BGH, Urteil vom 11.10.2011 - XI ZR 415/10
Fundstelle
openJur 2011, 117580
  • Rkr:
Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 15. November 2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Rückforderungs- und Feststellungsansprüche im Hinblick auf ein zur Finanzierung eines Immobilienfondsbeitritts gewährtes Darlehen.

Die Beklagten wurden im Jahre 1997 geworben, sich an einem Immobilienfonds zu beteiligen. Hierzu unterschrieben sie am 28. November 1997 einen formularmäßigen Zeichnungsschein, in dem sie der C. mbH (im Folgenden: Treuhänderin), die nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, den Abschluss eines Treuhandvertrages anboten und diese beauftragten, ihren wirtschaftlichen Beitritt zu der Z. GbR (im Folgenden: Fondsgesellschaft) mit einer Anteilssumme von 40.000 DM zzgl. 5% Agio zu bewirken. Weiter wurde vereinbart, dass die Beklagten "eine eventuelle Refinanzierung des 1 Gesellschaftsanteils ... selbst durchführen". Die Treuhänderin nahm das "Treuhandvertragsangebot" am 30. Dezember 1997 an. In dem im Fondsprospekt enthaltenen Treuhandvertrag heißt es unter anderem:

"2.5. Vollmachten des Treuhändersa) Der Treugeber/Gesellschafter erteilt dem Treuhänder Vollmacht unter Genehmigung alles bereits Gehandelten, ihn bei der Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen zu vertreten, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes erforderlich oder zweckmäßig sind und ihn in allen Angelegenheiten zu vertreten, die mit dem Abschluss der hierfür erforderlichen Verträge zusammenhängen, insbesondere auch mit dem wirtschaftlichen Beitritt des Treugebers zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Treuhänder hat insbesondere die Befugnisse gemäß § 4 des Gesellschaftsvertrages..."

Gemäß § 4 des Gesellschaftsvertrages wurde die Treuhänderin "zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen berechtigt und verpflichtet, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes erforderlich oder zweckmäßig sind", wobei es sich "insbesondere um ... Rechtsgeschäfte der Gesellschaft", wie Kauf-, Bau- und Sanierungsverträge, Verträge zur Eigenkapitalbeschaffung, einen Mietgarantievertrag, Verträge über Zwischen- und Endfinanzierungskredite, Kontoeröffnungsverträge sowie um Verträge "für die steuerliche Beratung der Gesellschaft und der Gesellschafter" handeln sollte.

Mit Vertrag vom 28. November/30. Dezember 1997 gewährte die Klägerin den Beklagten ein Finanzierungsdarlehen in Höhe von 46.666,67 DM brutto. Die Klägerin schrieb den Nettokreditbetrag von 42.000 DM dem Konto der Treuhänderin gut, die ihn zum Erwerb des Fondsanteils verwendete.

Das auf die Feststellung der Wirksamkeit des Darlehensvertrages und des Nichtbestehens eines Widerrufsrechtes der Beklagten nach dem Haustürwiderrufsgesetz sowie etwaiger Einreden, Einwendungen und Schadensersatzansprüche gerichtete Klagebegehren haben die Parteien nach Erhebung der Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt. 3 Mit ihrer Widerklage begehren die Beklagten u.a. unter Berufung auf die Nichtigkeit des Treuhandvertrages wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz die Entlassung aus dem Darlehensvertrag Zug um Zug gegen Abtretung des Fondsanteils, die Feststellung der Verpflichtung der Klägerin zum Ersatz des weiteren Vermögensschadens und des Annahmeverzuges der Klägerin, die Rückgewähr einer als Kreditsicherheit abgetretenen Lebensversicherung, die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie hilfsweise wegen fehlender Gesamtbetragsangabe die Neuberechnung ihrer Leistungen auf das Darlehen, die Erstattung überzahlter Zinsen und die Feststellung der Höhe des zukünftigen Finanzierungszinssatzes.

Das Landgericht hat die Klägerin aufgrund ihres Anerkenntnisses unter Abweisung der weitergehenden Widerklage zur Zinsneuberechnung verurteilt und die Zinshöhe für die Zukunft mit 4% p.a. festgestellt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Widerklagebegehren weiter, soweit es in erster Instanz erfolglos geblieben ist.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt: 6 Der zwischen den Beklagten und der Treuhänderin abgeschlossene Treuhandvertrag sei nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig, da der Schwerpunkt der Tätigkeit der Treuhänderin im Verhältnis zu den Beklagten nicht auf rechtlichem, sondern auf wirtschaftlichem Gebiet liege. Die Treuhänderin habe lediglich den wirtschaftlichen Beitritt der Beklagten zur Fondsgesellschaft vermitteln sowie den Fondsanteil treuhänderisch erwerben und verwalten sollen. Die scheinbare Vielzahl der im Treuhandvertrag erteilten Vollmachten betreffe Bevollmächtigungen der Treuhänderin durch die Fondsgesellschaft, die nur wegen der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht anerkannten Teilrechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesellschaftervollmachten formuliert worden seien. Selbst wenn von einer Nichtigkeit des Treuhandvertrages und der darin enthaltenen Vollmachten auszugehen wäre, sei der wirtschaftliche Fondsbeitritt der Beklagten nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft wirksam, denn die Fondsgesellschaft sei dadurch, dass die Treuhänderin einen Geschäftsanteil für die Beklagten erworben und diesen auch gehalten habe, sowie dadurch, dass die Beklagten Gewinn- und Verlustzuweisungen erhalten hätten, in Vollzug gesetzt worden.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Beklagten können, selbst wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, dass Fondsbeitritt und Darlehensvertrag verbundene Geschäfte bilden, der Klägerin im Wege des Einwendungsdurchgriffs gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG nicht die Unwirksamkeit des Fondsbeitritts wegen Nichtigkeit der Treuhandvollmacht entgegenhalten, denn ihre der Treuhänderin im 10 Treuhandvertrag erteilte Vollmacht verstößt nicht gegen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes.

1. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die der Treuhänderin durch die Beklagten in Ziffer 2.5. Buchst. a) des Treuhandvertrages erteilte Vollmacht nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG (in der bis zum 7. September 1998 geltenden Fassung; nachfolgend: aF) i.V.m. § 134 BGB nichtig ist.

a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs oder Fondsbeitritts im Rahmen eines Steuersparmodells besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG aF. Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Treuhandvertrag, der umfassende rechtliche Befugnisse und Pflichten des Auftragnehmers zum Abschluss aller mit dem Erwerb und der Finanzierung des Fondsanteils zusammenhängenden Verträge enthält, ist daher nichtig, wobei die Nichtigkeit nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG aF i.V.m. § 134 BGB auch eine dem Treuhänder erteilte umfassende Vollmacht erfasst (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rn. 12, vom 11. November 2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 33 und vom 20. Januar 2009 - XI ZR 487/07, WM 2009, 542 Rn. 18, jeweils mwN).

Bei der Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung fremder Geschäfte außer mit wirtschaftlichen Belangen vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Maßgeblich ist, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt, oder ob die rechtliche Seite der Angelegen-12 heit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (vgl. Senatsurteil vom 18. Juli 2006 - XI ZR 143/05, WM 2006, 1673, Rn. 22 mwN). Von einer erlaubnispflichtigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist deshalb auszugehen, wenn die Tätigkeit des Treuhänders den Abschluss eines ganzen Bündels von Verträgen für den Treugeber mit mannigfaltigem rechtlichem Beratungsbedarf zum Gegenstand hat und nicht nur auf die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange beschränkt ist (Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rn. 14 f., vom 10. Oktober 2006 - XI ZR 265/05, WM 2007, 108 Rn. 20 und vom 24. Oktober 2006 - XI ZR 216/05, WM 2007, 116 Rn. 16).

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Schwerpunkt der der Treuhänderin in Ziffer 2.5. Buchst. a) des Treuhandvertrages erteilten Vollmacht zur "Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen ... zur Erreichung des Gesellschaftszweckes" und zur Vertretung in allen Angelegenheiten, die "mit dem wirtschaftlichen Beitritt des Treugebers zur Gesellschaft" zusammenhängen, auf wirtschaftlichem Gebiet liegt (ebenso OLG Hamm vom 25. August 2010 - 31 U 18/10, unveröffentlicht; aA OLG München vom 12. Januar 2010 - 5 U 5237/08, juris).

Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Befugnisse, die der Treuhänderin im Namen der Fondsgesellschaft erteilt werden. Dies gilt sowohl für die in § 4 Ziffer 1 Buchst. a) des Gesellschaftsvertrages geregelte Befugnis zum Abschluss der zur Durchführung des Investitionsvorhabens erforderlichen Verträge, als auch für die Befugnis zur Aufnahme der erforderlichen Zwischen- und Endfinanzierungsverträge "für die Gesellschaft" sowie zur Konteneröffnung und Verfügung darüber "namens der Gesellschaft". Diese Befugnisse der Treuhänderin werden - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - nur des-15 halb in Ziffer 2.5. Buchst. a) und b) des Treuhandvertrages nochmals erwähnt, weil bei dessen Abschluss Ende 1997 die Teilrechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in der Rechtsprechung noch nicht anerkannt war.

Anders als in früheren Entscheidungen, in denen der erkennende Senat von einem Verstoß einer der Treuhänderin erteilten umfassenden Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RBerG aF ausgegangen ist (vgl. z.B. Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rn. 3, vom 17. Oktober 2006 - XI ZR 19/05, WM 2007, 62 Rn. 41, vom 24. Oktober 2006 - XI ZR 216/05, WM 2007, 116 Rn. 3, vom 11. November 2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 3 und vom 20. Juli 2010 - XI ZR 465/07, BGHZ 186, 253 Rn. 31), war die Treuhänderin vorliegend aber weder bevollmächtigt, für die einzelnen Treugeber-Gesellschafter Finanzierungsdarlehen aufzunehmen, dafür Konten zu eröffnen und über diese zu verfügen, noch für einzelne Treugeber-Gesellschafter die persönliche Mithaftung für die Gesellschaftsschulden zu übernehmen und die Gesellschafter insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Privatvermögen zu unterwerfen. Derartige Befugnisse wurden der Treuhänderin gemäß Ziffer 2.5. Buchst. b) des Treuhandvertrages vielmehr ausdrücklich nur "für die Gesellschaft" übertragen und beziehen sich allein auf "Grundpfandrechte am Gesellschaftsvermögen".

c) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Vollmacht der Treuhänderin zum Abschluss eines Steuerberatungsvertrages für die Fondsgesellschaft und die einzelnen Treugeber-Gesellschafter gemäß § 4 Ziffer 1 Buchst. c) des Gesellschaftsvertrages nicht erlaubnispflichtig im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG aF. Die Treuhänderin wird hierdurch lediglich zur Auswahl des Steuerberaters für die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter ermächtigt, was noch keine rechtsberatende Tätigkeit darstellt. 17 d) Auch die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte, insbesondere der Auskunfts- und Überwachungsrechte der Beklagten als Treugeber-Gesellschafter gemäß Ziffer 2.5. Buchst. j) des Treuhandvertrages, und die der Treuhänderin gemäß Ziffer 2.5. Buchst. h) dieses Vertrages erteilte Zeichnungs- und Empfangsvollmacht verstoßen - entgegen der Rechtsauffassung der Revision - nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG aF. Beide Aktivitäten sind - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - unverzichtbare Bestandteile der Verwaltung einer Fondsbeteiligung mittelbarer Gesellschafter durch einen Treuhänder auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen im Sinne von §§ 662 ff. und 675 f. BGB.

2. Da die der Treuhänderin durch die Beklagten im Treuhandvertrag erteilte Vollmacht somit nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG aF verstößt, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob im Falle einer Unwirksamkeit der der 19 Treuhänderin erteilten Vollmacht gemäß Art. 1 § 1 RBerG aF i.V.m. § 134 BGB die Anwendbarkeit der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft einem Einwendungsdurchgriff der Beklagten entgegenstünde.

Joeres Ellenberger Maihold Matthias Pamp Vorinstanzen:

LG Frankenthal, Entscheidung vom 09.06.2009 - 7 O 213/08 -

OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 15.11.2010 - 7 U 100/09 -