LG Potsdam, Beschluss vom 16.10.2006 - 5 T 448/06
Fundstelle
openJur 2012, 4333
  • Rkr:
Tenor

Die Sache wird auf die Kammer übertragen. Die Kammer entscheidet.

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 05.07.2006 geht gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichtes Potsdam vom 31.05.2006, wird kostenpflichtig zurückgewiesen:

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Der Beschwerdeführer beantragte am 28.04.2006 den Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, wobei dem Schuldner gemäß § 850 d ZPO ein pfandfreier Betrag in Höhe von 331,00 Euro zu belassen sein sollte.

Zur Begründung führte er aus, dass nach den Regelsätzen in der Sozialhilfe dem Schuldner ein Betrag in Höhe von 331,00 Euro pro Monat pfandfrei zu belassen sei.

Die darüber hinaus grundsätzlich auch zu berücksichtigenden Wohnkosten seien nicht angefallen, da der Schuldner bei der Mutter lebe und demgemäß keine weiteren Wohnkosten anfallen würden.

Mit Beschluss des Amtsgerichtes Potsdam vom 31.05.2006 ist ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen worden und gemäß § 85 d ZPO der pfandfreie Betrag auf 600,00 Euro festgesetzt worden.

Gegen die Festsetzung des pfandfreien Betrages in Höhe von 600,00 Euro hat der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den pfandfreien Betrag in Höhe von 331,00 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner trägt vor, er zahle seiner Mutter, bei der er tatsächlich wohne, Kostgeld. Darüber hinaus legt er den Bescheid der Mittelmärkischen Arbeitsgemeinschaft zur Integration in Arbeit (MAIA) vom 30.06.2006 vor.

Aus diesem ergibt sich, dass der Beschwerdegegner als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch einen Betrag in Höhe von 491,00 Euro für den Monat Juni 2006 und ab Juli 2006 ein solchen in Höhe von 505,00 Euro erhalte.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und den pfandfreien Betrag des Schuldners gemäß § 850 d ZPO ab Juni 2006 auf 491,00 Euro und ab 1.07.2006 auf 505,00 Euro festgesetzt.

Im übrigen hat es der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und dem Landgericht Potsdam zur weiteren Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Inhalts des Beschlusses wird auf den selbigen verwiesen.

Der Beschwerdeführervertreter vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Drittschuldner zu 1.) nicht Leistungsträger hinsichtlich der Wohnkosten sei. Eine Pfändung dieses Teils des Leistungsanspruchs des Schuldners sei von Anfang an nicht beabsichtigt gewesen.

Es sei zu beachten, dass soweit Wohn- und Unterkunftskosten im Rahmen des notwendigen Unterhaltes gemäß § 850 d ZPO berücksichtigt werden sollen, diese mangels Pfändung dem Schuldner ohnehin pfandfrei zur Verfügung stünden.

Deshalb sei es unerheblich, in welchem Umfang der Schuldner Unterkunftskosten geltend mache, da sie, soweit sie sozialhilferechtlich anerkannt seien und deshalb das Einkommen des Schuldners prägten, nicht der Pfändung unterlägen und deshalb dem Schuldner bereits ohne Einschränkung zur Verfügung stünden.

Auch hinsichtlich des Arbeitslosengeldes II sei der Drittschuldner zu 1.) Leistungsträger.

Die Tatsache, dass der Drittschuldner zu 1.) seine Verwaltungszuständigkeit an einen anderen Träger abgegeben habe, ändere nichts an der Eigenschaft als Leistungsträger hinsichtlich der gepfändeten Forderung.

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Beschwerde und den Schriftsatz vom 27.06.2006 verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 793, 567 zulässige Beschwerde ist unbegründet.

18Die mit Antrag vom 28.04.2006 begehrte Pfändung ist ins Leere gegangen.

19Im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 31.05.2006 mit Zustellung an den Drittschuldner, der Agentur für Arbeit in ..., bestand keine Forderung des Schuldners gegenüber dem Drittschuldner zu 1.).

Wie sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers als auch aus dem Bescheid der MAIA vom 30.06.2006 ergibt, bezieht der Schuldner seit dem 1.06.2006 Arbeitslosengeld II.

Der Beschwerdeführer führt im Ausgangspunkt zu Recht aus, dass das Arbeitslosengeld II neben dem befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessen Kosten für die Unterkunft und Heizung entfasst.

Gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 1 ist die Bundesagentur für Arbeit nicht für die Leistungen hinsichtlich der Unterkunft und der Heizung (§ 22 SGB II) zuständig.

Diese Leistungen tragen die kreisfreien Städte und Kreise gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 2 SGB II. Ebenso richtig führt der Beschwerdeführer weiter aus, dass gemäß § 19 a Abs. 2 SGB I die Agenturen für Arbeit nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende in Anspruch genommen werden.

24Dies geht allerdings dann nicht mehr, wenn eine Arbeitsgemeinschaft im Sinne des § 44 b SGB II errichtet wurde. Gemäß § 44 b Abs. 2 SGB II nimmt diese Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agentur der Arbeit als Leistungsträger war.

Für den räumlichen Bereich des Landkreises ist eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44 b SGB II durch öffentlichen Vertrag vom 21.12.2004 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 14.11.2005 gegründet worden.

Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, der Drittschuldner zu 1.) bleibe weiter Leistungsträger, auch wenn er seine Verwaltungszuständigkeit an einen anderen Träger abgegeben hat, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Wie § 44 b Abs. 3 SGB II ausdrücklich erklärt, nimmt die Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger war.

Leistungsträger ist demgemäß die Arbeitsgemeinschaft.

28Mit Rücksicht darauf, dass die Märkische Arbeitsgemeinschaft für Integration in Arbeit beteiligtenfähig im Sinne des § 70 Nr. 2 SGG ist (vgl. Landessozialgericht Berlin -Brandenburg, 10. Senat, Aktenzeichen L 10 AS 88/06 vom 09.05.2006), ist sie auch als Leistungsträger Drittschuldner des gepfändeten Anspruchs.

Im übrigen entspricht dies auch der Intention des § 44 b SGB II, der darauf abzielt, die Aufgaben der Leistungsträger zu bündeln und die Arbeitsgemeinschaft dazu mit einer umfassenden Wahrnehmungszuständigkeit/Durchführungsverantwortung auszustatten (vgl. Landessozialgericht Berlin/Brandenburg am angegebenen Ort).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Sache war gemäß § 568 Ziffer 2 ZPO auf die Kammer zu übertragen.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO zuzulassen.