OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.07.2010 - 15 U 198/09
Fundstelle
openJur 2012, 33298
  • Rkr:

Die formularmäßige Klausel: "Sind die durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche der Bank fällig und erfüllt der Hauptschuldner diese Ansprüche nicht, kann sich die Bank an den Bürgen wenden, der dann aufgrund seiner Haftung als Selbstschuldner nach Aufforderung durch die Bank Zahlungen zu leisten hat", enthält keine Vereinbarung über die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung. Anderenfalls wäre sie nicht Vertragsbestandteil geworden (§ 305 c BGB) oder jedenfalls unwirksam (§307 BGB).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. September 2009 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kassel abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 592.478,05 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem

2. Juli 2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin 57 % und die Beklagte 43 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die Klägerin vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Bürgin in Anspruch.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) gewährte dem Ehemann der Beklagten, Herrn X, für dessen … Betrieb vier Darlehen.

Die Darlehen vom …. November 2000 (Bd. I Bl. 20 ff. d. A.) über 1,6 Millionen DM (Kontonummer A) und vom …. März 2001 (Bd. I Bl. 29 ff. d. A.) über 620.000 DM (Kontonummer B) waren am 30. Oktober 2001 fällig. Das Darlehen vom …. März 2001 (Bd. I Bl. 38 ff. d. A.) über 1,33 Millionen DM (Kontonummer C) war am 31. Dezember 2001 fällig, das weitere Darlehen vom …. März 2001 (Bd. I Bl. 47 ff. d. A.) über 1,17 Millionen DM (Kontonummer D) am 30. Dezember 2007.

Im Jahre 2003 kam es zu einem Schriftwechsel zwischen der Klägerin und dem Ehemann der Beklagten bzw. den Eheleuten X wegen Liquiditätsproblemen. Im Schreiben vom 7. Februar 2003 (Bd. I Bl. 205 f. d.A.) beanstandete die Klägerin wiederholte Lastschriftrückgaben und wies den Ehemann der Klägerin darauf hin, dass er wisse, dass „diverse Darlehen seit geraumer Zeit ausgelaufen“ seien. Im Schreiben vom 25. Februar 2003 (Bd. I Bl. 207 ff. d.A.) nahm die Klägerin auf ein am 20. Februar 2003 geführtes Gespräch Bezug und verlangte von dem Ehemann der Klägerin zahlreiche Unterlagen. Am Ende des Schreibens heißt es: „Nach Vorlage der entsprechenden Unterlagen werden wir kurzfristig Ihr Kreditengagement unseren Gremien zur Entscheidung hinsichtlich der Fortführung vorlegen. Bis zur endgültigen Entscheidung … erklären wir uns bereit, diese Überziehungen … zu tolerieren“. Im Schreiben vom 8. Mai 2003 (Bd. I Bl. 210 f. d.A.) rügte die Klägerin das Fehlen von Unterlagen und erklärte, „hinsichtlich der … diversen überfälligen Darlehen … Überziehungen … zunächst bis zum 23.05.2003 zu tolerieren“. Auf den Inhalt der Schreiben wird ergänzend Bezug genommen.

Am 15. Mai 2003 übernahm die Beklagte drei selbstschuldnerische Bürgschaften zu Höchstbeträgen von 409.033,51 Euro, 317.000,97 Euro und 639.114,85 Euro (Bd. I Bl. 63 ff. d. A.).

Die letztgenannte Bürgschaft diente der Sicherung der Darlehensforderungen mit den Kontonummern C und D. Die Bürgschaftsverträge enthalten in Ziffer 3 „Inanspruchnahme aus der Bürgschaft, Verzicht auf Einreden“ unter 3.1 die Regelung:

„Sind die durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche der Bank fällig und erfüllt der Hauptschuldner diese Ansprüche nicht, kann sich die Bank an den Bürgen wenden, der dann aufgrund seiner Haftung als Selbstschuldner nach Aufforderung durch die Bank Zahlungen zu leisten hat. Die Bank ist nicht verpflichtet, zunächst gegen den Hauptschuldner gerichtlich vorzugehen oder ihr gestellte Sicherheiten zu verwerten.“

Auch in der Folgezeit wandte sich die Klägerin wiederholt schriftlich an die Eheleute X wegen des Kreditengagements. Im Schreiben der Klägerin an die Eheleute X vom 11. Juni 2003 (Bd. I Bl. 212 f. d. A.), auf dessen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, heißt es: „Hinsichtlich einer denkbaren Prolongation der überfälligen Kredite über rd. 1.963 t Euro werden wir nach Vorlage der obigen Unterlagen eine Entscheidung treffen“. Bis zum 31. März 2004 schrieb die Klägerin wiederholt an die Eheleute X wegen des Kreditengagements, rügte fehlende Unterlagen und Kooperationsbereitschaft des Ehemanns der Klägerin und wies immer wieder auf Leistungsrückstände bezüglich fälliger Darlehen bzw. „ungeregelte Inanspruchnahmen“ hin. Auf den Inhalt dieser Schreiben (Bd. I Bl. 214 bis 227 d.A.) wird ergänzend Bezug genommen.

Im Jahr 2004 wurde über das Vermögen des Herrn X das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin kündigte daraufhin mit Schreiben vom 11. Mai 2004 (Bd. I Bl. 78 f. d. A.) das Kreditengagement. Mit drei Schreiben vom 10. Juni 2004 (Bd. I Bl. 81 ff. d. A.) nahm die Klägerin die Beklagte aus den Bürgschaften in Anspruch und forderte sie zur Zahlung auf. Die Darlehensforderungen wurden am 2. August 2004 zur Insolvenztabelle angemeldet (siehe Bd. I Bl. 106 d. A.).

Im Schreiben vom 29. April 2005 (Bd. I Bl. 230 ff. d.A.) erklärte Rechtsanwalt RA1 unter Bezugnahme auf eine Unterredung gegenüber der Klägerin die Bereitschaft des Herrn X, sich mit der Klägerin vergleichsweise zu einigen. Am Ende des Schreibens heißt es: „…, dass Herr X von seinen Familienmitgliedern erfahren hat, dass dieser … Vergleich als Gesamtpaket angesehen wird“.

Am 21. Dezember 2007 wurde der Beklagten ein von der Klägerin am 13. Dezember 2007 beantragter Mahnbescheid über 1.365.149,33 Euro zugestellt, der als Gegenstand die Bezeichnung „Bürgschaft u. a.“ enthielt. Im Mahnbescheidsantrag waren ausweislich des Aktenausdrucks die drei Bürgschaften unter Angabe der Darlehenskontonummern, die auch in den Bürgschaftsurkunden aufgeführt sind, mit Zusatz „vom 10.06.04 (das ist das Datum des Aufforderungsschreibens) angegeben.

Am 20. Juni 2008 erklärte die Beklagte unter Bezugnahme auf den Mahnbescheid wegen des Versuchs einer einvernehmlichen Regelung einen Verjährungsverzicht bis zum 30. Dezember 2008 (Bd. I Bl. 159 d. A.). Auf den Inhalt der Erklärung wird Bezug genommen. Am 22. Dezember 2008 beantragte die Klägerin beim Mahngericht die Abgabe an das Streitgericht.

Die Klägerin hat behauptet, sie sei bereit gewesen, die Darlehen über die in den Verträgen genannte Laufzeit hinaus zu verlängern, als sich gezeigt habe, dass es nicht möglich sein würde, die Darlehen aus Verkaufserlösen zu tilgen. Der Ehemann der Klägerin habe das begrüßt (Zeugnis Z1, Bd. I Bl. 182 d.A.). Die Übernahme der Bürgschaften zeige, dass die Darlehen einvernehmlich verlängert worden seien. Selbst wenn eine Prolongation der Darlehen nicht erfolgt sei, habe es eine Stundungsvereinbarung gegeben, weil sich die Parteien einig gewesen seien, dass der Tilgungszeitpunkt der Darlehen bis auf weiteres hinausgeschoben werde. Die Korrespondenz belege, dass zwischen den Parteien bei Abschluss der Bürgschaftsverträge Einvernehmen darüber bestanden habe, dass die Beklagte nicht sogleich aus den Bürgschaften in Anspruch genommen werde, sondern die Klägerin erst nach Scheitern der Verhandlung mit Herrn X die Möglichkeit haben solle, aus den Bürgschaften vorzugehen (Zeugnis Z1, Bd. I Bl. 199 d. A.). Außerdem enthielten die Bürgschaftsverträge in Ziffer 3.1 eine Fälligkeitsvereinbarung dahingehend, dass die Fälligkeit erst mit Zahlungsaufforderung eintrete.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung sowohl der Darlehensforderungen als auch der Bürgschaftsforderungen erhoben.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Weder die Darlehens- noch die Bürgschaftsforderungen seien verjährt. Der Verjährungsverzicht vom 20. Juni 2008 habe keine Beschränkungen enthalten und deshalb verjährte und nicht verjährte Forderungen erfasst. Bis Ende 2008 sei die Verjährung deshalb gehemmt gewesen. Durch Einzahlung der Gerichtskosten und Abgabe des Mahnverfahrens sei die Verjährung erneut gehemmt worden. Der Mahnbescheid sei entgegen der Meinung der Beklagten hinreichend individualisiert, weil der Mahnbescheidsantrag, auf den abzustellen sei, eine genaue Aufschlüsselung enthalten habe.

Gegen das ihr am 23. September 2009 zugestellte Urteil richtet sich die Beklagte mit ihrer am 19. Oktober 2009 eingelegten und nach entsprechender Verlängerung am 23. Dezember 2009 begründeten Berufung.

Die Berufung macht geltend: Der Verjährungsverzicht habe nur nicht verjährte Forderungen erfasst. Solle ein Verzicht auch bereits verjährte Forderungen erfassen, müsse dies in der Erklärung eindeutig festgehalten werden. Die Beklagte hält daran fest, die Bürgschaftsforderungen seien mit Ablauf des 31. Dezember 2006 verjährt, weil sie bereits mit Übernahme der Bürgschaften fällig geworden seien und weil auch die Darlehensforderungen fällig gewesen seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Kassel vom 17. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie hält daran fest, dass in Ziffer 3.1 der Bürgschaftsverträge eine Fälligkeitsregelung enthalten sei, im Übrigen Einvernehmen bestanden habe, dass die Beklagte nicht sogleich aus den Bürgschaften in Anspruch genommen werde und dass auch die Darlehensforderungen nicht fällig gewesen seien. Durch die geführten Verhandlungen sei auch die Verjährung der Bürgschaftsforderungen gehemmt worden. Die Verhandlungen hätten bis in das Jahr 2005 stattgefunden, was aus dem Schreiben des Rechtsanwalts RA1 an die Klägerin vom 29. April 2005 folge.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache teilweise Erfolg, weil das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht (vgl.§ 513 ZPO), soweit es der Klägerin die Forderung aus der Bürgschaft betreffend das Darlehen mit der Kontonummer D zugesprochen hat. Denn diese Forderung der Klägerin gegen die Beklagte ist verjährt, weshalb sie von der Klägerin, nachdem die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat, nicht mehr geltend gemacht werden kann (vgl. § 214 Abs. 1 BGB). Die weitergehende Berufung hat dagegen keinen Erfolg, weil das Landgericht der Klägerin die übrigen Bürgschaftsforderungen zu Recht zugesprochen hat.

A.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 592.478,05 € aus der Bürgschaft betreffend das Darlehen mit der Kontonummer D (§ 765 BGB). Der im 2. Rechtszug unstreitige Anspruch ist nicht verjährt.

1. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Bei der Bürgschaftsforderung ist das der Fall, wenn der Bürgschaftsvertrag geschlossen und die Hauptschuld fällig ist; die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung ist von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers nicht abhängig (BGH NJW 2008, 1729).

2. Für die Verjährung dieser Bürgschaftsforderung ist unerheblich, ob die Parteien, was die Klägerin geltend macht, eine abweichende Vereinbarung zur Fälligkeit der Bürgschaftsforderung getroffen haben. Denn auch nach der – was die Verjährung anbetrifft, für die Beklagte günstigeren – gesetzlichen Regelung ist Verjährung nicht eingetreten. Denn die gesicherte Hauptschuld, die ebenfalls fällig sein muss, ist erst im Jahr 2004 fällig geworden. Nach dem Darlehensvertrag war Fälligkeit zum 30. Dezember 2007 vereinbart. Durch die Kündigung der Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 2004 wegen des über das Vermögen des Herrn X eröffneten Insolvenzverfahrens ist Fälligkeit mit Zugang dieses Schreibens bei Herrn X eingetreten. Frühestens zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Bürgschaftsforderung fällig. Die Verjährungsfrist von drei Jahren begann deshalb mit Ablauf des Jahres 2004 und hätte mit Ablauf des 31. Dezember 2007 geendet. Der Eintritt dieser Verjährung wurde jedoch durch den der Beklagten am 21. Dezember 2007 zugestellten Mahnbescheid der Klägerin gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB).

Entgegen der Meinung der Beklagten war der Mahnbescheid geeignet, die Hemmung herbeizuführen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hemmt ein Mahnbescheid die Verjährung zwar nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend bezeichnet worden ist. Er muss durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will. Bei der Geltendmachung einer Mehrzahl von Einzelforderungen muss deren Bezeichnung im Mahnbescheid dem Beklagten ermöglichen, die Zusammensetzung des verlangten Gesamtbetrages aus für ihn unterscheidbaren Ansprüchen zu erkennen (vgl. BGH NJW 2008, 3498; NJW 2009, 56; jeweils mit weiteren Nachweisen). Diesen Anforderungen genügt der hier maßgebliche Mahnbescheid unabhängig davon, ob in ihm – anders als im Mahnantrag – die Bürgschaften einzeln unter Angabe der jeweiligen Darlehenskontonummer mitgeteilt worden sind. Denn auch die Bezeichnung „Bürgschaft u.a.“ war im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Betrag ausreichend, um der Beklagten erkennbar zu machen, dass es sich um den Gesamtbetrag der drei von ihr eingegangenen Bürgschaften handelte. Da sie weitere Bürgschaften gegenüber der Klägerin nicht übernommen hatte, konnte bei ihr kein Zweifel aufkommen, dass die Klägerin volle Zahlung aus den drei Bürgschaften vom 15. Mai 2003 verlangte.

3. Da der Zeitraum, währenddessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird (§ 209 BGB) und während des laufenden Rechtsstreits ein Ende der Hemmung nicht eintritt (vgl. § 204 Abs. 2 BGB), ist die Bürgschaftsforderung nicht verjährt.

4. Auch die gesicherte Darlehensforderung ist nicht verjährt, worauf sich die Beklagte zu Unrecht berufen hat (vgl. § 768 BGB). Denn die Verjährung der Darlehensforderung ist mit ihrer Anmeldung im Insolvenzverfahren des Herrn X zur Insolvenztabelle gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB). Eine Beendigung des Insolvenzverfahrens, die zum Ende der Hemmung sechs Monate danach geführt hätte (§ 204 Abs. 2 S. 1 BGB), hat die Beklagte nicht behauptet.

5. Die gesicherte Darlehensforderung betrug zum Kündigungszeitpunkt 592.478,05 €, was nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts unstreitig ist.

6. Verzugszinsen schuldet die Beklagte in der gesetzlichen Höhe (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB) aufgrund der Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 10. Juni 2004 mit einer Frist zum 1. Juli 2004 (vgl. § 286 Abs.1 Satz 1 BGB).

B.

Die weitergehenden Bürgschaftsforderungen kann die Klägerin gegen die Beklagte nicht geltend machen, weil die Beklagte die Leistung zu Recht wegen Verjährung verweigert (§ 214 Abs. 1 BGB).

1. Zur Zeit des Abschlusses der Bürgschaftsverträge am 15. Mai 2003 waren die gesicherten Darlehensforderungen – mit Ausnahme der vorstehend unter A. behandelten – fällig. Die Forderungen aus den Darlehen vom 17. November 2000 und 9. März 2001 waren am 30. Oktober 2001 fällig, die Forderung auf Rückzahlung des Darlehens vom 11. März 2001 am 31. Dezember 2001.

Eine Vereinbarung der Klägerin mit Herrn X über eine spätere Fälligkeit der Darlehensrückzahlungsforderungen hat die Klägerin ohne jeglichen Tatsachenvortrag nur pauschal behauptet. Angesichts des Bestreitens der Beklagten genügte das nicht. Allerdings ist die Partei, die die Darlegungslast hat, nicht schon deshalb, weil der Gegner bestreitet, gezwungen, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben. Das gilt aber dann nicht, wenn infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird oder wenn die Tatsachen zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet werden, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam „ins Blaue hinein“ aufgestellt, mit anderen Worten aus der Luft gegriffen sind (BGH Baurecht 2008, 1498; NJW 2005, 2710). So liegen die Dinge hier. Die pauschale Behauptung ist schon deshalb unzureichend, weil die Klägerin nicht vorgetragen hat, welche abweichende Fälligkeit vereinbart worden sein soll. Das ist aber unerlässlich, weil ohne Angabe eines Fälligkeitszeitpunktes die entscheidende Frage nicht beantwortet werden kann, wann die Bürgschaftsforderung fällig war. Zudem belegt der von der Klägerin vorgelegte und in Bezug genommene Schriftverkehr, dass eine abweichende Vereinbarung über die Fälligkeit der Darlehensrückzahlungsforderungen des Herrn X nicht getroffen wurde.

Schon vor Übernahme der Bürgschaften durch die Beklagte hatte die Klägerin wiederholt darauf hingewiesen, dass die Darlehen seit geraumer Zeit „ausgelaufen“ seien, die Klägerin bereit sei, Überziehungen zu tolerieren und die Entscheidung über die Fortführung des Kreditengagements von der Vorlage von Unterlagen abhängig sei. Auch dieses Verlangen belegt, dass eine abweichende Fälligkeit nicht vereinbart wurde, weil Herr X bei nicht fälligen Darlehensrückzahlungsforderungen nicht gehalten gewesen wäre, irgendwelche Unterlagen beizubringen. Die Situation hatte sich nach Übernahme der Bürgschaften durch die Beklagte nicht geändert. Durchgehend lässt sich den Schreiben der Klägerin entnehmen, dass diese in Sorge über die wirtschaftliche Situation des Herrn X war, weil er die Darlehen trotz Fälligkeit nicht zurückgezahlt hatte. Die Behauptung der Klägerin, die Darlehen seien „prolongiert“ worden, stellt sich nach allem so dar, dass es sich dabei um eine – unzutreffende – bloße Schlussfolgerung aus den mit Herrn X geführten Verhandlungen handelt. Da die Klägerin den erforderlichen konkreteren Vortrag nicht gehalten hat, war auch ihrem Beweisantritt nicht nachzugehen.

Entgegen der Meinung der Klägerin hat sie mit Herrn X auch keine Stundung, d. h. das Hinausschieben der Fälligkeit bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit (vgl. BGH NJW 2000, 2580), der Darlehensrückzahlungsforderungen vereinbart. Auch hierzu hat die Klägerin keinerlei Tatsachenvortrag gehalten. Allein der Umstand, dass über das Kreditengagement des Herrn X verhandelt worden ist, genügt für eine Stundung nicht. Aus dem Schriftverkehr in der Zeit vor und auch nach Übernahme der Bürgschaften ist ein Wille der Klägerin, die Fälligkeit der Forderungen hinauszuschieben, nicht erkennbar. Vielmehr wurde im Gegenteil die Fälligkeit von Darlehensrückzahlungsforderungen immer wieder erwähnt, um Herrn X die Dringlichkeit vor Augen zu führen. Für die Klägerin bestand auch kein Anlass, eine Stundung mit Herrn X zu vereinbaren, zumal ihr an einer Rückzahlung der Darlehen gelegen war.

Aus denselben Gründen ist das Verhalten der Klägerin und des Herrn X nicht als stillschweigendes Stillhalteabkommen zu werten, wobei das die Fälligkeit auch nicht berührt hätte, vielmehr Herrn X nur eine Einrede gegeben hätte (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 271 Rdn. 13).

2. Mit Abschluss der Bürgschaftsverträge am 15. Mai 2003 und gleichzeitiger Fälligkeit der Darlehensrückzahlungsforderungen wurden die Bürgschaftsforderungen der Klägerin fällig. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, die Parteien hätten vereinbart, die Fälligkeit der Bürgschaftsforderungen sei von einer Leistungsaufforderung der Klägerin an die Beklagte abhängig.

a. Eine ausdrückliche dahingehende Vereinbarung, die die Beklagte in Abrede stellt, hat die Klägerin nicht nachvollziehbar behauptet. Das von ihr geltend gemachte Einvernehmen dahingehend, dass die Beklagte nicht sogleich aus den Bürgschaften in Anspruch genommen werde, sondern erst nach Scheitern der Verhandlungen mit Herrn X, stellt sich wiederum nur als Schlussfolgerung aus der damals gegebenen Verhandlungssituation dar. Dass konkret darüber gesprochen worden sei, hat die Klägerin nicht behauptet. Im Übrigen hätte es nahegelegen, eine derartige Absprache in die Bürgschaftsurkunde aufzunehmen. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob eine solche Vereinbarung der Schriftform nach § 766 BGB bedurft hätte.

b. Auch eine stillschweigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Ein dahingehender Wille der Beklagten ist nicht erkennbar. Zu Unrecht hebt die Klägerin darauf ab, es habe vornehmlich im Interesse der Beklagten gelegen, nicht unverzüglich aus den Bürgschaften in Anspruch genommen zu werden. Denn angesichts der mit Herrn X geführten Verhandlungen und der Versuche, das Kreditengagement weiterzuführen, stellte sich diese Gefahr überhaupt nicht. Die Übernahme der Bürgschaften erfolgte ersichtlich wegen des Interesses der Klägerin, weitere Sicherheiten zu erhalten, nicht aber um kurzfristig Erfüllung aus den Bürgschaftsforderungen zu suchen. Das wäre von vornherein schon deshalb abwegig gewesen, weil die Beklagte überhaupt nicht leistungsfähig war. Dem Senat ist aus dem bei ihm anhängigen Verfahren 15 U 69/10, in dem die Klägerin gegen die Beklagte Rückzahlung von gemeinsam mit Herrn X aufgenommenen Darlehen verlangt, bekannt, dass die Beklagte zur Zeit des Abschlusses der Bürgschaftsverträge bereits Darlehensnehmerin der Klägerin in Höhe eines siebenstelligen Betrages war. Deshalb bedurfte es gar keiner Vereinbarung über die Fälligkeit der Bürgschaftsforderungen, um die Beklagte vor einer sofortigen Inanspruchnahme zu schützen. Vielmehr war allen Beteiligten klar, dass die Inanspruchnahme der Beklagten davon abhing, wie sich die Fortführung des Kreditengagements des Herrn X bei der Klägerin gestaltete, weil Leistungen ausschließlich aus den landwirtschaftlichen Betrieben des Herrn X zu erwarten waren.

Die Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung über das Hinausschieben der Fälligkeit der Bürgschaftsforderungen rechtfertigt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, die Klägerin habe hieran ein Interesse gehabt, weil sie die Beklagte nicht sofort habe in Anspruch nehmen wollen. Denn auch insoweit gab es keinen Anlass, die Fälligkeit hinauszuschieben. Aus Sicht der Klägerin war das Hinausschieben der Fälligkeit allenfalls bedeutsam für den Eintritt der Verjährung der Bürgschaftsforderungen. Da die dreijährige Verjährungsfrist ohnehin erst mit Ablauf des Jahres 2003 begann, also etwa 7 ½ Monate nach Abschluss der Bürgschaftsverträge, hatte die Klägerin hinreichend Zeit, die Beklagte bei einem Scheitern der Verhandlungen über das Kreditengagement des Herrn X in Anspruch zu nehmen. Dass diese Verhandlungen noch Jahre geführt würden, war ernsthaft nicht in Betracht zu ziehen.

c. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht darauf, in Ziffer 3.1 der Bürgschaftsverträge sei die Abhängigkeit der Fälligkeit der Bürgschaftsforderungen von einer Leistungsaufforderung der Klägerin vereinbart worden. Dieser Auffassung, die das Oberlandesgericht München im Urteil vom 20. Juli 2006 für eine gleichlautende Klausel vertreten hat (WM 2006, 1813 mit zustimmender Besprechung von Kröll EWiR 2007, 131; anderer Auffassung OLG Frankfurt am Main, 17. Zivilsenat, WM 2007, 1369; Vogel EWiR 2007, 683; Jungmann WuB I F 1 a Bürgschaft 5.06), schließt sich der Senat nicht an.

aa. Ziffer 3.1 der Bürgschaftsverträge enthält keine Vereinbarung über die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung. Dass die Parteien diese Regelung übereinstimmend so verstanden hätten, wie es die Klägerin meint, und was jeder Auslegung vorginge, hat die Klägerin nicht nachvollziehbar dargetan.

Eine am Wortlaut orientierte beiderseits interessengerechte Auslegung der Regelung führt nicht zur Abhängigkeit der Fälligkeit der Bürgschaftsschuld von einer Leistungsaufforderung der Klägerin. Die Überschrift der Klausel „Inanspruchnahme aus der Bürgschaft, Verzicht auf Einreden“ lässt nicht ohne weiteres erkennen, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung betroffen ist. Der erste Satz der Klausel enthält die Voraussetzungen für den Fall der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft, nämlich dass die gesicherte Forderung der Bank fällig sein muss, und dass der Hauptschuldner den Anspruch nicht erfüllt. Letzteres ist aus Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden selbstverständlich, weil seine Inanspruchnahme nicht in Betracht kommt, wenn der Hauptschuldner bereits erfüllt hat oder erfüllungsbereit ist. Die weitere Formulierung, dass sich die Bank (in diesem Fall) an den Bürgen wenden kann, ist aus seiner Sicht ebenso selbstverständlich, wie dass er „dann“ aufgrund seiner Haftung als Selbstschuldner „nach Aufforderung durch die Bank“ zu leisten hat. Dieser Wortwahl misst der Durchschnittskunde nicht die rechtliche Bedeutung zu, seine Verpflichtung „bestehe“ erst aufgrund der Aufforderung. Vielmehr hält er diese Aufforderung für geboten, weil er ohne sie keine Veranlassung sieht, eine Zahlung zu leisten. Das ist aber regelmäßig so und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung ohne Bedeutung. Insgesamt enthält die Klausel lediglich eine Mitteilung, wann der Bürge anstelle des Schuldners leisten soll, besagt aber nichts über die Fälligkeit. Die Formulierung, dass er „dann“ aufgrund seiner Haftung als Selbstschuldner „nach Aufforderung durch die Bank“ Zahlung zu leisten hat, lässt nicht erkennen, dass der Bürge erst und nur dann zur Zahlung verpflichtet sein soll, d. h. von der gesetzlichen Regelung abweichend die Fälligkeit der Bürgschaftsschuld davon abhängig sein und demgemäß hinausgeschoben werden soll.

Die von der Klägerin für richtig gehaltene Auslegung wäre auch nicht beiderseits interessengerecht (vgl. hierzu BGH NJW 2009, 1882 mit weiteren Nachweisen), sondern alleine im Interesse der Klägerin. Durch das Hinausschieben der Fälligkeit bis zu einer Leistungsaufforderung braucht die Klägerin keine Vorkehrungen gegen eine Verjährung der Bürgschaftsforderung zu treffen. Vielmehr kann sie den Verjährungsbeginn nach Belieben bis zu einer Leistungsaufforderung hinausschieben. Auf diese Weise erhält sei ein unter Umständen zeitlich unbegrenztes Sicherungsmittel, abhängig allein davon, wann sie im Falle einer Leistungsunfähigkeit des Hauptschuldners Zahlung verlangt. Demgegenüber kann dem Bürgen an einem Hinausschieben der Fälligkeit nicht gelegen sein, weil seine Inanspruchnahme dadurch zeitlich für ihn nicht überschaubar ist. Das widerspräche dem Schutzzweck des Rechtsinstituts der Verjährung, das dem Schutz des Schuldners dient, von dem nicht über einen unangemessenen Zeitraum hin die Bereitstellung seiner Leistungsfähigkeit verlangt werden kann. Dass das Hinausschieben der Fälligkeit im Interesse des Bürgen wäre, weil er vor Fälligkeit nicht in Anspruch genommen werden kann, ist schon deshalb unrichtig, weil der Gläubiger die Fälligkeit jederzeit durch eine Leistungsaufforderung herbeiführen kann. Auch der Gefahr für den Bürgen, frühzeitig in Verzug zu geraten, kommt angesichts des § 286 Abs. 1 und 4 BGB keine besondere Bedeutung zu (vgl. hierzu BGH NJW 2008, 1729). Gerade die Schutzintension des Rechtsinstituts der Verjährung verbietet bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung eine Auslegung, die dem Gläubiger einer Bürgschaftsforderung die Rechtsmacht eröffnet, den Verjährungsbeginn nach seinem Belieben dadurch hinauszuzögern, dass er den Fälligkeitszeitpunkt der Bürgschaftsforderung durch eine Leistungsaufforderung bestimmen kann (so BGH NJW-RR 2009, 378).

Die Formulierung ist außerdem auch deshalb nicht als Fälligkeitsregelung zu sehen, weil Fälligkeit den Zeitpunkt bezeichnet, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann (BGH WM 2007, 612). Eine die Fälligkeit betreffende Regelung muss deshalb eine Bestimmung treffen, welcher besondere Umstand den Gläubiger zum Leistungsverlangen berechtigen soll. Das formuliert die Klausel aber nicht (etwa dergestalt: „Mit Zugang der Aufforderung ist die Bank berechtigt, Zahlung zu verlangen“), sondern sie teilt dem Bürgern mit, wann die Bank die Zahlung erwartet (ähnlich OLG Frankfurt am Main, 17. Zivilsenat, a.a.O.). Entscheidend für die Fälligkeit ist aber nicht, wann der Schuldner zu leisten braucht, sondern wann der Gläubiger die Leistung fordern darf. Häufig braucht ein Schuldner erst zu leisten, wenn er dazu aufgefordert worden ist, etwa durch Übersendung einer Rechnung, ohne dass dadurch die Fälligkeit begründet wird (vgl. etwa § 641 Abs. 1 S. 1 BGB für den Werkvertrag).

Ob Ziffer 3.1 dann in rechtlicher Hinsicht überflüssig wäre, was die Klägerin meint, ist für die Auslegung ohne Belang.

Denn die Klausel behält auch ohne rechtliche Regelung ihren Sinn, indem sie dem Bürgen beschreibt, wie seine „Inanspruchnahme“ vonstatten gehen wird.

Schließlich kommt hinzu, dass die Klägerin nach Auffassung des Senats keinerlei Veranlassung hatte, mit der Klausel im Bürgschaftsvertrag eine Vereinbarung über die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung zu treffen, so dass auch ihr dahingehender Wille sehr zweifelhaft ist. Aus den zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (jeweils a.a.O.) ergibt sich, dass das auch von der Klägerin verwendete Bürgschaftsformular aus der Zeit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes stammt. Zu diesem Zeitpunkt galt für die Verjährung der Bürgschaftsforderung noch die 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F.. Zudem hatte der Bundesgerichtshof zu dieser Zeit für die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung beiläufig auf die Inanspruchnahme des Bürgen abgestellt (vgl. NJW 1991, 100), was verbreiteter Ansicht entsprach. Aus Sicht der Klägerin bedurfte es deshalb keiner besonderen Regelung über die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung.

bb. Wollte man der Auffassung der Klägerin folgen, wäre Ziffer 3.1. des Bürgschaftsvertrages als ungewöhnliche und überraschende Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden (§ 305c Abs. 1 BGB; ebenso OLG Frankfurt am Main, a.a.O.). Ungewöhnlich ist eine Klausel unter anderem, wenn sie zu einer erheblichen Abweichung vom dispositiven Recht führt (vgl. BGH NJW 1992, 1236). Das ist hier der Fall, weil die Abhängigkeit der Fälligkeit der Bürgschaftsforderung von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers nicht nur zu einer Abweichung von der Gesetzeslage führt, sondern diese zum Nachteil des Bürgen ganz erheblich verändert. Denn wie bereits dargelegt ist dann die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung abhängig vom Belieben des Gläubigers und dieser kann die Fälligkeit zeitlich unbegrenzt hinausschieben. Gerade angesichts der Verkürzung der Regelverjährungsfrist durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz auf drei Jahre bedeutet das eine erhebliche Abweichung von der Gesetzeslage.

Die Klausel ist auch überraschend, weil der Durchschnittskunde, auf den abzustellen ist (vgl. BGH NJW 95, 2638; NJW 1987, 2228), mit ihr nicht zu rechnen braucht und der Klausel deshalb ein Übertölpelungseffekt innewohnt. Der Senat hat bereits bei der Auslegung der Klausel darauf abgehoben, dass schon aus der Überschrift der Klausel nicht erkennbar ist, dass die Klägerin die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung abweichend regeln will. Auch bei aufmerksamer Lektüre erschließt sich das aus dem Vertragstext ebenfalls nicht. Durch ein im Wege der Auslegung zu gewinnendes Hinausschieben der Fälligkeit wird der Durchschnittskunde überrascht.

cc. Mit dem Inhalt der von der Klägerin für richtig gehaltenen Auslegung wäre Ziffer 3.1. des Bürgschaftsvertrages nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, weil sie die Beklagte als Bürgin unangemessen benachteiligt. Die Verjährung kann zwar durch Rechtsgeschäft erschwert werden (§ 202 Abs. 2 BGB). In Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt das aber nur, wenn die Erschwerung den Anforderungen des § 307 BGB genügt. Das ist hier nicht der Fall. Die vom Gesetzgeber sorgfältig abgewogene neue Verjährungsregelung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hat Leitbildfunktion (vgl. Palandt/Heinrichs, am angegebenen Ort, § 202 Rdn. 13). Von dieser gesetzlichen Regelung weicht die Klausel ab, und zwar erheblich, weil sie eine Verlängerung der Verjährung auf unbestimmte Zeit zulässt. Mit diesem Inhalt ist die Benachteiligung des Bürgen auch unangemessen, weil die Klägerin als Gläubigerin ihre eigenen Interessen auf Kosten des Bürgen missbräuchlich durchzusetzen versucht. Die Möglichkeit des Gläubigers, die Verjährung der Schuld beliebig hinauszuschieben, belastet einen Schuldner in besonderem Maße. Das gilt umso mehr, als die Schuld des Bürgen abhängig ist nicht nur vom Verhalten der Gläubigerin, sondern in besonderem Maß auch von demjenigen des Hauptschuldners, insbesondere von dessen Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft. Ist der Gläubiger eine Bank, wie vorliegend, kommt eine Inanspruchnahme des Bürgen für sie oft erst in Betracht, wenn sie die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung zum Hauptschuldner für nicht mehr möglich hält. Das kann lange Zeit in Anspruch nehmen, während der der Bürge im Einzelfall ohne jegliche Information sein kann, insbesondere wenn kein enger Kontakt zum Hauptschuldner (mehr) besteht. Die daraus resultierende Ungewissheit über einen langen Zeitraum ist für den Bürgen erheblich belastend. Demgegenüber kann sich der Gläubiger auf schützenswerte Interessen nicht berufen. Die nach der gesetzlichen Regelung geltende Verjährungsfrist von drei Jahren, deren Beginn Fälligkeit der Hauptschuld voraussetzt, ist für den Gläubiger ohne weiteres überschaubar und kontrollierbar. Es ist für ihn ohne weiteres möglich, eine Verjährung des Bürgschaftsanspruchs zu verhindern, sei es durch rechtzeitige Inanspruchnahme des Bürgen oder aber – wenn eine solche untunlich erscheint – durch eine Vereinbarung mit dem Bürgen. Auf eine solche Vereinbarung wird sich ein Bürge zur Abwendung seiner Inanspruchnahme regelmäßig auch einlassen. Selbst wenn man schützenswerte Interessen des Gläubigers an einem Hinausschieben der Fälligkeit anerkennen wollte, darf eine Regelung nicht so ausgestaltet sein, dass sie zeitlich unbegrenzt ist. So hat der Bundesgerichtshof das Hinausschieben der Fälligkeit ohne zeitliche Begrenzung im Mietrecht für unwirksam gehalten (vgl. NJW 1994, 1788; NJW 1986, 1609).

Mit dem möglichen Inhalt einer fehlenden zeitlichen Begrenzung des Eintritts der Verjährung verstößt die Klausel auch gegen § 202 Abs. 2 BGB, wonach die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden kann. Das lässt die Klausel, die keine Begrenzung enthält, zu.

dd. Schließlich kann sich die Klägerin auf die Klausel auch deshalb nicht berufen, weil Zweifel bei der Auslegung zu ihren Lasten gehen (§ 305c Abs. 2 BGB). Dabei ist zunächst unter Zugrundelegung der sogenannten kundenfeindlichsten Auslegung von der Auslegung auszugehen, die zur Unwirksamkeit führt (vgl. hierzu BGH NJW 2008, 2172). Die Klausel ist deshalb zunächst auch aus Sicht der Beklagten so auszulegen, wie sie die Klägerin versteht, was nach Auffassung des Senats zu ihrer Unwirksamkeit führt.

Sollte entgegen der Auffassung des Senats die Regelung nicht gegen § 307 BGB verstoßen, d. h. wirksam sein, wäre sie es bei jedem Auslegungsergebnis, weil die vom Senat für richtig erachtete Auslegung einen Regelungsgehalt ergibt, der naturgemäß mangels eines Verstoßes gegen das gesetzliche Leitbild wirksam ist. In diesem Fall gilt die sogenannte kundenfreundlichste Auslegung, d. h. es ist die für den Kunden, die Beklagte, günstigste Auslegung maßgeblich (vgl. BGH NJW 2008, 2172). Das ist die vom Senat für richtig gehaltene Auslegung, dass der Beginn der Verjährung von der Klausel nicht beeinflusst wird.

3. Die Verjährungsfrist bezüglich der Bürgschaften für die Darlehen, die am 30. Oktober bzw. 31. Dezember 2001 fällig waren, begann mithin mit Ablauf des 31. Dezember 2003, des Jahres, in dem die Bürgschaftsverträge geschlossen wurden. Die Verjährungsfrist endete am 31. Dezember 2006. Durch den am 13. Dezember 2007 eingereichten und am 21. Dezember 2007 zugestellten Mahnbescheid konnte der Eintritt dieser Verjährung nicht gehindert werden.

Die Klägerin beruft sich zu Unrecht auf eine den Eintritt der Verjährung hindernde Hemmung der Verjährung auch der Bürgschaftsforderungen durch geführte Verhandlungen. Die von der Klägerin dargelegten Verhandlungen im Jahr 2003 sind unerheblich, weil sie vor Verjährungsbeginn mit Ablauf des Jahres geführt wurden. Für das Jahr 2004 hat die Klägerin Verhandlungen allenfalls für die Dauer von vier Monaten vorgetragen. Das genügte nicht, um den Verjährungseintritt zu verhindern. Dass Verhandlungen bis in das Jahr 2005 hinein geführt worden wären, hat die Klägerin nicht mit konkretem Tatsachenvortrag belegt. Verhandlungen zwischen der Klägerin und Herrn X hat die Klägerin nur bis zum 31. März 2004 vorgetragen. Das Anwaltsschreiben für Herrn X vom 29. April 2005 besagt nichts über Verhandlungen, zumal im Jahr 2004 ohnehin das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn X eröffnet worden war.

Selbst wenn man länger andauernde Verhandlungen annehmen wollte, hätten diese nicht zu einer Hemmung der Verjährung der Bürgschaftsforderungen geführt. Denn die Verhandlungen müssen „über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände“ geführt werden (§ 203 S. 1 BGB). Das war nicht der Fall, weil die von der Klägerin vorgetragenen und durch Vorlage von Schriftverkehr dokumentierten Verhandlungen nicht über die Bürgschaftsforderungen gegen die Beklagte geführt worden, sondern über die Darlehensforderungen bzw. das gesamte Kreditengagement des Herrn X bzw. der Eheleute X. Im Zweifel ist zwar anzunehmen, dass sich die Verhandlung auf alle Ansprüche erstreckt, die sich aus diesem Sachverhalt für den Gläubiger ergeben können (vgl. Palandt/Ellenberger, am angegebenen Ort, § 203 Rdn. 3). Das gilt aber nicht ohne weiteres bei Ansprüchen gegen mehrere Schuldner und umso mehr dann nicht, wenn gegen diese unterschiedliche Ansprüche bestehen.

Dann ist entscheidend, worüber verhandelt worden ist (vgl. Palandt/Ellenberger, am angegebenen Ort). Der von der Klägerin vorgelegte Schriftverkehr belegt, dass die Bürgschaftsforderungen zu keiner Zeit Gegenstand der Verhandlungen waren. Hierzu bestand auch keinerlei Veranlassung, weil die Inanspruchnahme der Beklagten als Bürgin abhängig war vom Ausgang der Verhandlungen mit Herrn X über das Kreditengagement. Es gab auch keine Veranlassung, im Hinblick auf eine mögliche Verjährung der Bürgschaftsforderungen in Verhandlungen einzutreten, weil im Jahr 2003 die Verjährungsfrist noch nicht einmal begonnen hatte und Anfang 2004 der Eintritt der Verjährung noch in einiger Ferne lag. Soweit in Schreiben der Klägerin als Anschrift die Eheleute X angegeben sind, ergibt sich das zwanglos daraus, dass die Beklagte zu dieser Zeit ebenfalls Darlehensnehmerin war, weil sie einige Darlehen zusammen mit ihrem Ehemann aufgenommen hatte.

4. Durch den von der Beklagten am 20. Juni 2008 erklärten Verjährungsverzicht ist die Verjährung der Bürgschaftsforderungen nicht berührt worden. Der Auffassung des Landgerichts, der Verzicht habe auch bereits verjährte Forderungen erfasst, folgt der Senat nicht.

Verzichtet ein Schuldner während des Laufs einer Verjährungsfrist für eine bestimmte Zeit auf die Verjährungseinrede, so darf er sich nach Treu und Glauben nicht auf den Eintritt der Verjährung in diesem Zeitraum berufen (vgl. BGH NJW 1996, 663). Das war hier nicht der Fall, da die Bürgschaftsforderungen bereits verjährt waren.

Nach Eintritt der Verjährung kann der Schuldner allerdings auf das darauf folgende Leistungsverweigerungsrecht verzichten (vgl. BGH, a.a.O.; NJW 1982, 1815). Eine solche Erklärung hat die Beklagte aber nicht abgegeben. Einen ausdrücklichen Verzicht auf die Einrede der Verjährung enthält die Erklärung vom 20. Juni 2008 nicht. Bei der gebotenen Auslegung ist darauf abzustellen, wie die Empfängerin die Willenserklärung nach Treu und Glauben verstehen musste; maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt (§§ 133, 157 BGB). Der Wortlaut der Erklärung gibt für einen Verzicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht nichts her. Vielmehr ergibt die Formulierung „ich verzichte hinsichtlich der oben genannten Forderungen auf die Erhebung der Einrede der Verjährung“ eindeutig, dass nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht verzichtet werden sollte, sondern nur auf die Erhebung der Einrede. Bereits verjährte Forderungen waren davon nicht umfasst. Das ergibt sich auch aus den Umständen, die zur Abgabe der Erklärung geführt hatten. In der Erklärung ist ausdrücklich auf die von der Klägerin erwirkten Mahnbescheide hingewiesen worden und darauf, dass Widerspruch erhoben wurde. Den Parteien war zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass die Klägerin die Mahnverfahren nicht weiterbetrieben hatte und die Hemmungswirkung deshalb in absehbarer Zeit endete. Da versucht werden sollte, auch die Bürgschaftsforderungen einvernehmlich im Zusammenhang mit den Forderungen der Klägerin gegen Herrn X zu regeln, ging es ersichtlich nur darum, den Eintritt der Verjährung zu verhindern, weil die Klägerin ansonsten gezwungen gewesen wäre, weitere gerichtliche Maßnahmen zu ergreifen. Dafür, dass die Beklagte auf ihr aus der bereits eingetretenen Verjährung herrührendes Leistungsverweigerungsrecht verzichten wollte, ist nichts ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil er bei der Auslegung von Ziffer 3.1 des Bürgschaftsvertrages von derjenigen des Oberlandesgerichts München abweicht und demgemäß den Eintritt der Verjährung abweichend beurteilt. Der Senat geht auch davon aus, dass das Auftreten dieser Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist, weil das Bürgschaftsformular offenbar verbreitet Verwendung gefunden hatte und nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass eine Leistungsaufforderung des Gläubigers nicht Fälligkeitsvoraussetzung der Bürgschaftsforderung ist, vermehrt Rechtsstreitigkeiten über den Eintritt der Verjährung auftreten werden.