die im Jahr 2007 erfolgte Ablehnung des Antrags vom 29. April 2007 jedenfalls vor dem 01. August 2007 erfolgte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten widersprechen sich auch Reduzierungswunsch des Klägers vom 04. August 2009 und Klageantrag nicht. Der Kläger ist vertragsgemäß mit kapazitätsorientierter variabler Arbeitszeit mit einem Arbeitszeitvolumen von 936 Stunden Jahresarbeitszeit beschäftigt, was nach dem Verständnis der Parteien einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden entspricht. Dies folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 02. August 1995. Zuvor war er mit einer Arbeitszeitvolumen von 1.040 Stunden Jahresarbeitszeit beschäftigt, was nach dem Verständnis der Parteien einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden entsprach. Dies folgt aus dem früheren Vertrag vom 08. Juni 1994. Die Angabe einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit dient damit der Kennzeichnung und Bestimmung des Jahresarbeitszeitvolumens, wobei die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit eben variabel ist und dem Arbeitsanfall angepasst wird. Eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 10 Stunden, wie im Antrag des Klägers vom 04. August 2009 aufgeführt, entspricht somit nach dem Verständnis auch der Beklagten einem Jahresarbeitszeitvolumen von 520 Stunden, wie im letzten Klageantrag des Klägers aufgeführt. Dass dies auch dem Verständnis der Beklagten entspricht, zeigen nicht nur die Verträge vom 08. Juni 1994 und 02. August 1995, sondern auch die von der Beklagten gestellten Antragsformulare, die auch bei kapazitätsorientierter variabler Arbeitszeit mit fester Jahresarbeitszeit die Kennzeichnung der gewünschten reduzierten Arbeitszeit durch die Angabe der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit vorsehen. Wenn der Kläger damit am 04. August 2009 Reduzierung der Arbeitszeit auf eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 10 Stunden beantragte, war der Beklagten aufgrund des vereinbarten Arbeitszeitmodells und der bisherigen Verträge erkennbar, dass damit eine Reduzierung der Jahresarbeitszeit auf 520 Stunden gemeint ist.

Dem Verringerungswunsch des Klägers stehen betriebliche Gründe entgegen.

Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, falls betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber hinreichend gewichtige rational nachvollziehbare Gründe hat. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Prüfung der Gründe des Arbeitgebers regelmäßig in drei Stufen zu erfolgen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zu Grunde liegt und – wenn dies zutrifft – um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden Gründe zu prüfen. Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt wird, wobei maßgebend der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber ist (BAG 15. August 2006 – 9 AZR 30/06 – AP TzBfG § 8 Nr. 16; BAG 16. Oktober 2007 – 9 AZR 239/07 – AP TzBfG § 8 Nr. 23; BAG 13. November 2007 – 9 AZR 36/07 – AP TzBfG § 8 Nr. 25; BAG 24. Juni 2008 – 9 AZR 313/07AP BetrVG 1972 § 117 Nr. 8; BAG 13. Oktober 2009 – 9 AZR 910/08AP TzBfG § 8 Nr. 29).

Abzustellen ist zunächst auf den vom Kläger innegehaltenen Arbeitsplatz und nicht auf andere Arbeitsplätze, die die Beklagte dem Kläger durch Ausübung des Direktionsrechts zuweisen könnte. Die Kammer teilt in dieser umstrittenen Frage nicht die Auffassung der angefochtenen Entscheidung. § 8 Abs. 1 TzBfG gewährt einen Anspruch auf Verringerung der vereinbarten Arbeitszeit, nicht jedoch auch auf Änderung anderer Vertragsinhalte, dementsprechend auch nicht auf Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes. Dies kann in der Tat auch aus dem Umkehrschluss aus § 9 TzBfG abgeleitet werden, der gerade an einen freien Arbeitsplatz anknüpft (ebenso LAG Düsseldorf 19. April 2002 – 9 (12) Sa 11/02 – juris; ErfK/Preis, 11. Aufl., TzBfG § 8 Rdnr. 4; Annuß/Thüsing/Mengel, TzBfG, 2. Aufl., § 8 Rdnr. 3; Meinel/Heym/Herms, TzBfG, 3. Aufl., § 8 Rdnr. 31; Hanau, Offene Fragen zum Teilzeitgesetz, NZA 2001, 1168, (1169)); aA ArbG Stuttgart 05. Juli 2001 – 21 Ca 2762/01NZA 2001, 968; KDZ/Zwanziger, 7. Aufl., TzBfG, § 8 Rdnr. 14). So hat auch das Bundesarbeitsgericht, wenn auch im Zusammenhang mit der Konzeption des § 9 TzBfG, ausgeführt, die von § 9 TzBfG erfassten Ablehnungsgründe würden sich nicht nur im Gewicht von denen des § 8 TzBfG unterscheiden. Die in § 8 TzBfG genannten betrieblichen Gründe würden sich im Kern stets darauf beziehen, dass der vom Arbeitnehmer eingenommene Arbeitsplatz keine verringerte Arbeitszeit zulasse, während § 9 TzBfG die personelle Auswahl und nicht den zeitlichen Zuschnitt des Arbeitsplatzes betreffe (BAG 15. August 2006 – 9 AZR 8/06 – AP TzBfG § 9 Nr. 1). Auch dies belegt, dass § 8 Abs. 1 TzBfG konzeptionell darauf abstellt, ob der innegehaltene Arbeitsplatz des Arbeitnehmers eine – ggf. weitere – Arbeitszeitreduzierung erlaubt und nicht darauf, ob im Betrieb ggf. unter Ausübung einer personellen Auswahlentscheidung und Vornahme eines Ringtauschs für den Arbeitnehmer ein anderer Teilzeitarbeitsplatz vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Entscheidend ist daher allein, ob bei dem Einsatz im Betreuungsdienst im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung an die C einer Arbeitszeitreduzierung auf durchschnittlich zehn Wochenarbeitsstunden bzw. 520 Jahresarbeitsstunden betriebliche Gründe entgegenstehen.

Die Kammer räumt ein, dass unter Zugrundelegung des vom Bundesarbeitsgerichts entwickelten dreistufigen Prüfungsschemas betriebliche Gründe im Sinne von unverhältnismäßigen Kosten oder wesentlicher Beeinträchtigung von Organisation, Arbeitsablauf oder Sicherheit wohl erstinstanzlich nicht hinreichend dargelegt waren und auch bisher nicht hinreichend dargelegt sind. Hinzu kommt, dass die Beklagte im Hinblick auf diese Punkte ohnehin nicht mit eigenen betrieblichen Gründen argumentieren kann, sondern allenfalls mit solchen der A. Die von der Beklagten behaupteten Mehrkosten fallen jedenfalls nicht bei ihr an, sondern werden 1:1 an die A weiter gegeben. Etwaige Beeinträchtigungen von Organisation und Arbeitsablauf fallen ebenfalls nicht bei der Beklagten an, denn nicht sie, sondern die A unterhält, betreibt und organisiert den Betreuungsdienst. Sicherheitsbelange der Beklagten sind ohnehin nicht berührt. Dies zeigt aber auch, dass das nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Regelfall anzuwendende dreistufige Prüfungsschema dann nicht unverändert übernommen und angewandt werden kann, wenn der Arbeitgeber überhaupt kein eigenes betriebliches Organisationskonzept für eine Arbeitszeitregelung hat und haben muss, beispielsweise bei drittbezogenem Personaleinsatz in Form von Arbeitnehmerüberlassung an einen Dritten. Ein Organisationskonzept im Sinne eines tatsächlich durchgeführten Konzepts, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll (BAG 08. Mai 2007 – 9 AZR 1112/06 – AP TzBfG § 8 Nr. 21), muss sich bei Arbeitnehmerüberlassung an einen Dritten nicht zwangsläufig auf eine Arbeitszeitregelung beziehen.

Die Kammer kann offen lassen, ob in derartigen Situationen der Vertragsarbeitgeber mit dem Organisationskonzept des Dritten argumentieren und dieses als betrieblichen Grund i. S. d. § 8 Abs. 4 TzBfG einem Verringerungsbegehren entgegenhalten kann. Jedenfalls kann er andere eigene betriebliche Gründe entgegenhalten, auch wenn diese nicht unmittelbar Organisation, Arbeitsablauf oder Sicherheit im Betrieb oder Kosten betreffen. Die Aufzählung in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG ist nicht abschließend, sondern beispielhaft (BAG 13. Oktober 2009 – 9 AZR 910/08 – aaO).

Bei drittbezogenem Personaleinsatz in Form von Arbeitnehmerüberlassung ohne eigenes betriebliches arbeitszeitbezogenes Organisationskonzept können nach Dafürhalten der Kammer derartige betriebliche Gründe i. S. d. § 8 Abs. 4 TzBfG in der vertraglichen Beziehung zum Entleiher begründet sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese vertraglichen Beziehungen dazu führen, dass der innegehaltene Arbeitsplatz des Klägers nicht (weiter) teilbar ist. Ein Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung besteht auch dann nicht, wenn der Arbeitsplatz nicht teilbar ist (ErfK/Preis, 11. Aufl., TzBfG, § 8 Rdnr. 34). Die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes mag wiederum mit organisatorischen Gründen begründet werden können, es kommen jedoch auch andere Gründe für Unteilbarkeit in Betracht.

Der vom Kläger innegehaltene Arbeitsplatz ist nicht weiter teilbar. Dies folgt aus § 10 des zwischen der Beklagten und der A geschlossenen Vertrages zur Arbeitnehmerüberlassung und der Vertragsergänzung vom 20. November 2009. Hiernach ist die Beklagte verpflichtet, der A ausschließlich Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 18 Stunden zu überlassen, sofern sie nicht bereits zuvor mit einer darunter liegenden Wochenarbeitszeit verliehen waren, und ist die A berechtigt, den Austausch von Mitarbeitern zu verlangen, deren Arbeitszeit sich so ändert, dass die genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Nach der vertraglichen Vereinbarung ist die Beklagte rechtlich gehindert, der A Arbeitnehmer mit einem geringeren Arbeitszeitvolumen als durchschnittlich 18 Wochenarbeitsstunden zu überlassen.

Diese Klausel ist unstreitig auf Betreiben der A nachträglich in den Vertrag aufgenommen worden. Dies rechtfertigt die Prognose, dass die A sich auch auf die Einhaltung der Klausel berufen und ggf. von dem ihr eingeräumten Austauschrecht Gebrauch machen wird. Diese Prognose war auch bereits im Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung der Beklagten, dies ist der 12. August 2009 und entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der 17. September 2009 berechtigt. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen der Beklagten und der A erst später zustande kam, gleichgültig ob man auf die am 20. November 2009 geschlossene schriftliche Vereinbarung abstellt oder trotz Schriftformklausel (§ 13 des Vertrages zur Arbeitnehmerüberlassung) auf die nach unwidersprochenem Vortrag der Beklagten bereits am 20. September 2009 getroffene mündliche Vereinbarung. Bei der Prognoseentscheidung kann wie im Kündigungsrecht auch auf die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse abgestellt werden, wenn die betrieblichen Umstände bereits greifbare Formen angenommen haben; abzustellen ist dann darauf, ob im Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung Umstände vorlagen, aufgrund derer bei vernünftiger, betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise mit einiger Sicherheit davon auszugehen war, dass eine Verringerung der Arbeitszeit zum gewünschten Beginn nicht möglich sei (Meinel/Heyn/Herms, TzBfG, 3. Aufl., § 8 Rdnr. 57). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Nach unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten hatte die A bereits seit 2008 eine entsprechende ergänzende Vertragsklausel gefordert, wurde hierüber bereits seit April 2009 verhandelt, sah die Beklagte für sich keinen Anlass, sich einer entsprechenden Forderung der A nachhaltig zu widersetzen, und kündigte die A bereits vor Abschluss der ergänzenden Vereinbarung an, den Einsatz von Leiharbeitnehmern mit einem unter durchschnittlich 18 Wochenarbeitsstunden liegenden Arbeitszeitvolumen künftig abzulehnen. Damit war für die Beklagte im Zeitpunkt der Ablehnung hinreichend sicher prognostizierbar, dass der Kläger bei einer Arbeitszeitreduzierung auf durchschnittlich 10 Wochenarbeitsstunden ab 01. Dezember 2009 nicht mehr bei der A im Betreuungsdienst eingesetzt werden würde, der A nicht mehr im Rahmen der vereinbarten Arbeitnehmerüberlassen überlassen werden und damit nicht mehr auf seinem bisher innegehaltenen Arbeitsplatz eingesetzt werden könnte.

Nach Auffassung der Kammer liegt kein Rechtsmissbrauch vor. Die Kammer folgt in diesem Zusammenhang der Auffassung, dass je näher der in Anspruch genommene betriebliche Grund an die Entscheidung heranrückt, keine Teilzeitbeschäftigung zuzulassen, umso höhere Anforderungen an die Darlegung des betrieblichen Grundes zu stellen sind. Hinzu kommt, dass vorliegend nicht einfach nur ein Vertrag mit einem Entleiher existiert, nach dessen Inhalt ein Einsatz von Teilzeitbeschäftigten mit einem Arbeitszeitvolumen von unter durchschnittlich 18 Wochenarbeitsstunden nicht erfolgen soll, sondern die Beklagte darüber hinaus, wenn auch nicht mehrheitlich, an der A beteiligt ist und wie auch die Mehrheitsgesellschafterin (D) auf die Willensbildung des Vertragspartners und damit auch auf die Forderung nach inhaltlicher Ergänzung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages Einfluss nehmen kann. Die Kammer folgt der Auffassung, wonach auch im Rahmen des § 8 TzBfG zur Abgrenzung der freien Unternehmerentscheidung von der bloßen Entscheidung, keine Teilzeitbeschäftigung zulassen zu wollen, auf Parallelen in der Rechtsprechung zur Unternehmerentscheidung im Kündigungsrecht zurückgegriffen werden kann. Auch hier muss der Arbeitgeber, je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss rückt, umso mehr durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis entfallen ist. Auf den Bereich des § 8 Abs. 4 TzBfG übertragen bedeutet dies, dass eine Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Arbeitsplätze nur mit Vollzeitkräften – oder wie hier: nur mit Arbeitskräften mit einem Mindestarbeitszeitvolumen von durchschnittlich 18 Wochenarbeitsstunden – zu besetzen, deckungsgleich mit der Ablehnung des Teilzeitwunsches ist, so dass es in diesem Fall zusätzlicher Erläuterungen des Arbeitgebers bedarf, warum die Entscheidung nicht unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist und welche stimmige, plausible und nachvollziehbare Begründung ihr zugrunde liegt (vgl. LAG Köln 03. Februar 2006 – 11 (13) Sa 1246/05 – NZA-RR 200, 343).

Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Ergänzung vom 20. November 2009 zum mit der A geschlossenen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag von der Beklagten rechtsmissbräuchlich geschlossen wurde, um ihrerseits Teilzeitanträge auf Teilzeitbeschäftigung mit weniger als 18 Wochenarbeitsstunden zu unterbinden.

Die Initiative zur Vertragsänderung ging nicht von der Beklagten aus, sondern von der A. Dies ist unstreitig.

Dass die Beklagte als Minderheitsgesellschafterin der A in irgendeiner Form auf deren Entscheidung Einfluss genommen hätte, eine entsprechende Ergänzung des Vertrags zu fordern, ist nicht ersichtlich und vom Kläger nicht vorgetragen. Aus dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten folgt vielmehr, dass es ihr gelungen ist, die ursprüngliche Forderung der A etwas abzuschwächen. Damit liegt kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, die Beklagte habe ihre Position als Gesellschafterin der A benutzt, um für diese vertragliche Vereinbarungen zu fordern, die bei ihr als Ablehnungsgrund einem Teilzeitbegehren entgegengesetzt werden könnten. Die Kammer vertritt nicht die Auffassung, der Beklagten sei im vorliegenden Rechtsstreit entgegenzuhalten, sie hätte sich dem Verlangen der A auf Änderung bzw. Ergänzung der vertraglichen Vereinbarungen auch verweigern und eine Einigung auch ablehnen können. Insbesondere kann der Beklagten nicht vorgehalten werden, sie hätte sich auf die Forderung der A nur dann einlassen dürfen, wenn die A ihre Forderung ihrerseits mit einem einer Prüfung nach § 8 Abs. 4 TzBfG standhaltenden Konzept begründet hätte. Der Verleiher hat grundsätzlich keinen Einfluss auf das beim Entleiher bestehende Konzept und hat dieses vielmehr im Rahmen der Vertragsgestaltung hinzunehmen. Dafür, dass dies vorliegend angesichts der Minderheitsbeteiligung der Beklagten an der A anders sein könnte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Von daher ist es nicht erforderlich, dass der Entleiher seine Forderung hinreichend gemäß § 8 Abs. 4 TzBfG begründen könnte, sondern reicht es aus, wenn die Beklagte als Verleiherin sich aus hinreichend gewichtigen rational nachvollziehbaren Gründen auf die Forderung der A einließ. Dies entspricht dem Erfordernis des betrieblichen Grundes i. S. d. § 8 Abs. 4 TzBfG. Es reicht damit, wenn die Entscheidung der Beklagten, einer Vertragsergänzung zuzustimmen, von plausiblen wirtschaftlichen oder unternehmenspolitischen Gründen getragen war (vgl. ErfK/Preis, 11. Aufl., TzBfG, § 8 Rdnr. 26). Dies ist der Fall. Sie trägt unwidersprochen vor, die Forderung der A für sich sachlich nachvollzogen zu haben und es nicht als angezeigt angesehen zu haben, die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen untereinander deswegen zu belasten, zumal sie keine Chance gesehen habe, eine abweichende Position langfristig durchzusetzen. Rechtsmissbrauch liegt noch nicht allein und schon deshalb vor, weil die Forderung der A, wäre sie als Organisationskonzept einem Antrag auf Arbeitszeitreduzierung entgegengehalten worden, einer Prüfung nicht standgehalten hätte. Denn der dem Teilzeitbegehren entgegenstehende betriebliche Grund ist nicht ein Organisationskonzept der A, sondern der Umstand, dass diese vertraglich berechtigt wäre, den Einsatz des Klägers abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG ist die Revision zuzulassen, wobei die Kammer grundsätzliche Bedeutung sowohl im Hinblick auf den Prüfungsmaßstab bei drittbezogenem Personaleinsatz als auch auf den bei Missbrauchskontrolle bejaht.