Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 08.03.2006 - 9 UF 229/05
Fundstelle
openJur 2012, 3358
  • Rkr:
Tenor

1.

Der Antrag des Beklagten vom 21. Januar 2006 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.

2.

Eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter erfolgt nicht, § 526 Abs. 1 ZPO.

Gründe

A.

Die Bedürftigkeit des Beklagten gemäß §§ 114, 115, 119 Abs. 1 ZPO besteht nach derzeitigem Stand nicht, weshalb ihm Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren insgesamt zu versagen ist.

I. Einnahmen/Ausgaben

Es bestehen bereits Bedenken an der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen.

So errechnet sich der Beklagte bei eigenen Bruttoeinkünften oberhalb 5.500 Euro Ausgaben über annähernd denselben Betrag, weshalb er lediglich zu einem freien Restbetrag von rund 8 Euro kommt. Da in den aufgelisteten laufenden Kosten insbesondere solche der Verköstigung fehlen, ist nicht nachvollziehbar, wovon sich der Beklagte ernährt, unabhängig davon, dass auch weitere Kosten des allgemeinen Lebensbedarfs, insbesondere solche von Freizeitaktivitäten, nicht dargestellt sind.

II. Vermögen

Die entsprechenden Bedenken können jedoch dahinstehen, da der Beklagte aus weiteren Gründen sich nicht auf seine mangelnde Bedürftigkeit berufen kann.

1. Mitwirkungspflicht

Prozesskostenhilfe ist eine besondere Form der Sozialhilfe, die von der solidarisch verbundenen Allgemeinheit im Bereich der Rechtspflege der bedürftigen Partei zur Verfügung gestellt wird (vgl. auch BGH JAmt 2005, 323, 324). Von der bedürftigen Partei kann erwartet werden, dass sie aktiv am Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mitwirkt. Mit der positiven Bewilligung kann die Partei lediglich dann rechnen, wenn sie die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der PKH in ausreichender Weise dargetan hat (BGH FamRZ 2004, 99). Über ihre Vermögensgegenstände hat sich die Partei grundsätzlich auch ohne gerichtlicherseits erteilte Aufforderung zu erklären, da für die um Prozesskostenhilfe ersuchende Partei erkennbar ist, dass ihr nur bei tatsächlich bestehender Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (Brandenburgisches OLG NJW-RR 2005, 871, 872; FamRZ 2004, 120). Erst recht gilt dies bei einer anwaltlich vertretenen Partei (Brandenburgisches OLG NJW-RR 2005, 871, 872; vgl. auch Brandenburgisches OLG FamRZ 2004, 972). Verstößt die Partei gegen diese Pflichten, kann dies den Vorwurf der Mutwilligkeit rechtfertigen (vgl. Zöller/ Philippi, 25. Aufl., § 114 Rn. 36).

2. Rentenversicherung; VL-Vertrag

Der Beklagte führt eine Rentenversicherung, auf die er monatlich 117 Euro einzahlt und für die er bislang keinen Rückkaufswert angegeben hat. Möglicherweise unterfällt die Rentenversicherung dem Schutz gemäß §§ 115 Abs. 3 S. 2 ZPO, 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII, was hier aber mangels ausreichenden Vorbringens nicht abschließend bewertet werden kann. Zudem führt er einen so genannten "VL-Vertrag", über den bis auf den Hinweis "bis 2010" nichts Näheres bekannt ist.

Da das Institut der Prozesskostenhilfe, das eine Art Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen in Aussicht stellt, ausschließlich dazu dient, wirtschaftlich Schwachen den Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen, hat die Partei zunächst ihr Vermögen vorrangig zur Finanzierung des Prozesses einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar ist (§ 115 Abs. 2 ZPO), bevor die Allgemeinheit mit diesen Kosten belastet werden darf.

12Eine vorhandene Lebensversicherung muss einer Verwertung zugeführt werden - sei es im Wege der Beleihung, sei es im Wege der Realisierung des Rückkaufswertes - bevor die Solidarität der Allgemeinheit durch Gewährung von Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen wird (allgemein dazu BVerwG NJW 2004, 3647, 3648; OLG Stuttgart, FamRZ 2004, 1651; OLG Köln, FamRZ 2004, 382; KG FamRZ 2003, 1394; AG Pforzheim FamRZ 2005, 467, 468). Daran ändert auch nichts, dass dieses Kapital - möglicherweise - der Alterssicherung dient, da auch ein solches Kapitalvermögen einzusetzen ist (OLG Frankfurt FamRZ 2005, 466). Dabei kann sich die Partei auch nicht darauf berufen, dass mit der vorzeitigen Realisierung der Versicherung Verluste verbunden sind. Eine Vermögensbildung zu Lasten der Allgemeinheit ist abzulehnen. Der Einsatz von Vermögenswerten ist auch dann zumutbar, wenn mit der vorzeitigen Kündigung Einbußen verbunden sind (BSG, FamRB 2005, 347 für Kapitallebensversicherungen; OLG Celle FamRZ 2005, 992 für Sparguthaben; i. E. auch OLG Frankfurt FamRZ 2005, 466). Zumindest bedarf es eines - hier fehlenden - eingehenden Vortrages dazu, weshalb im konkreten Fall mit der vorzeitigen Realisierung unzumutbare Kosten verbunden sind oder aus welchen sonstigen Gründen die Fortführung des Versicherung bzw. des Sparvertrages zwingend notwendig ist.

3. Verkauf eines Pkw

Weiterhin muss nach dem Vorbringen der Parteien in der Hauptsache davon ausgegangen werden, dass der Beklagten jedenfalls bis Ende des Jahres 2004 Alleineigentümer zweier Pkw war. Soweit der Beklagte einen Pkw nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung am 30. Mai 2005 (Bl. 64 f.) veräußert hat, hat er insoweit allein eine Ablösesumme an die kreditierende Bank von 1.429,92 Euro (Bl. 199) nachgewiesen. Zu einem evtl. überschießenden Verkaufserlös fehlt es an jeglichem näheren Vortrag. Auch einen evtl. Überschuss hätte der Beklagte aber zur Finanzierung des Prozesses einsetzen müssen, da zur Zeit des Verkaufes der Rechtsstreit nahezu ein halbes Jahr anhängig war.

B.

Im Übrigen besteht für die selbstständig eingelegte Anschlussberufung des Beklagten in der Sache nur eingeschränkte Aussicht auf Erfolg, soweit der Beklagte einen Unterhaltsanspruch der Klägerin in der titulierten Höhe in Abrede stellen will, §§ 114, 119 Abs. 1 ZPO.

I. Sachverhalt

Die Klägerin und der Beklagte haben am 17. Juli 1996 die Ehe geschlossen, aus der der am … 1996 geborene Kläger hervorgegangen ist. Im Oktober 2001 trennten sich die Eheleute. Seither lebt der Kläger bei der Klägerin, in deren Haushalt sich zudem zwei weitere Kinder der Klägerin befinden: D… W…, geboren am … 1991, und A… W…, geboren am … 1992.

Der Beklagte ist von Beruf EDV-Systemtechniker. Seinen Arbeitsweg legt er mit dem Pkw zurück. Er ist privat kranken- bzw. pflegeversichert und erhält hierfür arbeitgeberseitig einen Zuschuss ausbezahlt. Den Beitrag für den ebenfalls privat krankenversicherten Kläger zahlt der Beklagte. Für beide Krankenversicherungen sind Selbstbeteiligungen vereinbart (für den Kläger in 2003 und 2004 jährlich 302 Euro und ab 2005 jährlich 350 Euro, für den Beklagten durchgängig 350 Euro), die regelmäßig ausgeschöpft werden. Im Übrigen ist der Kläger beim Beklagten beitragsfrei pflegeversichert.

Bei Trennung der Ehegatten wies das Girokonto des Beklagten bei der … Bank einen Negativsaldo von 30.772,04 DM (umgerechnet 15.733,49 Euro) aus. Zur Umschuldung nahm der Beklagte Ende 2003 einen Kredit über 22.990 Euro auf (Bl. 49), auf den er seitdem 291 Euro monatlich zahlt.

Der Beklagte führt seit März 2003 eine so genannte Riester-Rentenversicherung bei der … Lebensversicherung AG (Bl. 193). Auf einen Pkw-Kredit hat er im Jahr 2003 monatlich 205,94 Euro und im Jahre 2004 bis einschließlich November ebenfalls 205,94 Euro gezahlt. Im Anschluss daran wurde der kreditierte Pkw, der ursprünglich zwecks Nutzung durch die Klägerin angeschafft und dieser bis zur Rückgabe an den Beklagten im März 2003 auch zur Verfügung stand, durch den Beklagten bei der kreditfinanzierenden Bank gegen Zahlung von 1.429,92 Euro abgelöst. Anschließend wurde der Pkw durch den Beklagten verkauft.

Mit (nicht vorliegenden) Schreiben vom 30. September 2003 hat die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von Kindes- und Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 1.907 Euro aufgefordert.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Beklagte schulde ihnen nach einem Einkommen von rund 3.200 Euro Trennungs- und Kindesunterhalt. Auf die geltend gemachten Darlehenskosten könne er sich nicht berufen, da diese nicht ehebedingt seien bzw. hinsichtlich des Pkw auf Grund der Benutzung desselben durch die Lebenspartnerin des Beklagten keine Berücksichtigung finden können.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten zu folgenden Unterhaltszahlungen zu verpflichten:

für die Klägerin

- Oktober 2003 bis August 2004 insgesamt 7.455,48 Euro nebst gestaffelten Zinsen,

- ab September 2004 monatlich laufend 1.222 Euro,

für den Kläger

- ab September 2004 monatlich laufend 333 Euro.

Der Beklagte hat die Klage des Klägers in Höhe eines Betrages von 285 Euro anerkannt; im Übrigen hat er beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, hinsichtlich der geltend gemachten Unterhaltsansprüche unter Berücksichtigung seiner Belastungen nicht bzw. jedenfalls nicht in vollem Umfang leistungsfähig zu sein.

Das Amtsgericht hat den Beklagten mit am 30. Mai 2005 verkündeten Anerkenntnisteilurteil verurteilt, an den Kläger Unterhalt in Höhe von 285 Euro monatlich zu zahlen; einen Anfangstermin für diese Zahlungspflicht enthält der Tenor nicht.

Mit dem nachfolgend am 7. November 2005 verkündeten Urteil hat das Amtsgericht Neuruppin den Beklagten zu Unterhaltszahlungen unter Abweisung der weitergehenden Klage wie folgt verurteilt (Bl. 125):

für die Klägerin

- Oktober 2003 bis August 2004         insgesamt 5.870,48 Euro zzgl. gestaffelten Zinsen,- September bis Dezember 2004monatlich 1.024 Euro,- Januar bis April 2005monatlich 1.044 Euro,- Mai und Juni 2005monatlich 968 Euro und- ab Juli 2005monatlich laufend 954 Euro,für den Kläger - über das Anerkenntnis-Teilurteil hinaus -

- ab September 2004 bis April 2005         monatlich weitere 24 Euro,- ab Juli 2005monatlich weitere 34 Euro.Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen.

Die Kläger begehren die Abänderung des angefochtenen Urteils auf folgende Unterhaltsbeträge:

für die Klägerin

- Oktober 2003 bis August 2004         insgesamt 6.743,76 Euro,- September bis Dezember 2004monatlich 1.109,76 Euro,- Januar bis Juni 2005monatlich 1.195,51 Euro und- ab Juli 2005monatlich laufend 1.190,80 Euro,für den Kläger zu - über das Anerkenntnis-Teilurteil hinaus -

- für 2004 bis Dezember 2004          monatlich weitere 24 Euro,- für Januar bis Juni 2005monatlich weitere 72 Euro,- ab Juli 2005monatlich laufend weitere 83 Euro.Der Beklagte, der sich allein gegen den zu Gunsten der Klägerin getroffenen Ausspruch im angefochtenen Urteil wendet, beantragt, in Abänderung des angefochtenen Urteils zu Gunsten der Klägerin folgenden Unterhalt festzusetzen:

- Oktober 2003 bis August 2004             insgesamt 2.044,94 Euro,- September bis Dezember 2004monatlich 671,98 Euro,- Januar bis April 2005monatlich 874,91 Euro,- Mai und Juni 2005monatlich 789,19 Euro und- ab Juli 2005monatlich 784,91 Euro.II. Erfolgsaussichten

Die selbstständige Anschlussberufung des Beklagten, die sich allein gegen den Ausspruch zum Trennungsunterhalt wendet, hat nach derzeitigem Stand in der Sache nur eingeschränkte Aussicht auf Erfolg.

1. Berufung des Klägers

Obgleich sich der Beklagte nicht gegen die zu Gunsten des Klägers erfolgte Verurteilung wendet, wird mit Blick auf die Berufung des Klägers vorsorglich auf Folgendes hingewiesen:

Der Kläger ist unter Berücksichtigung von § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht prozessführungsbefugt. Im Übrigen wird hinsichtlich seiner Antragstellung im Rahmen des Berufungsverfahrens darauf hingewiesen, dass nicht klar erkennbar ist, ob er die im angefochtenen Schlussurteil vom 7. November 2005 enthaltenen, über das Anerkenntnis-Teilurteil vom 30. Mai 2005 hinausgehenden, zu Gunsten des Klägers titulierten weiteren Unterhaltsbeträge ausreichend berücksichtigt hat. Zuletzt ist unklar, ob Unterhaltsvorschuss an den Kläger geflossen ist bzw. ob der Beklagte durch fortlaufende Leistung von Unterhalt den Anspruch nicht insgesamt erfüllt hat.

2. Anspruchsgrundlage

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Trennungsunterhalt folgt aus § 1361 Abs. 1 BGB. An ihrer Bedürftigkeit bestehen keine Bedenken. Insbesondere unterliegt sie keiner Erwerbsobliegenheit, da sie neben dem mittlerweile neun Jahre alten Kläger noch zwei weitere Kinder betreut und versorgt und da dies - soweit hier bekannt - die ehelichen Lebensverhältnisse auch geprägt hat. Damit kann der Klägerin, die über keine laufenden Einkünfte verfügt, auch kein Verstoß gegen sie treffende Erwerbsobliegenheiten mit daraus folgender Zurechnung fiktiver Erwerbseinkünfte angelastet werden.

Problematisch bleibt damit im Wesentlichen, wie die bedarfsprägenden Einkünfte des Beklagten zu bemessen sind.

3. Bedarf der Klägerin

Der eheliche Bedarf der Klägerin, die keine eigenen Einkünfte erzielt, richtet sich nach den Erwerbseinkünften des Beklagten. Die laufenden Einkünfte des Beklagten können für die Jahre 2003 und 2004 anhand der in den vorgelegten Verdienstabrechnungen enthaltenen Jahressummen nachvollzogen werden. Für das Jahr 2005 erfolgt die Berechnung anhand der monatlichen Auszahlungsbeträge, die das Nettoeinkommen darstellen. Auf die nachfolgenden Tabellen wird insoweit verwiesen. Zu beachten sind dabei folgende Besonderheiten:

a. Vermögenswirksame Leistungen

In Abzug zu bringen von den Erwerbseinkünften sind die vermögenswirksamen Leistungen. Zwar ist eine Vermögensbildung zu Lasten des Berechtigten im Grundsatz abzulehnen, d. h., der Unterhaltspflichtige darf zu Lasten des Unterhaltsberechtigten weder eine Vermögensbildung beginnen noch eine solche aufrechterhalten (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhaltes, 9. Aufl., Rn. 999). Hinsichtlich der vermögenswirksamen Leistungen ist jedoch zu beachten, dass der Beklagte seitens seines Arbeitgebers monatlich 40 Euro als Arbeitgeberanteil erhält und auf seinen vermögenswirksamen Vertrag gleichfalls 40 Euro monatlich abführt. Die allein zur Vermögensbildung gezahlten Beiträge des Arbeitgebers haben daher bei der Ermittlung des Einkommens außer Betracht zu bleiben (Kalthoener/ Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 1.024 b a. E.).

b. Steuerrückerstattung/-nachzahlung

Die gewährten Steuerrückerstattungen sind den laufenden Einkünften des Beklagten hinzuzurechnen. Sie zählen zum Erwerbseinkommen, weshalb insoweit pauschalisierte berufsbedingte Aufwendungen Berücksichtigung finden bzw. - hinsichtlich des Ehegattenunterhalts - der Erwerbstätigenbonus beachtet werden muss.

Soweit dagegen der Beklagte im Rahmen seiner Begründung der Berufung den Standpunkt vertritt,  unstreitig  sei auf Grund einer in 2005 festgesetzten Steuernachzahlung von 4.733,44 Euro eine monatliche Rate von 200 Euro zu berücksichtigen, kann dem nicht gefolgt werden. Insoweit fehlt seinem Vorbringen die nötige Substanz, da er den der behaupteten Nachzahlung zu Grunde liegende Steuerbescheid nicht vorgelegt hat, weshalb schon aus diesem Grunde ein Bestreiten seitens der Kläger nicht erforderlich war. Auch verhält sich der Beklagte insoweit widersprüchlich. So hat er dargetan, die behauptete Steuernachzahlung betreffe den Veranlagungszeitraum des Jahres 2003. Für diesen Veranlagungszeitraum hat er jedoch eine Steuererstattung von 755,28 Euro gemäß Steuerbescheid vom 27. Juni 2005 (vgl. Bl. 226) dargetan. Zwei sich widerstreitende Steuerbescheide über den gleichen Veranlagungszeitraum sind aber nicht – jedenfalls nicht ohne nähere Erläuterung – nachvollziehbar. Im Übrigen wird bereits jetzt darauf hingewiesen, dass die Kläger im Rahmen der Begründung ihrer Berufung - zu der der Beklagte bislang jedoch noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte - die Existenz eines eine Steuernachzahlung ausweisenden Steuerbescheides bestritten haben.

c. Kranken- bzw. Pflegeversicherung

aa. Zuschüsse des Arbeitgebers

Hinsichtlich der privat geführten Kranken- bzw. Pflegeversicherung ist zu beachten, dass die arbeitgeberseitig gezahlten Zuschüsse Berücksichtigung finden müssen. Am einfachsten geschieht dies dadurch, dass diese Zuschüsse den laufenden Einkünften des Beklagten hinzuaddiert werden und sodann die vollen Krankenversicherungs- bzw. Pflegeversicherungsbeiträge Abzug finden.

bb. Selbstbeteiligung

Keine Bedenken bestehen hinsichtlich der Berücksichtigung der Selbstbeteiligung in der Krankenversicherung des Beklagten. Zwar ist der Anfall dieser Kosten nicht zwingend, der Beklagte hat aber ausreichend dargetan, dass diese tatsächlich angefallen sind. Im Übrigen haben die Kläger dem auch nicht widersprochen und diesen eheprägenden Selbstkostenanteil bei der Berechnung ihrer Unterhaltsansprüche ebenfalls berücksichtigt.

cc. Krankenversicherung des Klägers

Soweit der Beklagte zu Gunsten des Klägers Krankenversicherungsbeiträge erbringt, handelte es sich insoweit um keine mit der Erwerbstätigkeit des Klägers verbundene Ausgaben. Der Beklagte leistet in rechtlicher Hinsicht vielmehr Unterhalt an den Kläger. Diese Zahlungen dürfen daher zunächst nicht bei der pauschalen Bemessung der berufsbedingten Aufwendungen des Beklagten Berücksichtigung finden, vielmehr dürfen sie erst danach vom Erwerbseinkommen in Abzug gebracht werden. Aber auch insoweit muss beachtet werden, dass ein Abzug erst nach Feststellung des für die Bemessung des Regelbedarfs des Kindesunterhaltes zu Grunde zu legenden Einkommens erfolgen darf, d. h. im Rahmen der abschließenden Ermittlung des Ehegattenunterhaltes.

Gleiches gilt insoweit für den Selbstbeteiligungsanteil bei der privaten Krankenversicherung des Klägers, den der Beklagte ebenfalls beglichen hat.

d.Riester-Rentenversicherung

71Die für die sog.Riester-Rentenversicherung aufgebrachten monatlichen Beiträge sind bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens zu berücksichtigen. Dass auch insoweit eine Vermögensbildung zu Lasten der Unterhaltsberechtigten erfolgt, steht dem nicht entgegen. Die Notwendigkeit einer ergänzenden Altersabsicherung wird mittlerweile auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht anerkannt, und zwar sowohl zu Gunsten des Unterhaltsberechtigten als auch des -verpflichteten (vgl. BGH MDR 2006, 210, 211). Die Altersabsicherung durch einen sog.Riester-Vertrag zielt auf den Ausgleich einer die Bedürftigkeit für den Fall des Alters und der verminderten Erwerbsfähigkeit ab. Obgleich der Beklagte gesetzlich rentenversicherungspflichtig ist, muss Berücksichtigung finden, dass auf Grund der vom Gesetzgeber im Jahre 2001 eingeführten Kürzungen im Bereich der gesetzlichen und privaten Altersvorsorge, die zur Einführung der so genanntenRiester-Rente geführt haben, der Versorgungszweck im Vordergrund steht. Der Gesetzgeber hat dies auch insoweit berücksichtigt, als dieRiester-Rente beispielsweise im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe unangetastet bleibt. Altersvorsorgeverträge, deren Ansparung staatlich gefördert werden (Riester- oder auch sog.Rürup-Renten), sind gemäß §§ 115 Abs. 3 S. 2 ZPO, 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschützt. Gleiches gilt bei der Berechtigung zum Empfang von Leistungen auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II (vgl. auch Götsche FamRB 2006, 53, 57 f.). Die durch die Riester-Verträge bezweckte ergänzende Vorsorge ist daher grundsätzlich auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht beachtlich, sofern der Vorsorgeaufwand insgesamt als angemessen zu betrachten ist (Borth, FPR 2004, 549, 552; Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 988 m. w. N.; i. E. auch BGH MDR 2006, 210, 211 – bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres). Etwas anderes mag in wirtschaftlich engen Verhältnissen gelten, insbesondere wenn bei Abzug der privaten Altersvorsorgebeiträge der Regelbetrag minderjähriger Kinder in Frage stünde (vgl. Borth, a.a.O.), was hier aber erkennbar nicht der Fall ist.

72Bedenken an der Berücksichtigung der Riester-Rentenversicherung bestehen auch nicht deshalb, weil der Beklagte diese erst im Jahre 2002 und damit nach Trennung der Eheleute abgeschlossen hat. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass auch die Zeit nach Trennung der Eheleute bis zur endgültigen Rechtskraft der Ehescheidung grundsätzlich eheprägende Wirkung hat. Zum anderen war ein vorheriger Abschluss dieser Versicherung überhaupt nicht möglich, da die so genannte Riester-Rente erst mit Beginn des Jahres 2002 eingeführt worden ist. Entscheidend ist aber in jeden Fall, ob unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen ergänzenden Vorsorge für den Fall des Alters und der Erwerbsminderung eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenträchtige Maßnahme vorgenommen hätte, was angesichts der vorstehenden Ausführungen zu der Absenkung der Altersversorgung und der gewährten staatlichen Förderung zu bejahen ist (vgl. auch insoweit Borth, a.a.O., S. 552 f.).

Sind hiernach die Beiträge für die Riester-Rentenversicherung unterhaltsrechtlich beachtlich, so ist zu berücksichtigen, dass diese im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit des Beklagten stehen. Daher sind die Beiträge unmittelbar vom Erwerbseinkommen in Abzug zu bringen; erst von dem sich so ergebenden Betrag sind die pauschalisierten berufsbedingten Aufwendungen bzw. nachfolgend der Erwerbstätigenbonus in Abzug zu bringen.

e. Berufsbedingte Aufwendungen

Die berufsbedingten Aufwendungen des Beklagten sind mit 5 % pauschal in Ansatz zu bringen, worauf sich die Parteien auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2005 vor dem Amtsgericht verständigt haben.

f. Ratenkredit … Bank

Den der Umschuldung einer vorangegangenen Kontoüberziehung dienende Ratenkredit bei der … Bank kann sich der Beklagte nicht anrechnen lassen.

Zu berücksichtigen ist von vornherein, dass jedenfalls nicht der volle Kredit und die darauf geleisteten Zins-/Tilgungsbeträge Abzug finden könnten. Im Oktober 2001, d. h. bei Trennung der Parteien, betrug der Negativsaldo des Girokontos des Beklagten 15.733,49 Euro. Wieso dann zwei Jahre später die Aufnahme eines Umschuldungskredites von 22.900 Euro, der den vorgenannten Negativsaldo um über 50 % überstieg, notwendig gewesen war, ist in keiner Weise dargetan.

Wenn überhaupt, könnte daher nur ein auf den vorgenannten Negativsaldo von 15.733,49 Euro, der 68,71 % des später aufgenommene Umschuldungskreditbetrages von 22.900 Euro beträgt, in Ansatz gebracht werden (291 Euro x 68,71 % = 199,95 Euro Monatsrate).

Aber auch diese reduzierte Monatsrate kann hier keine Berücksichtigung finden, da der Beklagte die Notwendigkeit der Kreditaufnahme nicht ausreichend dargetan hat.

Verbindlichkeiten aus der gemeinsamen Lebensführung sind grundsätzlich dann zu berücksichtigen, wenn sie einverständlich begründet wurden (Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 1004 m. N.). Insoweit fehlt es aber an einem ausreichend substanziierten Vortrag des Beklagten zu der einverständlichen Bildung der Kreditverbindlichkeiten, auch soweit er im Einzelnen ehebedingte Verbindlichkeiten dargetan hat (S. 9 seiner Berufungsbegründung). Bei diesen Verbindlichkeiten handelt es sich im Wesentlichen um Kosten des laufenden Lebensbedarfs, die keine besonderen Belastungspositionen darstellen und daher regelmäßig den laufenden Einkünften zu entnehmen sind. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung dessen, dass der Beklagte bereits zu Zeiten des intakten Zusammenlebens ein über dem Durchschnitt liegendes Erwerbseinkommen erzielte und noch immer erzielt. Insoweit ist der Beklagte eine ausreichende Erklärung dafür schuldig geblieben, worauf konkret die hohe Überziehung des Dispo-Kredites zurückzuführen ist. Erst recht gilt dies unter Berücksichtigung dessen, dass unstreitig bei Eheschließung in 1996 noch ein recht erhebliches Guthaben von über 40.000 DM vorhanden war und beiderseits besondere, insbesondere außergewöhnliche Belastungen nicht dargetan wurden.

g. Dispo-Zinsen

Soweit sich der Beklagte darüber hinaus auf weitere Dispo-Kreditzinsen berufen hat, kann auf die vorstehenden Ausführungen zu dem Ratenkreditvertrag bei der … Bank verwiesen werden.

Im Übrigen sind hier solche Zinsen - soweit erkennbar - erst nach der Trennung der Parteien entstanden, weshalb es auch bereits an der eheprägenden Wirkung dieser Zinsen fehlt.

h. Steuerberaterkosten

Die durch den Beklagten geltend gemachten Kosten der Steuerberatung können keine Berücksichtigung finden.

Steuerberaterhonorare stellen im Normalfall für den Arbeitnehmer Kosten der allgemeinen Lebenshaltung dar, mindern daher die Leistungsfähigkeit nicht

(vgl. nur Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., Rn. 1007).

Ob in besonders komplizierten Steuerfällen hiervon eine Ausnahme zu machen ist, kann dahinstehen, da es sich bei dem Steuerfall des nichtselbstständig tätigen Beklagten um keinen außergewöhnlichen handelt.

4. Berechnung

Nach alledem ergeben sich derzeit folgende Unterhaltsansprüche:

a. Unterhalt von Oktober 2003 bis Dezember 2004

b. Unterhalt ab Januar 2005

Das Durchschnittseinkommen des Beklagten im Jahr 2005 errechnet sich wie folgt, wobei die vermögenswirksamen Leistungen bereits in Abzug gebracht worden sind:

Daraus ergeben sich für 2005 folgende Unterhaltsansprüche:

5. Ergebnis

Erfolg kann die selbstständige Anschlussberufung nach derzeitigem Stand nur für den Unterhaltszeitraum von Oktober 2003 bis einschließlich April 2005 und auch dort nur in teilweisem Umfange haben, wie die nachfolgende Übersicht zeigt:

Ein darüber hinausgehender Erfolg mag in Betracht kommen, soweit im Tenor des angefochtenen Urteils eine evtl. Erfüllungswirkung durch geleistete Unterhaltsbeträge nicht berücksichtigt worden ist. Bislang sind aber nicht sämtliche Zahlungen des Beklagten und deren Aufteilung auf die Kläger bekannt. Feststellbar sind derzeit folgende Unterhaltszahlungen: