Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 04.02.2009 - 5 Wx 9/08
Fundstelle
openJur 2012, 10177
  • Rkr:
Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. April 2008 – 19 T 114/08, 193/08, 194/08 und 195/08 – wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 12.000,-€ (für jede Dienstbarkeit auf 3.000,- €) festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) war seit dem 31. Juli 1998 eingetragene Eigentümerin des im Grundbuch von S. Blatt 1074 verzeichneten Flurstücks 27/25 der Flur 4 der Gemarkung S. mit einer Größe von 6.760 m². Mit notariellem Kaufvertrag vom 14. Februar 2007 (UR-Nr. 270/2007 des Notars … in F.) veräußerte die Beteiligte zu 1) eine Teilfläche dieses Grundstücks mit einer Größe von ca. 2.351 m² an die Beteiligte zu 2). Im Zusammenhang mit der Vollziehung dieses Kaufvertrages wurde das Flurstück 27/25 in die neu gebildeten Flurstücke 325 (Größe: 2.349 m²) und 326 (Größe: 4.412 m²) zerlegt. Am 5. Februar 2008 wurde diese Zerlegung in das Grundbuch eingetragen. Ebenfalls am 5. Februar 2008 erfolgte die Abschreibung des Flurstücks 325 aus dem Grundbuch von S. Blatt 1074, seine Übertragung auf das neu angelegte Grundbuch von S. Blatt 1315 und dort die Eintragung der Beteiligten zu 2) als Eigentümerin des Flurstücks 325. Ferner wurden am 5. Februar 2008 – gemäß Antrag vom 1. Juli 2007 und entsprechender Bewilligungen vom 15. Mai 2007 – insgesamt vier Dienstbarkeiten in Abteilung II lfd. Nr. 1 bis 4 des Grundbuchs von S. Blatt 1315 eingetragen, davon zwei beschränkte persönliche Dienstbarkeiten zugunsten des Landkreises O. (Duldung der Abstandsfläche in Bezug auf das Flurstück 326 [II/1] sowie Duldung einer Brandschutzabstandsfläche [II/3]) und zwei auflösend bedingte Grunddienstbarkeiten zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 326 (Abstandsflächenrecht [II/2] sowie Brandschutzabstandsrecht [II/4]).

Mit Datum vom 18. Mai/13. Juli 2007 beantragten die Beteiligten zu 1) und 2) über den sie vertretenden Notar aufgrund dahingehender notariell beglaubigter Bewilligungen vom 29. Mai/11. Juni 2007 die Eintragung von (weiteren) vier Dienstbarkeiten wie folgt:

a)beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Landkreises O. und zu Lasten des Flurstücks 326, wonach sich der Eigentümer des Flurstücks 326 verpflichtet, zu dulden, dass sein Grundstück zusammen mit dem benachbarten Grundstück (Flurstück 325) „zum Zweck der Errichtung und Nutzung der Gebäude auf den Grundstücken hinsichtlich der baurechtlichen Anforderungen als ein Grundstück behandelt wird“;b)beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Landkreises O. und zu Lasten des Flurstücks 325, wonach sich der Eigentümer des Flurstücks 325 verpflichtet, zu dulden, dass sein Grundstück zusammen mit dem benachbarten Grundstück (Flurstück 326) „zum Zweck der Errichtung und Nutzung der Gebäude auf den Grundstücken hinsichtlich der baurechtlichen Anforderungen als ein Grundstück behandelt wird“;c)auflösend bedingte Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Flurstücks 325 und zu Lasten des Flurstücks 326, wonach sich der jeweilige Eigentümer des Flurstücks 326 verpflichtet, zu dulden, dass sein Grundstück (dienendes Grundstück) zusammen mit dem benachbarten Grundstück (herrschendes Grundstück) „zum Zwecke der Errichtung und Nutzung der Gebäude auf den Grundstücken hinsichtlich der baurechtlichen Anforderungen als ein Grundstück behandelt wird“;d)auflösend bedingte Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Flurstücks 326 und zu Lasten des Flurstücks 325, wonach sich der jeweilige Eigentümer des Flurstücks 325 verpflichtet, zu dulden, dass sein Grundstück (dienendes Grundstück) zusammen mit dem benachbarten Grundstück (herrschendes Grundstück) „zum Zwecke der Errichtung und Nutzung der Gebäude auf den Grundstücken hinsichtlich der baurechtlichen Anforderungen als ein Grundstück behandelt wird“.Mit Zwischenverfügung vom 9. Oktober 2007 teilte das Grundbuchamt dem antragstellenden Notar mit, dass dem Antrag auf Eintragung dieser vier Dienstbarkeiten nicht entsprochen werden könne, weil sich aus den Eintragungsbewilligungen keine Anhaltspunkte dafür ergäben, welcher Art der Ausschluss bzw. die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse im Sinne von § 1018 [3. Alt.] BGB (gfs. i.V.m. § 1090 Abs. 1 [2. Alt.] BGB) tatsächlich sei; die Bewilligungen seien so zu fassen, dass sie vom Grundbuchamt „für den Laien verständlich“ auszulegen und in ihrer konkreten Bedeutung erfassbar einzutragen seien, und um die zugrundeliegenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu ergänzen.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 27. Februar 2008 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 3. März 2008 hat das Grundbuchamt der Beschwerde die Abhilfe versagt und sie dem Landgericht Frankfurt (Oder) zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 25. April 2008 hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Zwischenverfügung sei rechtmäßig ergangen; die Dienstbarkeiten seien ihrem Inhalt nach nicht hinreichend bestimmt. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihrer weiteren Beschwerde.

II.

1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist gemäß §§ 78, 79 Abs. 1, § 80 Abs. 1 GBO zulässig, bleibt in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg.

a) Gegen die einen Eintragungsantrag beanstandende Zwischenverfügung des Rechtspflegers nach § 18 GBO steht den Antragstellern der Beschwerdeweg offen; die Zwischenverfügung ist selbständig mit der Beschwerde anfechtbar und im Beschwerdeverfahren (allein) dahin zu überprüfen, ob die hierin enthaltenen Beanstandungen des Grundbuchamtes berechtigt sind (s. etwa BayObLGZ 1986, S. 208, 212 f.; OLG Naumburg, FGPrax 2004, S. 202 m.w.Nw.; Demharter, GBO, 26. Aufl. 2008, § 18 Rdn. 53, 55, § 71 Rdn. 35 und § 77 Rdn. 12 ff. m.w.Nw.; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl. 2006, § 18 GBO Rdn. 62 ff. und § 71 GBO Rdn. 15 ff.; Bauer/von Oefele/Wilke, GBO, 2. Aufl. 2006, § 18 Rdn. 26; Bauer/von Oefele/Budde, aaO., § 71 Rdn. 10 [ff.]).

b) Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) und 2) ist aber unbegründet. Das Grundbuchamt hat zu Recht beanstandet, dass die beantragten Dienstbarkeiten ihrem Inhalt nach nicht hinreichend bestimmt sind.

Zutreffend sind das Grundbuchamt und das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den hier beantragten, verfahrensgegenständlichen Dienstbarkeiten um Ausschlussdienstbarkeiten im Sinne von § 1018 [3. Alt.] BGB (gfs. i.V.m. § 1090 Abs.1 [2. Alt.] BGB) handelt. Eine Ausschlussdienstbarkeit kann insbesondere auch öffentlich-rechtliche Positionen zum Gegenstand haben, die aus dem privatrechtlichen Eigentumsrecht erwachsen (s. Bauer/von Oefele/Bayer, aaO., Rdn. AT III 320). Hierunter fallen etwa Rechtspositionen, die sich aus den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen über einzuhaltende Abstandsflächen (§ 6 BrbgBauO) oder Brandschutzabstände (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BrbgBauO) herleiten lassen. Dementsprechend ist die Beantragung und Eintragung solcher Dienstbarkeiten in dem Runderlass des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg vom 28. April 2004 über die „Rechtliche Sicherung durch beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§ 65 der Brandenburgischen Bauordnung)“ behandelt (Amtsblatt für Brandenburg 2004, S. 394 ff., 399 ff., 402 ff.) und vorliegend auch vorgenommen worden (Eintragungen in Abteilung II lfd. Nr. 1 bis 4 im Grundbuch von S. Blatt 1315).

13Wie das Grundbuchamt und das Landgericht zutreffend ausgeführt haben, muss der Inhalt einer im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit (Grunddienstbarkeit oder beschränkte persönliche Dienstbarkeit) aber so bestimmt oder bestimmbar sein, dass dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheits- und Publizitätsgrundsatz genügt wird. Danach ist der Rechtsinhalt einer Dienstbarkeit so genau zu bezeichnen, dass er im Streitfall durch Auslegung feststellbar ist; er muss aufgrund objektiver Umstände bestimmbar und für einen Dritten erkennbar und verständlich sein, so dass dieser in der Lage ist, die hieraus folgende höchstmögliche Belastung des Grundstückseigentums einzuschätzen und zumindest eine ungefähre Vorstellung davon zu gewinnen, welche Bedeutung die Dienstbarkeit für das Grundstückseigentum konkret haben kann (s. dazu BGH NJW 1982, S. 1039; BayObLGZ 2004, S. 103, 105 f. m.w.Nw.; BayObLG NJW 1982, S. 1054, 1055; KG, NJW 1973, S. 1128; OLG Hamm, Rechtspfleger 1986, S. 364, 365; LG Köln, Rechtspfleger 1994, S. 56, 57; Demharter, aaO., Anhang zu § 13 Rdn. 5; Bauer/von Oefele/Bayer, aaO., Rdn. AT III 329; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rdn. 1136; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl. 2009, § 1018 Rdn. 29 f.; Münch.Komm.-Falckenberg, BGB, Bd. 6, 4. Aufl. 2004, § 1018 Rdn. 10 ff., 16 ff.).

Diesen Anforderungen werden die hier verfahrensgegenständlichen Dienstbarkeiten mit dem Inhalt, dass es der Eigentümer des belasteten Grundstücks duldet, dass sein Grundstück zusammen mit dem benachbarten Grundstück „zum Zweck der Errichtung und Nutzung der Gebäude auf den Grundstücken hinsichtlich der baurechtlichen Anforderungen als ein Grundstück behandelt wird“, nicht gerecht. Denn dieser – in den vorgeschlagenen Mustern der Anlagen 4/1 und 4/2 zu dem Runderlass des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg vom 28. April 2004 (Amtsblatt für Brandenburg 2004, S. 394, 409, 410) enthaltene – Inhalt lässt im Wege der Auslegung für einen Dritten nicht – auch nicht: ungefähr – erkennen, welche (höchstmögliche) Belastung des Grundstückseigentums hiermit verbunden ist und welche Bedeutung dieser Belastung für das Grundstückseigentum konkret zukommt. Dies gilt hier – worauf das Landgericht richtig hingewiesen hat – um so mehr in Anbetracht der Begriffswahl „baurechtlich“ (statt: „bauordnungsrechtlich“) sowie der in Abteilung II des Grundbuchs von S. Blatt 1315 bereits eingetragenen Dienstbarkeiten (Abstandsfläche und Brandschutzabstand), welche die Frage aufdrängen, welcher (weitergehende) Inhalt mit den hier verfahrensgegenständlichen Dienstbarkeiten denn verknüpft sein könnte – ohne dass sich diese Frage aus der begehrten Eintragung oder der dazu eingereichten Bewilligung einschließlich der hierbei in Bezug genommenen Unterlagen für Dritte beantworten ließe.

Das öffentliche Interesse an einer Absicherung der Einhaltung baurechtlicher (insbesondere: bauordnungsrechtlicher) Bestimmungen durch die Eintragung von Dienstbarkeiten (s. §§ 4, 65 BrbgBauO) kann ohne größere Schwierigkeiten auch dadurch gewährleistet werden, dass der Inhalt der Dienstbarkeiten – etwa im Wege der Bezugnahme auf die jeweils betroffenen rechtlichen Regelungen – konkreter gefasst und es einem Dritten auf diese Weise ermöglicht wird, ungefähr einschätzen zu können, welche Bedeutung die Belastung für das Grundstückseigentum haben kann.

2. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO, § 13a FGG nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde folgt aus § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 und 2 Satz 1 KostO.