VG Gießen, Urteil vom 26.08.2010 - 5 K 570/10.GI
Fundstelle
openJur 2012, 33467
  • Rkr:

Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 HEltZVO ist auch auf einen Juniorprofessor im Beamtenverhältnis auf Zeit anwendbar.

§ 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 regelt allein die Verlängerung des Beamtenverhältnisses und trifft keine Aussage über die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit.

Durch § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG wird allein die Verlängerung der Dauer von privatrechtlichen Arbeitsverträgen geregelt.

Tenor

1. Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung desBescheides des A. vom 27.07.2009 und unter Aufhebung desWiderspruchsbescheides derselben Behörde vom 16.10.2009verpflichtet, dem Kläger während der für die Zeit vom 01.08.2009bis 16.02.2012 gewährten Elternzeit Teilzeitbeschäftigung mit 30Wochenstunden ohne Anrechnung der vom Kläger während seines bisherbefristeten Beschäftigungsverhältnisses nicht geleitetenRestarbeitszeit von 16 Tagen zu bewilligen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. DerKostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungnach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht derGläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höheleistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist promovierter Diplom-Chemiker. Er ist Vater eines 2008 geborenen Sohnes.

Nachdem der Kläger in der Zeit vom 20.12.2002 bis 31.03.2003 mit der Vertretung der Hochschuldozentur für „Physikalische Chemie“ im Fachbereich Chemie der A-Universität A-Stadt beauftragt war, ernannte ihn das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst mit am 17.02.2003 ausgehändigter Urkunde unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von vier Jahren zum Hochschuldozenten, wies ihn in eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe C 2 BBesO ein und übertrug ihm zugleich das Amt eines Hochschuldozenten an der A-Universität A-Stadt. Mit am 31.03.2006 ausgehändigter Urkunde ernannte der Präsident der A-Universität A-Stadt den Kläger mit Wirkung vom 17.02.2007 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von zwei Jahren zum Professor als Juniorprofessor, wies ihn mit Wirkung vom 17.02.2007 in eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe W 1 BBesO ein und übertrug ihm gleichzeitig das Amt eines Professors als Juniorprofessor im Fachbereich Chemie an der A-Universität A-Stadt.

Mit Schreiben an den Dekan des Fachbereichs Chemie der A-Universität A-Stadt vom 13.12.2008 erklärte der Kläger, er wolle ab dem 01.02.2009 für sein Kind für die Dauer von drei Jahren Elternzeit in Anspruch nehmen. Diesen Antrag erklärte er mit handschriftlichem Vermerk vom 06.03.2009 für gegenstandslos, weil er in der Zeit vom 01.02. bis 01.08.2009 eine Vertretungsprofessur erhalten habe. Bereits mit Schreiben vom 05.02.2009 hatte er die Verlängerung seiner Juniorprofessur um sechs Monate und die gleichzeitige Beurlaubung um sechs Monate ab dem 01.02.2009 beantragt, um die Vertretung einer W 2-Professur wahrnehmen zu können. Bezugnehmend auf diesen Antrag verlängerte der Präsident der A-Universität A-Stadt mit Schreiben vom 05.02.2009 das Dienstverhältnis des Klägers als Juniorprofessor an der A-Universität A-Stadt auf Grund der Wahrnehmung der Vertretungsprofessur „Physikalische Chemie“ vom 01.02.2009 bis zum 31.07.2009 über den 16.02.2009 hinaus bis zum 16.08.2009. Mit weiterem Schreiben vom 05.02.2009 beauftragte der Präsident der A-Universität A-Stadt den Kläger mit Einverständnis des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst mit einer Vertretungsprofessur für das Fachgebiet „Physikalische Chemie“ für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.07.2009 und beurlaubte ihn für den Zeitraum der Vertretung aus seinem Dienstverhältnis als Juniorprofessor.

Mit Schreiben an den A. vom 16.04.2009 erklärte der Kläger die Inanspruchnahme von Elternzeit für sein Kind und führte aus, die Elternzeit solle mit dem Ende seiner derzeitigen Beurlaubung für die Wahrnehmung einer Vertretungsprofessur am 01.08.2009 beginnen und bei Vollendung des vierten Lebensjahres seines Sohnes am 17.02.2012 enden. Zugleich stellte er den Antrag, ihm während seiner Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung mit der maximal möglichen Anzahl von 30 Stunden pro Woche zu ermöglichen. Nachdem die Personalabteilung der A-Universität A-Stadt dem Kläger mit einer E-Mail vom 23.06.2009 mitgeteilt hatte, eine Teilzeitbeschäftigung während seiner Elternzeit sei nur noch für die Zeit möglich, in der er nicht gearbeitet habe, also für 16 volle Tage bzw. zwischen 22 und 44 Tagen in Form der Teilzeitbeschäftigung, erwiderte der Kläger in einer E-Mail vom 27.07.2009, solange die Personalabteilung bei dieser Meinung bleibe, verzichte er auf die daraus resultierenden 22 Arbeitstage bei 30 Wochenstunden und wolle ab dem 01.08.2009 „zunächst mit 0 Wochenstunden in Elternzeit gehen“.

Mit Schreiben vom 27.07.2009 gewährte der Präsident der A-Universität A-Stadt dem Kläger auf Grund seines Antrags für die Zeit vom 01.08.2009 bis zum 16.02.2012 Elternzeit bei gleichzeitiger Freistellung von seinen Dienstaufgaben und verlängerte zugleich das Dienstverhältnis des Klägers als Juniorprofessor an der A-Universität A-Stadt auf Grund der gewährten Elternzeit über den 16.08.2009 hinaus bis zum 03.03.2012. In einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag erläuterte der Präsident der A-Universität A-Stadt den Bevollmächtigten des Klägers seine Rechtsauffassung zur Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit und führte aus, im Hinblick auf die E-Mail des Klägers vom 27.07.2009 habe die Behörde ihm Elternzeit vom 01.08.2009 bis 16.02.2012 ohne Teilzeitbeschäftigung gewährt. Mit Schreiben vom 17.09.2009 legte der Kläger vorsorglich gegen den ihm Elternzeit gewährenden Bescheid vom 27.07.2009 Widerspruch ein und führte aus, dieser Bescheid äußere sich nicht zu seinem Antrag auf Gewährung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. In seiner E-Mail vom 27.07.2009 habe er ausdrücklich davon gesprochen, „zunächst“ mit null Wochenstunden in die Elternzeit gehen zu wollen. Damit habe er keineswegs seinen Antrag zurückgenommen. Vielmehr habe er diese Erklärung abgegeben, um die Bescheidung seines Antrags auf Gewährung von Elternzeit nicht durch den das Verfahren offensichtlich verkomplizierenden weiteren Antrag auf Teilzeitbeschäftigung weiter zu verzögern. Mit Schreiben vom 16.10.2009 erwiderte der Präsident der A-Universität A-Stadt, der Kläger habe in seiner E-Mail vom 27.07.2009 bekundet, die Restlaufzeit von 16 Vollzeittagen an den Zeitraum der Elternzeit anhängen zu wollen. Eine über diese Dauer hinausgehende Beschäftigungszeit komme nicht in Betracht. Sofern der Kläger eine andere Regelung seiner verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeit wünsche, bestehe Bereitschaft, den angefochtenen Bescheid unter den dargestellten rechtlichen Konsequenzen zu ändern.

Mit bei Gericht am 29.03.2010 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben. Mit am 19.07.2010 eingegangenem Schriftsatz hat er ferner begehrt, den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm während der für die Zeit vom 01.08.2009 bis 16.02.2012 gewährten Elternzeit Teilzeitbeschäftigung mit 30 Wochenstunden ohne Anrechnung der vom ihm während seines bisher befristeten Beschäftigungsverhältnisses nicht geleisteten Restarbeitszeit von 16 Tagen zu bewilligen. Mit Beschluss vom 03.08.2010 – 5 L 1995/10.GI – hat das Gericht das Eilbegehren zurückgewiesen.

Der Kläger trägt vor, ihm sei uneingeschränkt und insbesondere ohne Anrechnung bzw. ohne Beschränkung auf die während des befristeten Beamtenverhältnisses noch nicht abgeleistete Restarbeitszeit von 16 Arbeitstagen eine Teilzeitbeschäftigung während der gesamten Elternzeit zu bewilligen. Die nicht geleistete Arbeitszeit von 16 Arbeitstagen könne und müsse er im Anschluss an die Elternzeit ableisten. Dies ergebe sich eindeutig aus der einschlägigen Vorschrift des Hessischen Hochschulgesetzes (HHG), die anders als das für das angestellte Personal geltende Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit nicht reglementiere. Der eindeutige Wortlaut lasse keine Regelungslücke erkennen, die etwa durch eine Analogie zu der Regelung des WissZeitVG geschlossen werden müsste. Keines der Gesetze sehe eine analoge Anwendung dieser Regelung auf Beamtenverhältnisse vor. Der im HHG enthaltene Verweis auf § 1 HEltZVO schließe die gleichzeitige Anwendung des § 3 HEltZVO nicht aus. Seinen Antrag vom 16.04.2009 habe er auch nicht durch seine E-Mail vom 27.07.2009 zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des A. vom 27.07.2009 und unter Aufhebung des Bescheides derselben Behörde vom 16.10.2009 zu verpflichten, dem Kläger während der für die Zeit vom 01.08.2009 bis 16.02.2012 gewährten Elternzeit Teilzeitbeschäftigung mit 30 Wochenstunden ohne Anrechnung der vom Kläger während seines bisher befristeten Beschäftigungsverhältnisses nicht geleisteten Restarbeitszeit von 16 Tagen zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, mit dem hier einschlägigen § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 bzw. dem insoweit wortgleichen § 67 HHG 2009 befinde sich der Hessische Landesgesetzgeber in Übereinstimmung mit dem Bundesgesetzgeber, der in § 2 Abs. 5 WissZeitVG die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses in dem Umfang vorschreibe, in dem das betreffende wissenschaftliche Personal Elternzeit in Anspruch genommen und keine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Ausweislich der Gesetzesmaterialien habe der Hessische Gesetzgeber ausdrücklich keine andere Behandlung der wissenschaftlichen Landesbeamten gegenüber dem wissenschaftlichen Personal erreichen wollen. Diese Rechtsauffassung werde durch den Wortlaut des § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 bzw. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2009 gestützt. Beide Vorschriften bezögen sich nur auf § 1 HEltZVO, nähmen aber § 3 der Verordnung nicht in Bezug. Die E-Mail des Klägers vom 27.07.2009 sei auch nicht auf Druck der Sachbearbeiterin entstanden. Diese habe dem Kläger lediglich die möglichen Entscheidungsalternativen dargelegt und angefragt, wie denn weiter verfahren werden solle. Der Kläger habe die Alternative gewählt, die seinen Interessen am nächsten gekommen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem Verfahren und in dem Eilverfahren 5 L 1995/10.GI sowie auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte (1 Hefter Personalgrundakte des Klägers) Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Das gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG vorgeschriebene Vorverfahren hat stattgefunden. Dem vom Kläger mit Schreiben vom 16.04.2009 gestellten Antrag auf Inanspruchnahme von Elternzeit unter gleichzeitiger Ermöglichung einer Teilzeitbeschäftigung mit der maximal möglichen Anzahl von 30 Stunden pro Woche hat der Präsident der A-Universität A-Stadt mit Bescheid vom 27.07.2009 nur hinsichtlich der Gewährung der begehrten Elternzeit entsprochen. Hinsichtlich des von der Behörde in diesem Bescheid konkludent abgelehnten Begehrens auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit hat der Kläger mit Schreiben vom 17.09.2009 Widerspruch eingelegt. Mit Schreiben vom 16.10.2009 hat sich der Präsident der A-Universität A-Stadt inhaltlich mit diesem Rechtsbehelf auseinandergesetzt und nochmals seine Auffassung bekräftigt, der Kläger könne eine Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit nur noch in dem Umfang ausüben, in dem eine Beschäftigung bisher nicht erfolgt sei, also entsprechend der Restlaufzeit seines Beschäftigungsverhältnisses von 16 Vollzeittagen und der weiteren Konsequenz der Beendigung des Dienstverhältnisses nach einer Inanspruchnahme von Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit in dem genannten Umfang. Wenngleich das Schreiben vom 16.10.2009 nach seiner äußeren Form nicht den üblichen Anforderungen an einen Widerspruchsbescheid entspricht (vgl. hierzu Brandt/Sachs, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 3. Auflage, Buchstabe G, Rdnr. 10), genügt dessen Inhalt der sich aus § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO für einen Widerspruchsbescheid ergebenden Begründungspflicht. Ebenso steht das Fehlen der nach § 73 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung nicht einer Auslegung des Schreibens vom 16.10.2009 als Widerspruchsbescheid entgegen (vgl. Schoch/X.-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 73 Rdnr. 71). Durch diesen Verfahrensfehler tritt lediglich anstelle der nach § 74 Abs. 2 VwGO maßgeblichen Klagefrist von einem Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheides gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Jahresfrist. Diese hat der Kläger gewahrt.

Dem Rechtsschutzbegehren mangelt es auch nicht an einem Rechtsschutzinteresse, soweit der Kläger eine Regelung für die Vergangenheit erstrebt. Wenngleich er eine Teilzeitbeschäftigung in dem von ihm gewünschten Umfang in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.08.2009 bis zum heutigen Tag schon wegen Zeitablaufs nicht mehr verrichten kann, können gleichwohl die besoldungsrechtlichen Nachteile, die für ihn durch die Verweigerung der während seiner Elternzeit angestrebten Teilzeitbeschäftigung fortbestehen, auch für die Vergangenheit beseitigt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.05.1988 - 2 A 4/87 -, NVwZ 1988, 1130).

Die Klage ist auch begründet.

Dem Kläger steht in dem für die Beurteilung seines Verpflichtungsbegehrens maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 113 Rdnr. 217) der geltend gemachte Anspruch zu, ihm während der für die Zeit vom 01.08.2009 bis 16.02.2012 gewährten Elternzeit Teilzeitbeschäftigung mit 30 Wochenstunden ohne Anrechnung der von ihm während seines bisher befristeten Beschäftigungsverhältnisses nicht geleisteten Restarbeitszeit von 16 Tagen zu bewilligen. Der seinem Begehren insoweit entgegenstehende Bescheid des A. vom 27.07.2009 und der Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 16.10.2009 sind in dem genannten Umfang rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).

Der Kläger kann den von ihm verfolgten Anspruch aus § 3 Abs. 1 HEltZVO vom 07.03.2007 (GVBl I S. 238), geändert durch Gesetz vom 05.03.2009 (GVBl I S. 95), herleiten. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist Beamtinnen und Beamten während der Elternzeit auf Antrag eine Teilzeitbeschäftigung in ihrem Beamtenverhältnis beim selben Dienstherrn zu bewilligen, wenn zwingende dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Nach Satz 2 darf die wöchentliche Dienstzeit je Elternteil, der Elternzeit in Anspruch nimmt, nicht mehr als 30 Stunden und nicht weniger als 15 Stunden betragen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Der Kläger steht als Juniorprofessor in einem Beamtenverhältnis auf Zeit zum Beklagten. Das gemäß Ernennungsurkunde mit Wirkung vom 17.02.2007 für die Dauer von zwei Jahren begründete Beamtenverhältnis ist (noch) nicht beendet. Es hat sich zunächst gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HHG in der hier maßgeblichen Fassung vom 05.11.2007 (GVBl I S. 710) um die Restlaufzeit von 16 Tagen verlängert, weil der Kläger gemäß Bescheid des A. vom 15.02.2009 für die Zeit vom 01.02.2009 bis 31.07.2009 zwecks Wahrnehmung der wissenschaftlichen Tätigkeit eines Vertretungsprofessors aus dem Dienstverhältnis als Juniorprofessor beurlaubt war. Im Anschluss an diesen Verlängerungszeitraum hat sich das Beamtenverhältnis gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 durch die Inanspruchnahme von Elternzeit noch mal über die Elternzeit hinaus um die noch nicht ausgeschöpfte Dienstzeit von 16 Tagen verlängert. Der in § 3 Abs. 1 Satz 1 HEltZVO genannte Ausschlusstatbestand greift nicht ein. Der Beklagte hat sich nicht auf einer Teilzeitbeschäftigung entgegenstehende zwingende dienstliche Gründe berufen. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch bewegt sich hinsichtlich der Stundenzahl im Rahmen des § 3 Abs. 1 Satz 2 HEltZVO.

Der Kläger hat seinen schriftlichen Antrag vom 16.04.2009 auf Gewährung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit auch nicht zurückgenommen bzw. den sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 HEltZVO ergebenden Anspruch nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwirkt. Die in seiner an die Personalabteilung der A-Universität A-Stadt gerichteten E-Mail vom 27.07.2009 enthaltenen Formulierungen, die mit der Aussage enden, solange die Personalabteilung bei ihrer Rechtsauffassung bleibe, verzichte er auf die daraus resultierenden 22 Arbeitstage bei 30 Wochenstunden und wolle ab dem 01.08.2009 zunächst mit null Wochenstunden in Elternzeit gehen, können schon wegen der gewählten elektronischen Form keine wirksame Antragsrücknahme darstellen (vgl. § 3 Abs. 2 HVwVfG). Durch die Weiterverfolgung seines Begehrens auf Teilzeitbeschäftigung verhält sich der Kläger aber auch nicht im Vergleich zu den Ausführungen in seiner E-Mail vom 27.07.2009 widersprüchlich und damit gegenüber seinem Dienstherrn treuwidrig. Vielmehr hat er, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, durch die E-Mail vom 27.07.2009 seinen in der Antragsschrift vom 16.04.2009 zum Ausdruck gebrachten Rechtsstandpunkt nicht aufgegeben und verfolgt diesen nunmehr im Klageverfahren konsequent weiter.

Mit dieser E-Mail hat der Kläger auf die ihm zuvor von der Personalabteilung per E-Mail vom 23.06.2009 mitgeteilte Rechtsauffassung der Beklagten reagiert. Danach führt die in Anspruch genommene Elternzeit nicht zu einer Ausdehnung des Beschäftigungsanspruchs des Klägers. Vielmehr entspricht die noch mögliche Beschäftigungsdauer für den Kläger nach Einschätzung des Beklagten dessen verbliebener Dienstzeit als Juniorprofessor von 16 Vollzeittagen. Nur in diesem Umfang könne der Kläger noch einer Beschäftigung nachgehen, wobei er diesen Beschäftigungsrahmen während oder im Anschluss an die Elternzeit ausschöpfen könne. Im Falle der von ihm gewünschten Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ende seine Dienstzeit als Juniorprofessor, sobald er eine Beschäftigung im Umfang von 16 Vollzeittagen absolviert habe. Aufgrund dieser ihm aufgezeigten Wahlmöglichkeit hat sich der Kläger dafür entschieden, seine Elternzeit zum 01.08.2009 ohne Teilzeitbeschäftigung zu beginnen, seine abweichende Rechtsauffassung jedoch nicht preiszugeben. Letzteres ergibt sich hinreichend deutlich aus seiner E-Mail vom 27.07.2009. In deren ersten Absatz teilt der Kläger mit, er wolle an der Inanspruchnahme von Elternzeit ab dem 01.08.2009 festhalten, auch wenn sein Antrag auf Teilzeitbeschäftigung während der gesamten Elternzeit im laufenden Widerspruchsverfahren definitiv abgelehnt werden sollte. Diese Formulierung zeigt die Absicht des Klägers auf, die aus seiner Sicht umstrittene Frage der Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit im Rechtsbehelfsverfahren weiter klären zu wollen. Diese Einschätzung wird durch die weitere Formulierung des Klägers, er wolle die Restlaufzeit nicht für eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit aufbrauchen, da dies nach seiner Auffassung „nicht nötig“ sei, bestätigt. Der durch diese Ausführungen zum Ausdruck gebrachte klare Willen des Klägers auf Weiterverfolgung seiner Rechtsposition wird auch nicht durch die unglückliche Formulierung des letzten Satzes der E-Mail in Zweifel gezogen. Den darin erklärten Verzicht auf eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit hat der Kläger ausdrücklich in Beziehung zu der vom Beklagten eingenommenen und von ihm nicht geteilten Rechtsauffassung gesetzt. Nur solange diese Rechtsauffassung des Beklagten Bestand haben sollte, sollte auch sein Verzicht gelten. Das laufende Rechtsbehelfsverfahren sollte dazu dienen, die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu klären.

Der Beklagte kann seine Rechtsauffassung nicht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 stützen. Nach dieser Vorschrift ist dem wissenschaftlichen Personal in einem Beamtenverhältnis auf Zeit das Dienstverhältnis um Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach § 1 HEltZVO zu verlängern. Nach ihrem klaren Wortlaut regelt diese Vorschrift allein den Verlängerungstatbestand. Im Falle der Inanspruchnahme von Elternzeit endet das Beamtenverhältnis auf Zeit (noch) nicht mit Ablauf der bei der Ernennung festgesetzten Dauer. Vielmehr unterbricht die Elternzeit die festgesetzte Dienstzeit. Die zu Beginn der Elternzeit noch nicht verbrauchte Dienstzeit schließt sich unmittelbar an das Ende der Elternzeit an. Diese Konsequenz des Verlängerungstatbestandes liegt auf der Hand und bedurfte keiner ausdrücklichen Aufnahme in das Gesetz. Anders als in den Fällen der Nummern 1, 2 und 6 hat der Gesetzgeber im Fall des § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 von der Festlegung einer Höchstdauer der Verlängerung abgesehen (§ 80 Abs. 1 Satz 2 HHG 2007).

Hingegen enthält die Vorschrift des § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 keine Aussage über die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Insbesondere lässt die fehlende Bezugnahme auf § 3 HEltZVO nicht den vom Beklagten gezogenen Schluss zu, eine Beschäftigung des/der Beamten/Beamtin auf Zeit während der Elternzeit sei nur noch in dem Umfang der bis zum Beginn der Elternzeit verbliebenen Dienstzeit möglich. Wie bereits ausgeführt, geht es in § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 ausschließlich um den Verlängerungstatbestand „Inanspruchnahme von Elternzeit nach § 1 HEltZVO“. Hätte der Landesgesetzgeber in diesem Fall den grundsätzlichen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit nach § 3 Abs. 1 HEltZVO ausschließen wollen, hätte er dies ausdrücklich in § 80 HHG 2007 oder in der HEltZVO regeln müssen.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Erlass des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 14.05.2009 – III 4 B 409/02.001 -. Hierin wird ausgeführt, die Formulierung in § 80 Abs. 1 HHG beziehe sich sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn nach auf den konkreten zeitlichen Umfang der Tätigkeitsunterbrechung und solle der Kompensation des Dienstzeitverlusts dienen. Demzufolge sei das Dienstverhältnis in dem Umfang zu verlängern, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt sei. Die streitgegenständliche Frage, ob § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit nach § 3 HEltZVO zulässt, wird in dem Erlass der obersten Dienstbehörde nicht erörtert.

Schließlich rechtfertigt § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG keine andere Beurteilung. Nach dieser Vorschrift verlängert sich die jeweilige Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses nach Absatz 1 im Einverständnis mit der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter um Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz um Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach den §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist. Diese für das nichtbeamtete wissenschaftliche Personal mit Ausnahme der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer geltende Vorschrift regelt nach Auffassung der Kammer ebenfalls allein den Verlängerungszeitraum. Die hierbei verwandte Formulierung „in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist“ drückt eine Selbstverständlichkeit aus, der es nach Auffassung der hessischen Landesgesetzgebung, wie die unterbliebene Reaktion auf die entsprechende Eingabe des Präsidenten der Justus-Liebig-Universität Gießen im Rahmen der Novellierung des HHG zeigt, auch bei der Neufassung des Gesetzes in dem nunmehr geltenden § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2009 nicht bedurft hat und damit auch weiterhin nicht bedarf. Selbst wenn dem § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG die vom Beklagten vertretene Auslegung zu entnehmen wäre, könnte dies an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern. Der Landesgesetzgeber hat sich in Kenntnis des WissZeitVG entschlossen, die in dessen § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 enthaltene Formulierung „in dem Umfang, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht erfolgt ist“ nicht in das HHG 2009 aufzunehmen. Dies schließt es aus, die vom Beklagten vertretene Auslegung des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WissZeitVG auf die streitgegenständliche Vorschrift des § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 zu übertragen.

Steht dem Kläger gemäß § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HEltZVO der begehrte Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit im Umfang von 30 Stunden pro Woche zu, fallen dem Beklagten die daraus erwachsenden Folgen auch für die Vergangenheit zur Last (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2010 – C 86.08 -, IÖD 2010, 194). Der Beklagte hat den Kläger finanziell so zu stellen, als ob er seit Beginn der Elternzeit einer Teilzeitbeschäftigung in dem genannten Umfang nachgegangen wäre. Allerdings muss sich der Kläger bei der Abwicklung dieses Anspruchs die Vergütung anrechnen lassen, die er während dieses Zeitraums durch an der A-Universität A-Stadt geleistete Lehraufträge erhalten hat. Andererseits kann der Beklagte eine Nacharbeitung der vom Kläger nicht erbrachten Dienstleistungen mangels Rechtsgrundlage nicht verlangen. Der Kläger hat durch sein Verhalten seine Bereitschaft zur Teilzeitbeschäftigung klar bekundet. Der Beklagte hat ihm deren Aufnahme rechtsfehlerhaft verweigert.

Als unterliegender Teil hat der Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Es bedarf grundsätzlicher Klärung, ob § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HHG 2007 bzw. der wortgleiche § 67 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 HHG 2009, wie der Beklagte meint, einem/einer Beamten/Beamtin auf Zeit während der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung nur noch in dem Umfang ermöglicht, in dem die Dienstzeit noch nicht verbraucht ist.