LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.01.2010 - 25 Sa 2201/09
Fundstelle
openJur 2012, 12252
  • Rkr:

1. § 6a Ziff. 1 ETV ist dahin auszulegen, dass sich die Gesamteinmalzahlung nur bezogen auf solche Monate um ein Zwölftel vermindert, für die überhaupt kein Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht. Eine zeitanteilige Kürzung nach Tagen oder Stunden ist nicht zulässig.

2. Zur Auslegung in einer Gesamtzusage über eine "freiwillige vorweggenommene Tariflohnerhöhung" mit Verrechnungsvorbehalt

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 03.08.2009 - 19 Ca 6889/09 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 14,66 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.07.2009 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 92,92 % und die Beklagte zu 7,08 % zu tragen.

III. DieRevisionwird für die Beklagte zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche auf eine tarifliche Einmalzahlung, eine freiwillige prozentuale Entgelterhöhung und eine freiwillige Sonderzahlung.

Die Klägerin ist bei der Beklagten, einem Einzelhandelsunternehmen, seit 1999 als Mitarbeiterin Kasse/Verkauf in einer Filiale in Berlin-G. beschäftigt und seit vielen Jahren Mitglied der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Sie wird nach der Gehaltsgruppe K2 des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Berliner Einzelhandel (im Folgenden: ETV) vergütet. Ihre regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt 120 Stunden. In § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 4. Juli 1999 (Bl. 9 ff. d. A.) haben die Parteien die Anwendung der in Berlin geltenden einschlägigen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung vereinbart.

2007 und 2008 führten die Tarifvertragsparteien des Einzelhandels, darunter auch die des Berliner Einzelhandels, zähe und langwierige Tarifverhandlungen u. a. über einen neuen Entgelttarifvertrag. Es kam mehrfach zu Streikmaßnahmen auch gegenüber der Beklagten. Die Klägerin nahm an den Streikmaßnahmen insgesamt 76 Stunden teil.

Im Zuge der Tarifauseinandersetzungen zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten zusammen mit der Vergütung für den Monat Dezember 2007 eine „vorweggenommene Einmalzahlung“ in Höhe von 250,00 EUR brutto für Vollzeitbeschäftigte und anteilig für Teilzeitbeschäftigte. Ab dem Monat Januar 2008 erhöhte sie das Tarifentgelt freiwillig um 1,7 Prozent. Die Leistungen hatte sie im Dezember 2007 durch einen an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmensgruppe K. Deutschland gerichteten Aushang (Bl. 15 d. A.) angekündigt. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

„ Tariflohnerhöhungen - bei K. kein Problem!

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen nicht länger auf ihr Geld warten!

K. zahlt eine freiwillige vorweggenommene Tariflohnerhöhung in Form einer Einmalzahlung sowie eine Erhöhung der tariflichen Löhne und Gehälter!

Aufgrund des derzeitigen Verhandlungsstandes in der aktuellen Tarifrunde und des zuletzt vorgelegten Arbeitgeberangebotes haben wir entschieden, eine vorweggenommene Einmalzahlung

in Höhe von 250,00 EURO brutto für Vollzeitkräfte

(anteilig für sozial- und steuerpflichtige Teilzeitkräfte)

zur Überbrückung des derzeitigen tariflosen Zustandes in den Tarifbereichen des Einzelhandels mit der Dezemberabrechnung 2007 auszubezahlen.

Ab 01.01.2008 erhalten Sie zudem bis zum Abschluss der Tarifverhandlungen monatlich eine freiwillige vorweggenommene Erhöhung Ihres Tarif - Lohns oder Gehalts in Höhe von

1,7 % brutto.

Mit Blick auf den zu erwartenden Tarifabschluss in den jeweiligen Bundesländern behalten wir uns vor, diese vorweggenommenen freiwilligen Tariflohnerhöhungen mit evtl. Nachzahlungen, Ausgleichszahlungen, etc. zu verrechnen.

Wir möchten Ihnen liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dieser vorweggenommenen Überbrückungszahlung auch für Ihre hervorragenden Leistungen und ihrer Loyalität zu K. in 2007 danken und freuen uns mit Ihnen auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit im Weihnachtsgeschäft ohne größere Belastung durch die laufende Tarifrunde. …“

An die Klägerin zahlte die Beklagte mit der Vergütung für den Monat Dezember 2007 einen Betrag von 184,05 EUR brutto und ab Januar 2008 zusätzlich zum Tarifentgelt 25,50 EUR brutto monatlich.

Im September 2008 einigten sich der Handelsverband Berlin-Brandenburg e. V. und ver.di, Landesbezirk Berlin-Brandenburg, u. a. auf eine Einmalzahlung für die Monate Juli 2007 bis Juni 2008 von 400,00 EUR brutto für Vollzeitbeschäftigte und eine prozentuale Erhöhung der Löhne und Gehälter ab dem 1. Juli 2008 um drei Prozent sowie auf ein Maßregelungsverbot entsprechend einem Pilotabschluss für den Einzelhandel in Baden-Württemberg. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ziff. 1, 2 und 12 der am 4. September 2009 unterzeichneten Tarifvereinbarung (Ablichtung Bl. 144 f. d A.) verwiesen. Die Regelung zur Einmalzahlung fügten sie als § 6a in den ETV ein. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

„ § 6a

Tarifliche Einmalzahlung

(Tarifabschluss vom 4.9.2008)

1. Die Arbeitnehmer erhalten als Ausgleich für die Monate Juli 2007 bis Juni 2008 pro Monat, für den Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht, einen nicht tabellenwirksamen Festbetrag in Form einer Einmalzahlung in Höhe von 33,33 EUR pro Monat (Auszubildende 12,50 EUR pro Monat), der für diesen Zeitraum insgesamt 400,00 EUR (Auszubildende 150,00 EUR) brutto beträgt, zahlbar im September 2008. Teilzeitbeschäftigte haben einen Anspruch im Verhältnis ihrer tatsächlichen Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit.

4. Die Leistung ist als pauschalierte, aber auf die einzelnen Abrechnungszeiträume bezogene Erhöhung des Tarifentgelts auf bisher erbrachte übertarifliche Leistungen voll anrechenbar.“

Bereits während der vorangegangenen Tarifrunde 2006 hatten sich die Tarifvertragsparteien auf Einmalzahlungen verständigt. Die Regelung zu diesen Einmalzahlungen lautet auszugsweise wie folgt:

„ § 6

Tarifliche Einmalzahlung

(Tarifabschluss vom 4.1.2006)

1. Die Arbeitnehmer erhalten für 2006 pro Monat, für den Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht, einen nicht tabellenwirksamen Festbetrag in Form einer Einmalzahlung, die insgesamt für das Kalenderjahr 200,00 EUR beträgt. …

2. Die Arbeitnehmer erhalten für 2007 pro Monat, für den Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht, einen nicht tabellenwirksamen Festbetrag in Form einer Einmalzahlung, der insgesamt für das Kalenderjahr 75,00 EUR beträgt. …

6. Teilzeitbeschäftigte haben einen Anspruch im Verhältnis ihrer vertraglichen Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit. Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Kalenderjahres, so besteht der Anspruch zeitanteilig. Das Gleiche gilt für Beschäftigte, die in diesem Zeitraum unbezahlt von der Arbeit freigestellt sind, deren Arbeitsverhältnis ruht oder die aufgrund von Krankheit kein Arbeitsentgelt erhalten. …“

Der Manteltarifvertrag für den Berliner Einzelhandel in der Fassung vom 4. September 2008 (MTV) enthält - soweit hier relevant - auszugsweise folgende Regelungen:

„ § 9

Lohn- und Gehaltsregelungen

9. Die Gehalts- und Lohnzahlung hat innerhalb der Arbeitzeit zu erfolgen. Die Gehaltszahlung und monatliche Lohnzahlung nach Ziffer 4 Satz 2 hat spätestens am Ultimo zu erfolgen. Fällt dieser Tag auf einen Feiertag oder Sonnabend, so ist am Tage vorher zu zahlen. ...

§ 18

Ausschlussfristen

1. Ansprüche auf Zahlung oder Rückzahlung von Gehalt oder Lohn, tarifliche Eingruppierung oder höhere tarifliche Eingruppierung verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraumes, in dem sie hätten berücksichtigt werden müssen, schriftlich geltend gemacht werden.

…“

Mit einer der Entgeltabrechnung für den Monat September 2008 beigefügten Mitarbeiterinformation informierte die Beklagte die Klägerin und die übrigen Beschäftigten über den Tarifabschluss und teilte gleichzeitig mit, die tarifliche Einmalzahlung werde im September 2008 unter Anrechnung der im Dezember geleisteten Einmalzahlung ausgezahlt und die tarifliche Erhöhung von drei Prozent für die Monate Juli bis September 2008 im Oktober 2008 unter Anrechnung der geleisteten Entgeltvorauszahlung von 1,7 Prozent für die Monate Januar bis September 2008. Zusätzlich erhielten Beschäftigte, die im September 2008 die tarifliche Einmalzahlung erhalten, im Oktober 2008 eine „K. Sonderzahlung“ in Höhe von 100,00 EUR für Vollzeitkräfte und anteilig für Teilzeitkräfte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Mitarbeiterinformation (Bl. 16 d. A.) verwiesen.

An die Klägerin zahlte die Beklagte im September 2008 als tarifliche Einmalzahlung die Differenz zwischen 283,99 EUR und der im Dezember 20007 gezahlten 184,05 EUR (Abrechnung 09.08., Bl. 25 d. A.) in Höhe von 99,94 EUR brutto. Im Oktober 2008 zahlte sie der Klägerin die prozentuale tarifliche Erhöhung für die Monate Juli bis September 2008 unter Anrechnung der freiwilligen tariflichen Erhöhung im Zeitraum von Januar bis Juni 2008, indem sie die in den Monaten Januar bis Juni 2008 zusätzlich gezahlten 25,50 EUR brutto nachträglich wieder in Abzug brachte (Nachberechnungen 01.08 bis 06.08, Bl. 26 - 31 d. A.) und für die Monate Juli bis September 2008 jeweils weitere 18,75 EUR brutto auszahlte (Nachberechnungen 07.08 bis 09/08, Bl. 100 - 102 d. A.). Ferner zahlte sie an die Klägerin 70,99 EUR brutto als K. Sonderzahlung (in der Abrechnung 10.08 als freiwillige Einmalzahlung ausgewiesen, Bl. 32 d. A.). Dabei kürzte die Beklagte die tarifliche Einmalzahlung sowie die Sonderzahlung anteilig jeweils um die Stunden, in denen die Klägerin während der Tarifauseinandersetzungen am Streik teilgenommen hatte. Im Juli 2009 zahlte die Beklagte zur Bereinigung eines Berechnungsfehlers an die Klägerin weitere 1,66 EUR brutto, davon 1,32 EUR als tarifliche Einmalzahlung und 0,34 EUR als Sonderzahlung. Wegen der Berechnungseinzelheiten wird auf die Aufstellung der Beklagten (Bl. 99 d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 (Bl. 33 d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte auf, als tarifliche Einmalzahlung weitere 175,06 EUR bzw. 132,46 EUR abzurechnen und auszubezahlen. Mit Schreiben ihrer Gewerkschaft vom 9. Februar 2009 (Bl. 34 ff. d. A.) reduzierte die Klägerin ihre Forderung auf 125,00 EUR und machte weitere Ansprüche im Zusammenhang mit der Auszahlung der freiwilligen Einmalzahlung im Dezember 2007 und der Sonderzahlung im Oktober 2008 geltend.

Mit der im April 2009 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und in der Folgezeit erweiterten Klage hat die Klägerin die Zahlung von 207,04 EUR brutto begehrt, davon 200,03 EUR tarifliche Einmalzahlung, 3,00 EUR freiwillige prozentuale Entgelterhöhung im Zeitraum von Januar bis Juni 2008 und 4,01 EUR Sonderzahlung. Wegen der Berechnung der jeweiligen Forderungen wird auf die Seite 8 f. des Schriftsatzes der Klägerin vom 26. Juni 2009 (Bl. 113 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe die freiwillige Einmalzahlung auf die tarifliche Einmalzahlung nicht anrechnen dürfen, allenfalls bezogen auf den Monat Dezember 2007 und höchstens bezogen auf den Zeitraum von Juli bis Dezember 2007, jedoch keinesfalls bezogen auf nach der Auszahlung der freiwilligen Einmalzahlung liegende Zeiträume. Dies ergebe sich daraus, dass es sich bei der tariflichen Einmalzahlung um eine monatliche Entgelterhöhung handele, die freiwillige Einmalzahlung aber eher den Charakter einer Sonderzahlung habe. Jedenfalls komme in dem Aushang von Dezember 2007 nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass es sich bei der freiwilligen Einmalzahlung um eine monatliche Entgelterhöhung handeln solle. Außerdem sei völlig unklar, auf welchen Zeitraum sich diese beziehe. Ferner hat sich die Klägerin auf das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB und das Überraschungsverbot des § 305c Abs. 1 BGB berufen.

Die tarifliche Einmalzahlung in Höhe von 75 Prozent von 33,33 EUR brutto stehe ihr auch für den gesamten Zeitraum in voller Höhe zu. Gleiches gelte für die K. Sonderzahlung. Eine Kürzung der tariflichen Einmalzahlung um einzelne Tage bzw. Stunden, für die sie wegen ihrer Teilnahme am Streik keinen Anspruch auf Entgelt habe, sehe der Tarifvertrag nicht vor. § 6a Ziff. 1 ETV stelle vielmehr darauf ab, ob für einen Monat überhaupt ein Anspruch auf Entgelt bestehe. Zudem verstoße die Kürzung gegen § 612a BGB und das von den Tarifvertragsparteien vereinbarte Maßregelungsverbot.

Die freiwillige prozentuale Entgelterhöhung ab Januar 2008 habe die Beklagte nur mit der auf den gleichen Zeitraum bezogenen tariflichen Einmalzahlung verrechnen dürfen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die freiwillige Einmalzahlung sei auf die tarifliche Einmalzahlung vollständig anrechenbar. Entsprechendes gelte für die freiwillige prozentuale Erhöhung im Zeitraum von Januar bis Juni 2008 auf die prozentuale tarifliche Erhöhung ab Juli 2008. Bei den freiwilligen Leistungen habe es sich ersichtlich um vorweggenommene Entgelterhöhungen und damit um Vorschusszahlungen auf die anstehenden tariflichen Entgelterhöhungen gehandelt. Die Absicht, die freiwillig erbrachten Leistungen mit den tariflichen Entgelterhöhungen zu verrechnen, sei aus dem Aushang auch klar erkennbar gewesen. Der Verrechnungsvorbehalt verstoße weder gegen das Transparenzverbot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, noch handele es sich um eine überraschende oder mehrdeutige Klausel i. S. d. § 305c BGB. Außerdem müssten Beschäftigte stets, auch ohne ausdrücklichen Hinweis mit einer Verrechnung freiwilliger übertariflicher Leistungen mit späteren Tariferhöhungen rechnen.

Die Kürzung der tariflichen Einmalzahlung um die streikbedingten Fehlzeiten der Klägerin sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Gleiches gelte für die freiwillige Sonderzahlung, da diese nach der Mitarbeiterinformation von September 2008 ersichtlich im Gleichlauf mit der tariflichen Einmalzahlung habe gezahlt werden sollen.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Mit Urteil vom 3. August 2009 hat das Arbeitsgericht die Klage abwiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei völlig eindeutig, dass die Beklagte die freiwilligen Leistungen nur als Vorleistung bis zu einer Tarifeinigung habe erbringen wollen und sich die Anrechnung auf jedwede künftig tariflich vereinbarten Leistungen vorbehalten habe. Allerdings stützt das Arbeitsgericht diese Auffassung auf einen anderen, vermutlich in einem Parallelverfahren maßgeblichen Sachverhalt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 164 ff. d. A.) verwiesen.

Gegen dieses der Klägerin am 7. September 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. Oktober 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Klägerin, welche sie mit am 30. Oktober 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin setzt sich mit dem angefochtenen Urteil auseinander und wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Rechtsausführungen. In Höhe von 1,66 EUR brutto nebst Zinsen (Nachzahlung Juli 2009) hat sie die Klage mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt noch,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. August 2009 - 19 Ca 6889/09 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 205,38 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 3. Juli 2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Zur Kürzung der tariflichen Einmalzahlung um die streikbedingten Fehlzeiten der Klägerin führt sie weiter aus, die Regelung in § 6a Ziff. 1 ETV vollziehe nur das nach, was ohnehin gelte, nämlich dass für Zeiten der streikbedingten Suspendierung der Hauptleistungspflichten kein Anspruch auf Entgelt bestehe. Für einen gegenteiligen Willen der Tarifvertragsparteien dahin, dass eine Kürzung nur dann möglich sei, wenn für einen gesamten Monat kein Entgeltanspruch besteht, gebe es weder nach dem Wortlaut der tariflichen Regelung noch nach dem Verlauf der Tarifverhandlungen irgendwelche Anhaltspunkte. Zudem hätte ihrer Ansicht nach eine vom Normalfall abweichende Regelung einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Dementsprechend werde auch im Auslegungsleitfaden des Arbeitgeberverbandes zum Tarifabschluss für den Einzelhandel in Baden-Württemberg (Bl. 95 ff. d. A.) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kürzungsmöglichkeit auch für Zeiträume gelte, für die der Arbeitnehmer wegen Streikteilnahme keinen Entgeltanspruch habe. Weiter verweist sie auf zwei Schreiben des Einzelhandelsverbandes Baden-Württemberg e. V. vom 19. August 2009 (Bl. 252 f. d. A.) und 29. Oktober 2009 (Bl. 254 f. d. A.), aus denen sich ebenfalls ergebe, dass eine vom Normalfall abweichende Regelung nicht gewollt gewesen sei. Schließlich verweist die Beklagte auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2009 - 21 Sa 30/09 -, in der das Landesarbeitsgericht die Kürzung der tariflichen Einmalzahlung und der freiwilligen Sonderzahlung als rechtmäßig angesehen habe. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 30. Oktober 2009 (Bl. 186 - 195 d. A.) und vom 23. Dezember 2009 (Bl. 227 - 231 d. A.) und auf die Schriftsätze der Beklagten vom 16. November 2009 (Bl. 200 - 217 d. A.) und vom 13. Januar 2010 (Bl. 244 - 251 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. a ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

B.

Die Berufung ist jedoch nur teilweise begründet.

Die zulässige Klage ist hinsichtlich der von der Klägerin unter Berücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme zuletzt noch begehrten 198,71 EUR brutto (200,03 EUR - 1,32 EUR) tarifliche Einmahlzahlung in Höhe von 14,66 EUR brutto begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Beklagte war nicht berechtigt, die in § 6a Abs. 1 ETV vorgesehene tarifliche Einmalzahlung zeitanteilig um die streikbedingten Fehlzeiten der Klägerin zu kürzen. Hingegen durfte sie die im Dezember 2007 gezahlte freiwillige Einmalzahlung vollständig mit der tariflichen Einmalzahlung verrechnen.

Hinsichtlich der begehrten 3,00 EUR brutto freiwillige prozentuale Entgelterhöhung und der zuletzt noch begehrten 3,67 EUR brutto (4,01 EUR - 0,34 EUR) K. Sonderzahlung ist die Klage unbegründet, weil die Ansprüche - unabhängig davon, ob sie entstanden waren - wegen Nichteinhaltung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen sind.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 6a Ziff. 1 ETV einen Anspruch auf tarifliche Einmalzahlung über die im September 2008 gezahlten 99,94 EUR brutto und die im Juli 2009 gezahlten 1,32 EUR brutto hinaus in Höhe von weiteren 14,66 EUR brutto. Im Übrigen ist der Anspruch durch zulässige Verrechnung mit der im Dezember 2007 gezahlten freiwilligen Einmalzahlung von 184,05 EUR brutto erfüllt.

1. Die Tarifverträge des Berliner Einzelhandels finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Nach dem Vorbringen der Parteien ist davon auszugehen, dass nicht nur die Klägerin, sondern auch die Beklagte tarifgebunden ist. Hierfür spricht auch der Inhalt des Aushangs von Dezember 2007, worin mehrfach auf die laufenden Tarifverhandlungen Bezug genommen wird. Unabhängig davon haben die Parteien in § 3 des Arbeitsvertrages vom 4. Juni 1999 die Anwendung der in Berlin geltenden einschlägigen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung vereinbart.

2. Nach § 6a Ziff. 1 ETV haben Vollzeitkräfte als Ausgleich für die Monate Juli 2007 bis Juni 2008 einen Anspruch auf einen nicht tabellenwirksamen Festbetrag in Form einer Einmalzahlung in Höhe von 33,33 EUR brutto pro Monat und insgesamt in Höhe von 400,00 EUR brutto. Teilzeitkräfte haben gemessen an ihrer tatsächlichen Arbeitszeit einen anteiligen Anspruch. Dieser beträgt bei der Klägerin rechnerisch unstreitig 299,97 EUR brutto.

693. Der Klägerin steht die tarifliche Einmalzahlung in voller Höhe zu. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Einmalzahlung bezogen auf die Streiktage bzw. -stunden der Klägerin zeitanteilig zu kürzen. § 6a Ziff. 1 Satz 1 ETV sieht eine anteilige Kürzung nur bezogen auf ganze Monate vor, für die kein Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht, nicht hingegen, wenn - wie im Fall der Klägerin - lediglich für einzelne Tage oder Stunden kein Anspruch auf Entgelt beschuldet ist. Das ergibt sich aus der Auslegung der tariflichen Regelung.

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages - wie hier des § 6a ETV - folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Zusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG vom 06.07.2006 - 2 AZR 587/05 -, AP Nr. 201 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; vom 16.06.2004 - 4 AZR 408/03 -, AP Nr. 24 zu § 4 TVG Effektivklausel; vom 29.08.2001 - 4 AZR 337/00 -, AP Nr. 174 zu § 1 TVG Auslegung, und vom 05.10.1999 - 4 AZR 578/98 -, AP Nr. 15 zu § 4 TVG Verdienstsicherung).

Weiter sind Tarifverträge ebenso wie Gesetze in Konformität zu höherrangigem Recht auszulegen. Führt eine von mehreren Auslegungen zur Verfassungswidrigkeit des Tarifvertrages, ist die verfassungskonforme Auslegung zu wählen (vgl. BAG vom 21.07.1993 - 4 AZR 468/92 -, AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung, m. w. N.).

b) In Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ist nach § 6a Ziff. 1 Satz 1 ETV ein Anspruch auf die tarifliche Einmalzahlung für alle Monate gegeben, für die überhaupt ein Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht.

aa) Hierfür spricht schon der Wortlaut der tariflichen Regelung. Dieser sieht vor, dass Arbeitnehmer „als Ausgleich für die Monate Juli 2007 bis Juni 2008 pro Monat, für den Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht, einen nicht tabellenwirksamen Festbetrag in Form einer Einmalzahlung in Höhe von 33,33 EUR pro Monat (…)“ erhalten, „der für diesen Zeitraum insgesamt 400,00 EUR (…) brutto beträgt, …“.

Vollzeitbeschäftigte sollen also zusätzlich zu ihrem bisherigen tariflichen Entgelt einen Festbetrag in Höhe von 33,33 EUR brutto pro Monat und bezogen auf den gesamten Zeitraum in Höhe von insgesamt 400,00 EUR brutto erhalten. Es handelt sich um eine pauschale Entgelterhöhung, die - wie die Formulierung „als Ausgleich“ zeigt - anstelle einer prozentualen Entgelterhöhung für den genannten Zeitraum tritt. Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit. Durch den Zusatz „pro Monat, für den Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht“ wird die Regelung dahin konkretisiert, dass die Einmalzahlung in Höhe von 33,33 EUR brutto pro Monat nur für solche Monate geschuldet ist, für die die Arbeitnehmer Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld haben. Dabei knüpft die Vorschrift eindeutig an den Monat und nicht etwa an Tage oder Stunden an, wobei mit „Monat“ der Kalendermonat gemeint ist. Dies folgt aus dem tariflichen Zusammenhang mit § 9 Ziff. 9 MTV, wonach die monatliche Zahlung der tariflichen Vergütung spätestens am letzten eines Monats fällig ist.

Hätten die Tarifvertragsparteien gewollt, dass sich der Gesamtanspruch nicht nur bezogen auf Monate, für die kein Anspruch auf Entgelt besteht, um jeweils 33,33 EUR brutto verringert, sondern zeitanteilig auch bezogen auf einzelne Tage oder Stunden, für die kein Entgelt geschuldet ist, wäre es naheliegend gewesen, entweder die Formulierung aufzunehmen „pro vollen Monat, für den Anspruch auf Entgelt … besteht“ oder zu formulieren, „pro Monat, sofern Anspruch auf Entgelt … besteht“. Dies haben sie jedoch nicht getan.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien lediglich eine ungenaue Formulierung gewählt haben und mit der Konkretisierung nur das nachvollziehen wollten, was ansonsten ohnehin gilt, nämlich dass sich die monatliche Vergütung um Zeiten anteilig verringert, für die kein Entgeltanspruch besteht. Denn in diesem Fall hätte es der konkretisierenden Regelung nicht bedurft. Sie wäre schlicht überflüssig gewesen. Denkt man den konkretisierenden Zusatz weg und stellt allein auf die Kernaussage des § 6a Ziff. 1 Satz 1 ETV ab, würde sich die tarifliche Einmalzahlung bezogen auf Zeiten, für die kein Entgeltanspruch besteht, ohne Weiteres verringern, weil tarifliche Einmalzahlungen, die - wie die hier im Streit stehende Einmalzahlung - eine pauschale Erhöhung der laufenden tariflichen Vergütung darstellen und eine verspätete Erhöhung der laufenden Vergütung einmalig ausgleichen sollen, nicht anders als die laufende Vergütung zu behandeln sind (vgl. BAG vom 15.07.2009 - 5 AZR 478/08 -, DB 2009, 1992, und vom 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 -, AP Nr. 4 zu § 305c BGB).

Es spricht auch nichts dafür, dass mit dem konkretisierenden Zusatz lediglich der „abrechnungstechnische Zeitraum“ beschrieben werden. Denn wie sich der Gesamtanspruch auf die einzelnen Monate verteilt, ergibt sich schon daraus, dass es in der Regelung heißt „Die Arbeitnehmer erhalten … einen … Festbetrag … in Höhe von 33,33 EUR pro Monat“.

bb) Bestätigt wird dieses Auslegungsergebnis durch den tariflichen Gesamtzusammenhang.

Vergleicht man die Regelungen in § 6a ETV mit den Regelungen in § 6 ETV zu den im Rahmen der vorangegangenen Tarifrunde vereinbarten Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007, wird ebenfalls deutlich, dass der Konkretisierung in § 6a Ziff. 1 Satz 1 ETV ein Regelungsgehalt im Sinne einer eingeschränkten Kürzungsmöglichkeit zukommt und diese nicht nur an einer bloßen Formulierungsunschärfe leidet. In § 6 Ziff. 6 Satz 2 i. V m. Satz 1 ETV ist geregelt, dass Beschäftigte, die im jeweiligen Zeitraum unbezahlt von der Arbeit freigestellt sind, deren Arbeitsverhältnis ruht oder die aufgrund von Krankheit kein Arbeitsentgelt erhalten, nur einen zeitanteiligen Anspruch auf die Einmalzahlungen haben. Eine entsprechende Regelung fehlt in § 6a ETV.

Anhaltspunkte, dass eine solche Regelung in § 6a ETV lediglich vergessen worden ist, bestehen nicht. Die tariflichen Vorschriften weichen insgesamt voneinander ab. Beispielsweise berechnet sich die anteilige Einmahlzahlung für Teilzeitbeschäftigte nach § 6a Ziff. 1 Satz 2 ETV nach der tatsächlichen Arbeitszeit und nach § 6 Ziff. 6 Satz 1 ETV nach der vertraglichen Arbeitszeit. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich die Tarifvertragsparteien über die Regelungen in § 6a ETV konkret Gedanken gemacht und bewusst eine andere Regelung gewählt haben.

cc) Ein gegenteiliger Wille der Tarifvertragsparteien ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten eingereichten Schreiben des Einzelhandelsverbandes Baden-Württemberg e. V. vom 19. August 2009 und vom 29. Oktober 2009 zu den Verhandlungen über den Pilotabschluss für den Einzelhandel in Baden-Württemberg. Abgesehen davon, dass der Einzelhandelsverband Baden-Württemberg e. V. nicht Tarifvertragspartei des hier maßgeblichen Tarifvertrages ist, bezieht sich das Schreiben vom 29. Oktober 2009 auch nur auf die zwischen den Parteien vereinbarte Maßregelungsklausel und enthält im Übrigen nur allgemeine Rechtsausführungen zum Entgeltanspruch während der Teilnahme am Streik. In dem Schreiben vom 19. August 2009 heißt es zwar, es habe Einigkeit darüber bestanden, dass für Zeiten ohne Entgeltanspruch auch der Anspruch auf die Einmalzahlung entfällt und zwar - wie auch sonst bei Lohn- und Gehaltszahlungen üblich - zeitanteilig, d. h. auch tageweise“. Gleichzeitig wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Einzelheiten der Kürzungsmöglichkeiten nicht näher erörtert worden seien, was gerade nicht auf einen übereinstimmenden Willen hinsichtlich einer zeitanteiligen Kürzung schließen lässt. Soweit in dem Schreiben weiter darauf abgestellt wird, dass eine zeitanteilige auch tageweise Kürzungsmöglichkeit eine Selbstverständlichkeit sei, hat diese in Anbetracht der ansonsten überflüssigen Regelung in § 6a Ziff. 1 Satz 1 ETV und des Fehlens einer dem § 6 Ziff. 6 ETV entsprechenden Regelung in der tariflichen Regelung jedenfalls keinen Niederschlag gefunden.

Dem von der Beklagten angeführten Auslegungsleitfaden des Handelverbandes BAG Baden-Württemberg zu dem Pilotabschluss in Baden-Württemberg von Oktober 2008 lässt sich schon deshalb nichts zum wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien entnehmen, weil der Auslegungsleitfaden lediglich die Rechtsauffassung einer Seite wiedergibt und ver.di als Tarifpartei auf der Gewerkschaftsseite in ihren Erläuterungen zum Tarifergebnis im Berliner und Brandenburger Einzelhandel (Bl. 115 ff. d. A.) genau die gegenteilige Rechtsaufassung vertritt.

dd) Die hier gefundene Auslegung des § 6a Ziff. 1 Satz 1 ETV entspricht auch dem Sinn und Zweck der Einmalzahlung. Durch die Vereinbarung einer pauschalen Erhöhung des Tarifentgelts in Form einer Einmalzahlung anstelle einer rückwirkenden prozentualen Erhöhung wird die Nachzahlung der Tariferhöhung vereinfacht, weil keine komplizierten Nachberechnungen erforderlich sind. Indem auf die zeitanteilige Kürzung der Einmalzahlung für einzelne Tage bzw. Stunden, für die kein Anspruch auf Entgelt besteht, verzichtet wird, tritt eine weitere Vereinfachung bei der Berechnung der Einmalzahlung ein. Damit ist eine solche Regelung entgegen der Ansicht der Beklagten auch durchaus vernünftig, sachgerecht, zweckorientiert und führt zu praktisch brauchbaren Ergebnissen.

ee) Schließlich ist eine tarifliche Regelung, wonach sich eine Einmalzahlung nur bezogen auf solche Monate anteilig verringert, für die überhaupt kein Anspruch auf Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld besteht, auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere verstößt eine solche Regelung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Tarifvertragsparteien haben im Rahmen der ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten Tarifautonomie einen weiten Spielraum, wie sie die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen regeln wollen (BAG vom 06.05.2009 - 10 AZR 390/08 -, AP Nr. 44 zu § 307 BGB). Sie sind grundsätzlich befugt, pauschalierte Regelungen vorzusehen, ohne dass darin ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz gesehen werden könnte. Vereinbarungen über eine pauschale Erhöhung des Tarifentgelts in Form einer einheitlichen Einmalzahlung ohne Berücksichtigung der jeweiligen Entgeltgruppe werden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung unproblematisch als zulässig angesehen (BAG vom 15.07.2009 - 5 AZR 478/08 -, DB 2009, 1992; vom 27.08.2008 - 5 AZR 820/07 -, AP Nr. 36 zu § 307 BGB; vom 01.03.2006 - 5 AZR 540/05 -, EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 47; vom 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 -, AP Nr. 4 zu § 305c BGB; vom 16.04.2002 - 1 AZR 363701 -, EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 39). Gleiches gilt für sonstige Pauschalierungen (vgl. z. B. BAG vom 12.12.2007 - 4 AZR 991/06 -, ZTR 2008, 315; vom 27.02.2007 - 3 AZR 735/05 -, AP Nr. 68 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen; vom 12.05.2005 - 6 AZR 311/04 -, AP Nr. 1 zu § 41 BAT-O; vom 20.04.2005 - 4 AZR 285/04 -, EzA § 611 BGB 2002 Arbeitsbereitschaft Nr. 3).

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nur dann anzunehmen, wenn für die tarifliche Regelung kein sachlich vertretbarer Grund gegeben ist (vgl. BAG vom 06.05.2009 - 10 AZR 390/08 -, a. a. O.). Dabei kann ein sachlich vertretbarer Grund auch in der Praktikabilität der Regelung wie hier der vereinfachten Berechnung der Gesamthöhe der Einmalzahlung liegen (vgl. BAG vom 20.04.2005 - 4 AZR 285/04 -, a. a. O.).

c) Nach alledem hat die Klägerin einen ungekürzten Anspruch auf tarifliche Einmalzahlung in Höhe von 299,97 EUR brutto.

4. Der Anspruch ist bis auf 14,66 EUR brutto i. S. d. § 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Die Beklagte hat auf den Anspruch unstreitig im September 2008 99,94 EUR brutto und im Juli 2009 weitere 1,32 EUR brutto gezahlt. Im Übrigen ist der Anspruch in Höhe von 184,05 EUR brutto durch wirksame Verrechnung im September 2008 mit der im Dezember 2007 in gleicher Höhe gezahlten freiwilligen Einmalzahlung erloschen.

Die Beklagte war berechtigt, die freiwillige Einmalzahlung als vorweggenommene Tilgungsleistung mit der tariflichen Einmalzahlung zu verrechnen. Gegen die Verrechnung bestehen weder individualrechtliche, noch tarifrechtliche Bedenken.

a) Die Verrechnung war individualrechtlich zulässig. Ein Verstoß gegen die §§ 305 ff. BGB liegt nicht vor.

aa) Ob eine Tariflohnerhöhung - wie vorliegend die tarifliche Einmalzahlung nach § 6a Ziff. 1 ETV - auf eine übertarifliche Vergütung angerechnet werden kann, hängt von der zugrunde liegenden Vergütungsabrede ab. Haben die Arbeitsvertragsparteien dazu eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt diese. Anderenfalls ist aus den Umständen zu ermitteln, ob eine Befugnis zur Verrechnung besteht. Dabei ist die Verrechnung grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist (vgl. BAG vom 23.09.2009 - 5 AZR 973/08 -, juris, und vom 27.08.2008 - 5 AZR 820/07 -, AP Nr. 36 zu § 307 BGB, m. w. N.). Hat sich der Arbeitgeber eine entsprechende Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer vorbehalten, ist eine Verrechnung durch ausdrückliche oder konkludente Erklärung auch rückwirkend möglich (vgl. BAG vom 27.08.2008 - 5 AZR 820/07 -, a. a. O.).

Die Beklagte hat der Klägerin sowie den übrigen Beschäftigten in der der Entgeltabrechnung für den Monat September 2008 beigefügten Mitarbeiterinformation ausdrücklich mitgeteilt, dass die Auszahlung der tariflichen Einmalzahlung im September 2008 unter Anrechnung der bereits im Dezember 2007 geleisteten Einmalzahlung erfolge, und damit eine entsprechende Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB getroffen. Sie hatte sich die Verrechnung im Zusammenhang mit der Zusage der freiwilligen Einmalzahlung im Aushang vom Dezember 2007 auch vorbehalten. Das in der Zusage enthaltene Angebot hat die Klägerin einschließlich des Verrechnungsvorbehalts nach § 151 BGB konkludent angenommen.

bb) In dem Aushang vom Dezember 2007 hatte die Beklagte angekündigt, wegen der schwierigen, sich hinziehenden Tarifverhandlungen mit der Vergütung für Dezember 2007 eine Einmalzahlung als freiwillige vorweggenommene Tariflohnerhöhung zu zahlen und sich gleichzeitig deren vollständige Verrechnung mit späteren Tariflohnerhöhungen vorbehalten. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Aushangs.

(1) Bei der in dem Aushang enthaltenen Zusage u. a. einer freiwilligen Einmalzahlung handelt es sich um eine Gesamtzusage, die nach § 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt und deshalb auch den für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln. Durch eine Gesamtzusage werden ebenso wie durch eine betriebliche Übung Vertragsbedingungen begründet, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet (vgl. BAG vom 27.08.2008 - 5 AZR 820/07 -, AP Nr. 36 zu § 307 BGB, sowie vom 18.03.2009 - 10 AZR 281/08 - AP Nr. 83 zu § 242 BGB Betriebliche Übung).

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei ist Ansatzpunkt in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typisch an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Weiter kann der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen sein, wobei nur typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele zu berücksichtigen sind. Bleiben gleichwohl Zweifel, gehen diese nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders (vgl. BAG vom 18.03.2008 - 9 AZR 186/07 -, AP Nr. 12 zu § 310 BGB, m. w. N.).

96(3) Danach ist die Zusage dahin auszulegen, dass die im Streit stehenden Einmalzahlungen vollständig miteinander verrechenbar sind.

(a) Aus dem Aushang geht zunächst eindeutig hervor, dass es sich bei der Einmalzahlung um eine vorweggenommene freiwillige Tariflohnerhöhung handelt. Denn hierauf wird bereits in der Überschrift hingewiesen, wenn es dort heißt „K. zahlt eine freiwillige vorweggenommene Tariflohnerhöhung in Form einer Einmalzahlung“. Aufgrund der Eindeutigkeit dieser Formulierung kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die in dem Aushang weiter unten näher ausgeführte und lediglich als „vorweggenommene Einmalzahlung“ bezeichnete Einmalzahlung eine vorweggenommene Tariflohnerhöhung sein sollte und nicht etwa - wie die Klägerin meint - eine sonstige Sonderzahlung.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem letzten Absatz des Aushangs, worin die Beklagte darauf hinweist, dass sie den Beschäftigten mit den vorweggenommenen Überbrückungsleistungen auch für ihre hervorragenden Leistungen und ihre Loyalität im Jahr 2007 danken möchte. Denn für einen verständigen und redlichen Vertragspartner war aus dem Gesamtzusammenhang des Aushangs erkennbar, dass die Beklagte dadurch nur ihre Motivation für die freiwillige Vorwegnahme der ausstehenden Tariflohnerhöhungen zum Ausdruck bringt und nicht etwa mit der Einmalzahlung eine Leistungszulage oder eine Gratifikation für besondere Loyalität gewähren wollte.

(b) Weiter ist dem Aushang eindeutig ein Verrechnungsvorbehalt bezogen auf die in § 6a Ziff. 1 ETV vorgesehene tarifliche Einmalzahlung zu entnehmen. So heißt es in dem Aushang ausdrücklich, dass sich die Beklagte vorbehält, die vorweggenommenen freiwilligen Tariflohnerhöhungen mit eventuellen Nachzahlungen, Ausgleichszahlungen etc. aufgrund des zu erwartenden Tarifabschlusses zu verrechnen. Wie bereits oben unter 3. b) aa) ausgeführt, handelt es sch bei der tariflichen Einmalzahlung um eine Ausgleichszahlung anstelle einer prozentualen Tariferhöhung.

(c) Auch der Umstand, dass sich die tarifliche Einmalzahlung auf einen konkreten Zeitraum von Juli 2007 bis Juni 2008 bezieht, hindert die vollständige Verrechnung der vorweggenommenen freiwilligen Einmalzahlung mit der tariflichen Einmalzahlung nicht. Die Beklagte hat in dem Aushang zwar nicht ausdrücklich angegeben, auf welchen Zeitraum sich die freiwillige Einmalzahlung bezieht. Sie hat jedoch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass mit der Einmalzahlung tarifliche Nachzahlungen bzw. Ausgleichszahlungen vorweggenommen werden sollen und es sich damit um einen Vorschuss auf spätere rückwirkende Tariflohnerhöhungen handelt, unabhängig von der Art der Erhöhung. Deutlich wird dies auch dadurch, dass sie ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Einmalzahlung zur Überbrückung des derzeit tariflosen Zustandes dient.

Eine Einschränkung der zeitlichen Zuordnung der vorweggenommenen Einmalzahlung auf eine Tariflohnerhöhung für den Monat Dezember 2007 ist der Zusage schon deshalb nicht zu entnehmen, weil der „tariflose Zustand“ bereits seit Juli 2007 andauerte und die Beklagte für die Klägerin erkennbar davon ausging, dass dieser auch noch andauern würde. Aus diesem Grund kann dem Aushang auch eine zeitliche Beschränkung auf den Zeitraum von Juli bis Dezember 2007 nicht entnommen werden.

Ein zeitlicher Bezug ausschließlich auf die Zeit von Juli bis Dezember 2007 ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Beschäftigten in dem Aushang ab Januar 2008 „zudem“ eine freiwillige prozentuale Erhöhung ihres Tarifentgelts zugesagt hatte. Zwar bedeutet „zudem“ nicht zwingend, dass die prozentuale tarifliche Erhöhung „zusätzlich“ und damit zeitgleich neben der Einmalzahlung gewährt werden soll. Vielmehr kann „zudem“ auch im Sinne von „ferner“ oder „außerdem“ gemeint sein, was wiederum dafür sprechen könnte, dass es sich um zwei getrennte Zeitabschnitte handeln sollte. Berücksichtigt man jedoch, dass sich die Beklagte die Berechnung beider freiwilliger Tariflohnerhöhungen mit etwaigen tariflichen Nachzahlungen, Ausgleichszahlungen etc. ohne zeitliche Einschränkungen vorbehalten hat, musste einem durchschnittlichen, verständigen und redlichen Beschäftigten und damit auch der Klägerin klar gewesen sein, dass sich die Beklagte vorbehalten wollte, die freiwillige Einmalzahlung in voller Höhe und ohne zeitliche Einschränkungen mit rückwirkenden Tariflohnerhöhungen zu verrechnen.

(4) Nach alledem steht der vollständigen Anrechnung der freiwilligen Einmalzahlung auch die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht entgegen. § 305c Abs. 2 BGB findet nur Anwendung, wenn trotz Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen bleibt (BAG vom 10.12.2008 - 10 AZR 1/08 -, AP Nr. 40 zu § 307 BGB). Dies ist vorliegend aufgrund der Eindeutigkeit des Auslegungsergebnisses nicht der Fall.

cc) Der Verrechnungsvorbehalt ist auch Vertragsbestandteil geworden und inhaltlich nicht zu beanstanden.

(1) Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB. Der Verrechnungsvorbehalt ist nicht ungewöhnlich. Vielmehr muss ein Arbeitnehmer mit der Anrechnung freiwilliger vorweggenommener Tariflohnerhöhungen auf später rückwirkend vereinbarte Tariflohnerhöhungen ohne weiteres rechnen (vgl. BAG vom 27.08.2008 - 5 AZR 820/07 -, AP Nr. 36 zu § 307 BGB zur Anrechenbarkeit übertariflicher Zulagen auf Tariferhöhungen). Der Verrechnungsvorbehalt befindet sich in dem Aushang auch nicht an versteckter Stelle, sondern ist in einem eigenen Absatz deutlich hervorgehoben.

(2) Der Verrechnungsvorbehalt benachteiligt die Klägerin nicht unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB.

Eine Vereinbarung über eine freiwillige vorweggenommene Tariflohnerhöhung stellt keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung i. S. v. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar, sondern regelt unmittelbar das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Eine Bruttolohnabrede ist nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB nur am Maßstab des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu überprüfen (vgl. BAG vom 27.08.2008 - 5 AZR 820/07 -, a. a. O.; vom 01.03.2006 - 5 AZR 363/05 -, AP Nr. 3 zu § 308 BGB). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor.

(a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann eine unangemessene Benachteiligung i S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch darin bestehen, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel hat im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so eindeutig und so verständlich wie möglich darzustellen. Doch darf das Transparenzgebot den Verwender nicht überfordern. Es soll der Gefahr vorbeugen, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (BAG vom 27.08.2008 - 5 AZR 820/07 -, a. a. O., m. w. N.).

(b) Diesen Anforderungen genügt der Inhalt des Aushangs von Dezember 2007.

Wie bereits oben ausgeführt wird die freiwillige Einmalzahlung eindeutig von dem Verrechnungsvorbehalt erfasst. Der Verrechnungsvorbehalt bezieht sich auch eindeutig auf die im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen zu erwartenden rückwirkenden Tariflohnerhöhungen, sei es in Form von Nachzahlungen oder einer Ausgleichszahlung. Allein der Umstand, dass die Beklagte nicht ausdrücklich angegeben hat, auf welchen Zeitraum sich die freiwillige Einmalzahlung bezieht, führt nicht zur Intransparenz der Verrechnungsklausel. Die Beklagte hat in dem Aushang hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Einmalzahlung um einen Vorschuss auf zukünftige rückwirkende Tariflohnerhöhungen handelt. Mehr konnte von ihr nicht verlangt werden. Durch die Bezugnahme auf den zu erwartenden Tarifabschluss konnte die Klägerin auch erkennen, dass sich die Beklagte die vollständige Verrechnung der freiwilligen Einmalzahlung bis zur Höhe einer rückwirkenden tariflichen Erhöhung vorbehält.

dd) Die Ausübung des Verrechnungsvorbehalts ist auch nicht unangemessen i. S. d. § 315 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat lediglich das umgesetzt, was sie sich im Rahmen der Zusage der Einmalzahlung vorbehalten hatte und für die Klägerin unzweifelhaft erkennbar war. Durch die Verrechnung wird die Klägerin auch nicht schlechter gestellt, als wenn es bereits im Dezember 2007 zu dem Tarifabschluss gekommen wäre. Sie erhält die Vergütung, welche ihr nach dem Tarifabschluss zusteht, lediglich mit dem Unterschied, dass ihr ein Teil der Tariferhöhung bereits vorab gezahlt worden ist.

b) Die Verrechnung der freiwilligen Einmalzahlung mit der tariflichen Einmalzahlung war auch tarifrechtlich zulässig. Durch die Regelung in § 6a Ziff. 4 ETV, wonach die tarifliche Einmalzahlung als pauschalierte Erhöhung des Tarifentgelts auf bisher erbrachte übertarifliche Leistungen voll anrechenbar ist, haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass sie eine Verrechnung vorab erbrachter übertariflicher Leistungen mit der tariflichen Einmalzahlung jedenfalls nicht ausschließen wollten. Ob die Tarifvertragsparteien gefugt gewesen wären, eine Anrechnung auszuschließen, kann dahinstehen.

c) Danach steht der Klägerin ein Anspruch auf tarifliche Einmalzahlung nur noch in Höhe 14,66 EUR brutto zu.

5. Der Anspruch ist nicht nach § 18 Ziff. 1 MTV verfallen. Die Klägerin hat ihn rechtzeitig innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht.

Nach § 18 Ziff. 1 MTV verfallen Ansprüche auf Zahlung von Entgelt, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraumes, in dem sie hätten berücksichtigt werden müssen, schriftlich geltend gemacht werden. Nach § 6a Ziff. 1 Satz 1 ETV war die tarifliche Einmalzahlung im September 2008 zu zahlen und nach § 9 Ziff. 9 MTV spätestens am 30. September 2008 fällig. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 hatte sie die Höhe der gezahlten tariflichen Einmalzahlung beanstandet und einen weiteren Betrag in Höhe von 175,06 EUR bzw. 132,46 EUR geltend gemacht.

6. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB i. V. m. § 247 BGB.

II.

Ein Anspruch auf Zahlung von 3,00 EUR brutto wegen des nachträglichen Einbehalts der freiwilligen prozentualen Erhöhung in den Monaten Januar bis Juni 2008 bzw. deren Verrechnung mit der prozentualen tariflichen Erhöhung ab Juli 2008 sowie auf Zahlung von weiteren 3,67 EUR brutto K. Sonderzahlung besteht nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Ansprüche entstanden sind. Denn jedenfalls sind die Ansprüche verfallen, weil die Klägerin diese nicht rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 18 Ziff. 1 MTV gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht hat.

Die Beklagte hatte die freiwillige prozentuale Erhöhung im Oktober 2008 nachträglich wieder einbehalten bzw. mit der prozentualen tariflichen Erhöhung verrechnet. Die freiwillige Sonderzahlung war ebenfalls für den Monat Oktober 2008 zugesagt. Dementsprechend hätte die Klägerin die Ansprüche spätestens bis Ende Januar 2008 gegenüber der Beklagten geltend machen müssen. Sie hat den Anspruch auf die Sonderzahlung jedoch erst mit Schreiben ihrer Gewerkschaft vom 9. Februar 2009 geltend gemacht und den Anspruch auf freiwillige prozentuale Erhöhung erst mit Klagezustellung am 15. April 2009.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Danach hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits im Hinblick auf die teilweise Klagerücknahme zu tragen. Im Übrigen haben die Parteien die Kosten im Verhältnis ihres Unterliegens zu tragen.

D.

Im Hinblick auf die Auslegung des § 6a Ziff. 1 ETV war die Revision für die Beklagte nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die Entscheidung tatsächlich i. S. d. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG von dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2009 - 21 Sa 30/09 - abweicht.

Im Übrigen sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben.

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