Hessischer VGH, Beschluss vom 18.02.1985 - 1 TG 252/85
Fundstelle
openJur 2012, 17827
  • Rkr:
Gründe

Die nach §§ 146, 147 VwGO zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn das Verwaltungsgericht hat die Anträge im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind allein der bereits in der ersten Instanz unter Nr. 1 gestellte Hauptantrag sowie die Hilfsanträge der Antragsteller in der Fassung des Schriftsatzes ihres Bevollmächtigten vom 14.02.1985. Allen Anträgen ist der Erfolg zu versagen.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO und § 920 ZPO können die Verwaltungsgerichte eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Gefahr besteht, daß durch die Veränderung eines bestehenden Zustandes (Aushändigung einer Ernennungsurkunde an einen Mitbewerber) die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung/Beförderungsanspruch) vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Der zu sichernde Anspruch und der Grund der Anordnung sind glaubhaft zu machen, damit das angerufene Gericht in der Lage ist, wenigstens in einer summarischen Überprüfung das geltend gemachte Recht und seine Gefährdung festzustellen. Die Antragsteller haben zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, nicht jedoch einen Anordnungsanspruch, so daß eine einstweilige Anordnung im Sinne der gestellten Anträge nicht erlassen werden kann.

Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, weil der Antragsgegner beabsichtigt, dem Beigeladenen die Ernennungsurkunde zum Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts auszuhändigen. Durch die Besetzung dieser im Justizministerialblatt 1984 S. 585 ausgeschriebenen Stelle würde die Beförderung eines der Antragsteller als unterlegener Bewerber unmöglich. Das Beförderungsverfahren wäre mit der Besetzung der Stelle abgeschlossen, die Bewerbung der Antragsteller um diese Stelle mit ihrer endgültigen Besetzung gegenstandslos geworden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14.06.1966, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 4; VGH Baden Württemberg, Urteil vom 14.06.1967, ESVGH Band 18, 31, 37; Fürst, GKÖD, Band I K § 8 RdNr. 8). Es kommt hinzu, daß nach Aushändigung der Ernennungsurkunde an den Beigeladenen für eine mögliche Beförderung eines der Antragsteller in das Amt des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen, d.h. die freie, besetzbare Planstelle, für dieses Amt nicht mehr vorhanden ist (vgl. § 49 LHO; BVerwG, Urteil vom 12.02.1981, Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 78 a.E.). Schließlich neigt der erkennende Senat im Rahmen der hier gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage dazu, die Zulässigkeit der sog. Konkurrentenklage im Beamten- und Richterrecht zu verneinen (so Beschluß des erkennenden Senats vom 29.03.1984 - 1 TG 920/84 - unter Hinweis auf VGH Mannheim, Beschluß vom 14.06.1982, NVwZ 1983, 41; Bay. VGH, Beschluß vom 11.01.1983, ZBR 1983, 123; VG Berlin, Urteile vom 07.05.1982, ZBR 1983, 100 und 103; vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 26.01.1979, OVGE 34, 26, 27 sowie aus der Literatur die Nachweise bei Günther, ZBR 1983, 45, 46 FN 34 nach "dagegen").

Die Antragsteller haben jedoch nicht vermocht, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen; entgegen der Auffassung der Antragsteller kann die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten des Beigeladenen im Rahmen der hier gebotenen summarischen Überprüfung nicht beanstandet werden.

Nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung hat ein Beamter oder Richter - auch vor dem Hintergrund des Art. 33 Abs. 2 GG und der Fürsorgepflicht des Dienstherrn - grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Beförderung. Er hat allerdings das Recht, sich zu bewerben und den Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung unter Beachtung des Leistungsprinzips; im übrigen steht die freie Auswahl unter den geeigneten Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Dieser darf im Rahmen sachgerechter Beurteilung darüber entscheiden, welchen Gesichtspunkten er bei der beabsichtigten Besetzung einer Stelle das größere Gewicht beimißt und welchen der Bewerber er für den geeignetsten hält. Leitbild für diese Entscheidung des Dienstherrn muß stets das öffentliche Interesse an einer wirksamen und störungsfreien Arbeit einer leistungsfähigen und leistungswilligen Beamtenschaft und Richterschaft sein; dem Interesse des Beamten oder Richters an einem angemessenen beruflichen Aufstieg geht das öffentliche Interesse an einer bestmöglichen Besetzung der Beförderungsstelle vor (so Urteil des erkennenden Senats vom 28.05.1980 - I OE 59/77 -, HSGZ 1982, 37 m.w.N.). Hat demnach der Bewerber um eine Beförderungsstelle grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Beförderung, so kann er doch auf Grund der Fürsorgepflicht seines Dienstherrn verlangen, nicht aus unsachlichen Erwägungen in seinem beruflichen Aufstieg behindert zu werden. Das gleiche gilt für diejenigen Maßnahmen, die eine Beförderung vorbereiten, d.h, ein Bewerber kann seinen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über seine Bewerbung in dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren geltend machen, weil nicht auszuschließen ist, daß eine fehlerfreie Ermessensentscheidung (ohne Verfahrensverstoß) zugunsten des Bewerbers ausfällt (so Hess. VGH, Beschluß vom 04.05.1979, ESVGH Band 29, 175, 176, 177 f. m. w. N. ). Dieser Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung in dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren kann nach Auffassung des erkennenden Senats auch für mehrere Bewerber zugleich gesichert werden. Er besteht unabhängig davon, daß im Ergebnis nur ein Bewerber Erfolg haben kann; bei der Ausübung des Auswahlermessens und bei der ordnungsgemäßen Behandlung von Bewerbungen in einem bestimmten Verfahren sind die unterschiedlichsten Fehler denkbar, die den erwähnten "Bewerbungsverfahrensanspruch" der Antragsteller verletzen können. Wie sich aus dem Vorbringen der Antragsteller eindeutig ergibt, machen sie auch - jedenfalls mit ihrem Hauptantrag - ihren Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und auf Einhaltung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens geltend.

An der ordnungsgemäßen Beteiligung des zuständigen Präsidialrats nach § 47 Satz 1 HRiG hegt der erkennende Senat überhaupt keine Zweifel (vgl. zu diesem Verfahren Hess. VGH, Beschluß vom 04.05.1979, a.a.O., S. 178 ff.). Am 04.12.1984 legte der Antragsgegner die Bewerbungsunterlagen einschließlich der Personalakten dem Präsidialrat bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Stellungnahme vor und teilte gleichzeitig seine Absicht mit, den Beigeladenen zu ernennen. Unter dem 08.01.1985 hat der Präsidialrat zu der beabsichtigten Ernennung des Beigeladenen abschließend Stellung genommen. Hinsichtlich des Antragstellers zu 3. ist der Vertrauensmann der Schwerbehinderten gemäß § 22 Abs. 2 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.10.1979 (BGBl. I S. 1649), zuletzt geändert am 22.12.1983 (BGBl. I S. 1532), ordnungsgemäß gehört worden. Unter dem 09.11.1984 hat der Antragsgegner den Hauptvertrauensmann der Schwerbehinderten im Geschäftsbereich des Hessischen Ministers der Justiz - richterlicher Dienst - um Stellungnahme zu der Bewerbung des Antragstellers zu 3. gebeten, die der Hauptvertrauensmann unter dem 14.11.1984 abgegeben hat. Soweit sich der Antragsteller zu 3. darauf beruft, daß der Hauptvertrauensmann der Schwerbehinderten zu seinem Dienstleistungszeugnis des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13.08.1984 nicht gehört worden sei, vermag der erkennende Senat einen Verstoß gegen § 22 Abs. 2 SchwbG nicht zu erkennen. Die dienstliche Beurteilung eines Richters stellt - worauf der Antragsgegner zu Recht hingewiesen hat - keine "Entscheidung" im Sinne der genannten Vorschrift dar, weil sie kein Verwaltungsakt ist (so BVerwG, Urteil vom 13.11.1975, BVerwGE 49, 351, 353 f.; vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 09.06.1982 - I OE 145/78 -). Auf den Erlaß des Antragsgegners vom 29.11.1984, nach dem "ab sofort (der) Vertrauensmann der Schwerbehinderten gemäß § 22 Abs. 2 SchwbG bei der dienstlichen Beurteilung Schwerbehinderter zu beteiligen" ist, kann sich der Antragsteller zu 3. nicht berufen. Er galt zum Zeitpunkt seiner Beurteilung am 13.08.1984 noch nicht. Daß ein entsprechender Erlaß im Geschäftsbereich des Hessischen Ministers des Innern bereits praktiziert worden ist, gewährt dem Antragsteller zu 3. kein Recht auf Gleichbehandlung, zumal diese Praxis über den gesetzlich vorgesehenen Rahmen hinausgeht. Zwar sollen Beteiligungsrechte - etwa auch von Personalvertretungen - in einem möglichst frühen Stadium des Entscheidungsprozesses gewährt und wahrgenommen werden, doch hat der Gesetzgeber in § 22 Abs. 2 SchwbG auf die "Entscheidung" selbst abgestellt. Ein möglicher Verstoß gegen Anhörungs- und Beteiligungsrechte, die über das gesetzliche Maß hinausgehen, wäre spätestens mit der - wie ausgeführt - ordnungsgemäßen Anhörung des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten vom 09./14.11.1984 "konsumiert". Schließlich ist auch die Entscheidung des Richterwahlausschusses, der in seiner Sitzung vom 28.01.1985 der Ernennung des Beigeladenen zum Richter auf Lebenszeit zugestimmt hat, - ohne daß die Antragsteller insoweit Rügen vorgebracht hätten - im Rahmen der hier gebotenen summarischen Überprüfung nicht zu beanstanden (vgl. zur Überprüfbarkeit derartiger Entscheidungen BVerwG, Urteil vom 15.11.1984 - 2 C 29.83 -).

In der Sache ist nach Auffassung des erkennenden Senats entgegen den Ausführungen der Antragsteller ein Ermessensfehlgebrauch des Antragsgegners bei der Auswahl des Beigeladenen für die Ernennung zum Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts nicht zu erkennen, so daß der Erlaß einer einstweiligen Anordnung des mit dem Hauptantrag begehrten Inhalts nicht in Betracht kommt.

Die Antragsteller gehen zu Unrecht davon aus, daß der Antragsgegner sein Ermessen bereits vor der Beteiligung des Präsidialrats zugunsten des Beigeladenen gebunden habe. Diese Ansicht trifft schon nach der zeitlichen Reihenfolge nicht zu. Der Beigeladene hat sich unter dem 11.10.1984, bei dem Hessischen Minister der Justiz eingegangen am 12.10.1984, um die ausgeschriebene Stelle des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main beworben. Unter dem 04.12.1984 hat der Hessische Minister der Justiz dem Präsidialrat bei dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main seine Absicht mitgeteilt, den Beigeladenen zu befördern, und um dessen Stellungnahme gebeten. Sodann hat der Hessische Minister der Justiz in einem Hauserlaß vom 11.12.1984 die Stelle des Beigeladenen ausgeschrieben, wobei er darauf hingewiesen hat, daß sich der Beigeladene um die Stelle des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main beworben habe, das Besetzungsverfahren aber noch nicht abgeschlossen sei. Im Interesse eines nahtlosen Übergangs der Funktionen des Beigeladenen auf seinen Nachfolger sollten sich interessierte Referenten des Hauses melden. Abschließend wies der Hessische Minister der Justiz in dieser Ausschreibung "ausdrücklich darauf hin, daß diese Ausschreibung rein vorsorglich für den Fall erfolgt, daß die Bewerbung (des Beigeladenen)  Erfolg hat."

Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten des Beigeladenen erweist sich entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht deshalb als ermessensfehlerhaft, weil der Antragsgegner ihr höheres Dienst- und Lebensalter und ihre damit verbundene größere Berufserfahrung als Richter und Verwaltungsreferenten des Oberlandesgerichts außer acht gelassen haben soll. Zwar gebietet es die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn, sich bei Beförderungen ausschließlich von sachlichen Erwägungen, von Gerechtigkeit und Wohlwollen leiten zu lassen und einen Beamten/Richter nicht willkürlich von einer Beförderung auszuschließen (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 28.05.1980, a.a.O., Bay. VGH, Beschluß vom 11.01.1983, DÖV 1983, 391, 392), doch läßt der weite Ermessensspielraum des Dienstherrn insoweit vielen Erwägungen Raum (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 17.09.1964, BVerwGE 19, 252, 254 unter Hinweis auf BVerwGE 15, 3, 7). In diesem Rahmen bleibt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn überlassen, welchen Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimißt (so BVerwG, Beschluß vom 20.11.1978, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 26). Danach dürfen Dienst- und Lebensalter sowie (sonstige) soziale Gesichtspunkte lediglich Bedeutung gewinnen, wenn die für die Auslese dem sachlichen Gehalt des Amtes nach in Betracht kommenden Bewerber nach dem Leistungsgrundsatz gleich einzustufen sind, wobei grundsätzlich die letzte dienstliche Beurteilung maßgebend ist (so Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Stand: Dezember 1984, § 7 RdNr. 2 a m.w.N.). Der Antragsteller zu 1. ist nach seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom 01.11.1984 unter Bezugnahme auf das Dienstleistungszeugnis vom 10.02.1981 "auf Grund seiner ausgezeichneten fachlichen und persönlichen Eignung für alle Aufgabenbereiche innerhalb der Rechtsprechung wie der Justizverwaltung uneingeschränkt und ganz besonders geeignet." Der Antragsteller zu 2. wird nach seiner dienstlichen Beurteilung vom 01.11.1984 unter Bezugnahme auf das Dienstleistungszeugnis vom 10.02.1981 "für gut geeignet (gehalten), alle Aufgaben im Bereich des Oberlandesgerichts oder der Justizverwaltung wahrzunehmen." Den Antragsteller zu 3. hält der Präsident des Oberlandesgerichts, der auch die Antragsteller zu 1. und 2. beurteilt hat, in seiner Stellungnahme vom 30.10.1984 unter Bezugnahme auf sein Dienstleistungszeugnis vom 13.08.1984 "auch für das Amt, um das er sich jetzt bewirbt, für sehr gut geeignet." Der Beigeladene wird in dem Dienstleistungszeugnis vom 26.10.1984 "auf Grund seiner Persönlichkeit und seiner Fähigkeit und Leistungen (für das Amt, um das er sich bewirbt) für hervorragend geeignet" gehalten. Auf Grund dieser Bewertungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ergibt sich zwischen den Antragstellern eine Rangfolge von 1., 3,, 2., von der sie in ihrem Hilfsantrag im Beschwerdeverfahren selbst ausgehen. Im Verhältnis zum Beigeladenen ("hervorragend geeignet") vermag der erkennende Senat allein den Antragsteller zu 1. ("uneingeschränkt und ganz besonders geeignet") als nicht wesentlich abweichend beurteilten Bewerber anzusehen. Ist aber ein Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung deutlich besser als andere Bewerber, so muß ihm als dem "Besten" und darf keinem anderen, etwa unter Berücksichtigung des Dienst- oder Lebensalters, das höhere Amt übertragen werden (so Schütz, a.a.O., m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur). Konnte demnach die Auswahl unter den Bewerbern ermessensfehlerfrei nur zwischen dem Antragsteller zu 1. und dem Beigeladenen fallen, so konnte und mußte der Antragsgegner andere Auswahlkriterien finden, um sein Ermessen ordnungsgemäß auszuüben. In diesem Rahmen konnte er die Anforderungen und sonstigen sachlichen Umstände gewichten, die das zu besetzende Amt an den Bewerber stellt (so Bay. VGH, Beschluß vom 11.01.1983,, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwGE 15, 3, 9; BVerwG, DÖD 1970, 95, 97; BVerwG, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 26), solange er das Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG) als hergebrachten Grundsatz des Berufsrichtertums beachtet. Grundlage für diese Gewichtung ist nach Auffassung des erkennenden Senats die Einstufung des Amtes des Vizepräsidenten eines Oberlandesgerichts in der Besoldungsordnung R. Nach § 18 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.11.1980, BGBl. I S. 2081 - BBesG - sind die Funktionen der Richter nach den mit ihnen verbundenen Anforderungen sachgerecht zu bewerten und Ämtern zuzuordnen. Die Ämter sind nach ihrer Wertigkeit unter Berücksichtigung der gemeinsamen Belange aller Dienstherrn den Besoldungsgruppen zuzuordnen. Dieser Grundsatz der "funktionsgerechten Besoldung" hat in der Anlage III zum Bundesbesoldungsgesetz - Bundesbesoldungsordnung R - darin seinen Ausdruck gefunden, daß das Amt des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts - anders als das der sonstigen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht - nicht der Besoldungsgruppe R 3, sondern der Besoldungsgruppe R 4 zugeordnet worden ist, wenn er ständiger Vertreter eines Präsidenten der Besoldungsgruppe R 8 ist. Diese Voraussetzungen erfüllt das Amt des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, weil sich in seinem Bezirk mehr als

101 Richterplanstellen befinden. Bei dieser Größenordnung eines Gerichtsbezirks, die neben den Aufgaben als Vorsitzender Richter zusätzliche Verwaltungsaufgaben bedingt, hat es der Besoldungsgesetzgeber als funktionsgerecht angesehen, den Vizepräsidenten in eine höhere Besoldungsstufe einzuordnen. Die zusätzlichen Verwaltungsfunktionen werden nach dem Besetzungsbericht des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 01.11.1984 von dem Vizepräsidenten auch tatsächlich wahrgenommen. Er nimmt neben den richterlichen Aufgaben als Vorsitzender eines Senats die Funktionen des Leiters der Präsidialabteilung wahr. Er hat weiterhin in Vertretung des Präsidenten - weitgehend selbständig - Aufgaben der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts entscheidend und koordinierend wahrzunehmen; zudem hat er Repräsentationsausgaben zu erfüllen. Geht man von dieser Amts- (Dienstposten-) Beschreibung aus, so konnte der Antragsgegner im Rahmen seines Auswahlermessens sachgerechte Bewertungsmerkmale statuieren, die ihm für die Besetzung dieser Stelle vorrangig erscheinen (vgl. hierzu OVG Koblenz, Urteil vom 11.04.1984 - 2 A 39/83 -, Schütz, Entscheidungssammlung zum Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: August 1984, ES/A II 1.4 Nr. 8). Langjährige Sonder- (Spezial-) erfahrung auf einer bestimmten Amtsstelle einerseits und mehrfach bewiesene Einarbeitungsfähigkeit und Vielseitigkeit können dabei gleich hoch bewertet werden (so Schütz, a.a.O., § 7 RdNr. 2 a). Vergleicht man unter diesen Gesichtspunkten Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Antragsteller zu 1. und des Beigeladenen, so kann die Auswahlentscheidung des Antragsgegners bei summarischer Prüfung nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden.

Der Antragsteller zu 1, ist seit 1959 Richter, seit März 1975 Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht. Von April 1970 bis März 1975 war er mit der Hälfte seiner Arbeitskraft in der Präsidialabteilung des Oberlandesgerichts und in Verwaltungssachen tätig; bis heute nimmt er die Tätigkeit eines Referenten für die Angelegenheiten des Präsidiums, insbesondere bezüglich der Geschäftsverteilung, wahr. Demgegenüber war der Beigeladene nur von April 1972 bis April 1973 in einer Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main richterlich tätig. Seit dem 01.05.1973 ist er im Justizministerium tätig, seit 1981 als Vertreter des Leiters der Personalabteilung, zugleich Gruppenleiter der Referatsgruppe Personalwesen und Personalreferent für den höheren Dienst bei Gerichten und Staatsanwaltschaften. Der längeren und umfangreicheren richterlichen Erfahrung des Antragstellers zu 1. steht demnach die längere und umfangreichere Erfahrung des Beigeladenen in Verwaltungsangelegenheiten gegenüber, wobei es nach Auffassung des erkennenden Senats auf die - ohnehin umstrittene -Abgrenzung zwischen Gerichts- und Justizverwaltung nicht ankommt. Auch aus den Regelungen des § 23 b Abs. 3 Satz 1 GVG und § 115 GVG läßt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller für die hier zu entscheidende Frage nach der besseren Qualifikation im Rahmen des Auswahlermessens des Antragsgegners nichts herleiten. Desgleichen räumt auch § 10 Abs. 2 DRiG in den dort näher bezeichneten Fällen lediglich die Anrechnungsmöglichkeit anderer als richterlicher Tätigkeiten auf die Mindestzeit von drei Jahren richterlichen Dienstes im Sinne des § 10 Abs. 1 ein, ohne damit das Auswahlermessen des Dienstherrn zu beschränken. Er kann vielmehr bei der Besetzung einer Stelle, deren Funktion (auch) durch eine umfangreiche Verwaltungstätigkeit geprägt ist, sein Schwergewicht auf die besondere Verwaltungserfahrung eines Bewerbers legen. Gerade aber diese besondere Verwaltungserfahrung bringt der Beigeladene ein, da er im Bereich einer obersten Landesbehörde insbesondere Verwaltungstätigkeiten ausgeübt hat, die auch ein Vizepräsident eines Oberlandesgerichts als Mittelbehörde wahrzunehmen hat.

Die Gewichtung dieser Verwaltungserfahrung des Beigeladenen zuungunsten der richterlichen Erfahrung des Antragstellers zu 1) erweist sich nach Auffassung des erkennenden Senats auch deshalb als nicht ermessensfehlerhaft, weil der Antragsgegner bei seiner Auswahlentscheidung davon ausgehen konnte, daß ein Verwaltungsbeamter von der Qualifikation des Beigeladenen in der Lage ist, den Mangel an richterlicher Erfahrung in kürzester Zeit wettzumachen. Hierfür sprechen auch die Beurteilungen des Beigeladenen während seiner richterlichen Tätigkeit von 1972 bis 1973. Auch seine erste Beurteilung durch den damaligen Personalreferenten im Justizministerium vom 07.02.1975 weist den Beigeladenen bereits als einen ausgezeichnet begabten Juristen aus, der die in ihn wegen seiner hervorragenden Prüfungsergebnisse und der Beurteilung seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten hohen Erwartungen in vollem Umfange erfülle. Er gehöre "zu den nicht allzu zahlreichen erheblich überdurchschnittlichen und förderungswürdigen Nachwuchskräften der hessischen Justiz". Auch in der Beurteilung des damaligen Präsidenten des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.02.1978, die anläßlich der Bewerbung des Beigeladenen um eine Leerstelle für einen Richter am Oberlandesgericht abgegeben worden ist, wird hervorgehoben, daß der Beigeladene "praktisch vom ersten Tag an ein vollwertiger, guter Beisitzer der Zivilkammer" gewesen ist.

Erweist sich nach allem der Hauptantrag als unbegründet, so können die Antragsteller auch mit ihrem jeweiligen im Beschwerdeverfahren gestellten und berichtigten Hilfsantrag keinen Erfolg haben. Mit ihren Hilfsanträgen wollen die Antragsteller ausdrücklich "individuelle Ansprüche auf Ernennung" geltend machen, also ihren Beförderungsanspruch in der Reihenfolge der Hilfsanträge sichern lassen. Diese Anträge gehen über den Hauptantrag hinaus und fallen mit diesem, da sie eine fehlerhafte Ermessensentscheidung des Antragsgegners bei der Auswahl unter den Bewerbern voraussetzen. Der behauptete Ermessensmißbrauch ist - wie ausgeführt - bei der hier gebotenen summarischen Überprüfung nicht festzustellen. Im übrigen haben die Antragsteller ihren Beförderungsanspruch auch nicht in dem gebotenen Umfange glaubhaft gemacht. Der Anspruch auf Beförderung setzt voraus, daß das Auswahlermessen des Dienstherrn bei der Beförderung "auf Null geschrumpft" ist oder daß einem Bewerber eine schriftliche (§ 38 HVwVfG) Zusage erteilt worden ist. Das haben die Antragsteller selbst nicht vorgetragen.

Da die Antragsteller die Beschwerde ohne Erfolg eingelegt haben, fallen ihnen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Last (§ 154 Abs. 2; § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO). Es entspricht im übrigen billigem Ermessen, daß die Antragsteller auch etwaige außergerichtliche Kosten des Beigeladenen entsprechend ihrer Kostenpflicht im Beschwerdeverfahren tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 3 (entsprechend), 20 Abs. 3 GKG. Seine Höhe entspricht dem dreifachen Jahresbetrag des Unterschiedsbetrages in der Besoldung zwischen der Besoldungsgruppe R 3 und R 4 einschließlich der jährlichen Sonderzuwendung (429,-- DM x 39), wobei der erkennende Senat in Fällen des § 123 VwGO in ständiger Rechtsprechung für einen Antragsteller von dem hälftigen Betrag dieser Summe ausgeht. Für die drei Antragsteller ergibt sich nach dieser Berechnung der festgesetzte Streitwert für das Beschwerdeverfahren von insgesamt 25.096,-- DM.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO), § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).