Hessischer VGH, Beschluss vom 02.06.1992 - 7 TH 1035/90
Fundstelle
openJur 2012, 19802
  • Rkr:
Gründe

Die Beschwerde, über die im Einverständnis der Beteiligten vom Berichterstatter anstelle des Senats entschieden werden kann, ist zwar in vollem Umfang zulässig, aber nur teilweise - nämlich beschränkt auf die Dauer des Widerspruchsverfahrens - begründet; denn insoweit hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zu Unrecht abgelehnt.

An einer rechtlichen Überprüfung des angegriffenen Bescheids ist der Senat übrigens nicht deshalb gehindert, weil der Geschäftsführer der Komplementärin der Antragstellerin bei einer Besprechung am 8. Februar 1989 Bereitschaft zur Durchführung dort näher bezeichneter Untersuchungen erklärt hat. Denn Besprechungsgegenstand war seinerzeit jedenfalls nicht der nach dem Bescheid vom 8. Dezember 1989 zu erstellende Sanierungsplan, und in der Niederschrift über die hierauf bezügliche weitere Besprechung am 6. November 1989 findet sich kein Hinweis auf eine Erklärung des Geschäftsführers, die als Vorabverzicht auf einen Rechtsbehelf gegen den nunmehr angegriffenen Bescheid ausgelegt werden könnte.

Nach der im vorliegenden Verfahren mithin vorzunehmenden - freilich in Anbetracht der Verfahrensart notgedrungen nur summarischen - Überprüfung erscheint derzeit als offen, ob der Bescheid vom 8. Dezember 1989 in der Fassung vom 21. Dezember 1989 offenbar rechtmäßig oder offenbar rechtswidrig ist. Hierbei sind, da ein Widerspruchsbescheid bisher nicht ergangen ist, die gegenwärtigen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse als maßgebend zugrundezulegen (Hess. VGH, B. v. 14. November 1991 - 7 TH 12/89 -, NVwZ 1992, 393). Unter diesen Umständen überwiegt im vorliegenden Fall das private Interesse der Antragstellerin, von Vollziehungsmaßnahmen verschont zu bleiben, jedenfalls bis zur Entscheidung über den Widerspruch das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des angegriffenen Bescheids.

Nicht zu beanstanden ist, daß den Bescheid vom 8. Dezember 1989 die untere Wasserbehörde erlassen und daß diese zur Begründung wasserrechtliche Vorschriften herangezogen hat. Zwar stellen die §§ 16 ff HAbfAG - auch soweit es um den Gewässerschutz geht - eine spezialgesetzliche Regelung gegenüber den §§ 74, 77 HWG dar mit der Folge, daß immer dann, wenn eine altlastenverdächtige Fläche im Sinne des § 16 Abs. 2 HAbfAG vorliegt, ein Einschreiten auf wasserrechtlicher Grundlage ausgeschlossen ist (Hess. VGH, Be. v. 2. April 1990 - 7 TH 4059/87 -, NVwZ-RR 1990, 550 = ZfW 1991, 46, v. 14. November 1991 - 7 TH 12/89 -, a.a.O., u. v. 27. November 1991 - 7 TH 2340/88 -). Indessen fehlen nach dem aus den Akten ersichtlichen Stand der Ermittlungen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß die im vorliegenden Fall festgestellte Grundwasserkontamination von einer altlastenverdächtigen Fläche im Sinne des § 16 Abs. 2 HAbfAG ausgeht. Bei den Flurstücken Nrn. 31/1, 32/1, 33/1 und 34/1 der Flur 10 in der Gemarkung M auf denen sich die Fabrikgebäude der Antragstellerin befinden, handelt es sich nicht um Grundstücke eines stillgelegten Betriebs und schon deshalb nicht um einen Altstandort nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 HAbfAG, denn dort wird spätestens seit Anfang der 60er Jahre - wenn auch bis 1973 in teilweise anderer Rechtsform - eine Schraubenfabrik betrieben, in der bis etwa 1983 mit Trichlorethen und alsdann bis Mitte 1987 mit 1.1.1-Trichlorethan umgegangen wurde. Soweit die Antragstellerin - auch im Beschwerdeverfahren - auf die ehemaligen Schlammtrockenbeete des Klärwerks M verweist, mögen diese zwar als Altablagerungen nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 HAbfAG zu qualifizieren sein; indessen besteht - was weitere Voraussetzung für ihre Einstufung als altlastenverdächtige Fläche ist - kein hinreichender Verdacht, daß die festgestellte Grundwasserkontamination auf sie zurückzuführen ist. Zwar heißt es in einem Bescheid der unteren Wasserbehörde an die Antragstellerin vom 10. Mai 1988, anläßlich einer Besprechung am 5. Mai 1988 sei festgestellt worden, daß sich im Bereich des Firmengeländes der Antragstellerin früher Klärschlammteiche befunden hätten. Indessen gelangten die dafür als Beleg angeführten Bilddokumente nicht zu den Akten; und außerdem geht aus Vermerken der Schutzpolizei Abteilung M-C - Zentraler Umweltschutzdienst - vom 5. Januar und 14. Juni 1988 und aus in der beigezogenen Strafakte befindlichen Lageplänen (vgl. insbesondere dort Bl. 67) hervor, daß die fraglichen Schlammtrockenbeete des Klärwerks südlich der obengenannten Flurstücke lagen, auf denen sich die Betriebsgebäude der Antragstellerin befinden, und auch südlich des bei den Beprobungen am 6. März und 21. Juli 1989 am stärksten belasteten Brunnens B 2 auf dem Flurstück 105 des Kleingartengeländes, mithin ausweislich der im Gutachten des Baugrundinstituts Dr.-Ing. D. F Nachf. vom 19. April 1988 festgestellten Fließrichtung nach Süden im Unterstrom zum Betriebsgelände der Antragstellerin. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang auch, daß der noch weiter unterstromig auf dem Flurstück 106 im Kleingartengelände und im Nordwestzipfel der ehemaligen Schlammtrockenbeete gelegene Brunnen B 1 bei seiner bisher einzigen Beprobung am 21. Juli 1989 eine weit geringere Belastung aufwies als der auf dem nördlichen Nachbargrundstück hierzu befindliche Brunnen B 2. Andere Grundstücke, auf die - abgesehen von den von der Antragstellerin genutzten und von denjenigen, auf denen sich früher die Schlammtrockenbeete befanden - die festgestellte Grundwasserkontamination zurückgeführt werden könnte und die etwa im Oberstrom zum Betriebsgelände der Antragstellerin liegen könnten, hat der Antragsgegner bisher jedenfalls nicht ermittelt. Danach kann die sachliche Zuständigkeit der unteren Wasserbehörde mindestens derzeit nicht verneint werden, denn sie hat jeder Gewässerverunreinigung und jeder für ein Gewässer gefährlichen Bodenverunreinigung solange nachzugehen, bis feststeht, ob diese von einer altlastenverdächtigen Fläche im Sinne des § 16 Abs. 2 HAbfAG ausgehen (Hess. VGH, Be. v. 14. November 1991 - 7 TH 12/89 -, a.a.O., u. v. 27. November 1991 - 7 TH 2340/88 -).

Ob die vom Antragsgegner mithin zu Recht herangezogenen wasserrechtlichen Vorschriften - bezogen auf den hier rechtlich maßgebenden jetzigen Zeitpunkt - die an die Antragstellerin unter Ziff. I. 1. des angegriffenen Bescheids gerichtete Anordnung, ein Sanierungskonzept vorzulegen, tragen, erscheint gegenwärtig als offen und kann frühestens in dem noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahren geklärt werden. Darüber hinausgehende selbständige Anordnungen enthält der angegriffene Bescheid nicht, denn Ziff. I. 2. und 4. beinhalten die bloße Ankündigung künftiger Anordnungen, Ziff. I. 3. und 5. konkretisieren lediglich in das Sanierungskonzept aufzunehmende Aspekte (vgl. Ziff. I. 1. c) und d)), und Ziff. I. 6. dient nur als Vorstufe für eine eventuell zu erlassende Duldungsverfügung (vgl. Ziff. VI. 1.); die unter Ziff. II. getroffene Kostenregelung erfaßt - richtig verstanden - bloß die Kosten der angeordneten Erstellung des Sanierungsplans, da die für die bisher durchgeführten Untersuchungen angefallenen Kosten - soweit aus den Akten ersichtlich - bereits von der Antragstellerin oder von anderer Seite übernommen worden sind.

Auszugehen ist davon, daß seit dem 1. Januar 1990, soweit es um die Sanierung von Gewässer- und Bodenverunreinigungen geht, primär der neugeschaffene § 77 HWG einschlägig ist. Mit der Einführung dieser Vorschrift sollte nach dem Willen des Gesetzgebers verdeutlicht werden, daß der Verantwortliche nicht nur die Gefahrenabwehr und Störungsbeseitigung sondern auch die endgültige Sanierung durchzuführen hat, weil insoweit hinsichtlich der Anwendbarkeit der wasserrechtlichen Generalklausel des § 74 HWG unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten wurden (Hess. Landtag, Drs. 12/4199 v. 7. März 1989, S. 52, Begründung zu § 76a HWG). Es bedarf vorliegend keiner endgültigen Entscheidung darüber, in welchem Umfang neben Sanierungsmaßnahmen zusätzlich auf § 74 HWG gestützte Maßnahmen angeordnet werden dürfen - das Recht hierzu bleibt nach § 77 Abs. 3 HWG ausdrücklich unberührt -; denn ungeachtet dessen kann die Wasserbehörde jedenfalls seit dem 1. Januar 1990 die Erstellung eines Sanierungsplans vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen nur nach Maßgabe der hierfür eingeführten speziellen Vorschrift des § 77 Abs. 2 HWG verlangen und nicht mehr, wie vom Antragsgegner unter dem 8. Dezember 1989 noch angeordnet, auf der rechtlichen Grundlage des damaligen § 74 Abs. 3 S. 1 HWG 1981 oder des an dessen Stelle getretenen § 74 Abs. 1 HWG.

Soweit § 77 Abs. 2 HWG das Vorliegen von Verunreinigungen voraussetzt, d.h. - wie aus § 77 Abs. 1 HWG zu entnehmen ist - entweder von Gewässerverunreinigungen jeder Art oder von Bodenverunreinigungen, die eine nachhaltige Gewässerverunreinigung oder Beeinträchtigung von Bodeneigenschaften besorgen lassen, ist der Tatbestand der Vorschrift erfüllt. Denn ausweislich der am 29. Oktober 1986, 18. März 1988 und 6. März 1989 durchgeführten Beprobungen des Betriebsbrunnens der Antragstellerin belief sich allein die Belastung mit Trichlorethen, mit dessen Abbauprodukt 1.2-Dichlorethen-cis und mit 1.1.1-Trichlorethan auf Werte zwischen 198 und 209 ug/1; bei den Beprobungen des Brunnens B 2 auf dem Flurstück 105 im Kleingartengelände am 8. Juli 1987, 18. März 1988, 6. März und 21. Juli 1989 wurden 709, 128,7, 3.720 und 1.477 ug/1 der vorgenannten leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffe und bei der Entnahme von Wasserproben bei den Bohrsondierungen BS 3 unweit der Südwestecke des Betriebsgebäudes der Antragstellerin am 6. März 1989 sowie BS 4 unweit der Nordwestecke am 21. Juli 1989 265 bzw. 773 ug/1 gemessen. Angesichts des in den Gutachten des Baugrundinstituts Dr.-Ing. D. Fedder Nachf. vom 19. April 1988, 26. April 1989 und 4. Oktober 1989 herangezogenen Grenzwertes von 70 ug/1 für chlorierte Kohlenwasserstoffe, der gemäß dem "Leitfaden Bodenuntersuchung" (Lieferung 1, Juli 1983) eine Sanierungsuntersuchung erfordere, und des Wertes von 25 ug/1, welcher im Jahresmittel nicht übertroffen werden soll, um toxikologische Gefährdungen auszuschließen (vgl. hierzu Hess. VGH, B. v. 20. März 1986 - 7 TH 455/86 -, DÖV 1987, 260 = ZfW 1987, 98 = NuR 1987, 230 = UPR 1986, 437), welche beide erheblich überschritten sind, steht das Vorliegen einer Gewässerverunreinigung außer Frage. Bodenverunreinigungen, die die Anforderungen des § 77 Abs. 1 S. 2 HWG erfüllen, konnten freilich bei am 4. Februar 1988 sowie am 6. März und 21. Juli 1989 auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin entnommenen Bodenproben nicht festgestellt werden.

Bisher nicht hinreichend geklärt erscheint dem Senat indessen, ob die Antragstellerin für die vorliegenden Gewässerverunreinigungen verantwortlich ist. Wenn nach § 77 Abs. 2 HWG die Wasserbehörde verlangen kann, daß vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen nach Abs. 1 ein Sanierungsplan erstellt wird, so folgt aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf Abs. 1, daß eine Anordnung auf Erstellung eines Sanierungsplans nur an die für die Gewässerverunreinigungen Verantwortlichen gerichtet werden kann, die auch die erforderlichen Maßnahmen zur Schadensermittlung und Schadensbegrenzung und zur Beseitigung von Verunreinigungen durchzuführen haben. Wer Verantwortlicher im Sinne des § 77 Abs. 1 S. 1 HWG ist, bestimmt sich mangels besonderer wasserrechtlicher Vorschriften infolge der in § 74 Abs. 2 HWG enthaltenen Verweisung analog §§ 6 und 7 HSOG. Nach dem Stand der bisher vom Antragsgegner durchgeführten Ermittlungen, so wie er sich aus der Behördenakte und der beigezogenen Strafakte darstellt, vermag der Senat weder eine Verantwortlichkeit der Antragstellerin für das Verhalten von Personen nach § 6 HSOG noch für den Zustand von Sachen nach § 7 HSOG hinreichend sicher festzustellen.

Verantwortlichkeit für das Verhalten einer Person setzt voraus, daß entweder die betreffende Person selbst die Gefahr verursacht hat (§ 6 Abs. 1 HSOG) oder eine von ihr zu einer Verrichtung bestellte Person in Ausführung dieser Verrichtung (§ 6 Abs. 2 HSOG). Davon, daß entweder die Antragstellerin selbst, die seit 1959 Kommanditgesellschaft ist, durch ihren früheren Komplementär H W bzw. durch die oder den jeweiligen Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH die Gewässerverunreinigung verursacht hat oder daß diese auf ein Verhalten von Verrichtungsgehilfen der Antragstellerin zurückzuführen ist, hat sich der Senat nicht mit der für das vorliegende summarische Verfahren gebotenen Wahrscheinlichkeit zu überzeugen vermocht.

Der Antragsgegner hat in dem angegriffenen Bescheid allein auf "die unsachgemäße Lagerung der mit Lösemittel verunreinigten Späne" abgestellt und hierauf auch im Antragsverfahren (mit Schriftsatz vom 22. Februar 1990) nochmals verwiesen. Nach dem Akteninhalt ist aber nicht hinreichend sicher nachvollziehbar, daß dadurch die Gewässerverunreinigung verursacht wurde. Zwar heißt es in dem bereits oben angesprochenen polizeilichen Vermerk vom 14. Juni 1988, aus der Dreherei herrührende Späne mit Resten von 1.1.1-Trichlorethan würden bis zum Abtransport "in einem Container vor dem Kleingartengelände" zwischengelagert, aus dem Flüssigkeit auf das Erdreich ablaufen könne und auch ablaufe. Demgemäß verständigte man sich bei der ebenfalls schon erwähnten Besprechung am 8. Februar 1989 darauf, "im Bereich der Abstellfläche der Metallspänecontainer" eine Rammsondierung vorzunehmen. Daraufhin wurde am 6. März 1989 ca. 5 m südlich der Südwestecke des Betriebsgebäudes der Antragstellerin die Bohrung BS 3 niedergebracht (vgl. zur genauen Lage Bl. 114 d.A.). Dieser Bohrpunkt deckt sich weder mit dem in dem polizeilichen Vermerk vom 14. Juni 1988 beschriebenen Containerstandort noch mit dem Stellplatz westlich der Südwestecke des Betriebsgeländes, der auf in der Strafakte befindlichen Lichtbildern (vgl. dort Bl. 27R) zu erkennen ist und offenbar demjenigen Punkt entspricht, der in dem dem Gutachten des Baugrundinstituts Dr.-Ing. D. F Nachf. vom 4. Oktober 1989 als Anlage 2 beigegebenen Lageplan (Bl. 93 d.A.) mit einem eingekreisten Kreuz gekennzeichnet ist; vollends unklar wird der Containerstandort dadurch, daß in der Niederschrift über eine am 6. November 1989 durchgeführte Besprechung die am 21. Juli 1989 westlich der Nordwestecke des Betriebsgebäudes niedergebrachte Bohrsondierung BS 4 mit dem Klammerzusatz "Spänecontainer" versehen ist (Bl. 142 der Behördenakte). Danach ist für den Senat nicht erkennbar, wo der oder die fraglichen Container während der Zeit, in der von der Antragstellerin Trichlorethen und 1.1.1-Trichlorethan eingesetzt wurden, gestanden haben und ob an diesem Platz bzw. diesen Plätzen überhaupt eine Bohrung und Beprobung stattgefunden hat.

Soweit im Verlauf der bisherigen Untersuchungen andere Betriebsbereiche der Antragstellerin als mögliche Quellen für die festgestellte Grundwasserverunreinigung in Betracht gezogen worden sind, hat sich der entsprechende Verdacht offenbar selbst nach Auffassung des Antragsgegners nicht mit der erforderlichen Sicherheit verifizieren lassen. Dies gilt zunächst für die ausweislich einer Betriebsbegehung am 2. Juli 1986 nicht ausreichend gesicherten Anwendungs- und Lagerbereiche für 1.1.1-Trichlorethan, was bei einer Besprechung am 19. August 1987 Anlaß zu der Vermutung gegeben hatte, daß die festgestellte Kontamination vom Öllager und den Umfüllplätzen herrühre, wo es ausweislich von in der Strafakte befindlichen Lichtbildern (vgl. dort Bl. 28 bis 30) zu sichtbaren Tropfverlusten gekommen war; indessen erbrachten am 4. Februar 1988 durchgeführte Bohrsondierungen im Transportgang vor dem Öllager (BS 1) und in der Presserei (BS 2) hierfür nicht die erwartete Bestätigung; vielmehr vertrat das Baugrundinstitut Dr.-Ing. D. F Nachf. in seinen Gutachten vom 19. April 1988 und 26. April 1989 die Auffassung, daß der Kontaminationsschwerpunkt südlich des Betriebsgebäudes liege und daß zur eindeutigen Klärung der Herkunft der Verunreinigung weitere Untersuchungen erforderlich seien; alsdann wurde aber - entgegen dem Ergebnis der Besprechung vom 26. Juni 1989 - keine weitere Bohrsondierung zwischen dem Betriebsgebäude und dem Brunnen B 2 niedergebracht, sondern aus nicht ersichtlichen Gründen westlich der Nordwestecke des Betriebsgebäudes (BS 4). Entsprechendes gilt für den insbesondere von der Polizei (vgl. deren Vermerke vom 14. Juni und 12. August 1988) aufgrund von am 19. März 1987 entnommenen Wasserproben als mögliche Verunreinigungsquelle angesprochenen Pumpenschacht, der sich ausweislich der in der Strafakte befindlichen Entwässerungspläne (vgl. dort Bl. 64) in dem westlich der Schlosserei gelegenen Kesselhaus befindet; in diesem Bereich wurde indessen bisher keine Bohrsondierung durchgeführt, die den von der Polizei geäußerten Verdacht hätte bestätigen oder widerlegen können.

Eine Gesamtwürdigung der bisher durchgeführten Untersuchungen und der hierzu vorliegenden Gutachten und fachtechnischen Stellungnahmen vermag beim beschließenden Senat - auch bei nur summarischer Betrachtung - nicht die hinreichend gesicherte Überzeugung zu begründen, daß die festgestellte Gewässerverunreinigung aus dem Betrieb der Antragstellerin herrührt; hieran vermögen auch die äußerst knapp gefaßten Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts M vom 30. Januar und 2. Mai 1990 nichts zu ändern, zumal sie sich mit dem Beschwerdevorbringen nicht substantiiert genug auseinandersetzen. Zwar spricht der Umstand, daß im Grundwasser unter dem Betriebsgelände der Antragstellerin und unter im Unterstrom gelegenen Kleingärten sowie in geringen Mengen auch im Boden gerade solche leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffe festgestellt wurden, die von der Antragstellerin bis Mitte 1987 beim Werkzeugbau und zur Kleinteileentfettung eingesetzt worden sind (Trichlorethen und 1.1.1-Trichlorethan) oder die sich als deren typisches Abbauprodukt darstellen (1.2-Dichlorethen-cis), für eine Verursachung der Gewässerverunreinigung durch die Antragstellerin. Andererseits konnten konzentrierte Einleitungsstellen auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin bisher nicht eindeutig nachgewiesen werden, wie in dem letzten Gutachten des Baugrundinstituts Dr.-Ing. D. F Nachf. vom 4. Oktober 1989 erneut bestätigt worden ist. Danach ist zwar nicht auszuschließen, daß auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin ein langfristiger und großflächiger Eintrag - möglicherweise im Wege einer Fusion durch die Betonbodenplatte - erfolgt ist und die Schadstoffe, begünstigt durch den bei ca. 2 m relativ hoch liegenden Grundwasserspiegel, in die wassergesättigte Bodenzone abgesunken sind, während die nur geringe Belastung der ungesättigten Bodenzone auf eine zwischenzeitliche Entgasung zurückzuführen sein könnte (vgl. hierzu die Gutachten den Baugrundinstituts Dr.-Ing. D. F Nachf. vom 26. April und 4. Oktober 1989). Jedoch erscheint - worauf die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zu Recht hinweist - auch nicht als ausgeschlossen, daß die Gewässerverunreinigung von einer anderen im Oberstrom gelegenen Schadensquelle herrührt; darauf könnte insbesondere die bei der Bohrsondierung westlich der nordwestlichen Ecke des Betriebsgebäudes (BS 4) am 21. Juli 1989 festgestellte starke Grundwasserkontamination hindeuten, zumal aus den Akten nicht ersichtlich ist, daß und ggfs. welcher Eintrag gerade dort im Betriebsablauf der Antragstellerin vorgenommen worden sein könnte. Wenn demzufolge nach den Beprobungen vom 6. März 1989 bei der Besprechung am 26. Juni 1989 noch Einigkeit bei den Beteiligten darüber bestand, daß "die angetroffene Kontaminationsverteilung nicht zwangsläufig auf die HSF als Verursacher" schließen läßt, so vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, daß diese Einschätzung sich infolge des Ergebnisses der Beprobung von BS 4 am 21. Juli 1989 zu Lasten der Antragstellerin hat ändern können, zumal es auch in dem danach erstellten Gutachten des Baugrundinstituts Dr.-Ing. D. F Nachf. vom 4. Oktober 1989 heißt, der "abschließende Nachweis der Herkunft der nachgewiesenen Schadstoffe kann endgültig erst nach Auswertung des Meßzyklus Grundwasser erfolgen". Die betreffenden Meßergebnisse sind bisher ebensowenig zu den Akten gelangt wie eine sie auswertende abschließende Stellungnahme. Auch die bei der Besprechung am 6. November 1989 zur Absicherung des vom Antragsgegner angenommenen Schadensmodells für erforderlich erachtete weitere Bohrsondierung im Abstrombereich des Brunnens B 2 ist, wie die Beteiligten auf Anfrage des Senats übereinstimmend mitgeteilt haben, bis heute nicht erfolgt. Es wird indessen mindestens dieser und möglicherweise noch weiterer Ermittlungen bedürfen, um zu der hinreichend sicheren Feststellung gelangen zu können, daß die vorliegende Gewässerverunreinigung vom Betrieb der Antragstellerin herrührt. Um einen möglichen oberstromigen Schadensverursacher auszuschließen, wäre etwa an die schon bei der Besprechung am 19. August 1987 für erforderlich erachtete Beprobung eines nördlich des Betriebsgeländes gelegenen Brunnens zu denken; außerdem muß ermittelt werden, ob, in welchem Umfang und über welche Zeiträume am Ort der Bohrsondierung BS 4 im Rahmen des Betriebsablaufs der Antragstellerin mit leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffen umgegangen worden ist. Zur weiteren Abklärung der Herkunft der Verunreinigung sind schließlich Bohrsondierungen und Beprobungen an dem - vorher zweifelsfrei zu ermittelnden - tatsächlichen Standort der Metallspänecontainer in der Zeit bis 1987 sowie im Bereich des Pumpenschachts in Betracht zu ziehen. Schließlich dürfte zur Eingrenzung der Kontaminationsfahne, wie schon bei der Besprechung am 26. Juni 1989 festgelegt, die Niederbringung einer weiteren Bohrsondierung zwischen BS 3 und B 2 zu erwägen sein; in diesem Zusammenhang sei noch bemerkt, daß auch das Analyseergebnis der am 4. Mai 1988 beim Ausbaggern eines Heizöltanks aus Anlaß des Anbaus an der Südseite des Betriebsgebäudes der Antragstellerin entnommenen Wasserprobe nicht aktenkundig ist.

Ebenso verhält es sich jedenfalls im Ergebnis bezüglich der - in dem angegriffenen Bescheid vom 8. Dezember 1989 vorrangig angeführten - Verantwortlichkeit der Antragstellerin für den Zustand der Grundstücke, auf denen sich ihre Betriebsgebäude befinden. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 1 HSOG kommen, wenn von einer Sache eine Gefahr ausgeht, Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt und gegen den Eigentümer in Betracht. Ungeachtet dessen, daß die Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken, unter denen sich verunreinigtes Grundwasser befindet, mangels eines Grundbuchauszugs aus den dem Senat zugänglich gemachten Akten nicht zweifelsfrei zu entnehmen sind, deckt § 7 Abs. 2 S. 1 HSOG nicht die Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers, soweit es um eine vom Zustand des Grundwassers ausgehende Gefahr geht. Denn das Wasserhaushaltsgesetz hat das unterirdische Wasser zur Sicherung einer funktionsfähigen Wasserbewirtschaftung einer vom Grundeigentum getrennten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung unterstellt; mindestens das den Boden als ständiger Strom durchfließende Grundwasser ist dem Grundeigentum also rechtlich nicht zuzuordnen (BVerfG, B. v. 15. Juli 1981 - 1 BvL 77/78 -, BVerfGE 58, 300 = NJW 1982, 745 = DVBl. 82, 341 u. 555 = DÖV 1982, 543 = MDR 1982, 543 = NuR 1982, 145; Hess. VGH, B. v. 20. März 1986 - 7 TH 455/86 -, a.a.O., (m.w.N.)). Selbst wenn man in Anbetracht dessen, daß sich - ausweislich der Besprechung am 6. November 1989 - das kontaminierte Grundwasser vorliegend offenbar in einer Buntsandsteinschüssel gesammelt hat und demzufolge nicht im üblichen Umfang weiterfließt, hier ausnahmsweise doch eine Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers annehmen wollte, so träfe diese nicht die Antragstellerin, weil jedenfalls nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen die betreffende "CKW-Falle" unter dem Flurstück 105 im Kleingartengelände zu liegen scheint. Kommt danach eine Zustandsverantwortlichkeit der Antragstellerin nur als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt - vermittels ihres Komplementärs bzw. der oder des Geschäftsführer(s) ihrer Komplementär-GmbH - in Betracht, so scheitert diese letztlich (wiederum) daran, daß nicht hinreichend sicher feststeht, daß die Gewässerverunreinigung durch den früheren Zustand des Bodens der von der Antragstellerin genutzten Betriebsgrundstücke herbeigeführt worden ist; insoweit kann auf die Darlegungen im vorangehenden Absatz verwiesen werden.

Ist mithin schon nicht hinreichend geklärt, ob die Antragstellerin für die festgestellte Gewässerverunreinigung verantwortlich ist, so bedarf es keiner abschließenden Stellungnahme mehr dazu, ob die Anordnung des Antragsgegners auf Vorlage eines Sanierungsplans im übrigen einer rechtlichen Überprüfung standhält. Angemerkt sei insoweit nur, daß die laut Bescheid vom 8. Dezember 1989 bei der Erstellung des Konzepts zu berücksichtigenden "Aspekte/Problemstellungen" gewisse Zweifel aufkommen lassen, ob die angestrebte Sanierung sich auf "die erforderlichen Maßnahmen ... zur Beseitigung von Verunreinigungen" (§ 77 Abs. 1 S. 1 HWG) beschränkt und ob das Verlangen auf Erstellung eines Sanierungsplans vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen überhaupt als ermessensfehlerfrei angesehen werden kann. Hinsichtlich der Erforderlichkeit (vgl. dazu auch § 74 Abs. 2 HWG i.V.m. § 4 Abs. 1 HSOG) bestehen deshalb Bedenken, weil sich die leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffe - wie dargelegt - in einer Buntsandsteinschüssel gesammelt haben und dort - wofür vor allem die Ergebnisse der Beprobung des Brunnens B 2 am 6. März und 21. Juli 1989 sowie des Brunnens B 1 am 21. Juli 1989 sprechen dürften - im wesentlichen zu verbleiben scheinen. Zwar heißt es in der fachtechnischen Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts Marburg vom 30. Januar 1990, auf die sich der Antragsgegner zur Begründung der seiner Ansicht nach zu befürchtenden weiteren Ausbreitung vor allem stützt, daß "nach Maßgabe ihrer Löslichkeit CKW vom vorbeiströmenden Sicker- bzw. Grundwasser aufgenommen und verfrachtet" werden; daß diese allgemein gehaltene Aussage auch für den hier vorliegenden besonders gelagerten Fall gilt, in dem offenbar die Schadstoffe infolge ihrer Schwerkraftwirkung bereits auf die Sohle des Grundwasserleiters abgesunken sind, kann der vorgenannten Stellungnahme indes nicht ohne weiteres entnommen werden; dies gilt um so mehr, als ausweislich des Gutachtens des Baugrundinstituts Dr.-Ing. D. F N vom 26. April 1989 aufgrund der bisher vorliegenden Ergebnisse "noch keine konkrete Aussage über die Abstromgeschwindigkeit des Grundwassers und damit der Mobilität der CKW über die Wasserphase" möglich ist. Hinsichtlich der Frage, ob das Verlangen des Antragsgegners auf Erstellung eines Sanierungsplans ermessensfehlerfrei ist, bestehen zum einen deshalb Bedenken, weil die zu berücksichtigenden "Aspekte/Problemstellungen" in dem angegriffenen Bescheid bereits eine derart weitgehende Konkretisierung der ins Auge gefaßten Sanierungsmaßnahmen erkennen lassen, daß der Antragsgegner gehalten sein könnte, diese Maßnahmen - im Einvernehmen mit dem Wasserwirtschaftsamt als der technischen Fachbehörde (vgl. § 92 HWG) - unmittelbar und ohne vorherige Erstellung eines Sanierungsplans anzuordnen (vgl. hierzu auch Hess. VGH, B. v. 29. Mai 1992 - 7 TH 949/91 -); zum anderen sind dahingehende Ermessenserwägungen dem angegriffenen Bescheid nicht zu entnehmen, was allerdings möglicherweise angesichts der vorausgegangenen Besprechung am 6. November 1989, deren Gegenstand auch das vorzulegende Sanierungskonzept war, nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 HVwVfG unschädlich sein könnte.

Erscheint demnach derzeit offen, ob die Anordnung auf Vorlage eines Sanierungsplans offenbar rechtmäßig oder offenbar rechtswidrig ist, so fällt die unter diesen Umständen im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung teilweise zugunsten der Antragstellerin aus. Jedenfalls solange nicht hinreichend geklärt ist, ob die Antragstellerin für die fraglichen Gewässerverunreinigungen verantwortlich ist, überwiegt ihr privates Interesse am vorläufigen Aufschub der Vollziehung, zumal die Erstellung des verlangten Sanierungsplans mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist und überdies nicht bedenkenlos davon ausgegangen werden kann, daß das entsprechende Verlangen des Antragsgegners ermessensfehlerfrei ist. Gegen ein dem mindestens gleichzuachtendes öffentliches Vollzugsinteresse spricht überdies, daß - wie oben dargelegt - die Schadstoffe sich offenbar in der Buntsandsteinschüssel unter dem Flurstück 105 im Kleingartengelände gesammelt haben und dort im wesentlichen zu verbleiben scheinen. Bezeichnend ist, daß der Antragsgegner seit dem 21. Juli 1989 keine akute Veranlassung zu weiteren Beprobungen gesehen hat. Im übrigen stünde ihm für den Fall einer plötzlichen einschneidenden Verschlechterung der Situation die Möglichkeit offen, selbst unmittelbar die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen und sich nachträglich wegen der Kosten an den Verantwortlichen zu halten (vgl. §§ 74 Abs. 1 u. 2, 76 S. 1 bis 3 HWG, § 8 HSOG). Da indessen die bisher nicht ausreichenden Ermittlungen zur Feststellung der Verantwortlichkeit im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ebenso nachgeholt werden können wie die möglicherweise unzureichende Begründung der Ermessensentscheidung betreffend die Erstellung eines Sanierungsplans (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 2 u. Abs. 2 HVwVfG) und nicht auszuschließen ist, daß die vom Antragsgegner getroffene Anordnung danach einer rechtlichen Überprüfung standhalten wird, erachtet der Senat es für ausreichend, die aufschiebende Wirkung zunächst nur bis zur Entscheidung über den Widerspruch wiederherzustellen.