KG, Urteil vom 05.11.2004 - 9 U 162/04
Fundstelle
openJur 2012, 1914
  • Rkr:

Die namentliche Nennung einer Person im Rahmen einer berechtigten Berichterstattung ist zulässig, wenn über das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem den Gegenstand der Berichterstattung bildenden Geschehen hinaus unter Berücksichtigung des Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der konkreten, in dem Geschehen handelnden Person des Betroffenen überwiegt.

Eine identifizierende Berichterstattung ist dagegen nicht stets bereits dann unzulässig, wenn die Berichterstattung auch ohne Namensnennung erfolgen kann.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 22. Juni 2004 (27.O.213/04) abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung seines Namens im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die Schließung der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte, S. Straße ... in N. in Anspruch.

Das Landgericht Berlin hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Der Beklagten ist das Urteil des Landgerichts vom 22. Juni 2004 am 05. Juli 2004 zugestellt worden. Mit ihrer am 03. August 2004 eingelegten und am 01. September 2004 begründeten Berufung begehrt die Beklagte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung sowie Zurückweisung des Antrages auf ihren Erlass.

Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte hält die streitgegenständlichen Veröffentlichungen für zulässig, weil die Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse an der Erhaltung der Gedenkstätte und dem Interesse des Klägers an seiner Anonymität auch im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zu dessen Lasten ausfallen müsse.

Hierzu trägt die Beklagte vor, der Kläger habe das Grundstück, auf dem sich die Gedenkstätte befindet, ungewöhnlich preiswert zu einem Kaufpreis in Höhe von 86.000,00 Euro erworben. Nach den Verkaufsbedingungen sei eine öffentliche Nutzung der Gedenkstätte vom Kläger weiterhin zu gewährleisten. Nach dem Erwerb des Grundstückes habe der Kläger jedoch sofort die Aufhebung des Denkmalschutzes beantragt und dem die Gedenkstätte betreuenden Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte e.V. den Zutritt zur Gedenkstätte verwehrt. Als Leiter des Referates ... im Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg sei der Kläger verantwortlich für Bau- und Abrissgenehmigungen und habe in diesem Zusammenhang auch Einvernehmen mit den Denkmalschutzbehörden des Landes Brandenburg herzustellen.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass es umfangreiche Vorveröffentlichungen und Presseaktivitäten des Klägers gegeben habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts vom 22. Juni 2004 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger meint, die Nennung seines Namens im Rahmen der Berichterstattung über die Gedenkstätte sei unzulässig, weil dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch ohne eine Identifizierung des Klägers durch Mitteilung seines Namens genügt werden könne.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823, analog 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB, Art. 1 und 2 Absatz 1 GG nicht zu. Die (allein) durch seine Namensnennung identifizierende Berichterstattung verletzt den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 1 und 2 Absatz 1 GG.

a) Ob ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen vorliegt, ist anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen; denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden (BGH NJW 1991, 1532).

Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht einer Person, insbesondere einer nicht in der Öffentlichkeit stehenden Person, gehört das Recht auf Anonymität. Dieses Recht folgt aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gibt einen Anspruch dagegen, persönliche Lebenssachverhalte zu offenbaren und seine Person so der Öffentlichkeit insbesondere durch Identifizierung und Namensnennung verfügbar zu machen. Danach kann der einzelne grundsätzlich selbst darüber entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden (BGH a.a.O.).

Auch das Recht auf Anonymität ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Der einzelne hat keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über 'seine' Daten. Er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Deshalb muß der einzelne Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von berechtigten Gründen getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (BGH a.a.O.).

b) Im vorliegenden Fall führt die Interessenabwägung zwischen dem Recht auf Anonymität als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers (Art. 1 und 2 Absatz 1 GG) einerseits sowie dem Recht der Beklagten auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) andererseits zu dem Ergebnis, dass der Kläger die identifizierende Berichterstattung der Beklagten hinnehmen muss. Da die Interessen der Beklagten an ihrer Pressefreiheit die Interessen des Klägers an seiner Anonymität überwiegen, liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht vor.

Die namentliche Herausstellung einer Person im Rahmen einer berechtigten Berichterstattung setzt, weil der Betroffene für die Öffentlichkeit identifizierbar wird und er dadurch betonter und nachhaltiger der Kritik ausgesetzt wird, voraus, daß auch unter Berücksichtigung des Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt (BGH NJW 2000, 1036; BGH NJW 1991, 1532; KG NJW 1989, 397). Die Nennung des Namens einer Person (ohne deren Einwilligung) ist dann zulässig, wenn für die Mitteilung über die Person ein berechtigtes, in der Sache begründetes Interesse besteht (OLG Brandenburg NJW 1999, 3342; Löffler, Presserecht, 4. Aufl. § 6 LPG, Rdnr. 194 ff.).

Dies ist vorliegend der Fall.

aa) Der Umstand, dass der Kläger das Grundstück, auf dem sich die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte befindet, erworben hat und im Anschluss daran die Aufhebung des Denkmalschutzes dieser Gedenkstätte betreibt, um auch diesen Teil des Grundstückes für eine privat genutzte Bebauung nutzen zu können, stellt eine die Öffentlichkeit erheblich berührende Frage dar.

Dies wird bereits daran deutlich, dass die Schließung der Gedenkstätte umfangreich auch das Interesse anderer Medien gefunden hat. Mag der Kläger selbst auch keinen Anlass zu einer identifizierenden Darstellung gegeben haben, etwa dadurch dass er seinerseits den Anlass der Berichterstattung durch eigenes offensives Verhalten ein Stück weit in die Öffentlichkeit gebracht habe (OLG Brandenburg NJW 1999, 3339) oder eine Auseinandersetzung um die Schließung der Gedenkstätte öffentlich geführt habe (BGH NJW 2000, 1036), wie es die Beklagte – offensichtlich zu Unrecht - behauptet. Der Umstand, dass das Geschehen um die Schließung der Gedenkstätte in Berichten anderer Zeitungen und Zeitschriften (Spiegel, Super-Illu, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Märkische Allgemeine Zeitung, Berliner Zeitung, Berliner Kurier, Neues Deutschland) und auch im Fernsehen (ZDF-heute, ORB-aktuell) thematisiert worden ist, spricht bereits für ein erhebliches öffentliches Interesse.

Der Vorgang um die Schließung der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte ist erheblich öffentlichkeitsrelevant, da die 1953 im Beisein von Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck eingeweihte Gedenkstätte geschichtliche und wissenschaftliche Bedeutung beigemessen wird. Die Gedenkstätte wurde bereits am 25. September 1979 in die Denkmalliste der DDR eingetragen. Durch Bescheid des Landkreises Dahme-Spreewald vom 18. März 2004 wurde sie gemäß § 9 Absatz 1 BbgDSchG in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen, nachdem zuvor durch Bescheid vom 24. September 2003 der vorläufige Schutz gemäß § 10 Absatz 1 BbgDSchG angeordnet worden ist.

Die zuständige Denkmalschutzbehörde des Landes Brandenburg ist hierbei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gedenkstätte die Voraussetzungen eines Einzeldenkmals im Sinne von § 2 Absatz 1 BbgDSchG erfüllt. Sie sei als Ort des Andenkens an Ernst Thälmann sowie der Würdigung des antifaschistischen Widerstandes ein aussagekräftiges Zeugnis der Geschichte der SED und damit auch der DDR-Geschichte. Die Gedenkstätte habe hierbei - und hierzu vor allem setzt der bewußt auch in die Medienöffentlichkeit getragene Protest der Mitglieder des „Freundeskreises der Ernst Thälmann Gedenkstätte e. V.“ gegen das Verhalten des Klägers an - über einen größeren Zeitraum hinweg tatsächlich Eingang in das Bewusstsein der Bevölkerung gefunden; so hätten in der Gedenkstätte Veranstaltungen wie Namens- und Jugendweihen, Vereidigungen der NVA sowie Aufnahmen von Mitgliedern in die Kinder- und Jugendorganisationen der DDR stattgefunden. Die Gedenkstätte sei aber vor allem aus dem Grunde denkmalschutzwürdig, weil die Gedenkstätte in besonderer Weise geeignet sei, das Geschichtsbild der DDR bestimmende politisch-ideologische Auffassungen zu verdeutlichen und an Hand der Person Ernst Thälmanns ein Beispiel der verklärenden Darstellung von ideologischen Identifikationsfiguren des DDR-Staates zu veranschaulichen. Der Gedenkstätte komme mit ihrem historischen Ortsbezug und ihrer nahezu unverändert erhaltenen Gestaltung als einem authentischen Denkmal einer abgeschlossenen Geschichtsepoche mittlerweile Seltenheitswert zu.

Ein wesentlicher Umstand, welcher das Betreiben der Schließung der Gedenkstätte durch den Kläger und daher gerade auch die Person des Antragstellers zum Gegenstand des öffentlichen Interesses hat werden lassen, ist aber vielmehr die Tatsache, dass der Kläger das Grundstück, auf dem sich die Gedenkstätte befindet, seinerzeit in Kenntnis der Denkmalseigenschaft preiswert ersteigert hat und nunmehr die Aufhebung des Denkmalschutzes betreibt, um das Grundstück einer privaten Bebauung zuzuführen.

Dass sich auf dem erworbenen Grundstück die „Ernst-Thälmann-Gedenkstätte“ befindet, war dem Kläger bereits aus dem Versteigerungskatalog bekannt. Ausdrücklich wurde in diesem auf die Gedenkstätte hingewiesen. Darüber hinaus enthielt der Katalog den Hinweis: „Eine öffentliche Nutzung ist vom Ersteher weiterhin zu gewährleisten. Für das Gesamtobjekt besteht Umgebungsschutz.“ Auch der notarielle Kaufvertrag vom 30. November 2002 enthielt diesen Hinweis, wenn auch möglicherweise für den Kläger nicht rechtsverbindlich. Zusätzlich wurde im Kaufvertrag darauf hingewiesen, dass „die zuständige Behörde beabsichtigt in der Zukunft, das Gesamtobjekt unter Denkmalschutz zu stellen.“

Der Kläger hat das Grundstück sehr preiswert erworben. Der Kaufpreis für das 4.648 m² große Seegrundstück betrug lediglich 86.000,00 Euro. Dabei liegt auf der Hand, dass sich in dem Kaufpreis von 18,50 Euro/m² der Umstand niedergeschlagen hat, dass auf dem Grundstück die (seinerzeit noch lediglich in Teilen) unter Denkmalschutz stehende Gedenkstätte befindet. Dies bestreitet der Kläger nicht dezidiert.

Dass der Kläger die Aufhebung des Denkmalschutzes auf legalem Wege betreibt, in dem er die Aufhebung des Denkmalschutzes beantragt und gegen die o.g. Bescheide Widerspruch eingelegt hat, ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Maßgeblich und von öffentlichem Belang ist, dass in dem Bemühen des Klägers die Beseitigung der Gedenkstätte herbeizuführen zum Ausdruck kommt, dass der Kläger seine Eigeninteressen über die der an dem Erhalt der Gedenkstätte - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen - interessierten Öffentlichkeit stellt. Diesen im Rahmen der Berichterstattung der Beklagten erhobenen Vorwurf muss sich der Kläger gefallen lassen. Die Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit läßt nicht zu, einer Person, durch die Berufung auf ihre Privatsphäre eine solche Kritik zu unterbinden (BGH NJW 1994, 127).

Schließlich besteht hier ein besonderes öffentliches Interesse an der Berichterstattung, weil es an Hand eines konkreten Falles um die Bewältigung der jüngsten deutschen Vergangenheit geht. Insoweit wirkt die Auseinandersetzung um die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte über den Einzelfall hinaus auf den Umgang mit DDR-Geschichte und letztlich, da der Kläger ursprünglich aus den alten Bundesländern stammt, auf das Zusammenwachsen von Ost und West nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten (vgl. ähnlich für den Konflikt zwischen Alteigentümer und Nutzer von DDR-Grundstücken: OLG Brandenburg NJW 1999, 3342).

bb) Im Rahmen der Berichterstattung über die Schließung der Gedenkstätte durch den Kläger darf auch über die Person des Klägers selbst und auch in identifizierender Weise unter Nennung seines Namens berichtet werden, denn im vorliegenden Fall besteht über das öffentliche Interesse an dem äußeren Geschehen im Zusammenhang mit der Schließung der Gedenkstätte hinaus ein öffentliches Interesse an der Person selbst, die innerhalb dieses Geschehens tätig geworden ist und so in die Öffentlichkeit hineingewirkt hat.

An der Person, die eine in der DDR als besonders bedeutsam angesehene und auch heute als wissenschaftlich wertvoll eingeschätzte Gedenkstätte beseitigen will, besteht ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit, insbesondere unter Berücksichtigung der hier zugrunde liegenden Erwerbsumstände. Das Berichterstattungsinteresse beschränkt sich in diesem Falle nicht allein auf das Geschehen um die Schließung der Gedenkstätte selbst, sondern es richtet sich auch auf Fragen wie z.B.: Wer betreibt die Beseitigung der Gedenkstätte, was ist dies für eine Person, wo kommt sie her, welche Interessen verfolgt sie?

Maßgeblich kann in diesem Zusammenhang nicht sein, ob die Berichterstattung über das die Öffentlichkeit interessierende Geschehen auch ohne Namensnennung erfolgen kann. Richtig ist lediglich, dass in Fällen der identifizierenden Berichterstattung die Rücksicht auf die Persönlichkeit des Betroffenen es der Presse gebietet, mit besonderer Sorgfalt abzuwägen, ob dem Informationsinteresse nicht auch ohne Namensnennung genügt werden kann (BGH NJW 1980, 1790). Dies bedeutet aber nicht, dass eine identifizierende Berichterstattung stets bereits dann unzulässig ist, wenn die Berichterstattung auch ohne Namensnennung erfolgen kann. In diesem Sinne wäre – mit Ausnahme der Berichterstattung über ohnehin bereits im Lichte der Öffentlichkeit stehende Personen, wie etwa Prominente – nahezu jede identifizierende Berichterstattung unzulässig, wenn nur bei Verzicht auf die Nennung des Namens der handelnden Person ein berichtenswerter Inhalt verbleibt. Dies würde die Pressefreiheit als auch des Recht zur freien Meinungsäußerung von vornherein in unzulässiger Weise einschränken. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu fragen, ob über das berechtigte Interesse an dem den Gegenstand der Berichterstattung bildenden Geschehen hinaus unter Berücksichtigung des Geheimhaltungsinteresses des Betroffenen auch und wenn ja in welchem Umfang ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der konkreten, handelnden Person besteht. Im Streitfall geht es nicht um die Belange eines beliebigen Grundstückserwerbers, sondern um eine bestimmte Person, die bei Erwerb des hier in Rede stehenden Grundstückes damit rechnen musste, dass ihr - wenn auch legales - Handeln in die öffentliche Kritik geraten wird.

Der Kläger ist durch die identifizierende Berichterstattung der Beklagten nicht in seiner Privatsphäre berührt, etwa weil er das Grundstück, auf dem sich die Gedenkstätte befindet, als Privatmann erworben hat und die Namensnennung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Gestaltung seiner privaten Vermögensverhältnisse erfolgt. Der Kläger ist vorliegend allenfalls in seinen Beziehungen zur Umwelt, mithin in seiner sog. Sozialsphäre betroffen, wenn nicht gar in seiner Öffentlichkeitssphäre. Die Sozialsphäre umfasst den jenseits des Privaten liegenden Bereich der Person, der nach außen so in Erscheinung tritt, dass er grundsätzlich von jedem, jedenfalls aber auch von Menschen wahrgenommen werden kann, zu denen keine rein persönlichen Beziehungen bestehen, der aber der Öffentlichkeit nicht bewusst zugekehrt ist (Burkhardt in Wenzel, 5. Aufl., Kap. 5, Rdnr. 65). Dies trifft vorliegend zu, weil der Kläger ein Grundstück erworben hat, auf dem sich eine unter Denkmalschutz stehende bislang der Öffentlichkeit allgemein zugänglichen Gedenkstätte befindet und er die Schließung dieser Gedenkstätte herbeigeführt hat und die Gedenkstätte beseitigen will. Äußerungen zu der Sozialsphäre eines Betroffenen dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden (BVerfG AfP 2003, 43). Solche Auswirkungen sind hier nicht ersichtlich; insbesondere kann nicht von einer Prangerwirkung gesprochen werden.

Im Rahmen der Berichterstattung ist die Person des Klägers auch wegen seiner beruflichen Stellung als Ministerialrat und Leiter des Referates ... im Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg von öffentlichem Interesse. Darauf, ob und in welchem Umfang der Kläger aus seiner beruflichen Stellung heraus Einfluss auf die Entscheidung über die Denkmalseigenschaft der Gedenkstätte nehmen konnte oder kann, - was der Kläger eindringlich und nachvollziehbar in Abrede stellt - kommt es hierbei nicht an. Von Interesse für die Öffentlichkeit ist es in diesem Zusammenhang bereits, dass es sich bei der Person, die die Schließung und den Abriß der Gedenkstätte verfolgt, um einen Referatsleiter eines Ministeriums des Landes Brandenburg handelt, von dem für den Außenstehenden jedenfalls nicht ohne weiteres ersichtlich ist, dass in ihm - wie der Antragsteller ausführt - keine Entscheidungen zur Denkmalseigenschaft von Grundstücken oder sonstigen Einrichtungen getroffen werden.

cc) Im Rahmen der Interessenabwägung war schließlich auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Angaben in den angegriffenen Veröffentlichungen im Wesentlichen nicht um die Mitteilung unwahrer Tatsachen gehandelt hat.

In dem Artikel der Beklagten vom ... Juni 2... „Kein Zutritt in Z.“ ist lediglich das Tätigkeitsgebiet des Klägers unzutreffend angegeben, wenn es heißt, der Kläger sei „Referatsleiter in der Abteilung Stadtentwicklung und Denkmalpflege ...“. Dies allein steht jedoch der identifizierenden Berichterstattung durch die Beklagte nicht entgegen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Darstellung der Beklagten äußerst sachlich und frei jeglicher Polemik erfolgt ist.

Auch hinsichtlich des am ... Juli 2... veröffentlichten Leserbriefes war ein Einschreiten der Beklagten gegen die Namensnennung nicht erforderlich. Der Leserbrief war auch sonst nicht persönlichkeitsverletzend.

Schließlich steht der Nennung des Namens des Klägers auch nicht entgegen, dass die Beklagte in einem im Rahmen ihres Internetauftritts veröffentlichten Artikel vom ... Juni 2... über gerichtliche Auseinandersetzungen u.a. mit dem Kläger unter Nennung dessen Namens berichtet hat und hierbei bei ihren Lesern um Abonnenten sowie um Spenden für einen Prozesskostenfonds geworben hat. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte zwar nicht in erster Linie über die Umstände der Schließung der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte durch den Kläger, sondern über die gerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten auf Unterlassung der identifizierenden Berichterstattung durch den Kläger berichtet. Die Beklagte hat in diesem Artikel jedoch auch die Auswirkungen derartiger gerichtlicher Auseinandersetzungen auf die finanzielle Situation der Beklagten einerseits sowie auf die Meinungsfreiheit andererseits thematisiert. Exemplarisch hat sie dies u.a. anhand der gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Kläger verdeutlicht. Dies ist von der Pressefreiheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Dass die Beklagte in diesem Zusammenhang mit dem Werben um Abonnements sowie Spenden jedenfalls auch eine kommerzielle Zielrichtung verfolgt, steht dem nicht entgegen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass gerade eine gerichtliche Auseinandersetzung wiederum Anlass für eine erneute Berichterstattung bieten kann. War die Namensnennung bei der Erstberichterstattung zulässig, dann ist sie in der Regel auch im Zusammenhang mit einer erneuten Berichterstattung aus Anlass einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Erstberichterstattung zulässig.

Soweit der Kläger geltend macht, er sei nach der identifizierenden Berichterstattung Drohbriefen und anderen Belästigungen ausgesetzt, steht dies allein der Namensnennung nicht entgegen. Derartigen Auswirkungen kann durch ein Verbot, die Anschrift des Klägers zu verbreiten, ausreichend begegnet werden. Insoweit hat die Beklagte vorprozessual eine Unterlassungserklärung abgegeben.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 543 Absatz 2 ZPO).