Brandenburgisches OLG, Urteil vom 21.06.2006 - 7 U 175/05
Fundstelle
openJur 2012, 3738
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 26. August 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die P. GmbH, die im Rahmen der Bildung des Wohnungseigentums der Mitglieder der Klägerin zur Verwalterin des gemeinschaftlichen Eigentums bestellt wurde, schloss mit der Beklagten unter dem 29.9.1995 einen Fernwärmelieferungsvertrag, der in der Anlage 2 (Bl. 25 f. d.A.) eine Preisänderungsklausel enthielt.

Die Klägerin hat mit der Klage die Feststellung der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel und die Verurteilung der Beklagten zur Erläuterung und Darlegung ihrer Kalkulation der Wärmepreise begehrt. Die Klage ist durch Versäumnisurteil des Landgerichts Neuruppin vom 12.4.2005, das der Klägerin am 25.4.2005 zugestellt worden ist, abgewiesen worden. Dagegen hat die Klägerin am 9.5.2005 Einspruch eingelegt. Durch Beschluss vom 23.6.2005 hat das Landgericht die Durchführung des schriftlichen Verfahrens nach § 128 ZPO angeordnet.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 12.4.2005

1.

festzustellen, dass die in dem Fernwärmelieferungsvertrag vom 29.9.1995 enthaltene und von der Beklagten verwandte Preisänderungsklausel unwirksam ist;

2.

die Beklagte zu verurteilen, ihre Kalkulation der Wärmepreise zu erläutern und darzulegen;

3.

hilfsweise für den Fall, dass das Landgericht an der in einem Parallelverfahren, Az.: 2 O 28/05 Landgericht Neuruppin, geäußerten Ansicht festhalte, festzustellen, dass die zum 1.1.2003 vorgenommene Erhöhung auf 47,41 Euro/MWh auf der Grundlage der Erhöhung zum 1.10.2000 auf 38,34 Euro/MWh unbillig ist und dass stattdessen die vom Gericht zu ermittelnde billige Wärmepreiserhöhung gilt.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 12.4.2005 aufrechtzuerhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 26.8.2005 das Versäumnisurteil vom 12.4.2005 aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Fehlen ausdrücklicher Anträge der Parteien im Einspruchsverfahren sei unschädlich, da die Anträge den wechselseitigen Sachvorträgen im Wege der Auslegung entnommen werden könnten. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage stehe zwar eine fehlende Prozessführungsbefugnis der einzelnen Wohnungseigentümer nicht entgegen, da das Rubrum dahingehend zu berichtigen sei, dass Klägerin die Wohnungseigentümergemeinschaft sei. Jedoch fehle es an einem Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO, da zur Beseitigung der bestehenden Rechtsunsicherheit nicht nur die begehrte Feststellung, sondern zusätzlich eine ergänzende Vertragsauslegung zur Bestimmung des zu zahlenden Preises erforderlich sei. Zur Klärung von Vorfragen oder Elementen eines Rechtsverhältnisses oder von Berechnungsgrundlagen eines Anspruchs oder einer Leistungspflicht sei die Feststellungsklage nicht eröffnet. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erläuterung und Offenlegung ihrer Kalkulation bestehe nicht. Insbesondere eröffne § 242 BGB nicht einen solchen Anspruch zum Zwecke der Überprüfung und Berechtigung erhobenen Entgeltforderung; das gelte auch gegenüber einem Energieversorgungsunternehmen, das eine Monopolstellung innehabe. Der Hilfsantrag sei nach § 263 ZPO sowie wegen des Fehlens eines Feststellungsinteresses nach § 256 ZPO unzulässig; die Klägerin könne ihr Begehren im Wege einer Leistungsklage verfolgen, da sie bereits Zahlungen auf die vorgenommenen Preiserhöhungen geleistet habe und diese zurückfordern könne.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 19.9.2005 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 19.10.2005 Berufung eingelegt und diese am 18.11.2005 begründet.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 26. August 2005 das Versäumnisurteil vom 12.4.2005 aufzuheben und

1.

festzustellen, dass die in dem Wärmelieferungsvertrag vom 29.9.1995 enthaltene und von der Beklagten verwandte Preisänderungsklausel unwirksam sei;

2.

die Beklagte zu verurteilen, ihre Kalkulation der Wärmepreise zu erläutern und darzulegen;

3.

hilfsweise,

festzustellen, dass die zum 1.1.2003 vorgenommene Erhöhung auf 47,41 Euro/MWh auf der Grundlage der Erhöhung zum 1.10.2000 auf 38,34 Euro/MWh unbillig ist und dass stattdessen die vom Gericht zu ermittelnde billige Wärmepreiserhöhung gilt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet, durch den Arbeitspreis werde auch nach den vorgenommenen Preiserhöhungen ein Kostendeckungsgrad in Höhe von nur 97 % erreicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

1.

Die Feststellungsklage ist zulässig, aber unbegründet.

a)

Entgegen der Sichtweise des Landgerichts ist der Feststellungsantrag zulässig.

aa)

Dem steht nicht entgegen, dass die Klage ursprünglich für die einzelnen Wohnungseigentümer und nicht für die Wohnungseigentümergemeinschaft erhoben worden ist. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass im Hinblick auf das Erfordernis der Klageerhebung durch die parteifähige Gesellschaft (vgl. BGH NJW 2005, 2061, 2062 f.; 2003, 2043; 2001, 1056; NJW-RR 2004, 275, 276) insoweit das Rubrum zu berichtigen ist (vgl. BGH NJW-RR 2006, 42; 2004, 275, 276; NJW 2003, 1043), und zwar ohne dass es darauf ankommt, ob der Rechtsstreit zum Zeitpunkt der Anerkennung der Teilrechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bereits anhängig gewesen ist (vgl. BGH NJW-RR 2006, 42).

bb)

Das Unterbleiben ausdrücklicher Klageanträge im Anschluss an den Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 12.4.2006 führt nicht zu einer unzureichenden Bestimmung des Klagegegenstands nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dazu wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen zur Auslegung des Begehrens der Parteien im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen. Für die Berufung stellt sich diese Frage ohnehin nicht, nachdem die Parteien in der Berufungsbegründung und in der Berufungserwiderung Anträge formuliert und sich in der mündlichen Verhandlung auf diese bezogen haben.

cc)

Ebenso ist ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO gegeben.

(1)

Gegenstand der Klage ist das Bestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien. Dazu reicht es aus, wenn zu einzelnen Rechten, Pflichten oder Folgen aus einer Rechtsbeziehung eine Feststellung begehrt wird (BGH NJW 1984, 1556; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256, Rn. 3), wobei eine abstrakte Formulierung der Antragsstellung unschädlich ist (BGH NJW 2001, 3789, 3790; Zöller/Greger a.a.O.). So ist es hier. Das Feststellungsbegehren zielt ersichtlich auf die Klärung der Frage ab, ob die Klägerin die Zahlung des nach Maßgabe der Preisänderungsklausel erhöhten Entgelts schuldet und hat damit ihre vertraglichen Pflichten im Verhältnis zur Beklagten zum Gegenstand.

(2)

Die begehrte Feststellung ist zur Beseitigung der bestehenden Rechtsunsicherheit geeignet. Diesem Erfordernis des § 256 Abs. 1 ZPO (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 256, Rn. 16, m.w.N.) ist genügt, da mit der zu treffenden Entscheidung für das Verhältnis der Parteien zueinander abschließend geklärt ist, ob die Klägerin eine Zahlungspflicht aus der Preisänderungsklausel trifft oder nicht.

(3)

Das Feststellungsinteresse ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs der Leistungsklage (vgl. BGH NJW 2000, 1256, 1257; 1998, 1633; Zöller/Greger, a.a.O. § 256, Rn. 7 a) ausgeschlossen. Die Klägerin hat - unstreitig - ab Dezember 2004 Einbehalte auf das von der Beklagten geforderte erhöhte Entgelt vorgenommen hat, sodass für diese Zeit ein Zurückzahlungsbegehren nicht möglich ist. Es ist der Klägerin auch nicht zuzumuten, insoweit eine Zahlungsklage der Beklagten abzuwarten und in deren Rahmen sich auf eine etwaige Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel zu berufen.

b)

Die Feststellungsklage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Es kann nicht erkannt werden, dass die streitgegenständliche  Preisänderungsklausel zwischen den Parteien nicht wirksam vereinbart worden ist.

aa)

Der Klägerin kann nicht darin gefolgt werden, dass der Fernwärmelieferungsvertrag vom 29.9.1995 nicht mit Wirkung für und gegen sie abgeschlossen worden ist. Soweit sie in der Berufung (Bl. 417 d.A.) ausführt, sie bestreite den Bestand des schriftlichen Vertrages, kann darin ein nach § 138 Abs. 3 ZPO wirksames Bestreiten der zum Vertragsschluss führenden tatsächlichen Umstände nicht erblickt werden, da die Klägerin die wechselseitige Unterzeichnung der - von ihr selbst - vorgelegten Vertragsurkunde (Bl. 19 ff. d.A.) als solche nicht in Abrede gestellt. Soweit sie die Ansicht vertreten hat, sie sei nicht Vertragspartei geworden, steht dem entgegen, dass unstreitig die P. GmbH seinerzeit Verwalterin des gemeinschaftlichen Eigentums gewesen ist und damit gemäß § 164 Abs. 1 BGB als Vertreter der Klägerin gehandelt hat. Ungeachtet dessen hat die Klägerin dadurch, dass sie - ebenfalls unstreitig - in der Folgezeit Fernwärme bezogen hat, den Vertragsschluss nach §§ 182 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB genehmigt.

bb)

Die Preisänderungsklausel ist nicht nach §§ 134 BGB, 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam. Denn sie entspricht den Erfordernissen des § 24 Abs. 3 AVB FernwärmeV.

(1)

35Nach § 24 Abs. 3 S. 1 AVB FernwärmeV ist die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen zu berücksichtigen. Insoweit ist abzustellen auf die Erzeugungskosten, die ihrerseits überwiegend von den Brennstoffkosten abhängen, sowie auf die überwiegend von den Lohnkosten und in geringem Maße durch die Materialkosten bestimmten Bereitstellungskosten (Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand Mai 2006, § 24 AV FernwärmeV, Rn. 6). Dem wird die streitgegenständliche Preisanpassungsklausel gerecht. Denn sie bestimmt den Jahresgrundpreis vorrangig nach den Lohnkosten unter Zugrundelegung des tariflichen Monatslohns für Arbeiter der gemeindlichen Verwaltung und Betriebe in B. und stellt damit in zulässiger Weise auf die Bereitstellungskosten ab. Der Arbeitspreis bemisst sich nach der Entwicklung der Kosten für leichtes Heizöl und stellt mithin in gleichfalls zulässiger Weise auf die Erzeugungskosten ab. Dabei ist davon auszugehen, dass die Beklagte - wie sie vorträgt (Bl. 102 d.A.) - die Wärme mit einem Kostenanteil in Höhe von mindestens 80 % aus Heizöl und Erdgas erzeugt hat. Der dagegen gerichtete Vortrag der Klägerin (Bl. 7 f. d.A.), die Beklagte verwende für die Fernwärmeproduktion lediglich 15 %, allenfalls 20 %, Heizöl, kann der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden. Denn die Klägerin hat für ihr Vorbringen einen Beweis nicht angetreten. Das geht zu ihren Lasten, da im Rahmen des § 134 BGB regelmäßig die Partei die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gesetzesverstoßes zu beweisen hat, die zu ihren Gunsten die Nichtigkeitsfolge geltend macht (BGH NJW 1983, 2018, 2019; Baumgärtel, Handbauch der Beweislast im Zivilrecht, 2. Aufl., § 134 BGB, Rn. 1). Zudem erschließt sich aus den von der Beklagten über den Bezug von Erdgas und Kohle abgeschlossenen Verträgen mit der E. GmbH vom 26.4.1996 (Bl. 174 ff. d.A.) und der P. GmbH vom 27./28.2.1995 (Bl. 180 ff. d.A.), dass  die Preise für die von ihr bezogenen Heizmittel ebenfalls an die Preisentwicklung für leichtes Heizöl angelehnt und Preisänderungsklauseln vereinbart worden sind; dem ist die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht nicht entgegengetreten. Vor dem Hintergrund dieser Gegebenheiten entspricht die streitgegenständliche Preisänderungsklausel in der Anknüpfung an den Preis für leichtes Heizöl - erst recht - den tatsächlichen Verhältnissen bei der Wärmeerzeugung auf Seiten der Beklagten.

(2)

36Nach § 24 Abs. 3 S. 1 AVBFernwärmeV haben weiter die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt in die Preisbildung einzufließen. Das bedeutet, dass die Preise für alle Substitutionsenergien im Sinne eines einheitlichen Wärmemarkts unter räumlicher Orientierung an den Verhältnissen im jeweiligen Versorgungsgebiet und dessen regionalem Umfeld zu beachten sind (Hempel/Franke, a.a.O., § 24 AVBFernwärmeV, Rn. 7, 9). Auch dem genügt die streitgegenständliche Preisänderungsklausel, indem sie den Arbeitspreis nach dem Preis für leichtes Heizöl bemisst. Es entspricht nämlich allgemeiner Erfahrung, dass gegenwärtig der Preis für leichtes Heizöl die Preise der anderen Energieträger üblicherweise mitbestimmt (Hempel/Franke, a.a.O., § 24 AVBFernwärmeV, Rn. 8), weshalb das diesbezügliche Bestreiten der Klägerin der Rechtsverfolgung nicht zum Erfolg verhelfen kann. Ein Bestehen regionaler Besonderheiten, das im Rahmen der - wie ausgeführt - ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast die Klägerin vortragen müsste, ist weder dargetan noch auch aus den von den Parteien vorgelegten Anlagen ersichtlich.

(3)

37§ 24 Abs. 3 S. 1 AVB FernwärmeV gebietet darüber hinaus, dass die vorgenannten Umstände in angemessener Weise in die Preisänderungsklausel einzufließen haben. Das erfordert nicht eine starre Abbildung der maßgeblichen Kosten und Marktelemente, sondern bedeutet, dass sich die Fernwärmepreise in einer abgewogenen Bandbreite zu bewegen haben und innerhalb dieser flexibel festgelegt werden können (Hempel/Franke, a.a.O., § 24 AVB FernwärmeV, Rn. 10). Dagegen ist verstoßen, wenn die Gewichtung der Klauselelemente auf eine Verdrängung der Kostenorientierung durch eine Wettbewerbsorientierung oder umgekehrt hinausläuft (Hempel/Franke, a.a.O.). Letzteres lässt sich im vorliegenden Fall weder aus der streitgegenständlichen Klausel ersehen noch dem Sachvortrag der Parteien entnehmen. Die von der Klägerin hervorgehobene Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten reicht dazu nicht aus; denn es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte als am Markt tätiges Unternehmen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Gewinne zu erzielen beabsichtigt. Auch aus der in der Klausel vorgenommenen Differenzierung zwischen Jahresgrund- und Arbeitspreis und der entsprechenden Zuordnung der verschiedenen Kostenelemente lässt sich ein Verstoß gegen das Gebot der Angemessenheit nicht ableiten (vgl. Hempel/Franke, a.a.O. § 24 AVBFernwärmeV, Rn. 11).

(4)

38Nach § 24 Abs. 3 S. 2 AVBFernwärmeV müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form in der Preisänderungsklausel ausgewiesen sein. Dazu reicht es aus, wenn für einen Laien bei sorgfältigem Studium der Klausel erkennbar ist, welche Berechnungsfaktoren zu welchen Prozentsätzen Eingang gefunden haben; das ist der Fall, wenn die Klausel die Berechnung der Preisänderung in Form einer mathematischen Formel darstellt und deren Bestandteile näher erläutert (Franke/Hempel, a.a.O., § 24 AVBFernwärmeV, Rn. 12). So ist es hier. Sowohl für den neu zu errechnenden Jahresgrundpreis als auch für den neu zu errechnenden Arbeitspreis werden in der streitbefangenen Klausel mathematische Formeln angegeben und deren einzelne Bestandteile Formeln vollständig und verständlich dargestellt. Auch unter diesem Gesichtspunkt genügt die Klausel mithin den gesetzlichen Anforderungen.

(5)

 Die Regelung in § 24 Abs. 3 S. 3 AVBFernwärmeV betrifft die Anwendung der Preisänderungsklausel (Hempel/Franke, a.a.O., § 24 AVBFernwärmeV, Rn. 15) und ist daher für die hier in Rede stehende Frage ihrer wirksamen Vereinbarung nicht heranzuziehen.

cc.

Eine Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Preisänderungsklausel nach §§ 9 ff. AGBG a.F. kann ebenfalls nicht erkannt werden. Dabei ist dem Senat die Prüfung des Vorliegens einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin verwehrt. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei der Preisänderungsklausel um eine allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 1 Abs. 1 AGBG a.F. handelt. Dafür ist von den Parteien nichts vorgetragen. Die äußere Form der Vertragsurkunde vom 29.9.1995 lässt - insgesamt - eine Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierter Vertragsbestimmungen nicht erkennen.

dd.

Die Preisänderungsklausel verstößt auch nicht gegen Artikel 3 der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbrauchsverträgen (abgedruckt in: NJW 1993, 1838 ff.). Diese Regelung erfasst, wie sich aus dem Wortlaut des Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie erschließt, Vertragsklauseln, die nicht im Einzelnen ausgehandelt worden sind. Das kann - wie soeben dargestellt - für die streitgegenständliche Klausel nicht festgestellt werden. Zudem führt die Klausel nicht etwa dazu, dass der Verbraucher seinen Verpflichtungen nachkommen muss, obwohl der Gewerbetreibende seine Verpflichtungen nicht erfüllt, sodass eine Missbräuchlichkeit gemäß Artikel 3 Abs. 3 der Richtlinie i.V.m. Ziffer 1 o des Anhangs dazu ohnehin nicht in Betracht kommt; die Klausel hat nicht eine unzumutbare Einschränkung der Rechte des anderen Teils zur Folge, da jener nicht daran gehindert ist, die Unwirksamkeit einer Preisanpassung erforderlichenfalls in einem Rückforderungsprozess geltend zu machen (Brandenb. OLG [5. Zivilsenat], Urteil vom 16.3.2006, Az.: 5 U 75/05; KG GrundE 2004, 887).

2.

Die Klage ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet, soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Erläuterung und Darlegung ihrer Kalkulation der Wärmepreise begehrt.

a)

Auch hier steht nicht entgegen, dass die Klage ursprünglich für die einzelnen Mitglieder der Klägerin erhoben worden ist und dass in erster Instanz im Einspruchsverfahren eine ausdrückliche Formulierung von Anträgen nicht stattgefunden hat; auf die diesbezüglichen Ausführungen im Vorstehenden wird Bezug genommen. Eines Feststellungsinteresses der Klägerin nach § 256 Abs. 1 ZPO bedarf es nicht, da sie mit der Erläuterung und Darlegung der Kalkulationsgrundlagen der Beklagten eine konkrete Leistung abverlangt und es sich insoweit mithin um eine Leistungs- und nicht um eine Feststellungsklage handelt.

b)

Auch mit diesem Begehren hat die Klägerin jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erläuterung und Darlegung der Kalkulation der Wärmepreise besteht nicht.

aa)

Der Vertrag vom 29.9.1995 enthält keine Regelung, die die Beklagte zu derartigen Auskünften verpflichtet.

bb)

Ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB besteht ebenfalls nicht.

Danach ist eine Auskunftspflicht gegeben, wenn und soweit die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer erteilen kann (BGH NJW 2002, 3771; 2001, 821, 822; 1995, 386, 387; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 261, Rn. 8). Das ist hier nicht der Fall, nachdem - wie dargestellt - die streitgegenständliche Preisänderungsklausel zwischen den Parteien rechtswirksam vereinbart worden ist. Das führt nämlich dazu, dass eine Preisänderung der Beklagten nicht an ihrer Kalkulation der Wärmepreise, sondern allein daran zu messen ist, ob sie den in der Preisänderungsklausel festgelegten Vorgaben entspricht; nur nach diesen Maßgaben bemisst sich die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung eines erhöhten Entgelts oder nach dessen Zahlung das Bestehen eines Rückforderungsanspruchs. Folglich bedarf es nicht der begehrten Auskunft, um der Klägerin Klarheit über das Bestehen oder den Umfang eines Anspruchs oder einer Einwendung im Verhältnis zur Beklagten zu geben.

48Für die Durchführung einer Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB, die demgegenüber eine Berücksichtigung auch der Kalkulationsgrundlagen der Beklagten gebieten könnte, ist kein Raum. Die streitgegenständliche Preisänderungsklausel sieht nicht eine Preisänderung nach billigem Ermessen der Beklagten vor, sondern legt im Rahmen der angegebenen mathematischen Formeln sämtliche Parameter für Preisänderungen abschließend fest. Mit der wirksamen Vereinbarung der Preisänderungsklausel beruhen etwaige Preisänderungen zudem nicht auf einer einseitigen Festsetzung durch die Beklagte, die einer Überprüfung nach § 315 Abs. 3 BGB zugänglich wäre (vgl. BGH NJW 2005, 2919, 2920, m.w.N.), sondern auf einer Individualvereinbarung der Parteien, die dieser Kontrolle entzogen ist (vgl. BGH NJW-RR 1990, 1204 f.; Brandenb. OLG [5. Zivilsenat] a.a.O.).

3.

Der Hilfsantrag der Klägerin führt ebenfalls nicht zu einer Verurteilung der Beklagten, und zwar ohne dass es dazu einer Entscheidung in der Sache bedarf. Denn der Hilfsantrag ist bereits unzulässig, da er erst auf den Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 12.4.2005 hin gestellt worden ist. Damit ist ein neuer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt worden, der zur Anwendung des § 263 ZPO führt (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 263 Rn. 2, m.w.N.). Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, da weder die Beklagte eingewilligt hat noch die Antragstellung als sachdienlich zu erachten ist. Der Sachdienlichkeit steht entgegen, dass - wie dargestellt - für eine Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB, wie sie hier für die vorgenommenen Preisänderungen begehrt wird, wegen der rechtswirksamen Vereinbarung der Preisänderungsklausel im Vertrag vom 29.9.1995 kein Raum ist.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.