LG Neuruppin, Urteil vom 09.08.2005 - 5 O 312/04
Fundstelle
openJur 2012, 2381
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 23.099,14 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13. Januar 2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragen sämtlicher Ansprüche aus der ...

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche und Rechte aus dem Kreditvertrag Nr. ... vom 21.12.1995/28.12.1995 zustehen, insbesondere kein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die als Sicherheit abgetretenen Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen freizugeben und die Abtretungserklärungen an die Kläger herauszugeben,

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

5. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

7. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1.) und 6.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger beteiligten sich am 30. November 1995 mit einem Betrag von 50.000,00 DM an der „...“, einem geschlossenen Immobilienfonds. Dem vorausgegangen war ein Gespräch mit Herrn ..., einem Mitarbeiter der ..., in der Wohnung der Kläger, der diesen die Beteiligung empfahl. Zur Finanzierung der Beteiligung schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Kreditvertrag vom 21./28. Dezember 1995 über 52.778,00 DM (Bl. 22 - 32 d. A.). Am 29. Dezember 1995 zahlte die Beklagte auf Anweisung der Kläger die Darlehensvaluta an die die Beteiligung verwaltende .... Bei dem Dreiländerfonds handelt es sich um einen in Form einer Kommanditgesellschaft organisierten geschlossenen Immobilienfonds, der Immobilien und Wertpapiere in Deutschland, der Schweiz und den USA unterhält, darunter ein Musik- und Freizeitareal in Stuttgart, dessen Hauptmieterin die S.-AG ist. Als die S. AG Ende 1999 in die Insolvenz geriet, reduzierten sich die Ausschüttungen des Fonds. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2004 widerriefen die Kläger gegenüber der Beklagten ihre auf Abschluss des Kreditvertrags gerichteten Willenserklärungen unter Hinweis auf das Haustürwiderrufsgesetz. Von 1996 bis 2004 zahlten die Kläger Kreditraten in Höhe von insgesamt 55.185,82 DM = 28.216,06 EUR und bis Juli 2005 weitere 3.576,86 DM = 1.828,82 EUR. Ausschüttungen erhielten die Kläger in Höhe von insgesamt 6.945,74 EUR.

Die Kläger behaupten, der Herr ... habe sie im Sommer 1995 angerufen, um sie über Kapitalanlagen zu beraten, woraufhin das Gespräch vom 30. November 1995 in ihrer Wohnung vereinbart worden sei. In diesem Gespräch habe Herr ... den Klägern auch empfohlen, die Beteiligung über die Beklagte zu finanzieren. Der Kreditvertrag sei ihnen ebenfalls über den Vermittler übersandt worden. ... habe die Finanzierung der Beteiligung über die Beklagte im Paket vorgestellt und sich dabei ihrer Unterlagen bedient. Die ausgefüllte Selbstauskunft habe Herr ... direkt an die Beklagte weitergeleitet. Die Darlehensunterlagen seien ihnen durch ... persönlich vorbeigebracht worden. Die Beklagte sei in das Vertriebskonzept eingebunden gewesen. Bereits im Rahmen der Schulungen der Mitarbeiter vom ... werde die Beteiligung als Paket dargestellt, wobei zur Finanzierung der Beteiligung nur die Beklagte und die ... Bank als Banken in Betracht kämen. Da auch der Darlehensvertrag in einer Haustürsituation abgeschlossen worden sei und sich die Beklagte diese zurechnen lassen müsse, hätten sie ihre Erklärungen nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen können. Darüber hinaus liege ein verbundenes Geschäft vor, so dass sich die Beklagte Täuschungen und Verletzungen der Aufklärungspflicht durch den Herrn ... zurechnen lassen müsse. Dieser habe sie über die Sicherheit des geschlossenen Immobilienfonds getäuscht. Ausschüttungen von 7 % habe er als sicher garantiert und eine „worst case“ Betrachtung nicht angestellt. Den Prospekt Teil A habe er mit ihnen weder erörtert noch diesen übergeben. Herr ... habe sie insbesondere nicht ausreichend darauf hingewiesen, dass die Beteiligung des Anlegers in hohem Maße von den Erfolgschancen eines beteiligten Musicalbetriebes abhing, und bei entsprechenden Mietausfällen mit erheblichen Verlusten zu rechnen gewesen sei. Er habe die Kläger darüber hinaus auf kritische Presseberichte hinweisen müssen. Die Beklagte sei ihnen zur Rückzahlung geleisteter Kreditraten in Höhe von insgesamt 59.273,66 DM = 30.306,14 EUR einschließlich einer Zahlung im Jahre 1995 von 510,98 DM = 261,26 EUR verpflichtet. Abzüglich erhaltener Ausschüttungen belaufe sich ihr Schaden auf 23.360,40 EUR. Ihr durch die Beteiligung erzielter Steuervorteil sei mit 5.730,09 EUR zu beziffern, jedenfalls bei einem Rückforderungsanspruch nach dem Haustürwiderrufsgesetz aber nicht zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 27.202,68 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragen sämtlicher Ansprüche aus der ...,

2. festzustellen, dass der Beklagten gegen sie keine Ansprüche und Rechte aus dem Kreditvertrag Nr. ... vom 21.12.1995/28.12.1995 zustehen, insbesondere nicht den Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta,

3. die Beklagte zu verpflichten, die als Sicherheit abgetretenen Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen freizugeben und die Abtretungserklärungen herauszugeben,

4. festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, Herr ... habe die Kläger auf Empfehlung kennen gelernt. Das Gespräch habe auf deren telefonische Bestellung hin stattgefunden. Dem Gespräch vom 30. November 1995 seien bereits zwei Vorgespräche in der Wohnung der Kläger vorausgegangen. Der Darlehensvertrag selbst sei überhaupt nicht im Rahmen des Gesprächs am 30. November 1995 abgeschlossen worden, sondern alleine aufgrund eines Schreibens der Beklagten vom 21. Dezember 1995. Der Besuch des ... sei weder ursächlich gewesen noch habe dieser ein Kreditangebot für die Beklagte übersandt oder vermittelt. Jedenfalls stehe einem Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz nach Verstreichen von 9/10 der Kreditlaufzeit der Einwand der Verwirkung entgegen. Die Voraussetzungen für ein verbundenes Geschäft seien ebenfalls nicht gegeben, da sie, die Beklagte, sich nicht der Mitwirkung der Fondsinitiatoren bedient habe. Herr ... sei bloßer Anlagevermittler gewesen, dem weder eine Täuschung noch eine Verletzung einer Aufklärungspflicht vorzuwerfen sei. Der Verkaufsprospekt, der den Klägern auch übergeben worden sei, vermittle dem Anleger insgesamt die Informationen, die für die Anlageentscheidung wesentlich seien. Auf die Risiken sei dort hinreichend hingewiesen. Die Zahlung einer Darlehensrate bereits im Jahre 1995 in Höhe von 261,26 EUR werde bestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze sowie deren Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 03. Mai 2005 (Bl. 160 - 162 d. A.), auf dessen Inhalt verwiesen wird, Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 05. Juli 2005 (Bl. 364 - 367 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im wesentlichen begründet.

Das für das vorliegende Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 EGBGB).

Den Klägern steht gegen die Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HaustürWG ein Anspruch auf Zahlung von 23.099,14 EUR zu.

Auf einen kreditfinanzierten Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds kommen die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auch dann zur Anwendung, wenn das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz ausgeschlossen oder erloschen sein sollte (BGH NJW 2004, 2731). Die Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes werden nicht durch die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes verdrängt. Dem steht § 5 Abs. 2 HaustürWG (jetzt § 312 a BGB) nicht entgegen. § 5 Abs. 2 HaustürWG ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes sowohl auf Realkreditverträge als auch auf Personalkreditverträge auch dann anwendbar sind, wenn das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz ausgeschlossen oder erloschen ist (BGH NJW 2003, 422; BGH NJW 2004, 2731 (2732)).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Kläger im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG durch mündliche Verhandlungen in ihrer Privatwohnung zur Abgabe auch der auf Abschluss des Kreditvertrags mit der Beklagten gerichteten Willenserklärungen bestimmt worden sind.

Der Zeuge ... hat glaubhaft und widerspruchsfrei bekundet, dass er nach telefonischer Terminsvereinbarung die Kläger in ihrem Haushalt aufgesucht und dort zunächst ein Datenerhebungsgespräch geführt habe. Erst nach diesem Informationsgespräch habe er eine Analyse vorgenommen und in einem zweiten Termin in der Wohnung der Kläger konkrete Empfehlungen abgegeben und dabei unter anderem die Beteiligung an dem „...“ empfohlen. Zur Finanzierung der Beteiligung hat der Zeuge ... bekundet, dass auch diese Gegenstand der Beratung und Bestandteil der Beteiligung an dem „...“ gewesen sei. Das für die Bank bestimmte Formular zur Selbstauskunft habe er zusammen mit dem Antrag an den Fondsinitiator weitergereicht, der dieses wiederum an die Beklagte weitergeleitet habe. Das Gericht folgt der Aussage des Zeugen ... . Es hat keine Zweifel an deren Richtigkeit. Von der Glaubwürdigkeit des Zeugen ... ist die Kammer ebenfalls überzeugt.

Dass nach der Aussage des Zeugen ... die maßgeblichen Willenserklärungen der Kläger erst in dem zweiten Gesprächstermin erfolgt sind, ändert an dem Vorliegen einer Haustürsituation nichts. Hat der Kunde bei einem unbestellten Vertreterbesuch in seiner Wohnung einen weiteren Termin vereinbart und erst anlässlich dieses weiteren Termins in seiner Privatwohnung den Vertrag geschlossen, steht dies der Widerruflichkeit des Geschäfts als Haustürgeschäft nicht entgegen, und liegt eine das Widerrufsrecht ausschließende Bestellung im Sinne des HaustürWG nicht vor (OLG Brandenburg MDR 1998, 206). Eine Anforderung eines Hausbesuchs schließt ein Widerrufsrecht nicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG aus, wenn der Kunde zur Anforderung des Hausbesuchs durch eine Situation des § 1 Abs. 1 HaustürWG veranlasst wird (OLG Stuttgart NJW-RR 1989, 1144). Da der Zeuge ... in dem ersten Besprechungstermin mit den Klägern ausschließlich Informationen über diese einholte, ohne mit der Beratung zu beginnen, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, in welche Richtung sich die Beratung entwickeln werde und welche Anlagen für die Kläger in Betracht kommen würden. Somit entstand die für ein Haustürgeschäft typische Überrumplungssituation erst in dem zweiten Gesprächstermin, in welchem der Zeuge ... den Klägern diesen bislang unbekannte Anlagemöglichkeiten empfahl. Eine vorherige Bestellung durch die Kläger scheidet bereits deshalb aus, weil vor dem zweiten Besprechungstermin die Anlage weder nach der ungefähren Art der Anlageform noch nach der in Betracht gezogenen Anlagesumme bestimmt war. Eine vorhergehende Bestellung liegt nur vor, wenn der Verbraucher zu konkreten Vertragsverhandlungen in seine privaten Räume einlädt (vgl. hierzu auch LG Berlin, Urteil vom 06.10.2004 - 4 O 125/03, S. 10 (Bl. 132 d. A.)).

Dass dem ersten Besuch des Zeugen ... eine sonstige Bestellung der Kläger (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG) vorangegangen wäre, wurde von der insoweit darlegungsbelasteten Beklagten (vgl. BGH NJW 2004, 2731 (2732)) nur pauschal behauptet, substantiiert jedoch nicht vorgetragen und von dem Zeugen ... in seiner Vernehmung auch in keiner Weise bestätigt.

Die Haustürsituation ist der Beklagten auch zuzurechnen. Die Haustürsituation ist der den Beitritt finanzierenden Bank jedenfalls dann zurechenbar, wenn sie dem von dem Fonds eingeschalteten Vermittler die Anbahnung auch des Kreditvertrages überlässt und wenn aufgrund des Inhalts der Kreditunterlagen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger in einer Haustürsituation geworben worden ist (BGH NJW 2004, 2731). Dafür ist auf die Grundsätze abzustellen, die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 BGB entwickelt worden sind (BGH NJW 2003, 424 (425); BGH NJW 2004, 2731 (2732)). Ist danach der Verhandlungsführer - wie hier - als Dritter anzusehen, so ist sein Handeln dem Erklärungsempfänger zuzurechnen, wenn dieser es kannte oder kennen musste. Für eine fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne genügt, dass die Umstände des Falles den Erklärungsempfänger veranlassen müssen, sich zu erkundigen, auf welchen Umständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruht (BGH NJW-RR 1992,1005 (1006); BGH NJW 2004, 2731 (2733)). Eine Erkundigungspflicht kann sich auch ergeben, wenn die Bank in irgendeiner Form in das Vertriebssystem des Fonds eingebunden ist (BGH NJW 2004, 2731 (2733)).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Beklagte in diesem Sinne in dem Vertrieb des „...“ eingebunden war. Der Zeuge ... hat insoweit glaubhaft bekundet, dass bereits im Rahmen seiner Schulungen eine Finanzierung der Beteiligung am „...“ durch die Beklagte und die ... Bank empfohlen wurde. Das alleine für diese beiden Banken vorgesehene Selbstauskunftsformular war bereits als Faltblatt in dem Prospekt zum „...“ vorhanden. Die Selbstauskunft wurde mit dem Antrag auf Beteiligung an den Fondsinitiator geschickt. Fonds und Finanzierung wurden damit „in einem Paket“ vorgestellt. Insoweit hat der Zeuge ... auch bestätigt, dass die Finanzierung der Beteiligung Bestandteil seiner Beratungsgespräche war und diese mit dem Kunden detailliert erörtert worden ist.

Nach diesen Feststellungen ist die Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen ... und der Beklagten zufällig und ohne vorherige Absprache oder nicht systematisch und planmäßig erfolgte, lebensfremd (so insbesondere LG Berlin, Urteil vom 06.10.2004 - 4 O 125/03, S. 13 (Bl. 135 d. A.) zur gleichzeitigen Zusammenarbeit mit der Berliner Bank).

Allein die Einbindung in das Vertriebskonzept begründete die Verpflichtung der Beklagten, sich bei dem Vertrieb zu erkundigen, ob die Vertragsanbahnung des Kreditvertrages in einer so genannten Haustürsituation erfolgte (LG Berlin a.a.O.).

Da die Kläger - wie aus dem Darlehensvertrag ersichtlich - zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Berlin wohnten, wo weder der ... in noch die sonstigen Fondsbeteiligten ihren Sitz haben, musste sich der Beklagten schließlich auch aus diesem Grunde der Verdacht aufdrängen, dass die Erklärungen der Kläger in einer Haustürsituation abgegeben worden sind.

Es fehlt auch angesichts des zeitlichen Abstands von rund einem Monat zwischen den Besuchen des Vermittlers in der Privatwohnung der Kläger am 30. November 1995 und der Unterzeichnung des Darlehensvertrags am 28. Dezember 1995 nicht an der Fortdauer des Überrumpelungseffekts, vor dem das Haustürwiderrufsgesetz schützen wollte. § 1 Abs. 1 HWiG a.F. setzt nicht den Abschluss des Vertrages in der Haustürsituation voraus, sondern es genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss ursächlich war. Auch wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. und der Vertragserklärung vom Gesetz nicht gefordert. Bei zunehmendem zeitlichen Abstand kann lediglich die Indizwirkung für die Kausalität entfallen (vgl. BGH WM 2003, 137). Ob sich der Darlehensnehmer auch bei einem größeren zeitlichen Abstand zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluss durch einen Verstoß gegen § 1 HWiG a.F. in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, ist ansonsten eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (BGH WM 2003, 1370). Der Entschluss zur Finanzierung der Beteiligung bei der Beklagten entstand hier bereits auf Empfehlung des ... in dem zweiten Gespräch vom 30. November 1995, also im Rahmen der Haustürsituation selbst, während sich die weiteren Schritte aus Sicht der Kläger lediglich als Vertragsabwicklung darstellten. Der dem Gespräch folgende Monat stellte letztlich keine Überlegungszeit für die Kläger dar, sondern den Zeitraum, welchen die Beklagte benötigte, um die Auskünfte der Kläger zu prüfen, und ihnen erst mit Schreiben vom 21. Dezember 1995 die erforderlichen Vertragsunterlagen zu übersenden. Die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrags kann nach alledem nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden.

Das Widerrufsrecht der Kläger ist nicht durch Fristablauf erloschen. Die Kläger haben ihre auf Abschluss des Kreditvertrags gerichteten Willenserklärungen mit dem Schreiben vom 14. Oktober 2004 rechtzeitig widerrufen. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HaustürWG hat mangels ordnungsgemäßer Belehrung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HaustürWG nicht zu laufen begonnen. Die Widerrufsbelehrung vom 28. Dezember 1995 (Bl. 25 d. A.) genügte nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 a. F. HaustürWG. Das von den Klägern unterzeichnete Formular enthält entsprechend § 7 Abs. 3 VerbrKrG die zusätzliche Erklärung, dass nach dem Empfang des Darlehens der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn der Nettokreditbetrag nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde. Eine derartige Widerrufsbelehrung genügt nicht den Anforderungen des § 2 HaustürWG, weil sie eine "andere" und zudem nach dem HaustWG noch unrichtige Erklärung enthält. Das gilt auch dann, wenn eine Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz nur wegen der in der Vergangenheit herrschenden Auslegung des § 5 Abs. 2 HaustürWG unterblieben war (BGH NJW 2003, 424 (425); BGH NJW 2004, 2731 (2733)).

Eine Verwirkung des Widerrufsrechts liegt ebenfalls nicht vor. Eine Verwirkung tritt nur dann ein, wenn sich der Anspruchsgegner wegen der Untätigkeit des Anspruchsinhabers über einen gewissen Zeitraum hinweg ("Zeitmoment") bei objektiver Betrachtung darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dieser werde von seinem Recht nicht mehr Gebrauch machen ("Umstandsmoment"), und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH NJW 2003, 2821 (2823); BGH NJW 2004, 2731 (2735)). Vorliegend konnten die Kläger vor Erlass der bereits erwähnten Entscheidung BGH NJW 2003, 422 zur richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HaustürWG jedoch nicht wissen, dass ihnen überhaupt noch ein Widerrufsrecht nach dem HaustürWG zusteht. Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, kann aber keinen Schluss darauf zulassen, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (BGH WM 2003, 1370).

Als Rechtsfolge des Widerrufs sind die Vertragspartner gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 a. F. HaustürWG verpflichtet, dem jeweils anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.

Der Höhe nach setzt sich die Forderung der Kläger wie folgt zusammen:

Kreditraten 1996 bis 200428.216,06 EURKreditraten 20051.828,82 EUR30.044,88 EUR./. Ausschüttungen6.945,74 EUR23.099,14 EURDie von den Klägern behauptete Zahlung für das Jahr 1995 von 510,98 DM = 261,26 EUR wurde von der Beklagten von Anfang an bestritten und von den Klägern weder im einzelnen dargelegt noch sonst belegt.

Steuervorteile sind nicht zu berücksichtigen, da nach § 3 Abs. 1 Satz 1 HaustürWG nur die gegenseitig empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind, Steuervorteile aber keine Leistungen darstellen, die im Verhältnis der an dem Verbundgeschäft Beteiligten geflossen sind (BGH WM 2004, 1527 (1529)).

Die weiteren Differenzen zum Klageantrag ergeben sich daraus, dass die Kläger in ihrer Klageschrift noch von einem anderen Zahlenmaterial ausgingen, ohne ihren Klageantrag später entsprechend umzustellen.

Zu einer Rückzahlung der Darlehensvaluta sind die Kläger nicht verpflichtet, weil der Darlehensvertrag der Parteien und der Vertrag über den Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft darstellen (vgl. BGH NJW 2004, 2731 (2733)). Im Anwendungsbereich des § 9 VerbrKrG führt der Widerruf des Darlehensantrags auch zur Unwirksamkeit des finanzierten Geschäfts (BGH NJW 2004, 2731 (2733)). Diese Wirkungserstreckung ist für das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz in § 9 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG ausdrücklich angeordnet, gilt wegen des Schutzzwecks des Haustürwiderrufsgesetzes in gleicher Weise aber auch für einen Widerruf nach diesem Gesetz (BGH NJW 2004, 2731 (2733)).

Die wirtschaftliche Einheit wird nach § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG unwiderleglich vermutet, wenn sich der Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient, was im Falle des Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds der Mitwirkung der Fondsgesellschaft entspricht. (BGH NJW 2003, 2821 (2822)). Von einer Mitwirkung der Fondsgesellschaft ist auszugehen, wenn der Kreditvertrag nicht auf Grund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank um die Finanzierung seines Gesellschaftsbeitritts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Fondsvertreibers dem Interessenten zugleich mit den Beitrittsunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Fondsvertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte (BGH NJW 2003, 2821 (2822)). Ein verbundenes Geschäft liegt jedenfalls dann vor, wenn sich der Fonds und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (BGH NJW 2004, 2731; BGH NJW 2004, 2742). Genauso lag es hier, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, wobei auf die Ausführungen zur Zurechnung der Haustürsituation verwiesen werden kann.

Ob den Klägern daneben auch Ansprüche gegen die Beklagte aus Positiver Vertragsverletzung, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264 a StGB, § 826 BGB i. V. m. § 9 Abs. 3 VerbrKrG (Einwendungsdurchgriff) und § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (Rückforderungsdurchgriff) zustehen, kann dahingestellt bleiben, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch auch abzulehnen. Für eine Täuschung der Kläger durch Herrn ... bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Bereits der Prospekt, von dem die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt ist, dass die Kläger ihn erhalten haben, unterrichtete diese in ausreichender Weise über die Risiken und Gefahren der gezeichneten Anlage. Entgegen der Auffassung der von den Klägern zitierten Entscheidung des OLG Celle vom 15.08.2002 – 11 U 341/01 (OLGR 2002, 250), ist mit der inzwischen überwiegenden Rechtsprechung (vgl. insbesondere OLG München, Urteil vom 28.04.2004 - 15 U 3503/03; OLG Hamm, Urteil vom 20.07.2004 - 4 U 37/04; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.10.2004 - 13 U 243/03; LG Tübingen WM 2004, 641) davon auszugehen, dass der Prospekt den Anforderungen an eine angemessene Risikoaufklärung genügte. Ausführlich und konkret bezogen vor allem auf die Spezialimmobilie „Musicalcenter" wird das wirtschaftliche Risiko dargestellt.

Der Antrag, festzustellen, dass der Beklagten Ansprüche und Rechte aus dem Kreditvertrag nicht zustehen, ist als negative Feststellungsklage zulässig und begründet. Aufgrund des durch die Kläger erfolgten Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz sind diese nicht mehr verpflichtet, der Beklagten gegenüber die in dem Kreditvertrag vorgesehenen Leistungen zu erbringen.

Nachdem dadurch auch der Sicherungszweck weggefallen ist, ist die Beklagte ferner verpflichtet, die von den Klägern als Sicherheit abgetretenen Ansprüche auf Arbeitseinkommen und Sozialleistungen freizugeben und die Abtretungserklärungen herauszugeben.

Nach ihrem Widerruf haben die Kläger lediglich ihren Fondsanteil an die Bank abzutreten (vgl. BGH NJW 2004, 2735). Dem haben die Kläger durch die beantragte Zug um Zug - Verurteilung Rechnung getragen. Da die Beklagte hierauf nicht eingegangen ist, war auf Antrag der Kläger zusätzlich festzustellen, dass sie sich im Annahmeverzug befindet. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Feststellung ergibt sich aus § 756 Abs. 1 ZPO.

Soweit die Beklagte Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf die Schriftsätze der Kläger vom 22. Juni 2005 und 4. Juli 2005 beantragt hat, war hiervon abzusehen, da diese Schriftsätze kein neues tatsächliches Vorbringen enthielten, welches als entscheidungserheblich angesehen werden konnte.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 291, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 42.919,93 EUR