BGH, Urteil vom 29.11.2011 - XI ZR 172/11
Fundstelle
openJur 2011, 117991
  • Rkr:
Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 8. Februar 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger, der seinen Wohnsitz im Bezirk des Landgerichts Stade hat, nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Veruntreuung von Anlagegeldern durch einen ihrer Kunden in Anspruch.

Auf Empfehlung des Anlageberaters W. beabsichtigte der Kläger, sich an Zinsdifferenzgeschäften der B. Company zu beteiligen. Hierbei sollte er entsprechend der ihm schriftlich vom Anlageberater erläuterten Vorgehensweise den jeweiligen Geldbetrag auf ein Konto überweisen, das die Beklagte bei der P. München unterhielt. Als Empfängerin sollte die Beklagte und als Verwendungszweck "zur Gutschrift auf Konto: " angegeben werden. Unter jener Kontonummer unterhielt die B. Ltd. (nachfolgend: B. ) ein Konto bei der Filiale der Beklagten in R. 1

(Österreich). Das Konto bei der P. München hatte die Beklagte eingerichtet, um von Deutschland aus eine spesenfreie Einzahlung oder Überweisung auf österreichische Konten ihrer Kunden zu ermöglichen. Der Kläger überwies entsprechend der Anweisung seines Beraters am 2. und 17. April 2003 jeweils 104.095 € sowie am 27. Mai 2004 weitere 300.000 € von seinem bei der Kreissparkasse We. geführten Konto auf das Konto der Beklagten bei der P. München. Die Beklagte transferierte die auf ihrem Konto eingegangenen Gelder des Klägers jeweils weisungsgemäß auf das bei ihr in Österreich geführte Konto der B. weiter, von wo aus sie nach Vortrag des Klägers im Rahmen eines Schneeballsystems abverfügt und verwendet wurden.

Der Kläger verlangt mit der Klage von der Beklagten - gestützt auf eine Verletzung vertraglicher Hinweispflichten - nach anderweitiger Erstattung eines Teilbetrages von 125.000 € die Zahlung des Restschadens in Höhe von 383.000 € nebst Zinsen. Das Landgericht München I hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Landgericht Stade verwiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Das Landgericht Stade sei gem. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO i.V.m. Art. 16 EuGVVO international und örtlich ausschließlich zuständig. Es handele sich um eine Verbrauchersache im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO, so dass eine etwaige Zuständigkeit eines anderen Gerichts nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b) Halbsatz 2 EuGVVO zurücktrete. Die Begriffe des "Vertrages" und der "Ansprüche aus einem Vertrag" seien nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) autonom auszulegen. Nach Art. 15 Abs. 1 EuGVVO reiche es aus, dass eine Person, die eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübe, gegenüber einem Verbraucher freiwillig eine rechtliche Verpflichtung eingehe, indem sie ein verbindliches Angebot mache, das hinsichtlich seines Gegenstands und Umfangs so klar und präzise sei, dass es zur Entstehung einer Vertragsbeziehung geeignet sei. Ein solcher Sachverhalt sei hier gegeben. Die Beklagte sei nicht als (ausländische) Empfängerbank, bei der der letzte Empfänger ein Bankkonto unterhielt, in den Überweisungsverkehr eingeschaltet worden. Vielmehr habe sie sich durch die Einrichtung des Nostro-Kontos bei der P. München, die nach ihrer eigenen Einlassung zu dem Zweck erfolgt sei, Einzahlern in der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit zu geben, spesenfrei einen Geldtransfer auf bei ihr in Österreich unterhaltene Konten von Kunden zu bewerkstelligen, sowie durch die Entgegennahme von Guthabensbeträgen im Rahmen dieses Zweckes gegenüber den an einem entsprechenden Geldtransfer interessierten Einzahlern in Deutschland verbindlich bereit erklärt, die auf dem Nostro-Konto unter Angabe des Zielkontos eingehenden Beträge weiterzuleiten und dem jeweiligen Zielkonto gutzuschreiben. Dieses Angebot, von dem der 5 Kläger durch seinen Anlageberater mit Wissen und Willen der Beklagten erfahren habe, habe er durch die Angabe des Zielkontos im Verwendungszweck der Überweisung angenommen. Die Beklagte habe durch das Unterhalten des Nostro-Kontos und das damit verbundene Angebot der Weiterleitung dort eingehender Gelder bereits zum Zeitpunkt der Annahme durch den Kläger auch eine berufliche Tätigkeit in Deutschland ausgeübt (Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) Fall 1 EuGVVO). Jedenfalls habe sie ihre berufliche Tätigkeit auf den Verbraucherstaat ausgerichtet (Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) Fall 2 EuGVVO), da sie zielgerichtet über die Staatsgrenzen hinweg tätig geworden sei und damit eigene geschäftliche Interessen verfolgt habe.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Prüfung stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist.

Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9 und vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 mwN) - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und den Rechtsstreit an das insoweit auch örtlich ausschließlich zuständige Landgericht Stade verwiesen.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit hier nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001 Nr. L 12 S. 1; im Folgenden: EuGVVO) richtet, da die Klage nach 7 deren Inkrafttreten am 1. März 2002 erhoben worden (Art. 76, 66 EuGVVO) und der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Verordnung (Art. 1 Abs. 1 und 3 EuGVVO) im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur Republik Österreich als Mitgliedsstaaten eröffnet ist.

2. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht auch zu dem Ergebnis gelangt, das Landgericht Stade als das Wohnsitzgericht des Klägers sei nach den für Verbrauchersachen geltenden Regelungen der Art. 15 Abs. 1 Buchst. c), 16 Abs. 1 Fall 2 EuGVVO, die einem aus Art. 5 Nr. 1 EuGVVO begründeten Gerichtsstand vorgehen (EuGH, Slg. 2002, I-6367 Rn. 36 i.V.m. Slg. 2009, I-3961 Rn. 41; BGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - III ZR 191/03, BGHZ 165, 172, 176; Senatsurteil vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 29), das international und örtlich zuständige Gericht.

a) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen auch bei Berücksichtigung der wegen des Ausnahmecharakters der Art. 15, 16 EuGVVO gebotenen strikten Auslegung (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 2007 - XI ZR 290/06, ZIP 2007, 1676 Rn. 18 mwN; BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - III ZR 71/08, NJW 2009, 298 Rn. 11) die Annahme, dass ein Verbrauchergerichtsstand i.S.v. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO begründet ist. Insbesondere macht der Kläger nach dem für die Revision zugrunde zu legenden Sachverhalt einen Anspruch "aus einem Vertrag" i.S.v. Art. 15 Abs. 1 EuGVVO geltend.

aa) Der Revision ist noch darin zuzustimmen, dass sich die Frage, welche Anforderungen an den klägerischen Vortrag zur Darlegung der internationalen Zuständigkeit zu stellen sind, nicht nach der - insoweit keine Regelungen enthaltenden (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: EUGH, Slg. 1995, I-415 Rn. 37 ff.) - EuGVVO, sondern nach deutschem internationalen Zivilprozessrecht richtet, 10 wonach die schlüssige Behauptung aller erforderlichen Tatsachen ausreicht (zu Art. 5 Nr. 3 EuGVVO: Senatsurteil vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 19; zu Art. 5 Nr. 1 EuGVVO: BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 13; zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ: BGH, Urteil vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07, WM 2008, 479 Rn. 14).

bb) Entgegen der Ansicht der Revision hat der Kläger seiner diesbezüglichen Darlegungslast genügt. Die Ausführungen der Revision, mit denen diese geltend macht, der Kläger habe einen Vertragsschluss nach deutschem materiellem Recht nicht schlüssig dargelegt, sind im Rahmen der hier allein in Rede stehenden Prüfung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte unbehelflich. Anders als die Revision meint, ist der Sachvortrag zum Vorliegen eines materiellrechtlichen Vertrages nämlich nicht zunächst am Maßstab des nach der lex causae zu bestimmenden und damit hier gem. Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aF anwendbaren deutschen Rechts zu prüfen und erst dann unter den Verbrauchergerichtsstand des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO zu subsumieren. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (zu Art. 13 EuGVÜ: EuGH, Slg. 2002, I-6367 Rn. 37 und NJW 2005, 811 Rn. 33; zur Übertragbarkeit auf Art. 15 EuGVVO: EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 41) und des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 1. Dezember 2005 - III ZR 191/03, BGHZ 165, 172, 176 und vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 13) ist der Begriff "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" vielmehr autonom, d.h. unabhängig vom jeweiligen nationalen Rechtsverständnis auszulegen, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 13 mwN). Hierbei sind in erster Linie die Systematik und die Zielsetzungen des Übereinkommens zu berücksichtigen, damit dessen volle Wirksamkeit in allen Mitgliedsstaaten sichergestellt wird (EuGH, NJW 2005, 811 Rn. 33). Selbst wenn dies angesichts des eigenständigen und weiten Vertragsbegriffs der Ver-13 ordnung im Einzelfall dazu führen kann, dass deutsche Gerichte im Vertrags-/Verbrauchergerichtsstand über Klagen entscheiden, denen nach dem konkret anwendbaren materiellen deutschen Recht kein Vertrag zugrunde liegt, ist dies im Interesse einer einheitlichen Anwendung der EuGVVO hinzunehmen (vgl. z.B. Staudinger/Hausmann, BGB, Bearb. 2002, Anh. II zu Art. 27 - 37 EGBGB Rn. 48; Geimer/Schütze/Geimer, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 17b; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 13, 15). Eine primäre Anknüpfung über die lex causae, wie sie die Revision zugrunde legt, ist daher ausgeschlossen (so auch die herrschende Ansicht in der Literatur, siehe etwa: MünchKommZPO/ Gottwald, 3. Aufl., Art. 5 EuGVO Rn. 4; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 2, Art. 15 EuGVVO Rn. 1; Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., Vorbem. EuGVVO Rn. 14; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 5. Aufl., Rn. 291; Staudinger/Hausmann, BGB, Bearb. 2002, Anh. II zu Art. 27 - 37 EGBGB Rn. 48; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 15 EuGVO Rn. 20; Geimer/Schütze/Geimer, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 17 ff.; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 12 ff.).

cc) Es reicht vielmehr aus, wenn der Kläger vertragliche Ansprüche im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO schlüssig behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 13). Das ist nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist bei autonomer Auslegung des Vertragsbegriffs im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EuGVVO für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands im Sinne der EuGVVO nicht die Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs im engeren Sinn erforderlich (so zu Art. 13 Abs. 1 LugÜ I: BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, WM 2011, 1324 Rn. 32). Vielmehr liegen bei autonomer Auslegung - wie der EuGH im Rahmen 14 der Auslegung des Vertragsbegriffs in Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (BGBl. 1972 II S. 774; im Folgenden: EuGVÜ) und in Art. 5 Nr. 1 EuGVVO ausgeführt hat - vertragliche Ansprüche (jedenfalls) dann vor, wenn eine Partei gegenüber einer anderen freiwillig eine Verpflichtung eingegangen ist (EuGH, Slg. 1998, I-6511 Rn. 15, 17; NJW 2005, 811 Rn. 51; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 13). Der Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO ist in diesem Sinne eröffnet, wenn eine Partei ein verbindliches Angebot macht, das hinsichtlich seines Gegenstandes und seines Umfangs so klar und präzise ist, dass eine Vertragsbeziehung, wie sie die Norm voraussetzt, entstehen kann (EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 54). Die Partei muss nur ihren Willen zum Ausdruck gebracht haben, im Fall einer Annahme durch die andere Partei an ihre Verbindlichkeit gebunden zu sein (EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 55). Ausreichend ist hierbei eine - aus der maßgeblichen Empfängersicht (vgl. EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 60; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 15 EuGVO Rn. 20) - einseitige Verpflichtung des Gewerbetreibenden, eine wie auch immer geartete rechtliche Verpflichtung des Verbrauchers ist hingegen nicht notwendig (EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 54; so auch Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 2; Saenger/Dörner, ZPO, 4. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 9, Art. 15 Rn. 6; Staudinger/ Magnus, BGB, Bearb. 2011, Art. 6 Rom I-VO Rn. 63; Bach, IHR 2010, 17, 19, 22). Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, ist nach der Rechtsprechung des EuGH vom nationalen Gericht zu beurteilen (EuGH, Slg. 2009, I-3961 Rn. 55); es ist - wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles, die jeweils dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur beschränkt überprüft werden kann. Zu prüfen ist nur, ob die tatrichterliche Würdigung ver-

tretbar ist, nicht gegen die Denkgesetze verstößt und nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 21 mwN).

dd) Das Berufungsgericht ist unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe freiwillig eine Verpflichtung i.S.v. Art. 15 Abs. 1 EuGVVO übernommen.

Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte das Nostro-Konto bei der P. München zu dem Zweck eingerichtet, Einzahlern in der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit zu geben, durch Einzahlung/Überweisung auf dieses Konto spesenfrei einen Geldtransfer nach Österreich auf Konten von Kunden der Beklagten zu veranlassen. Hierbei billigte sie, dass ihre Kunden bzw. von diesen eingeschaltete Personen die Information über die Existenz dieses Kontos und die dadurch ermöglichte kostenfreie Zahlungsabwicklung nach Österreich an potentielle Einzahler/Überweisende - wie den Kläger, der von diesem Angebot durch das Schreiben seines Anlageberaters Kenntnis erlangte - weitergaben. Der vorgefassten Absicht entsprechend, leitete die Beklagte dann auch die vom Kläger auf dieses Nostro-Konto überwiesenen Beträge auf das im Betreff "Verwendungszweck" angegebene und bei der Beklagten in ihrer Filiale in R. geführte Konto der B. weiter. Bei dieser Sachlage ist gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht als (ausländische) Empfängerbank, bei der der letzte Empfänger ein Bankkonto unterhielt, in den Überweisungsverkehr eingeschaltet gewesen, sondern sie habe mit der Einrichtung und Unterhaltung des Nostro-Kontos zu dem vorgenannten Zweck ein Angebot an mögliche Einzahler in der Bundesrepublik Deutschland gemacht, die auf diesem Konto eingehenden Beträge auf die bei 15 ihr in Österreich für diverse Kunden geführten Konten weiterzuleiten, aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einwand, in der Errichtung des Nostro-Kontos habe entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein solches Angebot an Einzahler in Deutschland gelegen, da die Beklagte die Möglichkeit des spesenfreien Geldtransfers im Interesse ihrer Kunden in Österreich geschaffen habe, kann die Revision schon deshalb nicht durchdringen, weil sie hiermit keinen revisionsrechtlich beachtlichen Fehler des Berufungsgerichts aufzeigt, sondern lediglich eine abweichende Sachverhaltswürdigung dartut, die zudem im Widerspruch zu dem eigenen Instanzvortrag der Beklagten steht. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte das Konto bei der P. nach ihrem eigenen Vortrag nicht etwa errichtet, um hierdurch ein Konto zur Überweisung speziell an einen ihrer Kunden zu ermöglichen; vielmehr stand das Konto nach dem eigenen Vortrag der Beklagten jedem Einzahler zur Verfügung, der Geld von Deutschland aus auf ein bei der Beklagten geführtes Konto in Österreich einzahlen oder überweisen wollte und diente einzig und allein dem Zweck, Auslandsüberweisungen aus Deutschland einfacher und billiger zu gestalten. Angesichts dieses von der Beklagten selbst hervorgehobenen - auf die interessierten Einzahler in der Bundesrepublik Deutschland gerichteten - Zwecks, hält sich die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe diesen ein Angebot unterbreitet, im tatrichterlichen Spielraum und muss von der Revision daher hingenommen werden.

Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte müsse sich die Verbreitung dieses Angebots u.a. durch den Anlageberater des Klägers zurechnen lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der hiergegen vorgebrachte Einwand der Revision, das Berufungsgericht nehme zu Unrecht an, dass die Beklagte den Anlageberater als Boten eingeschaltet habe, ist schon 17 deshalb unbehelflich, weil die Verbreitung des Angebots u.a. durch den Anlageberater des Klägers nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mit Wissen und Wollen der Beklagten erfolgte; damit ist es ihr auch zuzurechnen (vgl. auch OLG Hamburg, RIW 2004, 709, 710; OLG Dresden, WM 2006, 806, 807 f.; OGH Österreich, ZIP 2010, 1154, 1155 f.; Staudinger/Magnus, aaO Rn. 119; Rauscher/Staudinger, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 15 Brüssel I-VO Rn. 13; Mankowski, IPRax 2009, 238, 243).

Das Angebot hat der Kläger mit der den Vorgaben der Beklagten entsprechenden Angabe des ausländischen Zielkontos im Verwendungszweck angenommen; spätestens hiermit ist eine konkrete und rechtlich bindende Verpflichtung der Beklagten zur Ausführung dieser Anweisung i.S.v. Art. 15 Abs. 1 EuGVVO entstanden.

b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch den von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO geforderten räumlichen Bezug des Vertrags zum Wohnsitzstaat des Verbrauchers bejaht. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte mit dem Vorhalten des Nostro-Kontos bei der P. - wie das Berufungsgericht angenommen hat - eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt hat. Jedenfalls war nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts die berufliche Tätigkeit der Beklagten insoweit auf die Bundesrepublik Deutschland - was ausreichend ist - "ausgerichtet".

aa) Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO erweitert gegenüber der Vorgängervorschrift des Art. 13 EuGVÜ den Anwendungsbereich für Verbraucherklagen auf Fälle, in denen der Vertragspartner seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers lediglich ausgerichtet hat. 19 Veranlasst worden ist diese Erweiterung durch den Wunsch, auch Verträge zu erfassen, die über eine vom Unternehmer unterhaltene aktive Internetseite abgeschlossen werden, beschränkt sich jedoch nicht auf solche Vorgänge (BGH, Urteil vom 30. März 2006 - VII ZR 249/04, BGHZ 167, 83 Rn. 28 mwN). Nach der Rechtsprechung des EuGH, nach welcher auch der Begriff des "Ausrichtens" autonom ausgelegt werden muss (NJW 2011, 505 ff. Rn. 55), umfasst Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO gegenüber der Vorgängerregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ, die noch ein "ausdrückliches Angebot" und "Werbung" des Gewerbetreibenden vorausgesetzt hatte, im Interesse der Stärkung des Verbraucherschutzes ein breiteres Spektrum an Tätigkeiten (aaO, Rn. 61 f.). Voraussetzung ist jeweils, dass der Gewerbetreibende seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern (auch) im Wohnsitzmitgliedsstaat des Verbrauchers herzustellen (aaO, Rn. 75), also zum Vertragsschluss mit diesen bereit zu sein (aaO, Rn. 76; ebenso die herrschende Auffassung in der Literatur: vgl. etwa Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 8; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 5; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 32. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 8; Staudinger/Magnus, BGB, Bearb. 2011, Art. 6 Rom I-VO Rn. 112 ff.; Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, 3. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 24; Mankowski, IPRax 2009, 238, 239).

bb) Einen solchen Fall hat das Berufungsgericht bejaht, ohne dass ihm hierbei revisionsrechtlich beachtliche Fehler unterlaufen wären. Nach den - wie oben dargelegt - rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihr Nostro-Konto in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Zweck vorgehalten, hier ansässigen Einzahlern/Überweisern die Möglichkeit des kostenfreien Geldtransfers an Kunden der Beklagten in Österreich zu geben. Sie hat damit nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sach-22 verhalt in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Einzahlern den kostengünstigen Geldtransfer nach Österreich erleichtern wollen und damit ihre Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Klägers ausgerichtet.

Der Einwand der Revision, bei dem Unterhalten des Nostro-Kontos handele es sich, da das Berufungsgericht eine Werbung um Kunden verneint habe, jedenfalls nicht um eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit der Beklagten, geht schon deshalb fehl, weil die Entgegennahme und Weiterleitung von Geldern von eigenen und für eigene Kunden zum Kernbereich ihrer Tätigkeit als Bank gehört. Auch wenn die deutschen Einzahler/Überweiser nicht in eine Kundenbeziehung zur Beklagten eintreten, verfolgt diese mit der - eine kostspielige Auslandsüberweisung überflüssig machenden und daher ihren Kunden in Österreich entgegenkommenden - Einrichtung des Kontos in der Bundesrepublik Deutschland auch hier gewichtige geschäftliche Interessen. Die Revision berücksichtigt mit ihrer gegenteiligen Ansicht nicht, dass sich die Tätigkeit der Beklagten nicht allein auf das Unterhalten des Nostro-Kontos beschränkt, sondern dass dieses Konto nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts gerade für interessierte Einzahler im deutschen Mitgliedsstaat zur Einzahlung/Überweisung zur Verfügung gestellt wird, um diesen eine Möglichkeit zur spesenfreien Überweisung auf in Österreich befindliche Konten anzubieten.

cc) Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, steht dieses Ergebnis auch im Einklang mit dem im Erwägungsgrund 11 der EuGVVO zum Ausdruck gebrachten Ziel der Verordnung, nach welchem der Gerichtsstand in hohem Maß vorhersehbar sein muss (vgl. EuGH, ZIP 2011, 1071 Rn. 33). Zu Recht - und von der Revision nicht beanstandet - hebt das Berufungsgericht hervor, dass die Beklagte, die an Verbraucher im deutschen Mitgliedsstaat mit ihrem Angebot für einen kostenfreien Transfer von Überweisungsbeträgen auf 23 österreichische Konten herantritt, nicht davon überrascht werden kann, wenn sie wegen damit zusammenhängender Ansprüche vor deutschen Gerichten in Anspruch genommen wird.

dd) Entgegen der Anregung der Revision erfordert die Auslegung des Merkmals "Ausrichten" in Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO auch keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung, da die Rechtsfrage vom EuGH grundsätzlich hinreichend beantwortet ist und der erkennende Senat sich der Rechtsprechung des Gerichtshofs anschließt (EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 13 f. und NJW 2011, 505 Rn. 55 ff.).

c) Die übrigen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 Buchst. c) EuGVVO - insbesondere die Verbrauchereigenschaft des Klägers (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - VII ZR 249/04, BGHZ 167, 83 Rn. 18 ff.) und die Veranlassung des Klägers zum Vertragsschluss mit der Beklagten im Wohnsitzstaat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2008 - III ZR 71/08, NJW 2009, 298 Rn. 11) - hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Insoweit erhebt auch die Revision zu Recht keine Rügen.

3. Entgegen der Ansicht der Revision, die sich darauf beruft, die geltend gemachten Ansprüche seien nach dem eigenen Vortrag des Klägers verjährt, kann der Senat keine eigene Sachentscheidung treffen und die Berufung des Klägers gegen das Prozessurteil des Landgerichts gem. § 561 ZPO mit der Maßgabe zurückweisen, dass die nach dem oben unter 2. Ausgeführten zulässige Klage - nunmehr wegen Verjährung etwaiger Ersatzansprüche - als unbegründet abgewiesen wird.

Die von der Revision in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, WM 2011, 1324 Rn. 45 mwN), nach welcher das Revisionsgericht bei einer vom Be-25 rufungsgericht zu Unrecht als unzulässig erachteten Klage ausnahmsweise auch über die Begründetheit entscheiden darf, ist in mehrfacher Hinsicht nicht einschlägig.

Zum einen hat das Berufungsgericht die Klage nicht als unzulässig erachtet, sondern hat sie auf den Hauptantrag des Klägers (wie dargelegt) rechtsfehlerfrei an das Landgericht Stade verwiesen. Zum anderen kommt nach der genannten Rechtsprechung die von der Revision begehrte Sachentscheidung des Bundesgerichthofs nur infrage, wenn bei Zurückverweisung ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint und zusätzlich das Berufungsurteil einen Sachverhalt ergibt, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet (BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, WM 2011, 1324 Rn. 45 mwN). Daran fehlt es hier schon deshalb, weil sich das Berufungsurteil weder zur Frage der Verjährung etwaiger Ansprüche verhält, noch Feststellungen zum Zeitpunkt der Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Tatsachen trifft. Anders als die Revision geltend macht, ist der Klagevortrag auch keineswegs in jeder Richtung unschlüssig (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, WM 2011, 1324 Rn. 45 mwN); die Revision übergeht nämlich, dass der Kläger seine frühestmögliche Kenntnis 29 über die den Anspruch begründenden Tatsachen entgegen der Darstellung in der Revisionsbegründung nicht auf Ende 2005, sondern auf das Jahr 2006 datiert; die Klageerhebung im Jahr 2009 liegt daher nach dem Klägervortrag vor dem Verjährungseintritt (§ 195, § 199 Abs. 1 BGB).

Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp Vorinstanzen:

LG München I, Entscheidung vom 30.04.2010 - 27 O 8113/09 -

OLG München, Entscheidung vom 08.02.2011 - 5 U 3521/10 -