OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.09.2010 - 19 W 46/10
Fundstelle
openJur 2012, 33556
  • Rkr:

Wird Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung verlangt und als Schaden der gezahlte Anlagebetrag sowie entgangener Gewinn aus einer Alternativanlage geltend gemacht, bleibt bei der Festsetzung des Gebührenstreitwertes die Forderung wegen entgangenem Gewinnes als Nebenforderung gemäß § 43 GKG unberücksichtigt.

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten derKlägerin gegen den Beschluss der 21. Zivilkammer des LandgerichtsFrankfurt am Main vom 10.08.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend gemacht. Mit Klageantrag 1 hat sie Zahlung in Höhe der angelegten Geldbeträge (85.576,99 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Verzugseintritt verlangt. Darüber hinaus hat sie mit Klageantrag 2 Zahlung von 11.360,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit als entgangenen Anlagegewinn für die Zeit ab Zeichnung der Anlagen bis zum Verzugseintritt verlangt mit der Begründung, dass sie bei einer anderweitigen Anlage des Geldes eine Verzinsung von 5% hätte erzielen können.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teilbetrag des entgangenen Anlagegewinnes stattgegeben. Den Gebührenstreitwert hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss auf 85.576,99 € festgesetzt mit der Begründung, dass Gegenstand des Klageantrages Nr. 2 eine nach § 4 ZPO nicht zu berücksichtigende Nebenforderung gewesen sei.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin machen mit der gegen den Streitwertbeschluss gerichteten Beschwerde geltend, dass der Zahlungsanspruch gemäß Klageantrag 2 von 11.360,50 € eine eigenständige Hauptforderung sei, die den Gegenstandswert entsprechend erhöhe.

II.

Die Streitwertbeschwerde ist mit Rücksicht darauf, dass es an einer Beschwer der Klägerin fehlt, dahin auszulegen, dass sie von deren Prozessbevollmächtigten aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 2 RVG eingelegt wurde.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die in Klageantrag 2 mit 11.360,50 € bezifferte Forderung bei der Festsetzung des Gebührenstreitwertes nicht berücksichtigt, weil es sich um eine Nebenforderung handelt, die außer dem Hauptanspruch geltend gemacht worden ist (§ 43 Abs. 1 GKG).

Gegenstand des bezifferten Klageantrages 2 waren Zinsen aus der Hauptforderung von 85.576,99 €. Zinsen im Rechtssinne sind auch das Entgelt für die Nutzung oder die Möglichkeit der Nutzung eines Kapitals (BGH NJW 1998, 2060, 2061 m. w. N.). Nichts anderes gilt für den Ersatz der Unmöglichkeit der Nutzung eines Kapitals, der als entgangener Gewinn aus einer Alternativanlage geltend gemacht wird. Auch wenn der entgangene Gewinn als weitere Schadensposition neben Klageantrag 1 geltend gemacht wurde, handelte es sich um eine Nebenforderung. Eine miteingeklagte Forderung ist Nebenforderung, wenn sie zur Hauptforderung in einem Abhängigkeitsverhältnis steht, von ihr sachlich-rechtlich abhängt (BGH NJW 2007, 1752, 1753 m. w. N.). Das danach erforderliche Abhängigkeitsverhältnis war gegeben. Ob die Forderung nach Erstattung des entgangenen Gewinns begründet war, hing davon ab, ob und in welchem Umfang die Hauptforderung auf Rückzahlung des investierten Kapitals zu leisten war. Auch wenn unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes eine weitergehende als die gesetzliche Verzinsung gefordert wird, bleibt die Zinsforderung Nebenforderung im Sinne des § 4 ZPO bzw. § 43 GKG. Gleichgültig ist auch, ob der geforderte Zinssatz damit gerechtfertigt wird, dass bei rechtzeitiger Zahlung eine gewinnbringende Anlage der geschuldeten Summe möglich gewesen wäre (BGH VersR 1957, 244; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rn. 4062, 4064). Demgemäß hat der Bundesgerichtshof auch gemäß Beschluss vom 24.06.2010 (III ZR 145/09, juris) bei der Streitwertfestung für den Wert eines Anspruchs in Höhe des für eine Kapitalanlage gezahlten Betrages nebst Zinsen als entgangenen Anlagegewinn für die Zeit von der Zeichnung bis zum Eintritt des Verzuges die Zinsforderung unberücksichtigt gelassen.

Der Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 68 Abs. 3 GKG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.