BPatG, Beschluss vom 09.06.2011 - 10 W (pat) 37/08
Fundstelle
openJur 2011, 117119
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Der Antragsteller war eingetragener Inhaber des deutschen Patents 199 11 003.4 mit der Bezeichnung "Einrichtung zum Einleiten von Flüssigkeit in einen Speicher", das auf eine Anmeldung vom 12. März 1999 zurückging und vom Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) mit Beschluss vom 8. August 2001 erteilt worden war.

Nachdem die Gebühr für das 8. Patentjahr am 31. März 2006 fällig geworden und diese Gebühr nicht innerhalb des "zuschlagfreien" Zeitraums von zwei Monaten entrichtet worden war, hat das DPMA den Antragsteller mit einer Mitteilung vom 9. August 2006 zu benachrichtigen versucht, dass die Aufrechterhaltung des Patents von der Zahlung einer Gebühr in Höhe von 240,00 € zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 50,00 € (insgesamt 290,00 €) bis zum 2. Oktober 2006 abhänge. Die formlos abgesandte Mitteilung kam mit dem Postvermerk "Empfänger/Firma unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" an das Amt zurück. Eine fristgerechte Zahlung erfolgte nicht.

Mit Eingabe vom 29. März 2007, eingegangen beim DPMA am selben Tag, hat der Antragsteller zu der von ihm versäumten Zahlungsfrist einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Die 8. Patentjahresgebühr nebst dem Zuschlag (290,00 €) hatte er bereits zuvor mit Einzugsermächtigung vom 15. März 2007 nachentrichtet. Er hat zu seinem Antrag ausgeführt, die Versäumung der Zahlungsfrist beruhe auf einer Verkettung unglücklicher Umstände und sei unverschuldet gewesen. Die Mitteilung des DPMA vom 9. August 2006, mit der er auf den drohenden Verlust seines Patents hingewiesen werden sollte, habe ihn wegen einer zwischenzeitlich erfolgten Adressänderung nicht erreicht.

Mit Beschluss vom 1. Oktober 2007 hat das DPMA -Patentabteilung 25 -den Wiedereinsetzungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, die Zurückweisung erfolge aus den Gründen des Zwischenbescheides vom 26. Juni 2007, auf den der Antragsteller nichts erwidert habe. Der Zwischenbescheid nennt als Grund für die voraussichtliche Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags, dass der Antragsteller die übliche und zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen habe. Er habe sich nicht selbst über etwaige Zahlungstermine informiert, sondern sich auf den Zugang einer amtlichen Mitteilung verlassen. Der Antragsteller habe nicht vorgetragen, ob und gegebenenfalls welche sonstigen Vorkehrungen er getroffen habe, um die Einhaltung von Zahlungsfristen zu gewährleisten. Die in Rede stehende Zahlungsfrist sei daher nicht unverschuldet versäumt worden. Ferner sei nicht klar, warum der Antragsteller erst am 15. März 2007 die Gebühr nachgezahlt und am 29. März 2007 seinen Wiedereinsetzungsantrag gestellt habe. Da offen geblieben sei, bis wann beim Antragsteller ein Hindernis vorgelegen habe, die Nachzahlung der Gebühr vorzunehmen, sei auch nicht erkennbar, ob der Antrag -wie in § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG vorgeschrieben -rechtzeitig innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses beim DPMA eingegangen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß), den Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts -Patentabteilung 25 -vom 1. Oktober 2007 aufzuheben und ihn in die Frist zur Zahlung der 8. Patentjahresgebühr nebst dem Zuschlag wiedereinzusetzen.

Zur Begründung hat der Antragsteller im Wesentlichen vorgetragen, die Ablehnung der Wiedereinsetzung beruhe auf mehreren Missverständnissen. Es treffe nicht zu, dass er auf den Zwischenbescheid der Patentabteilung vom 26. Juni 2007 nicht reagiert habe. Darüber hinaus habe er bereits vor und auch nach dem Zwischenbescheid mehrfach telefonischen Kontakt mit Bediensteten des DPMA aufgenommenen. Er habe den Bescheid schließlich mit einer Eingabe vom 18. Juli 2007 beantwortet und dargelegt, dass er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen sei. Seine neue und nach wie vor aktuelle Postanschrift habe er seinerzeit dem DPMA mit einem Fax vom 13. Dezember 2004 mitgeteilt, was aber vom Amt offenbar nicht berücksichtigt worden sei. Selbstverständlich sei damals bei der Post auch ein Nachsendeantrag gestellt worden.

Die zuständige Patentabteilung hat der Beschwerde nicht abgeholfen und deren Vorlage an das Bundespatentgericht verfügt.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung, mit der dem Antragsteller die beantragte Wiedereinsetzung versagt wurde, erweist sich im Ergebnis als zutreffend. Die hiergegen vom Antragsteller erhobenen Einwände verhelfen seiner Beschwerde nicht zum Erfolg.

1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft. Der Antragsteller hat im Sinne der Wiedereinsetzungsvorschrift des § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG eine Frist, deren Versäumung einen Rechtsnachteil zur Folge hat, versäumt. Die nach § 17 Abs. 1 PatG zu zahlende 8. Patentjahresgebühr war gemäß § 3 Abs. 2 PatKostG am 31. März 2006 fällig geworden, konnte gemäß § 7 Abs. 1 PatKostG bis zum 31. Mai 2006 zuschlagfrei und -da der 30. September 2006 ein Samstag war noch bis zum 2. Oktober 2006 mit Verspätungszuschlag gezahlt werden. Die Zahlung erfolgte jedoch erst am 15. März 2007 -also mehr als fünf Monate zu spät. Der Antragsteller hat nicht in Abrede gestellt, dass er die Zahlungsfrist versäumt habe. Wegen der verspäteten Zahlung der Jahresgebühr ist das Patent gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG i. V. m. § 7 Abs. 1 PatKostG mit Wirkung zum 3. Oktober 2006 erloschen.

2. Die Beschwerde muss bereits deshalb erfolglos bleiben, weil die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags nicht festgestellt werden kann. Nach § 123 Abs. 2 Sätze 1 und 3 PatG muss ein Wiedereinsetzungsantrag, um zulässig zu sein, innerhalb von zwei Monaten "nach Wegfall des Hindernisses" beantragt werden; innerhalb dieser Frist muss auch die versäumte Handlung nachgeholt worden sein. Auf diese Antragsfrist war der Antragsteller im Zwischenbescheid des DPMA vom 26. Juni 2007, den er auch unstreitig erhalten hat und auf dessen Begründung sich der angefochtene Beschluss bezieht, hingewiesen worden.

Ein "Wegfall des Hindernisses" tritt im Zusammenhang mit einer nicht fristgerechten Zahlung dann ein, sobald der Zahlungsschuldner bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt die Versäumung hätte erkennen können, in jedem Falle aber mit seiner positiven Kenntnis von der Fristversäumung (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rn. 28). Hierbei gilt, dass der Antragsteller von sich aus die tatsächlichen Abläufe, aus denen sich die die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Umstände ergeben, verständlich und geschlossen schildern muss (vgl. BGH NJW 2008, 3501, 3502). Bereits der Umstand, dass der Antragsteller nicht mitgeteilt hat, wann er die Versäumung der Zahlungsfrist erkannt hat, gereicht ihm daher zum Nachteil. Damit kann seinem Vortrag nicht entnommen werden, ob die am 15. März 2007 erfolgte Nachzahlung der 8. Patentjahresgebühr (nebst dem Zuschlag) und der am 29. März 2007 gestellte Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht erfolgt sind.

Die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags kann aber letztlich dahingestellt bleiben, da eine Wiedereinsetzung jedenfalls in der Sache nicht gewährbar ist.

3. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG darf eine Wiedereinsetzung nur dann gewährt werden, wenn ein Antragsteller glaubhaft dargelegt hat, dass er ohne Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Im Streitfall fehlt es hieran.

Den Ausführungen des Antragstellers ist zu entnehmen, dass er auf eine eigene Kontrolle von Zahlungsfristen komplett verzichtet hat. Stattdessen hat er sich auf die Übersendung jener Gebührenmitteilungen verlassen, die das DPMA zu Patenten und Patentanmeldungen nach Fälligkeit des Verspätungszuschlages als unverbindliche Serviceleistung formlos versendet (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG mit EPÜ, 8. Aufl., § 17 Rn. 48). Hierin ist ein Verstoß des Antragstellers gegen die ihm zumutbare Sorgfalt zu sehen; dies gilt auch unter Berücksichtigung seiner schriftlichen Erwiderung vom 18. Juli 2007, mit der er auf den Zwischenbescheid des DPMA vom 26. Juni 2007 geantwortet hatte und die -unstreitig -durch ein Versehen des Amtes erst nach Erlass des angefochtenen Beschlusses zur Amtsakte gelangt ist.

Bei der Beurteilung des Verschuldens ist von einer üblichen, im Einzelfall zumutbaren Sorgfalt auszugehen (vgl. BGH NJW 1985, 1709, 1710; BPatGE 24, 127, 129; BPatGE 24, 140, 142; Schulte a. a. O., § 123 Rn. 78 m. w. N.). Das Maß der Sorgfalt richtet sich somit nach den persönlichen Fähigkeiten des Säumigen (BPatGE 24, 140, 142). Deshalb ist hier zu berücksichtigen, dass der Antragsteller sowohl Ingenieur als auch Geschäftsführer eines Unternehmens ist. Ein solcher Patentinhaber darf nicht darauf vertrauen, dass ihm die Gebührenmitteilungen des DPMA regelmäßig und lückenlos zugesandt werden, und er kann daher aus dem Ausbleiben einer Gebührenmitteilung keine Rechte herleiten (Senatsbeschluss vom 21. Februar 2006 -Az. 10 W (pat) 49/04 -vgl. im Internet bei JURIS¨). Dies gilt umso mehr, als der Verlust von Briefsendungen im Bereich der Deutschen Post AG heutzutage weder unvorhersehbar noch ungewöhnlich ist (VG des Saarlandes, Urteil vom 31. März 2010 -Az. 11 K 700/08 -vgl. im Internet bei JURIS¨). Somit kommt es auf den Umstand, dass das DPMA seinerzeit offenbar die Änderung der Postadresse des Antragstellers übersehen hatte, nicht in entscheidungserheblicher Weise an. Dagegen hat die Patentabteilung den angefochtenen Beschluss zu Recht darauf gestützt, dass der Antragsteller bei der Verwaltung seines Patents nicht sorgfältig genug vorgegangen war und hierdurch die entsprechende Zahlungsfrist in schuldhafter Weise versäumt hat.

4. Da bereits der vorgetragene Sachverhalt eine Wiedereinsetzung nicht rechtfertigt, konnte auf dessen Glaubhaftmachung verzichtet werden.

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