OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 08.09.2010 - 17 U 90/10
Fundstelle
openJur 2012, 33557
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 29.03.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I. Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung eines Betrages von 32.478,63 € Zug um Zug gegen Übertragung von 30 Stück A …-Zertifikaten 05.10.11. … (ISIN …).

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns Dr. Z1 (nachfolgend Zedent) auf Schadensersatz wegen der Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten im Rahmen einer Anlageberatung in Anspruch.

Der Zedent wurde als Kunde der C mbH von dem bei dieser beschäftigten Angestellten Z2 betreut. Die C GmbH war ihrerseits entsprechend einem mit dem Zedenten geschlossenen Rahmenvertrag (Bl. 26 ff.d.A.) ausschließlich als Vertreterin der Beklagten tätig.

Im Anschluss an einem Anfang 2006 aufgelösten Immobilienfonds befand sich Ende Juni 2006 auf dem von dem Zedenten bei der Beklagten als Festgeldkonto geführten CashSpezial-Konto Ende Juni 2006 ein Guthaben in Höhe von 356.844 €. Sowohl am 03.07.2006 als auch am 12.07.2006 fanden Telefonate zwischen dem Zedenten und dem Berater Z2 statt, welche sich auf die Frage möglicher Geldanlagen sowie die mögliche Investition in ein Zertifikat bezogen. Im Zusammenhang mit diesen Telefonaten unterhielten sich die Beteiligten auch über ein von dem Zedenten bei der Y unterhaltenes Wertpapierdepot mit entsprechendem Verrechnungskonto sowie bisher von dem Zedenten gezeichnete Anlageformen. Der Zedent ließ dabei erkennen, selbst bereits um die Anlagemöglichkeit durch den Erwerb eines „… Zertifikats“ der A Bank zu wissen, welches eine Spekulation auf der Grundlage der Entwicklung des Dow Jones Euro-Stoxx 50-Index beinhaltet. Es handelt dabei um Schuldverschreibungen, welche auf der Grundlage eines Basiswerts des Zertifikats der 50 führenden Unternehmen aus unterschiedlichen Marktsektoren des Euroraumes basierte. Das Zertifikat ist so strukturiert, dass der Anleger sowohl von Kurssteigerungen des Index in Höhe von mehr als 30 % als auch von Kursverlusten zum Laufzeitende bis zu 70 % in der Weise hätte profitieren können, dass jeweils das Doppelte der Kursentwicklung, das heißt 160 % des investierten Kapitals zurückzuzahlen gewesen wäre. Der Erhalt des investierten Kapitals war so lange garantiert, so lange während der Laufzeit des Zertifikats die Kursentwicklung nicht das Sicherheitslevel von 55 % des Niveaus vom Feststellungstag nach unten durchbrach. Der für das Zertifikat maßgebliche Referenzkurs des Euro Stoxx 50 entsprach zu Beginn der Laufzeit 3.710,60 Punkten, wobei die Sicherheitsbarriere von 2.040,83 Punkten im Februar 2009 nach unten durchbrochen wurde.

Der Zedent zeichnete im Anschluss an das Gespräch vom 12. Juni 2006 30 Stück des Zertifikatsfonds zum Nennwert von jeweils 1.000,00 € bei einem Ausgabeaufschlag von 10,00 €. Für ihre Verkaufsbemühungen erhielt die Beklagte eine Provision von 4 %. Zusätzlich zu dem Erwerb der …-Zertifikate erteilte der Zedent am gleichen Tag den Auftrag zur Anlage eines Betrages von 60,00 € für ein Jahr mit einer Verzinsung von 3,5 %. Mit der ihm bekannt gewordenen Durchbrechung der Sicherheitsschwelle meldetet der Zedent mit Schreiben vom 20.02.2009 vorsorglich daraus sich ergebende Schadensersatzansprüche aus Falschberatung gegenüber der C GmbH an (Bl. 66 d. A.).

Zur Begründung des von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruchs hat sich die Klägerin darauf berufen, die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag dadurch verletzt, dass weder eine anlegergerechte noch eine anlagegerechte Beratung erfolgt sei. Vor der Zeichnung der Anlage habe er nur allgemeine Informationen aus der Internetseite der Beklagten sowie der allgemeinen Werbung in der Zeitschrift „…“ erlangt. Während der Zedent schriftliche Unterlagen über die gezeichneten Zertifikate erst nach Abwicklung des Geschäfts auf Aufforderung erhalten habe, habe die Beklagte insbesondere nicht über das Risiko eines Totalverlustes aufgeklärt. Abgesehen von der nicht genügenden Information über das Bonitätsrisiko sei dem Zedenten auch die Funktionsweise des Zertifikats nicht ausreichend vermittelt worden. Im Übrigen fehle es an einer pflichtgemäßen Aufklärung über die von der Beklagten für die Vermittlung an diese gezahlte Provision.

Die Beklagte hat sich demgegenüber darauf berufen, der Zedent habe die vorgelegte Verkaufsunterlage rechtzeitig vor der Zeichnung des Wertpapiers erhalten. Aus diesem zwischen den beiden Telefonaten übermittelten Produktflyer seien sowohl die Funktionsweise des Zertifikats als auch das Totalverlustrisiko ausreichend beschrieben. Während aus dem Produktflyer auch ausreichend zu entnehmen sei, dass neben dem Ausgabenaufschlag von 1 % weitere Vertriebsprovisionen gezahlt worden seien, könne eine Kausalitätsvermutung zu Gunsten der Klägerin nicht angenommen werden, da der Zedent ausschließlich an einer steuersparenden Anlage interessiert gewesen und ihm die Frage der Provision gleichgültig gewesen sei.

Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe ihre sich aus dem Beratervertrag ergebende Aufklärungspflicht verletzt, in dem sie im Umfang der tatsächlich in Höhe von 4 % gezahlten Provisionen nicht über entsprechende Rückvergütungen informiert habe. Selbst wenn vor der Zeichnung der Anlage der Verkaufsflyer ausgehändigt worden sei, sei zumindest die Höhe der insoweit an die Beklagte gezahlten Rückvergütung nicht erkennbar gewesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese insbesondere geltend macht, das Landgericht habe nicht genügend zwischen aufklärungspflichtigen Rückvergütungen und davon zu unterscheidenden Innenprovisionen unterschieden, hinsichtlich derer es keiner Aufklärung bedurft habe. Da für einen Kunden offensichtlich sei, dass die Bank mittels Vertriebsprovisionen Gewinne erziele, habe eine Verpflichtung zur Zahlung der über den Ausgabeaufschlag hinausgehenden Vertriebsprovision nicht bestanden. Im Übrigen fehle es auch an einem Verschulden der Beklagten, da zum Zeitpunkt des Vertriebs des Zertifikates noch nicht von einer Verpflichtung zur Aufklärung hätte ausgegangen werden müssen. Da der Zedent sich aus anderen Quellen über die Konditionen des Zertifikats informiert habe, fehle es im Übrigen auch an der Kausalität einer entsprechenden Aufklärungspflichtverletzung für die Zeichnung des Zertifikats, in dem der Zedent auf Grund der vorher eingeholten Ermittlungen von seiner Anlageentscheidung nicht hätte abgebracht werden können.

Die Beklagte beantragt,

das am 29.03.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt sie die Annahme des Landgerichts, der Zedent sei über die Höhe der Rückvergütung an die Beklagte aufzuklären gewesen. Auch über Innenprovisionen sei im Wege der Anlageberatung unabhängig von der Höhe hierüber aufzuklären, wozu gegebenenfalls eine korrekte Prospektangabe genügen könne, wenn dem Anleger der Prospekt so rechtzeitig übergeben worden sei, dass dieser sich mit dem Inhalt habe vertraut machen können.

II. Die zulässige, insbesondere form-und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung des Betrages von 32.478,63 € Zug um Zug gegen Übertragung der an den Zedenten veräußerten … Zertifikaten unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 280 Abs. 1 BGB verurteilt. Das Landgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte bzw. der für diese tätige Anlagenberater Z2 die auf Grund des bestehenden Anlageberatungsvertrages bestehende Verpflichtung zur Aufklärung über die Höhe der ihr bei der Zeichnung der Zertifikate zufließenden Provisionen verletzt hat.

Zwischen den Parteien ist in Einklang mit der insoweit übereinstimmenden Beurteilung der Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Tritt ein Anlageinteressent wegen einer konkreten Anlageentscheidung an die Bank mit dem Wunsch heran, über die Anlage eines bestimmten Geldbetrages beraten zu werden, kommt ohne weiteres ein Beratungsvertrag (§ 675 Abs. 1 BGB) zustande, wenn wie im vorliegenden Fall der für die Beklagte tätige Anlagenberater Z2 sich auf ein Beratungsgespräch einlässt (BGH NJW 2003, 1811). Dementsprechend steht auch außer Streit, dass die Beklagte im Zusammenhang mit den mit dem Zedenten geführten Telefonaten zu anleger-und objektgerechten Beratung verpflichtet war.

Die Verletzung der im konkreten Fall bestehenden Aufklärungspflicht ergibt sich im Einklang mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung daraus, dass der Anlagenberater Z2 entgegen der mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz des Anlegers bestehenden Verpflichtungen den Kläger nicht über die Höhe der ihr bei Zeichnung zufließenden Provisionen aufgeklärt hat.

Indem die Beklagte unstreitig jedenfalls für den Vertrieb des Zertifikates von der A Bank eine Provision von 4 % erhielt, handelt es sich dabei im Ergebnis um eine aufklärungspflichtige verdeckte Rückvergütung und nicht lediglich um eine bloße nicht von der Aufklärungspflicht erfasste Innenprovision. Demgegenüber kann die Beklagte nicht mit ihrer Argumentation durchdringen, wonach die Entscheidung des XI. Senats des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006 (NJW 2007, 1876, 1878 f) über verdeckte Rückvergütungen wegen des Vorliegens davon zu unterscheidender Innenprovisionen nicht anwendbar sei. Während der Anleger über Innenprovisionen grundsätzlich nur bei einem Umfang von mindestens 15 % im Hinblick auf die dadurch berührte Einschätzung der Werthaltigkeit der Anlage aufgeklärt werden muss, weil sie keine Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und deshalb auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und eine geringere Rentabilität der Anlage schließen lassen, beruht die Aufklärungspflicht bezüglich der Rückvergütungen auf der besonderen Gefährdungssituation unter dem Gesichtspunkt einer für die Kunden nicht erkennbaren besonderen Interessenkollision des jeweiligen Beraters, die in Frage stehende Beteiligung zu empfehlen (BGH, Urteil vom 27.10.2009, XI ZR 338/2008).

Aufklärungspflichtige Rückvergütungen liegen im Ansatz grundsätzlich nur dann vor, wenn Teile der Ausgabenaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (BGH, Urteil vom 27.10.2009, XI ZR 338/2008 Rn. 38). Für die Annahme einer offenbarungspflichtigen Rückvergütung kann es in diesem Zusammenhang jedoch nicht allein auf die begriffliche Bezeichnung ankommen. Im Einklang mit dem Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2010 (19 U 20/2010) kann auch aus der Anmerkung von Nobbe zu dem Urteil des OLG Dresden vom 24.07.2009 NWUB I G I /5.10 nichts abweichendes hergeleitet werden. Diese Urteilsanmerkung stellt zur Verdeutlichung der Unterschiede zwischen einer bloßen Innenprovision und einer aufklärungspflichtigen Rückvergütung maßgeblich auf den schmiergeldähnlichen Charakter verdeckter Rückvergütungen hin, hinsichtlich derer die Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit der bestehenden Gefahr angenommen wird, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger-und objektgerechter Beratung abgibt, sondern sich zumindest auch in ihrem eigenen Interesse möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Maßgeblich für die Begründung der Aufklärungspflicht ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass ein Kunde erst durch die Aufklärung über diesen Interessenkonflikt in die Lage versetzt wird, dass Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deshalb empfiehlt, weil sie selbst daran einen entsprechenden Gewinn hat. Dementsprechend kommt auch im konkreten Fall unabhängig von der bloßen Bezeichnung der von der A Bank an die Beklagte geleisteten Zahlung dieser tatsächlich die Bedeutung einer Belohnung für die Geschäftsvermittlung im Sinne einer zusätzlichen, nicht in den Interessen des Anlegers begründeten Anreizes für die Förderung des Absatzes zu (OLG Frankfurt Urteil vom 30.06.2010, 19 U 20/2010, Rn. 34, zitiert nach juris).

Für die Möglichkeit des Kunden, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen, kann es insoweit allein keine maßgebliche Rolle spielen, ob die an die Bank umsatzabhängig geleistete Provision als Ausgabeaufschlag deklariert oder ob diese versteckt als Kostenfaktor in den Verkaufspreis der Anlage eingepreist ist. Im Einklang mit der Entscheidung des OLG München vom 12.07.2010 (19 U 5240/2009 Rn. 35, zitiert nach juris) kann eine so vorgenommene begriffliche Differenzierung gerade unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungsbedürftigkeit schon deshalb nicht überzeugen, weil ohnehin eine Verwendung des Agios für Provisionen an die mit dem Vertrieb betraute Bank aus Anlegersicht wesentlich näherliegend erscheint als darüber hinaus die Verwendung von Teilen der Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung in einem für die Anleger nicht erkennbaren Umfang. Dementsprechend ist zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits auch unstreitig, dass der daran interessierte Zedent im Zusammenhang mit der von ihm getroffenen Anlageentscheidung über die Höhe der an die Beklagte gezahlten 1 %igen Ausgabenaufschlags informiert worden war, während darüber hinausgehende Hinweise auf die Erstattung der Vertriebsprovision fehlten.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann es letztlich auch dahingestellt bleiben, ob die Beklagte dem Zedenten vor der Zeichnung der Anlage den dafür vorgesehenen Produktflyer (Anlage B 3) übersandt hatte. Auch wenn darin der Hinweis enthalten ist, wonach der Ausgabepreis eine Verkaufsprovision enthält, welche von A an die Vertriebpartner gezahlt werde, genügt dies nicht der die Beklagte treffenden Aufklärungspflicht.

Zwar kann die Bank ihre Pflicht zur Aufklärung des Anlegers über die ihr zufließende Provision auch in der Weise erfüllen, dass sie dem Anleger den Vorprospekt, der die Provision dem Inhalt und der Höhe nach korrekt ausweist, so rechtzeitig übergibt, dass er sich mit dem Inhalt vertraut machen kann (BGH, Urteil vom 27.10.2009). Allerdings genügt die beratende Bank ihrer Aufklärungspflicht nur dann, wenn der jeweilige Kunde die konkrete Höhe der ihr zufließenden Vermittlungsprovision kennt. Es genügt also nicht, wenn dieser aus einem Verkaufsflyer oder einem Fondsprospekt entnehmen kann, dass überhaupt Vertriebsprovisionen gezahlt werden, ohne dass damit deutlich wird, wer und in welcher Höhe an den umsatzabhängig gezahlten Provisionen beteiligt ist. Nur wenn der Zedent konkret die Höhe der verdeckt an die Beklagte geleisteten Rückvergütung gekannt hätte, hätte er beurteilen können, ob dieser Umstand das Beratungsverhalten der Beklagten bzw. des für diesen tätigen Beraters Z2 gegenüber dem Zedenten beeinflusst hat.

Während bereits auf der Grundlage der vorstehenden Umstände mangels eines Hinweises auf die beim Vertrieb erzielten Provisionen auf eine Verletzung der die Beklagte treffenden Aufklärungspflicht geschlossen werden kann, folgt ein der Beklagten vorwerfbares pflichtwidriges Aufklärungsverhalten insbesondere auch aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 21.02.2010 mit dem hinsichtlich seiner inhaltlichen Richtigkeit unwidersprochen wiedergegebenen Gesprächswortlaut, wonach der Kundenberater Z2 bei der Erörterung etwaiger Kosten im Hinblick auf die Nachfrage hinsichtlich des 1 %igen Ausgabeaufschlages von sich aus äußerte

„ Ja das ist richtig, Da kommt nichts weiter zu. Da gibt es keine Managementsgebühren oder sonst irgendwas der Gleichen.“

Ungeachtet der rechtlichen Einordnung der gezahlten Provisionen war diese Äußerung objektiv unrichtig, In dem die Parteien ausdrücklich erörterten, ob und in welchem Umfang die Beklagte finanzielle Vorteile aus ihrer Anlagenempfehlung erzielen könnte. Mit der dokumentierten Äußerung, mit der dem Erklärungsgehalt nach die Erlangung weiterer für den Kunden so nicht erkennbarer Kosten explizit verneint wurden, wurde der Zedent unabhängig von einer allgemeinen Aufklärungspflicht auch in einer für ihn erkennbar wichtigen Frage in einer Weise getäuscht, dass der Zeuge Z2 selbst im Falle einer ansonsten nicht ungefragt bestehenden Hinweispflicht jedenfalls aufgrund der konkreten Nachfrage darüber wahrheitsgemäß hätte berichten müssen. Andernfalls liegt objektiv der Fall einer Täuschung vor, welche im konkreten Fall auch schon deshalb mit den Pflichten eines Anlageberaters nicht vereinbar ist.

Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, es fehle jedenfalls an der Kausalität einer etwaig anzunehmenden Aufklärungspflichtverletzung für den eingetretenen Schaden, da der Zedent sich für den Kauf der Zertifikate auch dann entschieden hätte, wenn er auf eine in den Kaufpreis einkalkulierte Vertriebsprovision hingewiesen worden wäre. Diese Annahme einer fehlenden Kausalität kann nicht allein daraus abgeleitet werden. dass dem Zedenten die konkret in Frage stehende Anlage bereits aus anderweitigen Informationsquellen bekannt gewesen sein mag. Ausgehend von der Pflichtverletzung der Beklagten ist insoweit im Zweifel aufgrund der Lebenserfahrung von der zu vermutenden Annahme eines beratungsgerechten Verhaltens auszugehen. Allein der Umstand, dass der Zedent aufgrund der Vorinformationen die Anlagenentscheidung für chancenreich gehalten haben mag, rechtfertigt noch nicht die Annahme, sich in Kenntnis der an die Beklagte gezahlten Provisionen hinsichtlich der Anlage anders entschieden zu haben. Dies folgt im Übrigen gerade auch aus dem Inhalt nach unstreitigen Teil des von der Klägerin zitierten Gesprächs, bei dem der Ausgabenaufschlag von 1 % tatsächlich Gegenstand der Unterredung war und für den Zedenten erkennbar eine entsprechende Bedeutung besaß. Dem Zedenten kam es dabei ausweislich des Hinweises auf mögliche in dem Zertifikat eingepreiste Managementgebühren darauf an, konkret über etwaige eingepreiste Gebühren informiert zu werden.

Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die pflichtwidrige Verletzung der Aufklärungspflicht nicht vertreten zu müssen. In der unterlassenen Aufklärung über Rückvergütungen liegt regelmäßig zumindest eine fahrlässige Beratungspflichtverletzung vor. Abgesehen davon, dass ein Verschulden der Beklagten ohnehin aufgrund der Pflichtverletzung gesetzlich vermutet wird (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB), reicht das gesamte Vorbringen auch nicht für einen unvermeidbaren Rechtsirrtum. Eine Bank muss ihren Geschäftsbetrieb zum Schutze des Rechtsverkehrs so organisieren, dass bei ihr vorhandenes Wissen den Mitarbeiter, die für die betreffenden Geschäftsvorgänge zuständig sind, zur Verfügung steht und von diesen auch genutzt wird. Danach ist hier jedenfalls ein Organisationsverschulden der Beklagten gegeben, wenn sie ihrer Verpflichtung zur Aufklärung der Kunden zumindest fahrlässig nicht erkannt und es deshalb unterlassen hat, ihre Anlagenberater anzuweisen, die Kunden entsprechend aufzuklären. Zumindest in dem zeitlichen Zusammenhang mit der im Juli 2006 getroffenen Anlagenentscheidung bestanden genügend Hinweise darauf, dass eine Provisionsvereinbarung mit der beratenden Bank im Hinblick auf die Gefahr einer nicht mehr unvoreingenommenen Beratung als Pflichtverletzung der Bank zu werten war.

Wie der XI. Zivilsenat des BGH zuletzt in seiner Entscheidung vom 29.6.2010 klargestellt hat, musste die Beklagte bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand (BGH, Urteil vom 29.6.2010, XI ZR 308/09). Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (ebenso OLG Celle, WM 2009, 1794 , 1796; OLG Frankfurt am Main, NZG 2010, 510 ; OLG Karlsruhe, NZG 2009, 1155 , 1157).

An seiner Rechtsprechung aus den Jahren 1989 und 1990 über die Aufklärungspflicht bei Rückvergütungen hat der Senat seitdem konsequent festgehalten. Bereits mit Senatsurteil vom 19. Dezember 2000 ( BGHZ 146, 235 ff.) wurde entschieden, dass eine Bank, die mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat, verpflichtet ist, dies gegenüber dem Kunden offen zu legen. Zur Begründung hat der Senat entscheidend darauf abgestellt, dass dadurch für den Vermögensverwalter ein Anreiz geschaffen wurde, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der für seine Kunden über die Bank abzuwickelnden Geschäfte nicht allein das Interesse der Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen; über diese von ihr geschaffene Gefährdung der Kundeninteressen hat die Bank den Kunden, den ihr der Vermögensverwalter zuführt, noch vor Vertragsabschluß aufzuklären ( BGHZ 146, 235 , 239). Diese Ausführungen galten nicht nur für die besondere Konstellation der Vermögensverwaltung, sondern bezogen sich erkennbar allgemein auf die Aufklärungspflicht der Bank bei einer von ihr geschaffenen Gefährdung der Kundeninteressen. Darauf wurde auch in mehreren -teils zustimmenden, teils kritischen -Besprechungen der Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (vgl. Balzer, ZIP 2001, 232 , 233; Meder, WuB I G 9. 1.01 unter 3.; Tilp, EWiR 2001, 255 , 256) und hervorgehoben, dass der Senat seine Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei der Schaffung von Gefährdungstatbeständen durch eine Bank, speziell zu Rückvergütungen und Kick-back-Vereinbarungen bei Termingeschäften, fortführe (vgl. Tilp, aaO: "Offenbar lässt der XI. Zivilsenat bei kickback … nicht mit sich spaßen.").

Vor diesem Hintergrund ist auch die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis-und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute vom 26. Mai 1997 (BAnz. Nr. 98 vom 3. Juni 1997, S. 6586) zu sehen, in deren Ziff. 2.2 Abs. 2 eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird (Senatsurteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 , Tz. 15), die ihre Grundlage unter anderem in den Senatsurteilen aus den Jahren 1989 und 1990 findet.

Soweit die Berufung zurückzuweisen ist, folgt die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da im Hinblick auf die Behandlung verdeckter Rückvergütungen und Provisionen von den Instanzgerichten unterschiedliche Interpretationen der Rechtsprechung des BGH vorliegen.