Hessisches LSG, Beschluss vom 22.03.2010 - L 9 AS 570/09 B ER
Fundstelle
openJur 2012, 32744
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss desSozialgerichts Wiesbaden vom 4. November 2009 wirdzurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kostennicht zu erstatten.

III. Dem Antragsteller wird für das BeschwerdeverfahrenProzesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B., B-Stadt,bewilligt.

Gründe

I.

Der 1967 geborene Antragsteller übte eine selbstständige Tätigkeit als Elektriker aus und war seitdem bei der Landeskrankenhilfe (LKH) V.V.a.G. privat krankenversichert. Zumindest seit Mai 2000 bezog er Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG); in diesem Rahmen wurden auch die Beiträge zu seiner privaten Krankenversicherung und Pflegeversicherung (seit Januar 2004: 259,23 Euro, davon Krankenversicherung 242,14 Euro) übernommen.

Am 7. Oktober 2004 beantragte der Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom27. Dezember 2004 entsprach die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK Hessen) einem Antrag des Antragstellers auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht für die Zeit ab 1. Januar 2005. Die Befreiung erfolge nach § 8 Abs. 1 Nr. 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Sie wirke solange fort, wie der Bezug von Leistungen nach dem SGB II, der Grundlage für die Befreiung sei, bestehe. Dies schließe auch die Versicherungspflicht zur Krankenversicherung nach anderen gesetzlichen Vorschriften aus und könne nicht mehr widerrufen werden.

Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab Januar 2005 fortlaufend. Dabei berücksichtigte sie als Leistungen zur Krankenversicherung einen monatlichen Betrag von zunächst 139,00 Euro und ab September 2007 einen solchen von monatlich 127,50 Euro. Hierbei handelte es sich um den Betrag, der ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung zu zahlen wäre.

Am 8. Januar 2008 beantragte der Kläger die Übernahme der Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 321,09 Euro. Es sei ihm nicht mehr möglich, den ihm zustehenden Krankenversicherungsschutz mit den Mitteln, die er durch Arbeitslosengeld II erhalte, zu tragen; er wäre somit ohne Krankenversicherungsschutz. Eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung sei ihm nach Mitteilung der AOK nicht mehr möglich. Der Abschluss eines modifizierten Standardtarifs sei nicht möglich, da er über eine laufende Krankenversicherung verfüge. Der Standardtarif würde für ihn derzeit 444,90 Euro betragen und wäre im Vergleich deutlich höher als sein derzeitiger Monatsbeitrag von 321,09 Euro.

Durch Bescheid vom 9. Januar 2008 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Übernahme der vollständigen privaten Krankenversicherungsbeiträge ab. Der Antragsteller erhalte gemäß § 26 SGB II den Zuschuss zu seiner privaten Krankenversicherung in Höhe des aktuellen Pflichtversicherungsbeitrages ausgezahlt. In der genannten Vorschrift sei eindeutig geregelt, dass ein Zuschuss nur in Höhe des gesetzlichen Beitrages übernommen werden könne. Weitere Beiträge zur privaten Krankenversicherung könnten somit nicht getragen werden. Den dagegen vom Antragsteller eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2008 zurück. Dagegen hat der Antragsteller Klage zum Sozialgericht Wiesbaden (SG) erhoben (S 20 AS 452/08), über die noch nicht entschieden ist.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2009 teilte die LKH dem Antragsteller mit, er sei trotz schriftlicher Mahnung mit der Zahlung von Beiträgen in Höhe von mehr als einem Monatsbeitrag im Rückstand; die Leistungen aus seiner Krankheitskostenversicherung ruhten daher ab dem dritten Tage nach Zugang dieser Mitteilung. Während des Ruhens werde nur für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen oder Schmerzzustände erforderlich seien, im Rahmen der versicherten Tarife geleistet. Das Ruhen ende, wenn alle rückständigen Beiträge gezahlt worden seien oder die jeweilige versicherte Person, für die das Ruhen festgestellt worden sei, hilfebedürftig i.S. des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch werde.

Den am 20. Mai 2009 beim Sozialgericht eingegangenen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, dem Antragsteller ab Mai 2009 monatlich die Beitragsleistungen in Höhe von 321,09 Euro zu dessen privater Krankenversicherung zu übernehmen, hat das Sozialgericht durch Beschluss vom 23. Juni 2009 - S 20 AS 323/09 ER - abgelehnt. Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Hessische Landessozialgericht (HLSG) durch Beschluss vom 3. September 2009 – L 9 AS 335/09 B ER - zurückgewiesen. Der Antragsteller könne unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Übernahme der Kosten für seine private Krankenversicherung über den von der Antragsgegnerin geleisteten Beitrag hinaus verlangen. § 26 SGB II stelle insoweit die einschlägige und abschließende Regelung für Fälle wie den vorliegenden dar. Die Regelung sei eindeutig und solle aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bewirken, dass für Bezieher von Arbeitslosengeld II ein bundeseinheitlicher Beitragssatz bestehe. Dass die zu zahlenden Beiträge an die private Krankenversicherung dabei nicht voll abgedeckt würden, entspreche der Intention des Gesetzes.

Durch Bescheid vom 27. Juli 2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, der rückwirkend zum 1. Januar 2009 in den Basistarif M BTN gewechselt war (monatlicher Beitrag für die Krankenversicherung 284,81 Euro, für die Pflegeversicherung 19,00 Euro), Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 28. Februar 2010. Als monatlichen Zuschuss zur Versicherung/Pflegeversicherung bewilligte sie dabei 142,11 Euro. Auch dagegen ist ein Widerspruchsverfahren anhängig.

Mit am 6. Oktober 2009 beim SG eingegangenen Antrag hat der Antragsteller (erneut) die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung begehrt, ab 1. Januar 2009 einen weiteren monatlichen Zuschuss in Höhe von 161,70 Euro für die private Kranken- und Pflegeversicherung bei der LKH zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 hat der Antragsteller das Verfahren in Bezug auf die Pflegeversicherungsbeiträge für erledigt erklärt, nachdem die Antragsgegnerin sich bereit erklärte, die Beiträge für die private Pflegeversicherung ab Januar 2009 in tatsächlicher Höhe (19,00 Euro) zu übernehmen.

Durch Beschluss vom 4. November 2009 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Hinweis auf den Beschluss des HLSG vom 3. September 2009 abgelehnt.

Dagegen hat der Antragsteller am 13. November 2009 Beschwerde eingelegt. Es gebe neue Rechtsprechung (u. a. Beschluss des Landessozialgerichts - LSG - Baden-Württemberg vom 16. September 2009 - L 3 AS 3934/09 ER), die eindeutig bestätige, dass nach dem verfassungsrechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz die vollen Beiträge zur Versicherung zu bezuschussen seien. Es könne nicht Sinn und Zweck des SGB II sein, einem arbeitslosen Bürger Arbeitslosengeld II zu gewähren und gleichzeitig dadurch zu erreichen, dass der arbeitslose Bürger, wenn er nicht mehr nach dem SGB II bedürftig sei, in eine Schuldenfalle gerate. Sowohl eine analoge Anwendung des § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II als auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 12 Abs. 1c S. 5 und 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) begründe einen Anspruch auf Übernahme der vollständigen Beiträge für die Krankenversicherung. Es liege eine offensichtlich planwidrige Regelungslücke und vergleichbare Interessenlage mit freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten vor. Die private Krankenversicherung habe mittlerweile einen Mahnbescheid gegen den Antragsteller ausgebracht. Daraus ergebe sich ein Beitragsrückstand von insgesamt 1.614,50 Euro. Mit Klageschrift vom 26. November 2009 habe die LKH die rückständigen Beiträge geltend gemacht, womit sich für ihn die unzumutbare Situation ergebe, wegen unverschuldeter Rechnungsrückstände zivilrechtlichen Klagen ausgesetzt zu sein.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 4. November 2009 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ab 1. Januar 2009 bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache dem Antragsteller einen monatlichen Zuschlag von insgesamt 284,81 Euro abzüglich geleisteter Zuschüsse für die Krankenversicherung zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Entscheidung des Senats vom 3. September 2009.

Mit Bescheid vom 4. März 2010 hat die Antragsgegnerin einen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – (Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09,1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 –) gestützten Antrag des Antragstellers vom 10. Februar 2010, die Beiträge für die private Krankenversicherung als besonderen, laufenden, nicht nur einmaligen und unabweisbaren Bedarf in voller Höhe zu bezuschussen, abgelehnt. Es müsse sich um einen besonderen Bedarf handeln, der aufgrund einer atypischen Bedarfssituation entstanden sei. Eine solche liege insoweit nicht vor. Der Antragsteller habe sich, obwohl er bereits im Jahr 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen habe, zum 1. Januar 2005 wissentlich trotz Belehrung mit Beginn des Leistungsbezuges nach dem SGB II unwiderruflich von der Versicherungspflicht befreien lassen. Dabei sei es bereits offenkundig gewesen, dass er auf Dauer die Beiträge zu der privaten Krankenkasse nicht würde leisten können. Der Bedarf sei somit einzig aufgrund privater Motive entstanden. Diese seien steuerbar und bezüglich ihrer Folgen vorhersehbar, so dass eine atypische Bedarfslage nicht vorliege.

II.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben und auch Im Übrigen zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen, da in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG erforderliche Berufungssumme (750,00 Euro) wird bei einem streitigen Leistungszeitraum ab 1. Januar 2009 bis 28. Februar 2010 (nur dieser wird vom Bescheid vom 27. Juli 2009 geregelt) und angesichts einer monatlichen Differenz zwischen dem von der Antragsgegnerin bewilligten Zuschuss für die Krankenversicherung (129,54 Euro monatlich bis 30. Juni 2009, 124,32 Euro ab 1. Juli 2009) und dem von dem Antragsteller zu zahlenden Beitrag zur Krankenversicherung (284,81 Euro) in Höhe von mehr als 150,00 Euro, deren Übernahme der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung geltend macht, deutlich überschritten. Damit übersteigt der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes streitige Gesamtbetrag für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 28. Februar 2010 (Ende des Bewilligungszeitraums) die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG deutlich.

Die Beschwerde ist in der Sache jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor, so dass der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Bestand hat. Es hat sich im Ergebnis zu Recht auf den Beschluss des Senats vom 3. September 2009 - L 9 AS 335/09 B ER - berufen.

Ist einstweiliger Rechtsschutz weder durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt noch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes (§ 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zu gewährleisten, kann nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung – vorläufige Sicherung eines bestehenden Zustandes -). Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Bildet ein Leistungsbegehren des Antragstellers den Hintergrund für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz, ist dieser grundsätzlich im Wege der Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu gewähren. Der Erlass einer derartigen Anordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrten Leistungen besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein; d. h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (vgl.Conradisin LPK–SGB II, 3. Aufl. 2009, Anhang Verfahren Rdnr. 119).

Vorliegend sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht erfüllt. Es fehlt sowohl am Anordnungsanspruch, weil die Antragsgegnerin die einschlägigen einfachgesetzlichen Regelungen zutreffend angewandt hat, als auch am Anordnungsgrund.

§ 26 Abs. 2 SGB II in der vorliegend anwendbaren, am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) bestimmt:„Für Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig und nicht familienversichert sind und die für den Fall der Krankheit 1. bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, gilt § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, 2. freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, wird für die Dauer des Leistungsbezugs der Beitrag übernommen; für Personen, die allein durch den Beitrag zur freiwilligen Versicherung hilfebedürftig würden, wird der Beitrag im notwendigen Umfang übernommen. Der Beitrag wird ferner für Personen im notwendigen Umfang übernommen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind und die allein durch den Krankenversicherungsbeitrag hilfebedürftig würden.“

Der Antragsteller gehört zum Personenkreis des § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II. Er bezieht Arbeitslosengeld II als Leistung zum Lebensunterhalt nach dem SGB II, ist für den Fall der Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert und ist auch weder in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig noch familienversichert. Zwar wäre er an sich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V ab 1. Januar 2005 versicherungspflichtig geworden, weil nach dieser durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 eingefügten Norm Personen in der Zeit versicherungspflichtig sind, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch beziehen, soweit sie nicht - was vorliegend nicht in Betracht gekommen war - familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden. Der Antragsteller ist jedoch auf seinen Antrag von der Versicherungspflicht befreit worden. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1a SGB V wird auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wer versicherungspflichtig wird durch den Bezug von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) oder Arbeitslosengeld II (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V) und in den letzten fünf Jahren vor dem Leistungsbezug nicht gesetzlich krankenversichert war, wenn er bei einem Krankenversicherungsunternehmen versichert ist und Vertragsleistungen erhält, die der Art und dem Umfang nach den Leistungen dieses Buches entsprechen. Die diesbezügliche bestandskräftige Entscheidung der AOK Hessen wirkt fort; sie kann nach § 8 Abs. 2 S. 3 SGB V nicht widerrufen werden.

Für den Antragsteller als Versicherten eines privaten Krankenversicherungsunternehmens gilt somit der Verweis des § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II auf § 12 Abs. 1c S. 5 u. 6 VAG. § 12 Abs. 1c VAG hat – soweit vorliegend von Belang – in seiner hier anwendbaren zum 1. Januar 2009 auf Grund des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) in Kraft getretenen Fassung folgenden Wortlaut: „Der Beitrag für den Basistarif ohne Selbstbehalt und in allen Selbstbehaltsstufen darf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen; dieser Höchstbeitrag errechnet sich aus dem allgemeinen Beitragssatz der Krankenkassen vom 1. Januar des Vorjahres und der Beitragsbemessungsgrenze; abweichend davon wird im Jahr 2009 zur Berechnung des Höchstbeitrags der allgemeine Beitragssatz der Krankenkassen vom 1. Januar 2009 zu Grunde gelegt (S. 1). Der Höchstbeitrag wird zum Stichtag 1. Juli jedes Jahres auf Basis der vorläufigen Rechnungsergebnisse des Vorjahres der gesetzlichen Krankenversicherung um den Vom-Hundert-Wert angepasst, um den die Einnahmen des Gesundheitsfonds von einer vollständigen Deckung der Ausgaben des Vorjahres abweichen (S. 2). […] Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags nach Satz 1 […] Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, vermindert sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte; die Hilfebedürftigkeit ist vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten zu prüfen und zu bescheinigen (S. 4). Besteht auch bei einem nach Satz 4 verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, beteiligt sich der zuständige Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird (S. 5). Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, gilt Satz 4 entsprechend; der zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist (S. 6).“

Im Falle des Antragstellers, der unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags zur privaten Krankenversicherung hilfebedürftig nach dem SGB II ist, so dass eine Verminderung des Beitrags für den Basistarif für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte nicht in Betracht kommt, gilt § 12 Abs. 1c S. 6 HS. 2 VAG. Der zuständige Träger zahlt den Beitrag, der auch für einen Bezieher von ALG II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Regelungen ist mithin der Zuschuss des Grundsicherungsträgers zu den Aufwendungen für eine private Krankenversicherung der Höhe nach auf den für einen Bezieher von ALG II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Beitrag beschränkt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - L 15 AS 1048/09). Dem hat die Antragsgegnerin, was nicht umstritten ist, entsprochen.

Auch Ansprüche gegen den Sozialhilfeträger nach dem SGB XII scheiden aus (vgl. hierzu ausführlich: Urteil des SG Karlsruhe vom 10. August 2009 - S 5 AS 2121/09; LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O.). Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II einerseits und der Sozialhilfe nach dem SGB XII andererseits handelt es sich um gegenseitig ausschließende Systeme (§ 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII; vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 28/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 8).

Schließlich ist auch nicht auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - von einem Anordnungsanspruch auszugehen. Nach dieser Entscheidung bedarf es neben den in §§ 20 ff. SGB II vorgegebenen Leistungen noch eines zusätzlichen Anspruchs auf Leistungen bei unabweisbarem, laufendem, nicht nur einmaligem und besonderem Bedarf zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums. Da in Bezug auf die geltend gemachten Beiträge zur privaten Krankenversicherung eine ausdrückliche gesetzliche Regelung existiert, dürfte die Anwendung einer Härteregelung vorliegend grundsätzlich ausgeschlossen sein. Davon abgesehen besteht - wie im Rahmen des Anordnungsgrundes dargelegt wird - im Falle des Antragstellers kein derartiger Bedarf, der unabweisbar und zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums erforderlich ist.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers kommt auch eine analoge Anwendung anderer Vorschriften, die die Übernahme der Beiträge zur Krankenversicherung in vollem Umfang vorsehen (§ 12 Abs. 1 c S. 5 VAG, § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II), nicht in Betracht. Hierzu wäre Voraussetzung das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke, die nach Auffassung des Senats jedoch nicht vorliegt (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O.; SG Dresden, Beschluss vom 18. September 2009 - S 29 AS 4051/09 ER; a.A.: SG Karlsruhe, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. September 2009 - L 3 AS 3934/09 ER-B; HLSG, Beschluss vom 15. Dezember 2009 - L 6 AS 368/09 B ER; SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 2. Oktober 2009 - S 31 AS 174/09 ER). Das SG Berlin hat hierzu im Urteil vom 27. November 2009 - S 37 AS 31127/09 - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 25. Juni 2009 - B 10 EG 8/08 R) zutreffend ausgeführt, dass ein Gesetz nur dann lückenhaft ist, wenn es angesichts dererkennbaren Regelungsabsichtdes Gesetzgebers "planwidrig" unvollständig ist, die Gerichte also nur das vom Gesetzgeberversehentlichunterbliebene Regelungsstück einfügen müssen. Eine derartige planwidrige Lücke weise das Regelungsgefüge des § 26 SGB II i.V.m. § 12 VAG aber nicht auf:„Dem Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens (s. etwa das im Beschluss des LSG NRW – L 20 B 56/09 SO ER - erwähnte Schreiben des BMAS vom 4.8.2008) und der nachfolgenden Debatte zur „Beitragslücke“ (aufschlussreich dazu BT-Plenarprotokoll der 230. Sitzung vom 2.7.2009 zu Tagesordnungspunkt 45, 25925) lässt sich vielmehr entnehmen, dass die Lücke zwar gesehen, aber mangels Einigung, wie diese Problematik geregelt werden soll – im System der PKV oder zu Lasten der Allgemeinheit – nicht geschlossen wurde (zutreffend Brünner, LPK-SGB II, 3. Aufl. Rdnr. 21). In einer solchen Situation und einer in verschiedene Richtungen lösbaren Schließung der Beitragslücke ist den Gerichten eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Entscheidung verwehrt“(s. hierzu ausführlich auch LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O., das darauf aufmerksam macht, es sei nicht gelungen, für Mitglieder einer privaten Krankenversicherung, die ihre Beiträge nicht zahlen können, eine konsensfähige Regelung zu finden, obwohl auch die damalige Bundesregierung insoweit Handlungsbedarf gesehen habe). Bei dieser Sachlage, die durch eine gewollte Gesetzeslücke gekennzeichnet ist, ist – wovon der Senat in seinem Beschluss vom 3. September 2009 der Sache nach auch ausgegangen ist - für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke kein Raum. Vielmehr bedarf es insoweit einer Korrektur durch den Gesetzgeber.

Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in einem Fall als obiter dictum zu erkennen gegeben hat, dass sich für die von dem betreffenden Antragsteller geltend gemachten Versicherungsbeiträge nicht aus dem VAG ergeben, mithin auch nicht nach § 12 Abs. 1c S. 5 VAG zu beurteilen sind (Beschluss vom 21. Dezember 2009 - L 9 SO 191/09 B ER). Zu beurteilen war nämlich die Rechtslage nach dem SGB XII, die sich entscheidend von derjenigen nach dem SGB II abhebt. Dieses Gesetz enthält in § 32 Abs. 5 SGB XII eine eigenständige Anspruchsgrundlage für die Übernahme von Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge, ohne - wie § 26 Abs. 2 SGB II - ausdrücklich auf § 12 VAG Bezug zu nehmen (das betont auch der 7. Senat des HLSG in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2009 - L 7 SO 165/09 B ER).

Besteht nach alledem „einfachrechtlich“ kein Anordnungsanspruch im Hinblick auf eine vollständige Übernahme der vom Antragsteller an die private Krankenversicherung zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge, so stellt sich die Frage, ob der Antragsteller mit Rücksicht auf die durch die nur anteilige Bezuschussung entstehende erhebliche Deckungslücke und zur Vermeidung schwerwiegender Nachteile aus verfassungsrechtlichen Gründen mit Erfolg den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung geltend machen kann. Das LSG Niedersachsen-Bremen hat dies bejaht und § 12 Abs. 1c S. 6 HS 2 VAG angesichts einer – im konkreten Fall - monatlichen Bedarfsunterdeckung in Höhe von 178,53 Euro für verfassungswidrig erachtet. Die Vorschrift verstoße gegen die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zur Sicherstellung des Existenzminimums, welche aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde i. V. m. dem Sozialstaatsgebot folge. Der Gesetzgeber wäre von Verfassungs wegen verpflichtet gewesen, die Beitrags- und Zuschussregelungen so auszugestalten, dass auch die Leistungsbezieher nach dem SGB II, deren Hilfebedürftigkeit unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags bestehe (§ 12 Abs. 1c S. 6 VAG), die Beiträge zu ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung aus den Leistungen des Grundsicherungsträgers aufbringen können. Denn die trotz der Halbierung des Beitrags im Basistarif gem. § 12 Abs. 1c S. 4 VAG entstehende Deckungslücke zwischen dem vom Grundsicherungsträger gewährten Zuschuss einerseits und dem zu zahlenden hälftigen Basistarif-Beitrag andererseits könne nicht aus der Regelleistung nach § 20 SGB II bestritten werden.

Dem vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Zwar ist er durch Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht gehindert, vor der im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91 - BVerfGE 86, 382). Vorläufiger Rechtsschutz kommt jedoch nach allgemeinen Grundsätzen, denen der Senat in Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG grundsätzlich folgt, nur in Betracht, wenn schwere und unzumutbare Nachteile zu befürchten sind, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig zu machen sind. Solche Nachteile, die einen Anordnungsgrund i.S. der genannten Vorschrift auch für den vorliegenden Fall eines ausdrücklich bestehenden gesetzlichen Ausschlusses der vollständigen Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge begründen, sind nicht zu befürchten, weil dem Antragsteller ein ausreichender Schutz vor Krankheit (noch) zur Verfügung steht. Daher kann, auch wenn wohl zu Recht die Rechtslage als „sozialstaatlich unvertretbar“ bezeichnet wird (vgl. die Position des Deutschen Vereins zur Beitragslücke gemäß § 12 Abs. 1c Satz 6 Versicherungsaufsichtsgesetz, DV 14/08 AF IV vom 18. Juni 2008), letztlich dahingestellt bleiben, ob die gegen die § 26 Abs. 2 SGB II – unabhängig von Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG - in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken durchgreifen (bejahend etwa LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. September 2009 a.a.O.; verneinend SG Berlin a.a.O.).

Allerdings ist zutreffend, dass aus Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG die Verpflichtung des Staates herzuleiten ist, dem hilfebedürftigen Bürger die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben durch Sozialleistungen zu sichern, wozu auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung gehört (vgl. m.w.N. BSG, Urteil vom 22. April 2008 - B 1 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 62 Nr. 6). Das heißt indes nicht, dass diese Versorgung dem Niveau, welche das SGB V gewährleistet, entsprechen muss. Da das Recht der Sozialversicherung im Grundsatz darauf abzielt, einen über dem Sozialhilfeniveau liegenden Lebensstandard zu sichern, kann auch ein minderes Niveau den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - 2 BvL 1/06 - SozR 4-2500 § 220 Nr. 1). Das derzeit vom Gesetzgeber vorgesehene Niveau genügt noch diesen Anforderungen.

Für den Kreis der privat gegen Krankheit versicherten Personen, zu denen der Antragsteller gehört, ist zunächst von Bedeutung, dass mit Inkrafttreten des GKV-WSG zum 1. Januar 2009 für den Fall des Eintritts von Beitragsrückständen weit reichende Schutzvorschriften zugunsten der Versicherten geschaffen worden sind. Sie würden auch dadurch nicht ihren Versicherungsschutz verlieren, wenn sie die geschuldeten Beiträge nicht aufbringen könnten. Für die Versicherungsunternehmen besteht ein absolutes Kündigungsverbot. Nach § 206 Abs. 1 S. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist nämlich jede Kündigung einer Krankheitskostenversicherung, die eine Pflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllt, durch den Versicherer ausgeschlossen. Darüber hinaus ist die ordentliche Kündigung einer Krankheitskosten-, Krankentagegeld- und einer Pflegekrankenversicherung durch den Versicherer ausgeschlossen, wenn die Versicherung – wie vorliegend - ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz ersetzen kann (§ 206 Abs. 1 S. 2 VVG). Sie ist weiterhin ausgeschlossen für eine Krankenhaustagegeld-Versicherung, die neben einer Krankheitskostenvollversicherung besteht (§ 206 Abs. 1 S. 3 VVG).

Zudem scheitert eine Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung auch nicht daran, dass der Versicherungsnehmer die ärztliche Behandlung zunächst selbst bezahlen muss und möglicherweise mangels ausreichender finanzieller Mittel hierzu nicht in der Lage sein könnte. Wechselt der Versicherte in den Basistarif, sind die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen nach § 75 Abs. 3a S. 1 SGB V zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung verpflichtet, im Gegenzug erlangen die Leistungserbringer (Ärzte und Krankenhäuser) nach § 192 Abs. 7 VVG einen Vergütungsanspruch, den sie direkt gegen das Versicherungsunternehmen geltend machen können. Dem Versicherungsnehmer droht daher - entgegen der Ansicht des LSG Baden-Württemberg im Beschluss vom 16. September 2009 (L 3 AS 3934/09 ER-B) - nicht, von der ärztlichen Behandlung ausgeschlossen zu sein, da er als Privatversicherter zunächst die ärztliche Behandlung selbst bezahlen müsste und auf den Weg der Kostenerstattung angewiesen sei. Vielmehr ist der im Basistarif Versicherte nicht zwingend auf das Kostenerstattungsverfahren angewiesen, womit auch eine (unzulässige) Aufrechnung offener Beitragsansprüche mit Erstattungsansprüchen von vornherein ausscheidet (so zutreffend SG Berlin a.a.O.). Im Übrigen sind, wenn eine Krankheitskostenversicherung oder eine Pflegekrankenversicherung vom Versicherer wegen Zahlungsverzugs des Versicherungsnehmers wirksam gekündigt wird, die versicherten Personen berechtigt, die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses unter Benennung des künftigen Versicherungsnehmers zu erklären; die Prämie ist ab Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses zu leisten (§ 206 Abs. 3 VVG).

Die bezeichneten Beschränkungen des Kündigungsrechts gelten auch und gerade für den Fall des Zahlungsverzugs, in dem unter den in § 193 Abs. 6 VVG näher bestimmten Voraussetzungen das Ruhen des Leistungsanspruchs eintritt. Danach kann das Versicherungsunternehmen ein Ruhen grundsätzlich nur einleiten, wenn der Versicherungsnehmer nicht hilfebedürftig i.S. des SGB II (oder SGB XII) ist. Denn nicht nur endet ein Ruhen dann, wenn der Versicherungsnehmer hilfebedürftig i. S. des SGB II wird, es tritt - wovon Rechtsprechung und Schrifttum zutreffend ausgehen (vgl. SG Dresden, Beschluss vom 18. September 2009 - S 29 AS 4051/09 ER;Klerks, info also 2009, S. 153, 158) - das Ruhen von vornherein auch dann nicht ein, wenn der Versicherungsnehmer bereits im Leistungsbezug nach dem SGB II steht, wie es bei dem Antragsteller der Fall ist.

Allerdings geht offenbar die LKH - wie ihr Schreiben vom Mai 2009 zeigt - davon aus, dass im Falle des Antragstellers ein Ruhen eingetreten ist. Zwar dürfte dieser Auffassung, weil sie Sinn und Zweck von § 206 VVG unberücksichtigt lässt, nicht zu folgen sein. Selbst wenn sie zuträfe, ist damit ein die Existenz sichernder Krankenversicherungsschutz des Antragstellers indes nicht hinfällig. Denn nach § 193 Abs. 6 S. 6 VVG haftet der Versicherer auch während des Ruhens des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs infolge von Beitragsrückständen des Versicherten für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen oder Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Diese Vorschrift gewährleistet im konkreten Fall aktuell den zur Sicherung der Existenz erforderlichen Schutz gegen Krankheit noch hinreichend (zur Frage, ob der Zwang zur Notfallversorgung zu einer unzumutbaren Belastung der Unternehmen führt s. BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 706/08 u.a.).

Da der Schutz der Hilfsbedürftigen i.S. des SGB II nicht geringer sein kann als derjenige, den § 4 Abs. 1 S. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für Asylbewerber gewährleistet, umfasst die „Notversorgungspflicht“ des Versicherungsunternehmens sowohl die ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlicher Leistungen (vgl. auch BT-Drs 16/4247, S. 31). Die notwendigen medizinischen Leistungen zur Behandlung einer (akuten) Krankheit bleiben den Versicherten (vollständig) erhalten, desgleichen solche zur Behandlung einer chronischen Krankheit, wenn sie mit Schmerzen verbunden ist, und zwar selbst dann, wenn die akuten Krankheitserscheinungen oder Schmerzzustände ursächlich auf eine chronische Erkrankung zurückzuführen sind (vgl. für § 4 Abs. 1 AsylbLG Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28. Januar 2004 - 1 O 5/04 - m.w.N.).

Ausgeschlossen wäre der Antragsteller mithin lediglich mit Leistungen zur Behandlung chronischer Erkrankungen, die weder Schmerzen noch akute Erkrankungen hervorrufen. Damit ist er aber immerhin ebenso abgesichert wie gesetzlich Krankenversicherte, für die - auf Grund der spiegelbildlich zu § 193 Abs. 6 S. 6 VVG in § 16 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erfolgten Regelung - bei Zahlungsverzug ebenfalls (nur) eine Notversorgung vorgesehen ist. Insbesondere in Bezug auf den Personenkreis der gesetzlich Krankenversicherten ist - soweit ersichtlich - bislang nicht geltend gemacht worden, dass (bei Zahlungsverzug) deren Krankenversicherungsschutz zur Sicherstellung des Existenzminimums nicht ausreichend erscheint (zum Fehlen eines Anordnungsgrundes für die Bewilligung des Differenzbetrages zwischen dem vom Leistungsträger des SGB II gewährten Krankenversicherungsbeitrag und dem privaten Versicherer geschuldeten Beitrag s.a. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Oktober 2009 - L 7 B 197/09 AS - sowie für Beitragsrückstände im Falle eines gesetzlich Krankenversicherten s. a. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. September 2007 - L 7 B 171/07 AS ER).

Bei dieser Sachlage könnte ein schwerer unzumutbarer Nachteil allenfalls dann erkannt werden, wenn der Antragsteller auf eine Dauerbehandlung oder eine bestimmte Behandlungsform angewiesen wäre und sich die LKH weigern würde, notwendige Leistungen für die Behandlung solcher, insbesondere chronischen Erkrankungen zu erbringen. Entsprechendes hat er jedoch - auch auf Nachfrage des Senats - nicht geltend gemacht.

Schließlich bestehen auch keine anderweitigen schweren unzumutbaren Nachteile. Zwar wäre dem Antragsteller zuzugeben, dass - wie er noch mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2009 vorgetragen hat - ihm die Einleitung einer zivilgerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ruhensstellung seitens der LKH nicht zugemutet werden kann. Zu diesem Zeitpunkt hatte jedoch bereits die LKH ihrerseits Klage gegen den Antragsteller wegen der rückständigen Beiträge erhoben. Jedenfalls für diesen Fall erscheint es zumutbar, die strittige Frage, ob das Versicherungsunternehmen die Leistungen des hilfsbedürftigen Antragstellers ruhend stellen durfte, gerichtlich klären zu lassen. Allein der Umstand, dass die LKH den Antragsteller wegen der Beitragsrückstände in Anspruch nimmt, begründet keinen Anordnungsgrund. Zum einen entfällt - wie ausgeführt - hierdurch nicht der grundsätzliche Krankenversicherungsschutz des Antragstellers, zum anderen hat der Antragsteller gegenüber der AOK für die Zeit ab 2005 freiwillig auf den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung verzichtet, obwohl absehbar war, dass sich an seiner Hilfsbedürftigkeit auch unter der Geltung des SGB III nichts ändern würde. Deshalb erscheint es gerechtfertigt ihm eher zuzumuten, nachteilige Folgen dieses Schrittes zu tragen.

Diese Beurteilung wird auch gestützt durch den Rechtsgedanken des § 22 Abs. 5 SGB II, der - bezogen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung - die Übernahme von Schulden auf Fälle beschränkt, soweit die Übernahme zur Sicherung der Unterkunft (oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage) „gerechtfertigt“ ist. Danach ist in die rechtliche Prüfung einzubeziehen sowohl der Grad der Gefährdung des elementaren Grundbedürfnisses „Wohnen“ als auch das zur Verschuldung führende Verhalten des Hilfsbedürftigen (vgl. etwa HLSG, Beschluss vom 2. Juni 2008 - L 7 SO 14/08 B ER). Kann insbesondere durch die Schuldenübernahme die Unterkunft nicht gesichert werden, kommt ein Anspruch nach § 22 Abs. 5 SGB II ebenso wenig in Frage wie in dem Fall, dass das Grundbedürfnisses „Wohnen“ nicht gefährdet ist. Übertragen auf die vorliegend geschuldeten Beiträge käme deren Übernahme nur in Betracht, wenn das Grundbedürfnis „Erhaltung der Gesundheit“ bzw. „Behandlung von Krankheit“ gefährdet wäre. Das ist indes, weil - wie dargelegt - der Krankenversicherungsschutz des Antragstellers hinreichend gesichert erscheint, nicht der Fall.

Für den Senat hat schließlich noch wesentlich Berücksichtigung gefunden, dass in einem absehbaren Zeitraum mit einer Lösung der vorliegenden Problematik durch den Gesetzgeber gerechnet werden kann. Das ergibt sich nicht nur aus dem von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 27. Januar 2010 eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Benachteiligung von privat versicherten Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II (BT-Drs. 17/548), der u. a. vorsieht, dass für Hilfebedürftige, die ALG II beziehen, der reduzierte Beitrag zum Basistarif der PKV auf die Höhe des Zuschusses für in der GKV versicherte Hilfebedürftige abgesenkt wird. Auch die Bundesregierung ist mit der Problematik befasst, wie sich aus der Antwort der Parl. StaatssekretärinAnnette Widmann-Mauzauf Fragen des AbgeordnetenHarald Weinberg(BT-Drs. 17/493, Fragen 26 und 27) ergibt. Aus ihr ergibt sich insbesondere auch, dass geprüft wird, wie mit den Beitragsrückständen umzugehen ist, die bei den von der „Beitragslücke“ betroffenen Personen seit 1. Januar 2009 aufgelaufen sind (Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 17/18 vom 27. Januar 2010).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dem Antragsteller war im Hinblick auf die aus den obigen Erwägungen bestehenden hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin B. beizuordnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar § 177 SGG.

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