Hessischer VGH, Beschluss vom 26.10.1993 - 1 TG 1585/93
Fundstelle
openJur 2012, 20235
  • Rkr:
Gründe

I.

Der Antragsteller möchte mit seinem auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gerichteten Begehren vorläufig bis zur Durchführung eines erneuten Auswahlverfahrens verhindern, daß der Antragsgegner, wie von ihm beabsichtigt, dem Beigeladenen den bei dem Hessischen Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten ausgeschriebenen Dienstposten des Direktors der Hessischen Schutzpolizei überträgt und ihn in die zugehörige Planstelle der Besoldungsgruppe B 3 einweist.

Am 21. Mai 1992 ist der beim Hessischen Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten freigewordene Dienstposten des Direktors der Hessischen Schutzpolizei (Besoldungsgruppe B 3) als Referent des Referats III B 1 - Einsatz der Schutzpolizei, Lagezentrum - polizeiintern zur Besetzung ausgeschrieben worden. In dieser Ausschreibung ist darauf hingewiesen worden, daß Bewerber die Befähigung zum höheren Polizeidienst besitzen müssen. Ferner ist das Anforderungsprofil wie folgt umschrieben worden:

"Gesucht wird eine dynamische und entscheidungsfreudige Persönlichkeit mit Initiative und Durchsetzungsvermögen. Umfangreiches Fachwissen und mehrjährige Erfahrung in der Führung größerer Organisationseinheiten bzw. als leitender Mitarbeiter bei größeren Behörden werden vorausgesetzt."

Um die ausgeschriebene Stelle bewarb sich unter anderem der Antragsteller. Er ist seit 1963 im Polizeidienst tätig. Die II. Fachprüfung bestand er 1970 und die III. Fachprüfung 1976 . Von April 1976 bis März 1980 war er als Hauptsachgebietsleiter und anschließend bis April 1987 als Inspektionsleiter und sodann bis Juli 1990 als stellvertretender Leiter der ... tätig. Seit August 1990 ist er Leiter der ... . Er ist zuletzt mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 zum ... (Besoldungsgruppe A 16) ernannt worden. Anläßlich seiner Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle ist er vom ... am 29. Mai 1992 beurteilt worden. Dabei sind seine Fachkenntnisse wie folgt gekennzeichnet worden: "auffallend weit, extrem weitgehende Rechtskenntnisse und Kenntnisse der Organisations-, Führungs- und Einsatzlehre". Ferner sind hervorgehoben worden seine "allseits anerkannte Bewährung bei Lehr- und Vortragstätigkeit, herausragendes Verhandlungsgeschick, Vorbereitung zu und Teilnahme an parlamentarischen Anhörungen, Mitarbeit im ... . Der Antragsteller wird ferner als "sehr verantwortungsfreudig" beschrieben; sein Pflichtbewußtsein wird als "vorbildlich" gekennzeichnet. In persönlicher Hinsicht entsprechen die ihm vom Beurteiler zugewiesenen Attribute jeweils der höchsten Stufe der vom Hessischen Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten verwendeten Hinweise für die Bearbeitung des Vordrucks "Beurteilung" (Nrn. 15 und 16).

Das Gesamturteil lautet wie folgt:

"Seit Beginn meiner Tätigkeit als ... (1.6.1980) habe ich mit Herrn ... zunächst in dessen Funktion als Leiter der ... anschließend als Vertreter des Leiters der ... und (ab 1.8.1990) als Leiter dieser Abteilung stets eng zusammengearbeitet. Mein Gesamturteil stützt sich sowohl auf die fachliche Eignung von ... zur Führung größerer vollzugspolizeilicher Einheiten als auch auf seine Bewährung bei der verantwortlichen Planung und Durchführung von Großlagen, speziell während der jahrelangen äußerst schwierigen Auseinandersetzungen anläßlich des Ausbaues der Startbahn 18 West.

Alle Aufgaben hat ... mit hohem theoretischen und praktischen Sachverstand sowie einem ausgeprägten Gespür für das jeweils Machbare ausgezeichnet gelöst. Es kam ihm dabei zugute, daß er in nahezu allen vollzugspolizeilichen Bereichen über eigene Erfahrungen verfügt und es versteht, durch sein Vorbild und sein persönliches Engagement zu führen. Er wollte stets überzeugen, nicht schlichtweg kommandieren. Insgesamt verfügt ... über die Eigenschaften, die vom Inhaber vollzugspolizeilicher Spitzenämter zu fordern sind. Er setzt diese Eigenschaften indessen nicht spontan ein, sondern abgewogen, stets prüfend und selbstkritisch. In verschiedenen auch international besetzten Gremien und mit eigenen Veröffentlichungen setzt sich ... über das polizeiliche Tagesgeschäft hinaus engagiert und wirkungsvoll für die Fortentwicklung und Anpassung der Polizei an die Aufgaben der Zukunft ein. Er hat als Fachmann einen ausgezeichneten Ruf, nicht nur im Land Hessen, sondern auch bei der bundesdeutschen Polizei.

Auch das qualifiziert ihn im besonderen Maße für die Übernahme höherer Führungsaufgaben."

Ferner bewarb sich um die ausgeschriebene Stelle der Beigeladene, der seit 1966 im Polizeidienst tätig ist, dabei von August 1982 bis März 1985 als Hauptsachgebietsleiter, von März 1985 bis April 1987 als stellvertretender ... und sodann bis August 1991 als Inspektionsleiter bei dem ... . Seitdem ist er an das Hessische Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten abgeordnet und als Hilfsreferent im Referat III B 1 tätig, in dem Referat also, dessen Referatsleiterdienstposten im Streitfall zu besetzen ist. Der Beigeladene bestand im April 1971 die II. Fachprüfung mit der Note ... und im Juni 1982 die III. Fachprüfung mit der Note ... . Der Beigeladene ist zuletzt mit Wirkung vom 1. April 1991 zum Polizeidirektor (Besoldungsgruppe A 15) befördert worden. Anläßlich der damaligen Bewerbung ist in der Beurteilung vom 26. März 1991 die vom Antragsteller als dessen damaligem unmittelbaren Dienstvorgesetzten erstellt worden ist, abschließend festgestellt worden, der Beigeladene sei "uneingeschränkt geeignet zum Polizeidirektor befördert zu werden."

Anläßlich der Bewerbung um die streitgegenständliche Stelle ist der Beigeladene am 29. Juli 1992 vom Leiter der Abteilung ... beurteilt worden, dessen Ausführungen sich der damalige Staatssekretär im HMdIuE angeschlossen hat. In fachlicher Hinsicht werden dabei "sehr gute und auffallend weite Fachkenntnisse bis ins Detail" attestiert. Hervorgehoben werden ferner "ausgeprägtes Verhandlungsgeschick; anerkannte Mitarbeit in Gremien auf Bundes- und Landesebene (z. B. Neuorganisation, Polizeimaßnahmen bei Großveranstaltungen, Einsatz BGS Flughafen)". In persönlicher Hinsicht entsprechen die zu Nr. 15 des Beurteilungsvordrucks ihm zugewiesenen Attribute der jeweils höchsten, zu Nr. 16 der zweithöchsten Stufe.

Das Gesamturteil lautet wie folgt:

... hat sich seit seinem Dienstantritt ... außergewöhnlich schnell eingearbeitet. Seine Leistungen liegen beträchtlich über dem Durchschnitt. Hohe Fachkompetenz, ausgeprägte Einsatzbereitschaft, feinfühliges Gespür für das Machbare und gute Führungseigenschaften zeichnen den Beamten besonders aus. Er verfügt zudem über besonders wertvolle eigene Erfahrungen in vielfältigen polizeilichen Aufgabenbereichen (vom Einsatz über Unterricht bis zur Technik), die bei seiner Arbeit im Referat III B 1 besonders gut zur Geltung kommen. Sein persönliches Verhalten - vorbildliche Dienstauffassung, zurückhaltend - ausgeglichenes Wesen und abgewogenes Urteil - verdient besondere Anerkennung. Nach Leistungs- und Persönlichkeitsbild zählt ... zu den Spitzenkräften des höheren Dienstes der Hessischen Schutzpolizei."

Am 19. August 1992 haben unter Leitung des früheren Staatssekretärs und unter Beteiligung der Abteilungsleiter I und III, des (damaligen) Direktors der Hessischen Schutzpolizei, der Personalreferentin und des Vorsitzenden des Personalrats mit den einzelnen Bewerbern Vorstellungsgespräche stattgefunden. Hierfür waren jeweils 30 Minuten vorgesehen. Das Vorstellungsgespräch mit dem Antragsteller dauerte nach dessen Angaben 10 - 15 Minuten. Gegenstand des Vorstellungsgesprächs mit dem Antragsteller waren nach seinen Angaben, denen der Antragsgegner nicht entgegengetreten ist, u. a. Fragen nach seinem Hobby und danach, ob er bereit sei, nach möglicher Übernahme des neuen Amtes nach Wiesbaden umzuziehen. Für die Beantwortung der nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Antragstellers einzigen Fachfrage - den Vorstellungen über die mögliche Umorganisation eines Polizeipräsidiums - hat nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Antragstellers nur eine kurze Zeitspanne zur Verfügung gestanden.

Über Verlauf und Inhalt der Vorstellungsgespräche mit den Bewerbern ist am 8. September 1992, also etwa 3 Wochen nach den Vorstellungsgesprächen, von der Personalreferentin ein Vermerk erstellt worden. Darin wird ausgeführt, der Beigeladene sei von allen am Vorstellungsgespräch Beteiligten als der am besten geeignete Bewerber angesehen worden. Er bringe die nötigen Erfahrungen für diese Aufgabe mit und habe sich seit einem Jahr in seiner Tätigkeit als Referent im Referat III B 1 bestens bewährt. Hierzu werde auf seine überdurchschnittliche Beurteilung vom Juli 1992 verwiesen. Auch die anderen Bewerber hätten in ihrer jetzigen Funktion überdurchschnittliche Beurteilungen erhalten. Aus den verschiedensten Gründen, die insbesondere auf persönlicher Kenntnis des Abteilungsleiters III und des Direktors der Hessischen Schutzpolizei ... beruhten, würden die anderen Bewerber für weniger oder gar nicht für diese herausgehobene Führungsposition geeignet gehalten. Da der Beigeladene zuletzt am 29. April 1991 befördert worden sei, solle zum 29. April 1993 eine Sprungbeförderung erfolgen.

Nachdem der Antragsteller am 19. Oktober 1992 bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Begehren gestellt hatte, dem Antragsgegner bis zu einer neuen Auswahlentscheidung die Besetzung der Stelle des Direktors der Hessischen Schutzpolizei mit dem Beigeladenen und dessen Beförderung zu untersagen, ist von der Personalreferentin unter dem 30. Dezember 1992, also etwa 15 Wochen nach den Vorstellungsgesprächen, ein Auswahlvermerk gefertigt worden. Zur fachlichen und persönlichen Eignung des Beigeladenen wird dort im wesentlichen ausgeführt, dessen Leistungen lägen beträchtlich über dem Durchschnitt; ihn zeichne eine hohe Fachkompetenz mit bemerkenswertem Engagement aus; ihm kämen souveränes Führungsverhalten, vielseitige dienstliche Verwendungen, weites dienstliches und soziales Erfahrungsspektrum sowie Ausgeglichenheit und sachbezogene ausgewogene Kompromißfähigkeit zugute. Er genieße hohes fachliches und persönliches Ansehen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auf Referentenebene sowie auch auf Landes- und Bundesebene. Im Vorstellungsgespräch habe der Beigeladene besonders durch Kompetenz und seinen offenen lebendigen Vortrag überzeugt. Bei den gestellten Fragen sei er ohne Umschweife auf die wesentlichen Punkte sehr sachkundig eingegangen. Bei dem Antragsteller handele es sich um einen sehr leistungsfähigen und verantwortungsfreudigen Beamten, der über gutes Organisationsgeschick verfüge. Er stelle an sich und seine Mitarbeiter hohe Ansprüche und habe bei der Bewältigung von komplizierten Einsatzlagen seine Führungsfähigkeiten auf der Ebene des Polizeipräsidiums unter Beweis gestellt. Seine Lehr- und Vortragstätigkeit sei allseits anerkannt. Verhandlungen und Gespräche führe er zielstrebig mit Umsicht. Gelegentlich nähere er sich dabei allerdings "der Schwelle zum Belehrenden bzw. zur Überheblichkeit". Er neige dazu, "seine eigenen Auffassungen zu 'verabsolutieren' und als die allein richtigen hinzustellen". Er lasse sich dabei "gelegentlich von seinen eigenen Ideen 'wegtragen'". Seine Bereitschaft, einmal eingenommene Standpunkte kritisch zu überdenken, sei nicht hinreichend gegeben. In der persönlichen Grundhaltung sei die notwendige Fähigkeit zu differenziertem Denken nicht immer klar hervorgetreten. Die erforderliche Kompromißfähigkeit trete selten zutage. In der dienstlichen Zusammenarbeit seien deshalb von Fall zu Fall unübersehbare Reibungsverluste aufgetreten, die als Referatsleiter und Gruppenleiter in der Polizeiabteilung des Ministeriums nicht vertretbar wären. Im persönlichen Auftreten sei er "verhältnismäßig unflexibel, was sich bis zu einer gewissen 'Dickköpfigkeit ' steigern" könne. Insoweit weiche die Einschätzung des Antragstellers von der des Polizeipräsidenten in ... in dessen Beurteilung vom 29. Mai 1992 ab. Sie beruhe "auf eigenen Erkenntnissen der Mitarbeiter des Ministeriums". Als Beleg für diese Einschätzung sei beispielsweise erwähnenswert das Vorgehen und die Einlassungen des Antragstellers sowie Begleiterscheinungen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seines Artikels "Illusionen-Visionen ?". Wegen des Inhalts dieses Aufsatzes wird auf Blatt 40 bis 81 der Akte Bezug genommen. Wegen der Bewertung des Inhalts und der Art und Weise der Veröffentlichung seitens des Antragsgegners wird auf Seite 3 letzter Absatz bis Seite 5 erster Absatz des Auswahlvermerks Bezug genommen. Im wesentlichen wird dem Antragsteller dabei vorgehalten, er habe den für Neuüberlegungen vorgegebenen Weg der Vorlage auf dem Dienstweg nicht eingehalten, sondern den Weg in die Öffentlichkeit beschritten. Konstruktive Kritik im Polizeibereich sei notwendig und erwünscht, sollte aber zunächst intern auf der fachlichen Ebene diskutiert werden.

Der Inhalt des Vorstellungsgesprächs mit dem Antragsteller und dessen fachliche und persönliche Bewertung werden in dem Auswahlvermerk in folgendem Satz zusammengefaßt: "Im Vorstellungsgespräch wirkte ... zu sehr diszipliniert und konzentriert, wodurch im Vortrag das Lebhafte und die Überzeugung litten. "Zusammenfassend wird in dem Auswahlvermerk festgestellt, daß der Beigeladene nach Leistungs- und Persönlichkeitsbild gegenüber den Mitbewerbern am umfassendsten über die speziellen Eigenschaften und die erforderliche Eignung und Befähigung verfüge, die bei der Besetzung eines so herausragenden Dienstpostens gefordert werden müsse.

Diesen Auswahlvermerk hat der damalige Staatssekretär im Innenministerium am 5. Januar 1993 zustimmend zur Kenntnis genommen.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag mit Beschluß vom 23. Juni 1993 abgelehnt. Eine Sachverhaltsschilderung enthält diese Entscheidung nicht. Zur Begründung wird im wesentlichen darauf hingewiesen, die Auswahlentscheidung sei verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Der Umstand, daß die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen erst am 29. Juli 1992, also nach Ablauf der Bewerbungsfrist erstellt worden sei, gebe zwar zu rechtlichen Bedenken Anlaß, zumal der Erstbeurteiler maßgeblich an der Vorbereitung der Auswahlentscheidung mitgewirkt habe; eine abschließende rechtliche Bewertung dieses Sachverhalts könne jedoch dahinstehen, weil die Auswahlentscheidung nicht wesentlich auf den dienstlichen Beurteilungen beruht habe. Vielmehr sei dem Beigeladenen im wesentlichen deshalb der Vorzug gegeben worden, weil er nach seiner Persönlichkeit der geeignetste Bewerber sei. Die Auswahlentscheidung sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Es erscheine der Kammer nicht sachwidrig, bei der Besetzung einer so herausgehobenen Stelle entscheidend auf die Persönlichkeit der Bewerber abzustellen. Die dem Beigeladenen attestierten Qualitäten rechtfertigten im Verhältnis zu dem vom Antragsteller gewonnenen Persönlichkeitsbild die Auswahlentscheidung.

Gegen den ihm am 24. Juni 1993 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 25. Juni 1993 Beschwerde eingelegt. Unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens (Bl. 1, 2 19 - 57, 102 - 104 d.A.) weist er darauf hin, daß der Antragsgegner die Stelle unter Zugrundelegung eines Anforderungsprofils ausgeschrieben habe, so daß er gehalten sei, im Hinblick auf dieses Anforderungsprofil einen Vergleich der Bewerber vorzunehmen. Im übrigen ergebe sich aus einem bisherigen Werdegang, daß er sechs Jahre länger dem höheren Polizeivollzugsdienst angehöre als der Beigeladene, die größeren Organisationseinheiten geführt habe und in vielfältiger Weise national und international als Vortragender und bei Sonderaufträgen tätig geworden sei. Er habe außerdem sowohl die II. wie die III. Fachprüfung mit einem deutlich besseren Ergebnis bestanden als der Beigeladene. Es sei unzulässig, ihn unter Außerachtlassung des Inhalts der Personalakte ausschließlich aufgrund des Eindrucks in dem kurzen Vorstellungsgespräch und der Einschätzung seiner Person durch Mitarbeiter des Ministeriums, die der Sache nach eine unzulässige Zweitbeurteilung darstelle, abzuqualifizieren, obwohl derartige negative Einschätzungen in keiner der ihm bisher erteilten Beurteilungen auch nur ansatzweise zu finden seien.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung seinem erstinstanzlich gestellten Antrag stattzugeben.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens (B1. 12 - 14, 97 - 101 d. A.) trägt er im wesentlichen vor, der Antragsteller verkenne, daß es weder maßgebend auf seine Leistungen als Leiter einer Schutzpolizeiabteilung einer Großstadt noch auf die Tatsache ankomme, daß er sich sechs Jahre länger im höheren Dienst befinde als der Beigeladene, noch auf sonstige bisherige Leistungen des Antragstellers. Maßgebend sei allein, daß der Beigeladene für den ausgeschriebenen Dienstposten eines Referatsleiters im Hessischen Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten besser geeignet sei. Die dem Antragsteller bisher erteilten Beurteilungen und die Stellungnahme des Polizeipräsidenten in Frankfurt am Main änderten hieran nichts, da sie sich nur auf die derzeit ausgeübte Tätigkeit des Antragstellers bezögen.

Auf Anforderung des Senats hat der Antragsgegner einen Organisationsplan des Referates III B 1 sowie ein Schreiben des Polizeipräsidenten in ... vom 4. Februar 1993 an das Hessische Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten, dessen Beiziehung der Antragsteller erbeten hatte, vorgelegt, indem dieser zu den Aussagen in dem Auswahlvermerk vom 30. Dezember 1992 zur Persönlichkeit des Antragstellers wie folgt Stellung nimmt: Wenn die dort wiedergegebenen Urteile über die Persönlichkeit des Antragstellers zuträfen, hätte er schon die Beförderung des Antragstellers zum stellvertretenden Leiter der ... gar nicht aber seine Berufung zum Leiter der ... vorgeschlagen. Eine Führungskraft, die sich "von ihren eigenen Ideen", wenn auch nur gelegentlich "wegtragen läßt", die "nicht bereit ist, einmal eingenommene Standpunkte kritisch zu überdenken", "bei der (die) Notwendigkeit zu differenziertem Denken nicht immer klar hervortritt", sei für polizeiliche Führungsaufgaben einer Großstadt nicht zu gebrauchen. Die Kompromißfähigkeit des Antragstellers sei in seiner Behörde bis in die letzten Tage erwiesen; sie werde von seinem Vertreter sowie den Abteilungsleitern bestätigt und trage beispielsweise mit der gebotenen engen, aufgeschlossenen Zusammenarbeit zur Kriminalpolizei dazu bei, daß angesichts vielfältiger personeller Engpässe und Aufgabenüberschneidungen Reibungsverluste vermieden würden. Ebensowenig könne er dem Bewerber "Dickköpfigkeit" anlasten, es sei denn, man sehe sie in der standhaften Vertretung fachlicher Einschätzungen, über die man schon einmal geteilter Meinung sein könne.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf die Verfahrensakte, den Auswahlvorgang des Antragsgegners und die Personalakten des Antragstellers und des Beigeladenen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensrechts des Antragstellers die von ihm begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen. Vom Antragsteller ist glaubhaft gemacht worden, daß die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 VwGO vorliegen. Daher ist die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die begehrte einstweilige Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu erlassen.

Der Antragsteller ist durch die Art und Weise des vom Hessischen Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten durchgeführten Auswahlverfahrens und die hierauf beruhende Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen in seinem von Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 134 HV gewährleisteten grundrechtsgleichen Recht auf (chancen-)gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (vgl. BVerfG (3. Kammer), Beschluß vom 19. September 1989, DVBl. 1989, 1247; HessStGH Urteil vom 13. Mai 1992, NVwZ-RR 1993, 201 <202>) verletzt worden. Das Auswahlverfahren ist in mehrfacher Hinsicht nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die unterlaufenen Verfahrensfehler können auch nicht als unerheblich für das Zustandekommen der abschließenden Auswahlentscheidung angesehen werden, da sie im Laufe des Verwaltungsstreitverfahrens nicht geheilt worden sind und nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei ordnungsgemäß durchgeführtem Auswahlverfahren die Auswahlentscheidung zugunsten des Antragstellers ausgefallen wäre.

Der Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG; Art. 134 HV, § 8 Abs. 1 Satz 1 HBG) besagt, daß die Auswahl der Bewerber/innen um einen höherwertigen Dienstposten oder eine Beförderungsstelle im Bereich des öffentlichen Dienstes ausschließlich nach den Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung vorzunehmen ist. Diese materiellen Auswahlkriterien sind dem Dienstherrn mit bindender Wirkung unmittelbar durch die Verfassung vorgegeben (vgl. HessStGH a. a. O.). Da eine Einordnung von Eignung und Leistung einzelner Bewerber/innen auf einer von den vorgenannten Leistungskriterien gebildeten Skala und erst recht ein abstrakter Vergleich mehrerer Bewerber/innen untereinander weder möglich noch sinnvoll ist, bedarf es der Festlegung eines Vergleichsmaßstabs. Eine rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung setzt daher voraus, daß der Dienstherr für den zu besetzenden höherwertigen Dienstposten ein spezifisches Anforderungsprofil festlegt, soweit dies nicht bereits durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsvorschriften vorgegeben ist. Orientiert sich die Auswahlentscheidung nicht an dem dienstpostenbezogenen Anforderungsprofil als Maßstab, kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Dienstherr von seiner Beurteilungsermächtigung fehlerhaft Gebrauch gemacht hat. Ferner hat er auf der Grundlage des gesamten für die persönliche und fachliche Einschätzung von Eignung und Leistung der Bewerber/innen bedeutsamen Inhalts der Personalakten, wobei der letzten, aktuellen Beurteilung wesentliche Bedeutung zukommt, die persönliche und fachliche Eignung der Bewerber/innen im Hinblick auf das spezifische Anforderungsprofil des zu besetzenden Dienstpostens einem Vergleich zu unterziehen und nach Feststellung der insoweit bedeutsamen Tatsachen eine wertende Abwägung und Zuordnung vorzunehmen. Diese Feststellungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen sind schriftlich niederzulegen. Damit wird eine Selbstkontrolle der/s für die Auswahlentscheidung zuständigen Person/Gremiums ermöglicht. Ferner werden die nicht berücksichtigten Bewerber/innen in die Lage versetzt, auf Grund einer Einsichtnahme sachgerecht darüber zu befinden, ob sie die zu ihren Ungunsten ausgefallene Auswahlentscheidung akzeptieren oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen wollen; vor allem dient das Erfordernis der schriftlichen Begründung der Auswahlentscheidung der Gewährleistung tatsächlich wirksamen Rechtsschutzes im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung (st. Rspr. des Senats, vgl. Beschluß vom 10. Oktober 1989 - 1 TG 2751/89 - mit weiteren Nachweisen, NVwZ 1990, 284; Beschluß vom 19. Januar 1993 - 1 TG 2034/92 -); siehe hierzu ferner jüngst BVerfG JZ 1993, 798 <799 f.>). Über dieses formelle Begründungserfordernis hinaus muß die Begründung der Auswahlentscheidung inhaltlich den Bedingungen rationaler Abwägung genügen (vgl. BVerfGE 85, 36 (57ff.)), d. h. vom Gericht nachvollziehbar sein (st. Rspr. des Senats a. a. 0.; siehe ferner Beschluß vom 3. März 1992 - 1 TH 2640/91 -). Die gerichtliche Nachprüfung von Entscheidungen zur Vergabe öffentlicher Ämter anhand des vorstehend skizzierten Kontrollmaßstabs ist den Verwaltungsgerichten zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4, 33 Abs. 2 GG) durch das Grundgesetz aufgegeben (vgl. hierzu BVerfG a. a. 0., DVBl. 1989, 247). Sie ist indessen wegen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Abs. 1 HBG eingeräumten Beurteilungsermächtigung inhaltlich darauf beschränkt, die Einhaltung ihrer Grenzen zu kontrollieren, nämlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwGE 80, 224 <225 f.>).

Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab erweisen sich Auswahlverfahren und -entscheidung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts als in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft.

Die Auswahlentscheidung ist bereits deshalb zu beanstanden, weil der Dienstherr nicht all das beachtet hat, was für die Beurteilung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber bedeutsam ist. Hierzu zählen nach ständiger Rechtsprechung des Senats der bisherige dienstliche Werdegang der Bewerber, wie er sich aus den Personalakten ergibt, insbesondere die aktuellen dienstlichen Beurteilungen, aus denen sich nicht nur die persönliche und fachliche Eignung für den innegehabten Dienstposten ergibt, sondern die auch wichtige Rückschlüsse zulassen auf die voraussichtliche Bewährung auf dem zu besetzenden höherwertigen Dienstposten. Diesen Anforderungen ist im vorliegenden Fall nicht Genüge getan worden. Weder dem Ergebnisvermerk vom 8. September 1992 noch dem - nachgeschobenen - Auswahlvermerk vom 30. Dezember 1992 läßt sich entnehmen, wie das Hessischen Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten bei seiner Auswahlentscheidung die fachliche Eignung des Antragstellers und des Beigeladenen im Hinblick auf das Anforderungsprofil des zu besetzenden Dienstpostens aufgrund ihres bisherigen dienstlichen Werdegangs, vor allem der auf dem bisher von ihnen innegehabten Dienstposten erbrachten Leistungen bewertet hat. Insbesondere ergibt sich aus den Vermerken nicht, welcher der beiden Bewerber fachlich besser geeignet ist bzw., sollte von gleicher fachlicher Eignung ausgegangen worden sein, warum dies der Fall ist. Dabei wäre zu berücksichtigen und sodann in die vergleichenden Erwägungen aufzunehmen und schriftlich zu fixieren gewesen u. a. Ergebnisse der II. und III. Fachprüfung, Art, Umfang und Zeitdauer der bisher, insbesondere auf dem letzten Dienstposten erworbenen Berufserfahrung und die dabei erfolgte Bewährung, aber auch etwaige Zusatzqualifikationen, soweit sie im Hinblick auf das Anforderungsprofil des zu besetzenden Dienstpostens von Bedeutung sind. Die vom Ministerium vertretene und vom Verwaltungsgericht nicht beanstandete Auffassung (S. 4, 1. Absatz des Beschlußabdrucks), auf den Inhalt der (letzten) dienstlichen Beurteilung, ja auf den Inhalt der Personalakten insgesamt komme es nicht an, da die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen ausschließlich auf seiner besseren persönlichen Eignung beruhe, im übrigen beziehe sich die letzte Beurteilung des Antragstellers nur auf den bisher innegehabten Dienstposten, sie sei daher für die Entscheidung über die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle ohne Aussagewert, ist bereits logisch nicht nachvollziehbar, da die bisherigen Beurteilungen auch Aufschluß über die persönliche Eignung eines Beamten geben, und im übrigen rechtlich unhaltbar. Wäre dies nämlich richtig, wären Beurteilungen überhaupt entbehrlich, da höherwertige Dienstposten fast immer ein abweichendes, spezifisches Anforderungsprofil aufweisen. Aufgabe und Funktion einer Beurteilung ist es aber gerade, nicht nur über die bisherige Eignung und Leistung eines Beamten Aufschluß zu geben, sondern auch eine Prognose zu ermöglichen, ob er den Aufgaben eines höherwertigen Dienstpostens gewachsen ist. Demgemäß sieht § 22 Abs. 2 Satz 2 HLVO vor, daß das Gesamturteil einen Vorschlag für die weitere dienstliche Verwendung enthalten kann. Auf den Streitfall übertragen folgt hieraus: Das Ministerium hätte auf der Grundlage der den Bewerbern erteilten dienstlichen Beurteilungen, insbesondere der letzten, Leistung und Eignung mit Blick auf die teils unterschiedlichen, teils übereinstimmenden Anforderungsprofile der derzeitigen und der zu besetzenden Stelle vergleichen und von dieser Grundlage ausgehend eine Prognose erstellen müssen. Aufgrund des Akteninhalts kann daher nicht ausgeschlossen werden, daß der Dienstherr bei seiner nunmehr erneut zu treffenden Entscheidung über die Eignung der Bewerber, insbesondere unter der gebotenen Berücksichtigung der letzten dienstlichen Beurteilung zu dem Ergebnis kommt, daß der Antragsteller für den zu besetzenden Dienstposten fachlich besser geeignet ist.

Dem Auswahlvermerk vom 30. Dezember 1992 ist zwar zu entnehmen, daß das Hessische Ministerium des Innern und für Europaangelegenheiten den Beigeladenen persönlich für den Dienstposten des Direktors der Schutzpolizei für besser geeignet hält als den Antragsteller. Diese Einschätzung vermag jedoch die getroffene Auswahlentscheidung aus verschiedenen Gründen nicht zu tragen. Zum einen fehlt es an der erforderlichen Abwägung zwischen der persönlichen und der fachlichen Eignung. Zum anderen sind - wie noch auszuführen sein wird - die Feststellungen des Ministeriums hinsichtlich der persönlichen Eignung - jedenfalls des Antragstellers - fehlerhaft zustande gekommen, so daß die Auswahlentscheidung auch unter diesem Gesichtspunkt zu beanstanden ist. Zwar ist die Entscheidung des Ministeriums, mit den Bewerbern ein Vorstellungsgespräch zu führen, nicht nur nicht zu beanstanden, sondern - bei ordnungsgemäßer Durchführung - sogar geeignet, eine breitere Grundlage für eine sachgerechte Auswahlentscheidung zu schaffen (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Dezember 1992 - 1 TG 1724/92 -). Wird jedoch, wie dies ausweislich der Darlegungen des Ministeriums bei der hier zur Überprüfung gestellten Auswahlentscheidung der Fall gewesen ist, entscheidend auf den persönlichen und/oder fachlichen Eindruck abgestellt, den die Bewerber im Vorstellungsgespräch hinterlassen haben, wird also dem Ergebnis des Vorstellungsgesprächs ein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen, muß die Durchführung eines derartigen Vorstellungsgesprächs den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Abs. 1 HBG in der Weise genügen, daß alle Bewerber tatsächlich die gleiche Chance haben, ihre fachliche und persönliche Eignung unter Beweis zu stellen. Auch wird dem Vorstellungsgespräch oder einer anderen Form der Überprüfung von persönlicher und fachlicher Eignung der Bewerber regelmäßig nur dann derart ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden können, wenn das bisherige Leistungsbild im Blick auf das Anforderungsprofil etwa gleich ist. Ansonsten könnte ausschließlich die "Tagesform" zugunsten eines Bewerbers entscheiden, der nach dem Inhalt der Personalakten und auch der aktuellen Beurteilung leistungsmäßig (deutlich) schwächer einzustufen ist. In diesen Fällen wird dem Ergebnis der Vorstellungsgespräche (lediglich) die Bedeutung eines Auswahlkriteriums neben anderen beizumessen sein (vgl. zum Vorstehenden Senatsbeschluß vom 20. April 1993 - 1 TG 709/93 - S. 4 f. des Umdrucks; HambOVGBeschluß vom 16. Oktober 1991, NVwZ-RR 1992, 669 f.). Ferner sind an Durchführung und Protokollierung derartiger Vorstellungsgespräche erhöhte Anforderungen zu stellen. So muß allen Bewerbern ein gleicher und ausreichend großer Zeitraum eingeräumt werden, es müssen jeweils die gleichen Fachthemen zur Beantwortung oder Diskussion gestellt werden, um einen Vergleich zu ermöglichen, und die gestellten Themen sowie die Antworten müssen in den Grundzügen ebenso wie der persönliche Eindruck von den Bewerbern aus Gründen der Nachprüfbarkeit schriftlich niedergelegt werden (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 9. Dezember 1992 - 1 TH 1724/92 -). Diese Niederschrift muß zeitnah erfolgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn bei der Auswahlentscheidung maßgeblich auf den persönlichen Eindruck abgestellt wird.

Diesen Anforderungen genügen die mit den Bewerbern am 19. August 1992 geführten Vorstellungsgespräche offensichtlich nicht. Nach den Angaben des Antragsgegners war für die Vorstellung jedes Bewerbers eine halbe Stunde "vorgesehen" (Schriftsatz vom 19. März 1993, S. 4). Nach den - insoweit nicht substantiiert bestrittenen - Angaben des Antragstellers dauerte das Vorstellungsgespräch mit ihm allenfalls 15 Minuten. Der Antragsgegner trägt (a.a.O.) vor, das Vorstellungsgespräch habe eine eigenständige Bedeutung gehabt, die vor allem darin bestanden habe, daß sich die Teilnehmer einen Eindruck von der Persönlichkeit des Bewerbers im Hinblick auf die besonderen Anforderungen des Dienstpostens hätten verschaffen können. Der Senat hat indessen durchgreifende Zweifel daran, ob dieses Ziel - nicht nur wegen der Kürze der Zeit - hat erreicht werden können. Der Auswahlvermerk vom 30. Dezember 1992 beschränkt sich in seinem Aussagegehalt hinsichtlich des persönlichen und fachlichen Eindrucks, den der Beigeladene und der Antragsteller in den Vorstellungsgesprächen hinterlassen haben, auf folgende kursorische Feststellungen: "Im Vorstellungsgespräch überzeugte ... besonders durch Kompetenz und seinen offenen lebendigen Vortrag. Beiden gestellten Fragen ging er ohne Umschweife auf die wesentlichen Punkte sehr sachkundig ein." Zu dem Antragsteller wird angeführt: "Im Vorstellungsgespräch wirkte ... zu sehr diszipliniert und konzentriert, wodurch im Vortrag das Lebhafte und die Überzeugung litten."

Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß weder die Durchführung der Vorstellungsgespräche den verfahrensrechtlichen Anforderungen genügt noch mit diesen Feststellungen der Antragsgegner in einer für den Senat rational nachvollziehbaren Weise dargelegt hat, warum aufgrund des fachlichen und persönlichen Eindrucks im Vorstellungsgespräch der Beigeladene für den ausgeschriebenen Dienstposten besser geeignet sein soll, als der Antragsteller.

Im übrigen ist bei der gegebenen Sachlage - ausschlaggebende Bedeutung des persönlichen Eindrucks zweier Bewerber im Vorstellungsgespräch - den Anforderungen an die schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen, wie sie der Senat in ständiger Rechtsprechung fordert, nicht Genüge getan. Der Ergebnisvermerk vom 8. September 1992 ist - wohl auch nach Auffassung des Antragsgegners - von vornherein nicht geeignet, den vorgenannten Anforderungen zu entsprechen, da aus ihm die die Auswahlentscheidung tragenden wesentlichen Gesichtspunkte persönlicher und fachlicher Art ebensowenig wie eine Abwägung zwischen den einzelnen Bewerbern zu entnehmen sind. Der - nachgeschobene Auswahlvermerk vom 30. Dezember 1992 ist - als Gedächtnisprotokoll - erst 4 1/2 Monate nach den Vorstellungsgesprächen angefertigt worden. Jedenfalls dann, wenn - wie hier - dem persönlichen Eindruck der Bewerber ausschlaggebende Bedeutung beigemessen wird, genügt ein mit einer derart großen zeitlichen Distanz gefertigter Vermerk nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Senats. Der Auswahlvermerk vom 30. Dezember 1992 ist daher jedenfalls in seinen zuvor zitierten Passagen nicht geeignet, die Auswahlentscheidung zu tragen.

Sie leidet darüber hinaus im Zusammenhang mit der Bewertung der Persönlichkeit des Antragstellers an einem weiteren Fehler. Die die Persönlichkeit und damit auch die persönliche Eignung des Antragstellers für den zu besetzenden Dienstposten betreffenden Aussagen auf Seite 3 Abs. 3 bis Seite 5 oben des Auswahlvermerks vom 30. Dezember 1992 genügen nicht den Bedingungen rationaler Nachvollziehbarkeit. Es ist weder aus diesem Auswahlvermerk ersichtlich noch vom Antragsgegner im Laufe des Verwaltungsstreitverfahrens vorgetragen worden, welchen Personen des Ministeriums diese Einschätzungen, die außerhalb des Vorstellungsgesprächs gewonnen worden sind, zuzuordnen sind. Der Hinweis, diese Einschätzung beruhe "auf eigenen Erkenntnissen der Mitarbeiter des Ministeriums" im Vermerk vom 30. Dezember 1992, S. 3, ist nicht geeignet, dem Senat ein Nachvollziehen dieser Werturteile zu ermöglichen. Sie könnten im Rahmen der Auswahlentscheidung nur dann zulässigerweise Berücksichtigung finden, wenn aus dem Vermerk selbst ersichtlich oder von dem Antragsgegner im Laufe des Verfahrens dargetan worden wäre, daß diese Werturteile einer Person zuzuordnen sind, die aufgrund ausreichend langer und intensiver persönlicher Zusammenarbeit mit dem Antragsteller in der Lage gewesen ist, solche persönlichen Einschätzungen sachgerecht vorzunehmen. Diesem Umstand kommt im Streitfall deswegen besondere Bedeutung zu, weil diese Werturteile bei der Auswahlentscheidung offenbar zu Ungunsten des Antragstellers eine ausschlaggebende Rolle gespielt haben, gleichzeitig jedoch in diametralem Widerspruch zu allen bisherigen Beurteilungen des Antragstellers und dem übrigen Inhalt seiner Personalakte stehen (vgl. hierzu Hamb. OVG a. a. 0.). Zudem hat der Antragsteller in Abrede gestellt, daß Ausmaß und Intensität seiner dienstlichen Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Ministeriums diesen eine hinreichend sichere Grundlage für die ansonsten dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten im Rahmen der ihm obliegenden Beurteilung vorbehaltene Bewertung der Persönlichkeit eines Beamten bieten konnte. In Kenntnis dieses Vortrags und der nunmehr auf Aufforderung des Senats vom Antragsgegner vorgelegten Stellungnahme des Polizeipräsidenten in ... vom 4. Februar 1993 hat es der Antragsgegner unterlassen, die Person zu benennen, deren Kenntnisse über die Persönlichkeit des Antragstellers die zuvor in Bezug genommenen Feststellungen rechtfertigen konnten. Nur in diesem Fall wäre es dem Senat möglich gewesen nachzuprüfen, ob diese Werturteile über die Persönlichkeit des Antragstellers geeignet sein können, die über den Antragsteller vom Polizeipräsidenten in ... unter dem 29. Mai 1992 erstellte letzte dienstliche Beurteilung hinsichtlich seiner Persönlichkeit zu "ersetzen". Die hierdurch aufgeworfenen zahlreichen weiteren Probleme bedürfen indessen keiner Vertiefung, da aus den vorgenannten Gründen dieser Teil der Auswahlerwägungen nicht nachvollziehbar und daher nicht geeignet ist, die Auswahlentscheidung zu tragen.

Vorsorglich weist der Senat des weiteren darauf hin, daß er auch die den Inhalt des bei den Akten befindlichen Aufsatzes des Antragstellers "Illusionen-Visionen ?" und dessen Zustandekommen bzw. dessen Veröffentlichung betreffenden Ausführungen in dem Auswahlvermerk, die bei der Auswahlentscheidung offenbar zu Lasten des Antragstellers verwertet worden sind, nicht ohne weiteres nachzuvollziehen vermag. Hierbei berücksichtigt der Senat, daß sich insoweit die Darstellungen des Antragstellers und des Antragsgegners weitgehend widersprechen, so daß im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens keine der beiden Darstellungen als zutreffend zugrunde gelegt werden kann.

Abschließend weist der Senat darauf hin, daß die von Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Abs. 1 HBG zur Sicherung des grundrechtsgleichen Rechts eines Bewerbers auf chancengleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Maßgabe von Eignung und Leistung geforderten und vom Senat in Konkretisierung dieser rechtlichen Vorgaben aufgestellten Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren für die Verwaltung nicht unzumutbar sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die verfahrensrechtlichen Anforderungen der Bedeutung der in Rede stehenden Personalentscheidungen für die nicht berücksichtigten Bewerber, für die sie einen Grundrechtseingriff darstellen, aber auch dem öffentlichen Interesse an bestmöglicher Besetzung öffentlicher Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes entsprechen müssen.

Der Antragsgegner hat als unterlegener Teil die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen zu tragen, die nicht erstattungsfähig sind (§ 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 und § 17 Abs. 3 in entsprechender Anwendung sowie auf § 20 Abs. 3 GKG. Seine Höhe entspricht dem Betrag, von dem das Verwaltungsgericht bereits für das erstinstanzliche Verfahren zutreffend ausgegangen ist.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).