BVerfG, Beschluss vom 02.10.2003 - 1 BvR 536/03
Fundstelle
openJur 2011, 118776
  • Rkr:
Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das (Vereins-)Verbot des so genannten Kalifatstaats.

1. Unter dem 8. Dezember 2001, dem Tag des In-Kraft-Tretens des Ersten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes vom 4. Dezember 2001 (BGBl I S. 3319), durch welches das so genannte Religionsprivileg im Vereinsgesetz (im Folgenden: VereinsG) gestrichen worden ist, hat das Bundesministerium des Innern den Beschwerdeführer zu 1, den Kalifatstaat des Metin Kaplan, einen Ausländerverein im Sinne des § 14 Abs. 1 VereinsG, und die diesem gehörende Beschwerdeführerin zu 2, einen ausländischen Verein im Verständnis des § 15 Abs. 1 VereinsG, verboten. Die Klage der Beschwerdeführer gegen das Verbot hat das Bundesverwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil (DVBl 2003, S. 873) abgewiesen:

Die Aufhebung des Religionsprivilegs in § 2 Abs. 2 Nr. 3 VereinsG a.F., dem zufolge Religionsgemeinschaften keine Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes waren, sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Erstreckung der Verbotstatbestände in § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG auf Religionsgemeinschaften - eine solche sei der Beschwerdeführer zu 1 - sei jedenfalls insoweit verfassungsrechtlich unbedenklich, als es um die Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen gehe. Ungeachtet möglicher Unterschiede in der verfassungsrechtlichen Ableitung sei anerkannt, dass die Vereinsfreiheit der Religionsgemeinschaften gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 2 WRV ihre Schranke grundsätzlich in den Gefahren für die verfassungsmäßige Ordnung finde. Der schwerwiegende Eingriff des Verbots einer religiösen Vereinigung sei angesichts des Gewichts, das die Freiheit des religiösen Bekenntnisses in der verfassungsrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes habe, aber nur gerechtfertigt, wenn er bei der Abwägung der kollidierenden Verfassungsgüter nach dem Grundsatz eines schonenden Ausgleichs (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) unerlässlich sei, was in der Regel nur der Fall sei, wenn sich die Vereinigung gegen die in Art. 79 Abs. 3 GG genannten Verfassungsgrundsätze richte.

Beim Beschwerdeführer zu 1 und der Beschwerdeführerin zu 2, die dessen Aktivitäten unmittelbar und ausschließlich fördere und seine Ziele verfolge, sei dies der Fall. Sie wendeten sich gegen die in Art. 79 Abs. 3 GG genannten Grundelemente der verfassungsmäßigen Ordnung und erfüllten damit die Voraussetzungen für ein Verbot gemäß § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG. Denn sie lehnten die Demokratie und die rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes ab. Grundlage der staatlichen Herrschaftsordnung sei ihrer Ansicht nach ausschließlich der Wille Allahs. Der Kalifatstaat verstehe sich als real existierender Staat mit eigener Staatsgewalt, der das Gewaltmonopol der Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkenne. Die Beschwerdeführer legitimierten auf diese Weise, dass sich ihre Mitglieder über die deutschen Gesetze hinweg- und die Vorstellungen des Kalifatstaats mit Gewalt durchsetzten.

So sei der Vertreter des Beschwerdeführers zu 1, Metin Kaplan, in der Lage gewesen, Mitglieder des Kalifatstaats unter Einsatz religiösrechtlicher Autorität und Schaffung aufhetzender Begleitumstände gezielt zur Gewaltanwendung aufzurufen. Dabei habe er für sich in Anspruch genommen, die Ermordung des "falschen Kalifen" S. als dem Willen Allahs entsprechend und damit religiös geboten zu legitimieren, und diesen Anspruch in einer Weise umgesetzt, die mit den Grundsätzen des Rechtsstaats schlechthin unvereinbar sei. Der Anspruch der Beschwerdeführer auf legitime Gewaltanwendung auch in der Bundesrepublik Deutschland sei daher nicht nur theoretischer Natur, sondern bereits verwirklicht worden.

Zur aggressiv-kämpferischen Haltung der Beschwerdeführer gegenüber Demokratie und Rechtsstaat trete hinzu, dass sie die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte nicht achteten, sondern in schwerwiegender und die Menschenwürde verletzender Weise missachteten. Jedenfalls seien die dem Beschwerdeführer zu 1 zuzurechnenden Äußerungen in der verbandseigenen Zeitung "ÜMMET-I MUHAMMED" über Juden und führende Politiker der Türkei von Ausdrücken geprägt, die - auch unter Berücksichtigung des vorgetragenen Zusammenhangs mit der politischen Auseinandersetzung - nicht mehr als bloße Rhetorik verstanden werden könnten, sondern eine menschenverachtende Intoleranz erkennen ließen.

Die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes seien gewahrt, weil weder Strafverfahren gegen Führer und Mitglieder des Beschwerdeführers zu 1 noch behördliche Verbote politischer Betätigung zu einer Eindämmung seiner Aktivitäten geführt hätten und die verfassungsmäßige Ordnung durch die Zielsetzung und Organisation des Kalifatstaats als solche und nicht nur durch bestimmte Tätigkeiten oder das Verhalten einzelner Funktionäre gefährdet werde.

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 20 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG.

Durch die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz habe der Gesetzgeber in das vorbehaltlos gewährte Grundrecht aus Art. 4 GG eingegriffen. Dies sei nicht durch den Schutz der Grundrechte Dritter oder anderer Rechtsgüter mit Verfassungsrang gerechtfertigt. Die Verhältnisse im Kalifatstaat hätten sich auf der Grundlage der Auseinandersetzung mit dem religiösen Widersacher S. erheblich verändert. Insoweit seien die Eingriffsmöglichkeiten durch Verwaltungsmaßnahmen und Strafgesetze ausreichend und ein Vereinsverbot nicht erforderlich. Art. 4 GG sei auch deshalb verletzt, weil die Verbotsverfügung ohne vorherige Anhörung ergangen sei.

Des Weiteren liege ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG deswegen vor, weil das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht angenommen habe, dass es sich bei der Streichung des Religionsprivilegs nicht um einen Fall echter Rückwirkung handele. Bis zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung seien Bestand und Handeln des Kalifatstaats durch das Religionsprivileg geschützt gewesen.

Schließlich verletze die angegriffene Entscheidung Art. 3 Abs. 1 GG, weil das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei von 1963 für türkische Wanderarbeiter nicht nur ein Recht auf Arbeit und Aufenthalt, sondern auch ein Recht auf Vereinigung begründe.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

1. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) nicht zu.

Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung hat eine Verfassungsbeschwerde nur, wenn diese eine Frage aufwirft, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lässt und noch nicht durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt ist oder durch veränderte Verhältnisse neu klärungsbedürftig geworden ist. Dabei muss die aufgeworfene Frage für die mit der Verfassungsbeschwerde erstrebte Entscheidung erheblich sein (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>; 96, 245 <248>). Danach liegt die Annahmevoraussetzung des § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG hier nicht vor.

Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, den die Beschwerdeführer vor allem für verletzt halten, die Religionsfreiheit zwar vorbehaltlos, aber nicht schrankenlos garantiert. Nach dem Grundsatz der Einheit der Verfassung können auch den Freiheiten des Art. 4 GG durch andere Bestimmungen des Grundgesetzes Grenzen gezogen werden (vgl. BVerfGE 32, 98 <107 f.>; 33, 23 <29>; 52, 223 <246 f.>). Solche Grenzen können sich vor allem aus kollidierenden Grundrechten anderer Grundrechtsträger (vgl. BVerfGE 41, 29 <50>; 52, 223 <247>), aber auch aus anderen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgütern ergeben (vgl. BVerfGE 28, 243 <261>; stRspr). Dabei ist der Konflikt mit den anderen verfassungsrechtlich geschützten Gütern nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (vgl. BVerfGE 93, 1 <21> m.w.N.). Die Ausführungen der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift lassen entscheidungserhebliche verfassungsrechtliche Fragen mit einem darüber hinausgehenden Klärungsbedarf nicht erkennen.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der von den Beschwerdeführern als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Es kann nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Entscheidung gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und 2 oder Art. 20 Abs. 3 GG verstößt.

a) Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, dass das Bundesverwaltungsgericht Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG verletzt habe, sind die Anforderungen, die § 92 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde stellt, nicht erfüllt. Das Beschwerdevorbringen geht insoweit auf die rechtlichen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht ein, beschränkt sich vielmehr darauf, diesen Erwägungen die eigene Sichtweise gegenüberzustellen. Das reicht für eine substantiierte Verfassungsrüge nicht aus.

b) Unbegründet ist die Rüge, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG werde durch das angegriffene Urteil deshalb verletzt, weil das Bundesverwaltungsgericht das auf § 3 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 1 und § 15 Abs. 1 VereinsG gestützte Verbot der Beschwerdeführer für rechtmäßig gehalten hat. Zwar wird durch diese Entscheidung zumindest der Beschwerdeführer zu 1 in seinen Rechten aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betroffen, wenn mit dem Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen wird, dass es sich bei ihm um eine Religionsgemeinschaft handelt. Die Annahme des Gerichts, die insoweit gegebene Grundrechtsbeeinträchtigung sei gerechtfertigt, begegnet jedoch im Ergebnis keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

aa) Die religiöse Vereinigungsfreiheit hat in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes besonderes Gewicht (vgl. dazu BVerfGE 83, 341 <354 f.>; 105, 279 <293 f.>). Das ist bei der Auseinandersetzung mit religiösen Gemeinschaften, die sich vereinsmäßig zusammengeschlossen haben und religiöse Ziele propagieren, auch dann zu beachten, wenn sich diese Gemeinschaften dem Staat sowie seiner Verfassungs- und Rechtsordnung gegenüber kritisch verhalten (vgl. auch BVerfGE 105, 279 <293 ff.>). Mit Recht hat das Bundesverwaltungsgericht deshalb angenommen, dass der schwerwiegende Eingriff des Verbots einer religiösen Vereinigung nur gerechtfertigt ist, wenn er bei der Abwägung mit den Verfassungsgütern, die mit dem Verbot geschützt werden sollen, nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unerlässlich ist. Auch die Annahme, dass dies in der Regel der Fall sei, wenn sich die Vereinigung aktiv-kämpferisch gegen die in Art. 79 Abs. 3 GG genannten Verfassungsgrundsätze richtet, ist von Verfassungs wegen nicht grundsätzlich zu beanstanden.

bb) Der besondere Rang, welcher der Religionsfreiheit nach dem Grundgesetz zukommt, und die Anforderungen, die sich daraus im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, verlangen allerdings, wenn es um das Verbot einer religiösen Vereinigung geht, zum Schutz des Grundrechts und seiner Wahrnehmung durch den Grundrechtsträger effektive verfahrensmäßige Vorkehrungen. Sowohl die Verbotsbehörde als auch das gegebenenfalls angerufene Verwaltungsgericht sind gehalten, den Sachverhalt, auf den das Verbot des religiösen Vereins gestützt werden soll, im Bewusstsein für die Folgen eines solchen Verbots sorgfältig und so umfassend aufzuklären, dass die notwendige komplexe Prognose (BVerfGE 102, 370 <396>), die betreffende Vereinigung verfolge aktivkämpferisch das Ziel, Verfassungsprinzipien im Sinne des Art. 79 Abs. 3 GG zu untergraben und letztlich zu beseitigen, auf der Grundlage zuverlässiger tatsächlicher Erkenntnisse getroffen werden kann. Das gilt nicht nur für die Ermittlung der Tatsachen, aus denen auf die genannte Zielsetzung gefolgert werden kann, sondern auch mit Blick auf die Bereitschaft, die Zielsetzung aggressiv-kämpferisch durchzusetzen.

Ob es Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in diesem Zusammenhang auch gebietet, die religiöse Vereinigung, die verboten werden soll, vor dem Erlass der Verbotsverfügung anzuhören, bedarf im Fall der Beschwerdeführer keiner Entscheidung. Deren Anhörung ist zwar nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts unterblieben; auch hat das Gericht die Nichtanhörung im Hinblick auf § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG rechtlich nicht beanstandet. Selbst wenn darin ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gesehen werden müsste, weil die verfahrensrechtliche Bedeutung und Tragweite dieses Grundrechts damit grundlegend verkannt wäre (zum Maßstab vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 85, 248 <257 f.>; 94, 372 <396>; stRspr), bliebe die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg. Die Beschwerdeführer, denen nachträglich im Ausgangsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden ist, haben nicht mitgeteilt, was sie gegenüber der Verbotsbehörde vorgebracht hätten, wenn vor dem Erlass der gegen sie ergangenen Verfügung eine Anhörung stattgefunden hätte. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die angegriffene Gerichtsentscheidung auf der Verkennung einer verfassungsrechtlich gebotenen Anhörungspflicht beruht.

cc) Jedenfalls im Ergebnis verfassungsrechtlich unbedenklich ist weiter die Feststellung, die Beschwerdeführer verfolgten in kämpferisch-aggressiver Weise das Ziel, die verfassungsmäßige Ordnung des Grundgesetzes insbesondere dadurch zu untergraben, dass sie die durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Grundsätze der Demokratie und des Rechtsstaats notfalls gewaltsam auch in Deutschland durch eine mit diesen Grundsätzen unvereinbare staatliche Herrschaftsordnung zu ersetzen suchten. Dabei kann offen bleiben, ob alle Verlautbarungen, programmatischen Erklärungen und Äußerungen des Beschwerdeführers zu 1 und seiner Repräsentanten, auf die das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die von ihm überprüfte Verbotsverfügung diese Feststellung gestützt hat, hinreichend geeignet sind, die genannte Zielsetzung und die Art ihrer Umsetzung zu belegen. Die bloße Überzeugung, Gottes Gebote gingen dem staatlichen Gesetz vor, dürfte dafür nicht ausreichen. Denn zumindest die Vorgänge um die Verurteilung des Metin Kaplan in dem - übrigens nicht vorgelegten - Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. November 2000 machen ausreichend deutlich, dass es den Beschwerdeführern nicht nur darum geht, unter Wahrung der Bereitschaft zu rechtskonformem Handeln (vgl. dazu BVerfGE 102, 370 <391>) abstrakt Kritik am Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland zu üben, dass ihre Zielsetzung vielmehr darauf gerichtet ist, die eigenen Vorstellungen erforderlichenfalls mit den Mitteln der Gewalt durchzusetzen.

In jenem Urteil ist Metin Kaplan nach den mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 111 Abs. 1 StGB (öffentliche Aufforderung zu Straftaten) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Dem zugrunde lag der Aufruf zur Ermordung seines religiösen Widersachers S., den Metin Kaplan auf einer Hochzeitsfeier und auf einer Versammlung von Funktionären und Anhängern des Beschwerdeführers zu 1 gemacht hatte. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Aufruf, ohne dass dies verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre, nicht nur einen Beleg für die Bereitschaft des Metin Kaplan gesehen, Mitglieder des Beschwerdeführers zu 1 unter Einsatz religiösrechtlicher Autorität und unter Schaffung aufhetzender Begleitumstände gezielt zur Gewaltanwendung aufzurufen, sondern hat das auch als Ausdruck der Auffassung des Beschwerdeführers zu 1 gewertet, zur Durchsetzung seiner Ziele legitimerweise Gewalt anwenden und damit das staatliche Gewaltmonopol negieren zu dürfen.

Dass das Bundesverwaltungsgericht dabei die Äußerungen Metin Kaplans dem Beschwerdeführer zu 1 zugerechnet hat, der nach den weiteren tatsächlichen Feststellungen dieses Gerichts bei der Verfolgung seiner Ziele und seinen Aktivitäten von der Beschwerdeführerin zu 2 unterstützt worden ist, ist von Verfassungs wegen ebenfalls nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, dass der genannte Mordaufruf nicht vom Willen und den Auffassungen der Beschwerdeführer getragen gewesen sein könnte, sind nicht erkennbar. Diese haben im Ausgangsverfahren nichts dafür vorgetragen, was dahin verstanden werden könnte, dass sich die Beschwerdeführer von dem Mordaufruf distanzieren, ihn nur als untypischen, für die Organisation nicht repräsentativen Einzelfall begreifen und sich die dahinter stehenden Vorstellungen und Zielsetzungen nicht zu Eigen machen wollten. Gleiches trifft für das Vorbringen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu. Die Beschwerdeführer haben hier nur vage geltend gemacht, im Zuge der Auseinandersetzung mit dem religiösen Widersacher S. hätten sich die "Verhältnisse im Verein ... im Grunde ... erheblich verändert".

dd) Schließlich ist verfassungsrechtlich auch nichts dagegen einzuwenden, dass das Bundesverwaltungsgericht die Verhältnismäßigkeit des gegen die Beschwerdeführer verfügten Vereinsverbots bejaht hat. Das Gericht hat dazu nachvollziehbar ausgeführt, dass weniger einschneidende Mittel nicht zur Verfügung stehen, weil die verfassungsmäßige Ordnung durch die Zielsetzung und die Organisation des Beschwerdeführers zu 1 als solchen und nicht nur durch bestimmte Tätigkeiten oder das Verhalten einzelner Funktionäre gefährdet werde. Auch hätten weder Strafverfahren noch behördliche Verbote politischer Betätigung zu einer Eindämmung der Aktivitäten der Beschwerdeführer geführt.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).