LG Freiburg, Beschluss vom 25.07.2006 - 4 T 173/06
Fundstelle
openJur 2012, 65629
  • Rkr:
Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ettenheim - Vormundschaftsgericht - vom 23.06.2006 (XVII 3/04) wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 159,68 Euro festgesetzt.

4. Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Betroffene steht sei 30.01.2004 unter Betreuung. Sie ist nicht mittellos und wohnt in einem Heim.

Zum ehrenamtlichen Betreuer wurde zunächst Herr xxx für die Aufgabenkreise Geltendmachung von Renten- und SGB-Ansprüchen, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitsfürsorge bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Ettenheim vom 23.02.2005 wurde Herr xxx auf eigenen Wunsch als Betreuer entlassen und die jetzige Betreuerin als Berufsbetreuerin bestellt. Zugleich wurde die Betreuung um den Aufgabenkreis der Vermögenssorge erweitert. Eine zusätzliche Erweiterung erfolgte am 06.05.2005 (Unterbringungsmaßnahmen).

Mit Schreiben vom 18.01.2006 hat die Betreuerin für den Abrechnungszeitraum vom 01.10.2005 - 31.12.2005 eine Vergütung in Höhe von 410,93 Euro geltend gemacht. Mit Beschluss des Amtsgerichts Ettenheim vom 23.06.2006 wurde diesem Antrag lediglich in Höhe von 251,25 Euro stattgegeben. Gegen diesen ihr am 27.06.2006 zugestellten Beschluss hat die Betreuerin mit Schreiben vom 07.07.2006, eingegangen beim Amtsgericht am gleichen Tag, (rechtzeitig) sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Amtsgericht hat in seiner Begründung darauf abgestellt, dass die Betroffene bereits seit dem 30.01.2004 unter Betreuung stand und die jetzige Betreuerin bei Übernahme der Betreuung sich den Zeitraum, der bis zur Übernahme angefallen war, im Rahmen ihres Vergütungsantrags zurechnen lassen müsse. Dementsprechend richte sich die Vergütung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VBVG; Vermögende Heimbewohnerin mit einer Betreuung, die über 12 Monate andauert (= 2,5 h pro Monat).

Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass ihr grundsätzlich eine Vergütung von 4 h pro Monat zustünde (vermögende Heimbewohnerin für einen Betreuungszeitraum zwischen dem 7. und 12. Monat, § 5 Abs. 1 Nr. 3 VBVG). Sie legt allerdings ihrem Antrag vom 30.01.2004 und auch ihrer Beschwerde nicht die nach dieser Vorschrift möglichen vier Stunden pro Monat zu Grunde, sondern beschränkt sich auf den von ihr tatsächlich benötigten Zeitaufwand, den sie für den Betreuungszeitraum vom 01.10.2005 - 31.12.2005 mit 12,267 Stunden angibt. Zur Begründung ihres Antrags und ihrer Beschwerde führt die Betreuerin aus, dass, da der vorherige ehrenamtliche Betreuer die anstehenden Betreuungsaufgaben nicht genügend erledigt habe, ihre eigene Betreuungstätigkeit so zu vergüten sei, als sei die Betreuung erst am 23.02.2005 - also mit ihrer eigenen Bestellung - begonnen worden.

Auf den weiteren Akteninhalt wird verwiesen.II.

Die sofortige Beschwerde der Betreuerin war zurückzuweisen. Zu Recht hat das Amtsgericht für die Betreuervergütung im Falle eines Betreuerwechsels auf den Zeitpunkt der Anordnung der Betreuung abgestellt und nicht auf den Zeitpunkt der Einsetzung der neuen Betreuerin. Da die Betreuung für die Betroffene bereits im Januar 2004 angeordnet wurde, war für den Abrechnungszeitraum vom 01.10.2005 - 31.12.2005 § 5 Abs. 1 ( nicht mittellos), Satz 1 (Heimbewohnerin) Nr. 4 VBVG anzuwenden.

Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, auch im Falle eines im zweiten Betreuungsjahr vorgenommenen Wechsels von einem ehrenamtlichen Betreuer auf einen Berufsbetreuer, die für das zweite Jahr vorgesehene Pauschale anzusetzen.

Dieser Auffassung der Kammer steht die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 06.03.2006 - Az 3 W 3/06 - nicht entgegen. Das OLG Zweibrücken geht in seinem Beschluss zunächst auf zwei obergerichtliche Entscheidungen ein, die die Auffassung der Kammer bestätigen: eine des Oberlandesgerichts Schleswig und eine des Oberlandesgerichts München (OLG Schleswig Beschluss vom 25.01.2006 AZ 2 W 240/05; BayObLG Beschluss vom 09.02.2006 AZ 33 Wx 237/05).

Danach hat das Oberlandesgericht Schleswig ausgeführt, dass kein Anlass bestehe, die Vergütung nach dem Zeitpunkt des Beginnes der Berufsbetreuung zu bemessen. Im konkreten Fall war ein ehrenamtlicher Betreuer wegen mangelnder Eignung entlassen worden, weil er es zu Zahlungsverzögerungen und Kostenrückständen gegenüber dem Pflegeheim hatte kommen lassen.

Nach den Ausführungen des OLG Zweibrücken hat das Oberlandesgericht München in seiner Entscheidung gesehen, dass zwar im Falle des pflichtwidrigen Handelns des Vorbetreuers nicht in Abrede gestellt werden kann, dass vielfach ein erhöhter Zeitaufwand für den nachfolgenden Betreuer nötig wird, um zuletzt ungeordnet gebliebene Verhältnisse in den Griff zu bekommen. Soweit etwaige Haftungsansprüche gegen den früheren Betreuer geltend zu machen seien, seien diese aber nicht zwangsläufig mit dem Zeitkontingenten des § 5 VBVG abzugelten; ein anwaltlicher Betreuer könne insoweit Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB geltend machen und ein sonstiger Betreuer einen Rechtsanwalt beauftragen.

Das OLG Zweibrücken hat eingehend auf die genannte Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichtes mit seinem Beschluss vom 06.03.2006 einem zweiten Betreuer eine Vergütung zugebilligt, die im Falle einer Erstbetreuung hätte gewährt werden müssen. Das OLG Zweibrücken hat aber eine Einzelfallentscheidung getroffen, was auch in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck gebracht wurde. Die Besonderheit des dort behandelten Falles lag darin, dass mit dem Betreuerwechsel eine besondere "Erweiterung" bzw. Konkretisierung des Aufgabenkreises erfolgte: der neue Betreuer wurde nämlich ausdrücklich auch mit dem Wirkungskreis der Geltendmachung von Regressansprüchen der Betroffenen gegenüber dem früheren Betreuer bestellt; ersichtlich war, dass bei der Wirkungskreiserweiterung bereits Ansprüche in Höhe von 140.000,00 Euro im Raum standen. Insoweit war in dem vom OLG Zweibrücken behandelten Fall mit einem zusätzlichen Zeitaufwand des "Zweitbetreuers" zu rechnen, der erst durch die Führung der Erstbetreuung bedingt wurde. Neben der eigentlichen Vermögensbetreuung waren zusätzlich Regressansprüche gegen den früheren Betreuer geltend zu machen.

Vorliegend ist ein mit dem OLG Zweibrücken vergleichbarer Fall hingegen nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin trägt letztendlich vor, dass der Vorbetreuer die Betreuung nicht genügend geführt hätte. Dass die Tätigkeit des Vorbetreuers dazu geführt hat, dass die bei Betreuerwechsel erstmals angeordnete umfangreiche Vermögensbetreuung wesentlich umfangreicher geworden wäre, als sie es ohne sein Tätigwerden gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Bei dieser Konstellation erscheint es daher sachgerecht, bei dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Grundsatz zu bleiben, dass maßgeblich für die Höhe der Vergütungspauschale nicht der Zeitpunkt der Bestellung des aktuellen Betreuers ist, sondern der Zeitpunkt der erstmaligen Einrichtung der Betreuung.

Die sofortige Beschwerde der Betreuerin war daher zurückzuweisen.