OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.05.2010 - 20 W 163/10
Fundstelle
openJur 2012, 33092
  • Rkr:

Die im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung einer in Großbritannien registrierten Limited by shares kann nicht wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 FamFG gelöscht werden.

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Hanau vom 2. März 2010 wird aufgehoben.

Beschwerdewert: 3.000,-- EUR.

Gründe

I.

Die Betroffene ist seit 26. Juli 2004 als Zweigniederlassung einer in Großbritannien registrierten Limited by shares im Handelsregister eingetragen.

Nachdem dem Registergericht bekannt geworden war, dass der im Handelsregister eingetragene director A für die Gesellschaft unter dem 27. Juni 2007 zu Az. 81 M 2123/07 des Amtsgerichts Hanau die eidesstattliche Versicherung über die Vermögenslosigkeit abgegeben hatte, teilte das Registergericht mit Verfügung vom 16. Dezember 2009 mit, dass beabsichtigt sei, die Gesellschaft im Handelsregister nach § 394 FamFG von Amts wegen zu löschen. Hiergegen legte die Betroffene innerhalb der eingeräumten Monatsfrist Widerspruch ein, mit welchem sie geltend machte, es sei verwertbares Vermögen vorhanden. Die Gesellschaft wickele laufend Aufträge ab und erhalte neue Aufträge. Hieraus würden Einnahmen erzielt, die die laufenden Kosten deckten und ausreichend Gewinn erwarten ließen. Zur Glaubhaftmachung dieser Umstände und weiterer Ausführungen werde um eine Fristverlängerung bis 27. Januar 2010 gebeten.

In der Folgezeit bat der Verfahrensbevollmächtigte mehrfach um Fristverlängerung zur Beibringung der angekündigten Nachweise über vorhandenes Vermögen, ohne diese jedoch vorzulegen.

Das Registergericht wies sodann mit Beschluss vom 02. März 2010 den Widerspruch gegen die beabsichtigte Löschung wegen Vermögenslosigkeit zurück und führte zur Begründung aus, weder mit dem Widerspruch noch in der danach eingeräumten und verlängerten Frist seien Anhaltspunkte aufgezeigt worden, die dafür sprächen, dass die Gesellschaft noch über verteilbares Vermögen verfüge.

Gegen den am 05. März 2010 zugestellten Beschluss legte die Betroffene mit am 06. April 2010 - dem Dienstag nach Ostern - bei Gericht eingegangenen Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde ein, mit der sie erneut geltend machte, die Gesellschaft sei nicht vermögenslos und komme ihren Zahlungsverpflichtungen nach. Derzeit liefen keine Zwangsvollstreckungsmaß-nahmen gegen die Gesellschaft. Eine Liste betreffend die aktuellen Vermögenswerte werde unverzüglich nachgereicht werden.

Das Registergericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 03. Mai 2010 nicht ab und legte die Akte dem Senat zur Entscheidung vor, nachdem bis zu diesem Zeitpunkt trotz erneuter Fristverlängerung keine Vermögensnachweise vorgelegt worden waren.

II.

Die Beschwerde, über welche nach Nichtabhilfe durch das Registergericht der Senat zu befinden hat, ist nach §§ 394 Abs. 3, 393 Abs. 3 Satz 2 FamFG statthaft und erweist sich auch als zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht erhoben wurde.

Die Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg, da § 394 Abs. Satz 1 FamFG auf die Betroffene als Zweigniederlassung einer in Großbritannien gegründeten und dort registrierten Limited by shares nicht anwendbar ist.

Gemäß § 394 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann eine Aktiengesellschaft, Kommandit-gesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossen-schaft von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörde oder der berufs-ständischen Organe im Handelsregister gelöscht werden, wenn die amtswegigen Ermittlungen zu der Feststellung geführt haben, dass kein Vermögen mehr vorhanden ist. Bevor eine solche Löschung erfolgen kann, hat das Gericht eine diesbezügliche Absicht gemäß § 394 Abs. 2 FamFG der Gesellschaft bekannt zu machen und ihr eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. Über den Widerspruch ist gemäß §§ 394 Abs. 3, 393 Abs. 3 FamFG vom Registergericht durch Beschluss zu entscheiden, wobei gegen den Beschluss über die Zurückweisung des Widerspruchs die Beschwerde statthaft ist. Eine Löschung darf nur erfolgen, wenn Widerspruch nicht erhoben wurde oder die den Widerspruch zurückweisende Verfügung rechtskräftig geworden ist (§ 394 Abs. 3, 393 Abs. 5 FamFG).

Im vorliegenden Fall handelt es sich um die im deutschen Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung einer in Großbritannien gegründeten und registrierten Limited by shares. Für diese Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 394 Abs. 1 Satz 1 FamFG deren Anwendungsbereich nicht eröffnet.

Insbesondere findet sich in §§ 13 d Abs. 1, 13 e, und 13 g HGB kein Hinweis auf die Erweiterung der Anwendbarkeit des 394 Abs. 1 Satz 1 FamFG auf die deutsche Zweigniederlassung einer Limited, wobei insbesondere auch § 13 g Abs. 5 HGB keine solche Verweisung beinhaltet.

Einer Löschung der Zweigniederlassung einer Limited wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 Satz 1 Satz 1 FamFG steht bereits entgegen, dass die Zweigniederlassung nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit und damit auch nicht über eigenes Vermögen verfügt (vgl. Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl., Rn. 337c).

Im übrigen beurteilt sich die Beendigung der Limited, also die Frage der Existenz oder Nichtexistenz einer Limited ebenso wie deren Gründung entsprechend den Grundsätzen der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 ff EGV zwingend nach britischem Gesellschaftsrecht, was auch für die Auflösung, Löschung und Liquidation gilt (vgl. Erbe, Die Limited und Limited & Co. KG, II 1.5.2 und VIII ; Altmeppen, NJW 2004, 97/99).

Eine Ausnahme gilt lediglich für die Liquidation im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, da insoweit die Europäische Insolvenzverordnung - EuInsVO- vom 29.5.2006 (260. Verordnung (EG) Nr. 1346/2000) gilt, nach dessen Art. 4 Abs. 1 für ein Insolvenzverfahren stets das Insolvenzrecht des Staates gilt, in welchem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Dies ist vorliegend jedoch nicht einschlägig, da es um eine Löschung außerhalb eines Insolvenzverfahrens geht.

Zwar kann auch die Zweigniederlassung einer Limited im deutschen Handelsregister nach der allgemeinen Vorschrift des § 395 FamFG gelöscht werden, wenn die Hauptniederlassung im ausländischen Heimatregister nicht mehr eingetragen ist und deshalb ihre Rechtsfähigkeit verloren hat (vgl. Krafka/Willer/Kühn, a.a.O., Rn. 337a m.w.N.). Im vorliegenden Falle war das zunächst wegen der Löschung der Hauptniederlassung eingeleitete Löschungsverfahren nach § 395 FamFG durch das Registergericht jedoch bereits mit Verfügung vom 20. Januar 2010 eingestellt worden, nachdem dem Registergericht mitgeteilt worden war, dass die Gesellschaft im Register in Cardiff wieder aktiv geführt wurde.

Auch eine Löschung von Amts wegen nach § 395 FamFG unter dem Gesichts-punkt, dass eine Zweigniederlassung der Limited am Ort der Eintragung tatsächlich nicht mehr unterhalten wird, war vorliegend durch das Registergericht wohl nicht mehr beabsichtigt, nachdem die zuständige Gemeinde nach Überprüfung vor Ort unter dem 21. Dezember 2009 mitgeteilt hatte, dass die Zweigniederlassung noch vorhanden war.

Auf die Beschwerde war deshalb der den Widerspruch gegen die angekündigte Löschung nach § 394 Abs. 1 Satz 1 FamFG zurückweisende Beschluss des Registergerichts aufzuheben.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 70 FamFG).

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte