BGH, Urteil vom 21.07.1994 - 1 StR 83/94
Fundstelle
openJur 2011, 118035
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. Ks 122 Js 3887/91
  • nachfolgend: Az. 2 BvR 2039/94
Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 21. Mai 1993 werden verworfen.

Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

A.

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und beim Angeklagten W. zusätzlich die besondere Schwere der Schuld (§ 57 a StGB) festgestellt. Die gegen dieses Urteil von den Angeklagten eingelegten Revisionen, die auf die Sachrüge sowie auf Verfahrensrügen gestützt werden, sind nicht begründet.

Nach den Feststellungen war der Angeklagte W. mit dem Schauspieler S. jahrelang persönlich und geschäftlich verbunden. Nachdem es zwischen ihnen zum Zerwürfnis gekommen war, entschloß sich der Angeklagte W., S. zu töten. Dadurch wollte er wirtschaftliche Nachteile und die Rückzahlung eines Darlehens vermeiden, einer etwaigen Enterbung zuvorkommen und an Bargeld und Wertsachen des S. herankommen. Den Mitangeklagten L., der wirtschaftliche Vorteile und ebenfalls Raubgut erwartete, und der das Gefühl hatte, mit seinem Halbbruder W. "in einem Boot zu sitzen", forderte er erfolgreich zum Mitmachen auf.

Am Abend des 14. Juli 1990 schlichen sich die Angeklagten mit Tötungsvorsatz in die Wohnung des S., fesselten und folterten das Tatopfer und töteten es schließlich mit einem Messer (W.) und einem Hammer (L.). Bargeld, Urkunden, die Münzsammlung u.a. nahmen sie mit und täuschten eine Tat im "Strichermilieu" vor.

B.

Die von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.

I.

Beide Revisionen rügen die Verletzung des § 252 StPO in Verbindung mit § 52 StPO. Dem liegt folgendes zugrunde:

Da sich die Tataufklärung als äußerst schwierig erwies, verpflichtete die Polizei im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft Anfang November 1990 die Kaufleute R. und H. als Vertrauenspersonen. Diese hatten den Auftrag, Kontakt mit zwei Tatverdächtigen (den späteren Angeklagten) und deren Umfeld aufzunehmen. Ihre Wahrnehmungen sollten sie jeweils vollständig an die Polizei weitergeben, ohne dieses Material nach belastenden oder entlastenden Gesichtspunkten zu filtern. Die beiden V-Leute sprachen ihre Kontakte mit der Polizei ab, hatten aber keine Kenntnis vom Stand der Ermittlungen. Es gelang ihnen, das Vertrauen des Angeklagten L. und seiner Verlobten K. zu gewinnen. Diese erklärte von sich aus Anfang Juli 1991 einem der V-Männer gegenüber, der in einer Zeitung abgebildete Tathammer gehöre dem Angeklagten L.. Auf Nachfrage beschrieb sie individuelle Merkmale. Beiden V-Leuten gegenüber begründete sie später von sich aus erneut, daß sie 'hundertprozentig' sicher sei. Erstmals gegenüber dem Ermittlungsrichter am 30. März 1992 und dann in der Hauptverhandlung berief sich die Zeugin K. auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO und machte keine Angaben zur Sache. Gegen den Widerspruch der Verteidigung hat das Landgericht die V-Leute R. und H. als Zeugen darüber vernommen, was Frau K. ihnen gegenüber geäußert hat.

Die Revisionen sehen in diesem Verfahren eine gezielte Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts der Zeugin K. und meinen, die Aussagen der V-Leute seien für das Strafverfahren nicht verwertbar. Dem folgt der Senat nicht.

1. § 252 StPO verbietet die Verlesung der polizeilichen Aussage eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht. In ständiger Rechtsprechung ist das Verlesungsverbot über den Wortlaut des § 252 StPO hinaus dahin ausgedehnt worden, daß es dem Gericht auch verwehrt ist, die früheren Aussagen durch Anhörung der Vernehmungsbeamten in die Hauptverhandlung einzuführen und dann zu verwerten (BGHSt 2, 99, 104 f.; 21, 218). Voraussetzung für ein auf § 252 StPO gestütztes Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot ist aber stets, daß es sich um Angaben des Zeugen handelt, die er im Rahmen einer Vernehmung gemacht hat. Dem stehen gleich auch solche Äußerungen des Zeugen, die er gegenüber einem Ermittlungsbeamten auf Befragen bei einer informatorischen Anhörung oder sonst in vernehmungsähnlicher Situation gemacht hat. Äußerungen des Zeugen außerhalb einer Vernehmung werden von § 252 StPO nicht erfaßt (BGHSt 36, 384, 387, 389 mit zahlr. Nachw.; BGH NStZ 1992, 247; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 41. Aufl. § 252 Rdn. 8). Um solche Äußerungen handelte es sich bei dem, was die Zeugin K. den V-Leuten gegenüber gesagt hat.

Zum Begriff der Vernehmung gehört, daß der Vernehmende dem Zeugen in amtlicher Funktion gegenübertritt (z.B. als Polizei- oder Zollbeamter, als Staatsanwalt oder Richter) und in dieser Eigenschaft von ihm Auskunft verlangt. Das ist bei V-Leuten nicht der Fall, auch wenn sie von den Ermittlungsbehörden gezielt auf die Angeklagten und deren Umfeld angesetzt und straff geführt werden. Daran ändert sich formell und materiell nichts dadurch, daß die hier tätigen V- Leute förmlich nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBl I 469, 547) verpflichtet worden waren (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 a StGB). Damit hatten sie zwar bestimmte Pflichten übernommen (gewissenhafte Aufgabenerfüllung, Unbestechlichkeit und Verschwiegenheit), sie waren aber nicht zu Angehörigen der Ermittlungsbehörden geworden, die als Staatsorgane mit der Strafverfolgung beauftragt sind; sie unterstützten lediglich die Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung von Straftaten (s. RiStBV Anl. D Nr. 2.2). Der V-Mann führt also keine Vernehmungen; was er im Umfeld des Beschuldigten von dessen Angehörigen erfährt, fällt somit nicht unter § 252 StPO, selbst dann nicht, wenn er im Rahmen des Gespräches "nachfragt". Der V-Mann ist Zeuge und unterliegt den Regeln der StPO für diesen Personenkreis (vgl. BTDrucks. 12/989 S. 41 - parlamentarische Beratung des OrgKG vom 15. Juli 1992; Hilger NStZ 1992, 523).

2. Tatsächlich erstreben die Revisionen eine entsprechende Anwendung des § 252 StPO auf Fälle, bei denen durch Einsatz von V-Leuten eine Vernehmung vermieden und dadurch eine mögliche Zeugnisverweigerung umgangen oder eine bereits erklärte Verweigerung unterlaufen wird.

a) Einen Fall, in dem ein bereits ausgeübtes Zeugnisverweigerungsrecht durch Ansetzen von V-Leuten gezielt unterlaufen wurde, hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Zeugin K. war nur eine von mehreren Zielpersonen der V-Leute, sie war bei mehreren Vernehmungen (bis zum 28. März 1992) trotz Belehrung über ihr Zeugnisverweigerungsrecht - in einem Fall in Anwesenheit ihres Rechtsbeistandes - aussagebereit. Auch am 26. Oktober 1990 hat sie die Aussage nicht verweigert; hier hatte lediglich die Ermittlungsrichterin nach Aufnahme der Personalien festgestellt, es bestehe kein Zeugnisverweigerungsrecht - der Angeklagte L. war noch nicht Beschuldigter.

b) Es kommt daher darauf an, ob in entsprechender Anwendung des § 252 StPO ein Verwertungsverbot schon dann besteht, wenn die V-Leute von den Ermittlungsbehörden gezielt auf Beschuldigte und deren Umfeld angesetzt wurden und damit auch für die Ermittlungsbehörden erkennbar Personen betroffen waren, die sich später auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können. Der Senat lehnt die entsprechende Anwendung des § 252 StPO auf diese Fälle ab.

aa) Entscheidend gegen die Annahme eines Verwertungsverbotes nach § 252 StPO spricht der damit im Zusammenhang stehende Zweck des § 52 StPO. Das hier eingeräumte Zeugnisverweigerungsrecht soll den Angehörigen vor Konflikten schützen, die sich ergeben können aus der Besonderheit einer Vernehmungssituation, insbesondere durch die Wahrheitspflicht bei einer Zeugenvernehmung einerseits und die sozialen Pflichten, die aus seiner familiären Bindung gegenüber dem Angeklagten andererseits erwachsen (vgl. BGHSt 22, 35, 36; 27, 231, 232; NStZ 1988, 562 f. = StV 1990, 435, 436; BGH 20, 384 f.). Nur dieser mögliche Widerstreit der Pflichten in der Person des Zeugen hat den Gesetzgeber veranlaßt, das öffentliche Interesse an der Aufklärung eines strafbaren Sachverhalts zurücktreten zu lassen und unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu gewähren, sondern für den Fall der Ausübung dieses Rechts das in § 252 StPO umschriebene Verbot auszusprechen. Dieser Widerstreit der Pflichten, auf den das Gesetz in den §§ 52, 252 StPO Rücksicht nimmt, besteht nicht, soweit sich jemand außerhalb einer Vernehmung anderen gegenüber aus freien Stücken äußert (BGHSt 1, 373 ff.; BGH NStZ 1988, 562, 563). Somit bleibt der Schutzzweck des Zeugnisverweigerungsrechts begrenzt; was der Angehörige in Gesprächen mit Nachbarn, wahren oder falschen Freunden äußert, bleibt verwertbar. Das ist allgemein anerkannt; solche Mitteilungen können ihn ebenso in Konflikte stürzen, wie hier die Zeugin K. wegen ihrer Äußerungen gegenüber den V-Leuten.

bb) Allein der Umstand, daß es sich hier um einen V-Mann-Einsatz handelte, der im Umfeld der Verdächtigen und späteren Beschuldigten auch deren Angehörige erfaßt hat, gebietet es nicht, von den dargelegten Grundsätzen eine Ausnahme zu machen und Gespräche oder Aushorchungen mit und durch V-Leute einer Vernehmung gleichzustellen. Die Konfliktsituation ist aus Sicht des Zeugen nicht gegeben. Wer sich privat zu ihm bekannten Beweisumständen äußert, kann über die Freiwilligkeit seines Tuns und die jederzeitige Möglichkeit der Weitergabe oder Verbreitung nicht im Zweifel sein. Ihm kommt der Schutz des § 252 StPO nicht zugute.

3. Es verstößt auch nicht gegen allgemeine Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens, die Äußerungen der Zeugin K. gegenüber den V-Leuten bei der Aufklärung des Mordes im Rahmen der Beweiswürdigung zu verwerten.

a) Der Einsatz von privaten Kontaktpersonen oder V-Leuten mit dem Ziel, zur Aufklärung eines Mordes Beweise zu gewinnen, ist zulässig (BVerfGE 57, 250, 284; BGHSt 32, 115, 121 ff.). Auch der Gesetzgeber hat durch die Neuregelung des Einsatzes von verdeckt ermittelnden Polizeibeamten (VE) zum Ausdruck gebracht, daß er die Tarnung, die mit verdeckten Ermittlungen notwendig verbunden ist, im Interesse der Aufklärung schwerer Straftaten für gerechtfertigt hält (§§ 110 a, 110 b StPO). Das getarnte Vorgehen von VE - und dementsprechend von V-Leuten - ist also, auch wenn es auf Initiative der Strafverfolgungsbehörden beruht, kein Umstand, der für sich die Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens begründet. Weder rechtsstaatliche Grundsätze noch Bestimmungen der Strafprozeßordnung schließen es aus, im Rahmen der Aufklärung von Straftaten Methoden und Mittel anzuwenden, deren Gebrauch für Betroffene (Verdächtige oder Zeugen) nicht als von der Polizei gesteuertes Handeln erkennbar ist. Der zulässige Einsatz von V-Leuten ist gerade durch Heimlichkeit und dadurch geprägt, daß die polizeiliche Steuerung nach außen nicht offenbar wird (BGHSt 39, 335, 346).

b) Soweit die Revisionen eine Reihe von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs anführen, läßt sich aus ihnen nichts für ein Beweisverwertungsverbot im vorliegenden Fall ableiten. In diesen Fällen war die Unverwertbarkeit von Äußerungen jeweils eines Beschuldigten durch Verletzung von dessen Schutzrechten begründet: Stimmaufnahme ohne gesetzliche Grundlage (BGHSt 34, 39), durch Untersuchungshaft bewirkte Verleitung zur Äußerung (BGHSt 34, 362), Äußerungen eines Verdächtigen gegenüber einem V-Mann im Rahmen eines Telefongespräches, das unter Verstoß gegen § 100 b Abs. 1 StPO und § 201 Abs. 1 StGB in unzulässiger Weise aufgezeichnet worden war (BGHSt 31, 304, 308 f.). Der Einsatz von V-Leuten im Umfeld der Angeklagten ist demgegenüber - wie dargetan - keine solche unzulässige Methode der Aushorchung. Entsprechend hat auch der Senat (BGHSt 33, 217, 223 f.) bei zulässig angeordneter Telefonüberwachung die Verwertung einer indirekt provozierten Selbstbelastung nicht beanstandet. Dem entspricht auch die Entscheidung des 2. Strafsenats BGHSt 39, 335: Verwertet werden kann die Aussage eines Polizeibeamten, der das von ihm provozierte Telefongespräch mit Erlaubnis des Gesprächsteilnehmers - also zulässig, aber für den Beschuldigten verdeckt - mithört.

Bezüglich der Verwertbarkeit von Zeugenaussagen hat der Bundesgerichtshof (BGH NStZ 1988, 562 f. = StV 1990, 435 f.) bereits entschieden - und das kommt der vorliegenden Situation am nächsten -, daß Erkenntnisse aus einer zulässigen Telefonüberwachung auch dann verwertbar sind, wenn die Gesprächsteilnehmer zu dem Angeklagten in einem (Angehörigen-)Verhältnis stehen, das ein Zeugnisverweigerungsrecht begründet. Hiernach sind maßgebend nicht bestimmte Rechte des Beschuldigten, sondern die Stellung der Angehörigen als Gesprächsteilnehmer und der nur "begrenzte Schutzzweck der Zeugnisverweigerungsrechte". Dem im Rahmen einer zulässigen Telefonüberwachung gewonnenen Beweis entspricht im vorliegenden Fall die Äußerung gegenüber dem ebenso heimlich, aber auch zulässig eingesetzten V-Mann. Daß ein solches 'freies Gespräch' stärkerem Schutz unterliegen sollte als das trotz verfassungsrechtlicher Garantie (Art. 10 GG) zulässig, aber heimlich abgehörte Telefongespräch, kann nicht angenommen werden.

c) Der Senat sieht hier keine Notwendigkeit für ein Beweisverwertungsverbot, das auf außerhalb der Regeln der Strafprozeßordnung liegende allgemeine Prinzipien zu stützen wäre. Der Anspruch des Beschuldigten auf eine an rechtsstaatlichen Garantien ausgerichtete Strafrechtspflege (BVerfGE 80, 367, 375) ist nicht verletzt. Bei der Beurteilung ist zu beachten, daß ein Beweismittelverwertungsverbot einen der wesentlichen Grundsätze im Strafverfahren einschränkt, nämlich den, daß das Gericht die Wahrheit zu erforschen (vgl. BVerfGE 33, 367, 383; BGHSt 32, 115, 124) und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel, die von Bedeutung sind, zu erstrecken hat. Diesem Grundsatz gegenüber bildet das Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die im besonderen Einzelfall hingenommen werden muß (BGHSt 14, 358, 365; 27, 355, 357). Dient die in Frage stehende Verfahrensvorschrift nicht oder nicht in erster Linie dem Schutz des Beschuldigten, so liegt ein Verwertungsverbot fern (BGHSt 38, 214, 220). Hier aber geht es um (begrenzte) Schutzzwecke für den Zeugen.

aa) Allgemeine Rechts- oder Verfassungsgrundsätze verbieten die Verwertung nicht. Das Gesamtregelungswerk der StPO ist Ausdruck der verfassungsmäßigen Ordnung. Die Bindung an das Gesetz gebietet es, konkrete Einzelfragen nur mit äußerster Zurückhaltung durch Anwendung allgemeiner Verfassungsgrundsätze außerhalb des geschriebenen Rechts (oder gegen dieses) zu beantworten. Die ausufernde Anwendung solcher in Randzonen einander oft widerstreitender und "begrifflich unscharfer Verfassungsprinzipien" - hier des Rechtsstaatsprinzips oder des Prinzips der Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege (vgl. BVerfGE 33, 367, 383) - ermöglicht eine ungebundene Ausfüllung prozessualer Regelungen und lockert die Bindung der Strafrechtsprechung an das positive Recht, auf dessen Beachtung der Rechtsstaat beruht (vgl. Mahrenholz, abweichende Meinung zu BVerfGE 86, 288, 347 f. = EuGRZ 1992, 225, 242).

bb) Auch bedarf es hier nicht der Ableitung eines konkreten Beweisverwertungsverbotes aus dem Begriff des "fairen Verfahrens" als einer Ausgestaltung des Rechtsstaatsprinzips. Die Zulässigkeit des Beweises ergibt sich aus der Berechtigung des Einsatzes von V-Leuten in Verbindung mit dem Zweck der §§ 52, 252 StPO. Den Ausführungen von Nack (KK 3. Aufl. § 110 c Rdn. 7 f.), die sich mit einem Verwertungsverbot "vernehmungsähnlicher Gespräche" (wobei damit Gespräche außerhalb von Vernehmungen gemeint sind) von verdeckten Ermittlern befassen, folgt der Senat jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht (wie hier: Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 110 c Rdn. 2). Hätte der Gesetzgeber über § 252 StPO hinaus ein neues Beweisverwertungsverbot einführen wollen - hier für Angehörigenäußerungen außerhalb von Vernehmungen bei Angaben gegenüber heimlich ermittelnden Personen -, so wäre angesichts der Neuregelung der Materie im OrgKG vom 15. Juli 1992 im Hinblick auf den Ausnahmecharakter von Beweisverwertungsverboten zu erwarten gewesen, daß er dies gesetzlich geregelt hätte.

II.

Die Angeklagten rügen die Verletzung der §§ 136 a Abs. 3, 163 a Abs. 4 StPO: Das Landgericht habe Angaben des Angeklagten L. bei seinen Beschuldigtenvernehmungen vom 26. und 27. März 1991 verwertet, obwohl diese durch Täuschung herbeigeführt worden seien; die Vernehmungsbeamten hätten dem Angeklagten vorgespiegelt, es liege eine "Aussage bzw. ein Geständnis" seines Bruders vor, durch das L. belastet werde. Die Rüge ist unbegründet.

1. § 136 a Abs. 1 StPO verbietet es, die Freiheit der Willensentschließung und -betätigung des Beschuldigten u.a. durch Täuschung zu beeinträchtigen. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen nicht verwertet werden (§ 136 a Abs. 3 Satz 2 StPO).

Ob die Aussage des Angeklagten L. durch Täuschung herbeigeführt wurde - wobei dieses Merkmal restriktiv auszulegen ist (vgl. Hanack in LK 24. Aufl. § 136 a Rdn. 33 mit zahlr. Nachw.), hat der Senat im Freibeweisverfahren zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. hierzu Nachw. bei Kleinknecht/ Meyer-Goßner aaO § 136 a Rdn. 32 f.).

2. Der Senat ist aus tatsächlichen Gründen schon nicht davon überzeugt, daß L. von den Vernehmungsbeamten im Sinne des § 136 a StPO getäuscht wurde.

a) Bei den genannten Beschuldigtenvernehmungen hat L. seinen Bruder W. als Täter bezeichnet und den Tathergang geschildert. Die eigene Beteiligung hat er bestritten und einen Kroaten als Mittäter bezeichnet. Zuvor hatten die Vernehmungsbeamten ihm neben sonstigen Umständen (kein Alibi, ihm gehöre der Tathammer u.a.) vorgehalten, sein Bruder "behaupte" (und: er "bezichtige ihn"), er - L. - habe S. erschlagen. Auch sagten sie, es liege eine dahingehende "Aussage" seines Bruders vor. Tatsächlich lag keine Aussage des W. bei den Ermittlungsbehörden vor; es hatte bei diesen (nur) der Zeuge Wo. ausgesagt, W. habe sich ihm gegenüber als Täter bekannt und gesagt, daß L. als Mittäter S. mit einem Hammer erschlagen habe.

Daß die Beamten vorgehalten hätten, es liege ein "Geständnis" des W. vor, haben weder der Angeklagte L. selbst noch die Vernehmungsbeamten behauptet.

b) Den Revisionen ist zuzugeben, daß der Begriff der "Aussage" im Zusammenhang mit einem Ermittlungs- oder Strafverfahren ohne weiteres in dem Sinn verstanden werden kann, daß damit eine förmliche Aussage vor einer zuständigen Stelle, nämlich den Ermittlungsbehörden, gemeint ist. So gesehen könnte der Vorhalt der Vernehmungsbeamten, es liege eine Aussage des W. vor, für den Angeklagten L. irreführend gewesen sein. Tatsächlich ist dieser Ausdruck hier aber nicht isoliert zu beurteilen. Im Zusammenhang mit dem Vorhalt war der Begriff der Aussage immer wieder durch Verwendung auch anderer Ausdrücke - er behauptet, er bezichtigt - relativiert worden; insbesondere war noch vor Beginn der förmlichen Vernehmung dem Angeklagten L. mehrfach gesagt worden, "sein Bruder würde im Gegensatz zu ihm (L.) keine Angaben vor der Polizei machen ...", bzw. "daß er keine Angaben als Beschuldigter mache". Gegen eine vorsätzliche Täuschung, W. habe diese Aussage vor Ermittlungsbeamten gemacht, spricht darüber hinaus, daß dem Angeklagten L. angeboten wurde, die belastende Aussage "selbst zumindest teilweise nachzulesen" (wovon er keinen Gebrauch gemacht hat), und daß die Vernehmungsbeamten auf Wunsch des Angeklagten mehrfach versucht haben, den Verteidiger des Angeklagten zu der Vernehmung hinzuzuziehen.

3. Darüber hinaus sind die Angaben bei der Beschuldigtenvernehmung vom 26. und 27. März 1991 nicht gerade durch den Vorhalt herbeigeführt worden, es liege eine "Aussage" seines Bruders W. vor. Der Angeklagte L. befand sich nicht im Irrtum darüber, was für eine Aussage gemeint sei. Es hat ihn vielmehr nicht interessiert, bei welcher Gelegenheit und wem gegenüber W. die Behauptung/Bezichtigung/ Aussage getätigt habe. Für ihn war nur das warum der Beschuldigung bedeutsam. Die Freiheit der Willensbetätigung des Angeklagten, überhaupt und inhaltlich wie geschehen auszusagen, ist also durch den genannten Vorhalt nicht beeinträchtigt worden.

Das wird bestätigt durch die eigene Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung: Wäre der Grund für seine belastenden Angaben aus seiner Sicht eine Täuschung durch die Vernehmungsbeamten gewesen, würde er sich nach Auffassung des Senats jedenfalls darauf berufen haben, um den Widerruf seiner Aussage verständlich zu machen. Tatsächlich sagte er auf Frage, warum er den Tathergang unter Beteiligung des W. so geschildert habe, nur, er könne sich sein diesbezügliches Verhalten nicht erklären.

III.

Der Rüge des Angeklagten W., das Landgericht habe gegen § 244 Abs. 2 und 3 und § 245 StPO verstoßen, liegt folgendes zugrunde:

Der Angeklagte W. hatte am 16. November 1992, wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung, an den Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer ein umfangreiches Schreiben gerichtet, in dem er "die wichtigsten Punkte aufgelistet" habe, die "von seiner Seite zum Tatvorwurf zu erklären" seien. Nach Belehrung, daß es ihm freistehe, sich zur Sache zu äußern, machte der Angeklagte in der Hauptverhandlung keine Angaben. Sein Verteidiger beantragte jedoch, das genannte Schreiben gemäß § 249 StPO als Urkunde zu verlesen. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Schreiben enthalte "lediglich eine Äußerung zur Sache", die der Angeklagte zwar in die Hauptverhandlung einbringen, aber nicht mündlich vortragen wolle; sein Verhalten diene der Umgehung des § 243 Abs. 4 StPO.

1. Soweit das Landgericht das Schreiben als "Einlassung" des Angeklagten ausgelegt hat, war die Ablehnung des Antrags, das Schreiben zu verlesen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Schreiben entsprach sowohl nach seiner Zweckbestimmung als auch nach seinem Inhalt den Ausführungen, die ein Angeklagter im Rahmen der Hauptverhandlung in Anwendung des § 243 Abs. 2 und 4 Satz 2 StPO als Äußerung zur Sache macht, sofern er hierzu bereit ist. Will sich der Angeklagte aber äußern, so muß er dies mündlich tun (Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 243 Rdn. 30). Ob dem durch eigene Verlesung seiner schriftlichen Einlassung - wie vom Gericht angeboten - Genüge getan wäre (ablehnend BGHSt 3, 368), mag hier dahinstehen. Eine Verlesung durch das Gericht kann die Einlassung des Angeklagten jedenfalls nicht ersetzen.

2. Das Landgericht war sich bei seiner Entscheidung nach dem Wortlaut des Beschlusses möglicherweise nicht bewußt, daß es das Schreiben hätte verlesen können (vgl. BGH NStZ 1994, 184, 185; BGH bei Holtz MDR 1980, 986). Die Revision rügt jedoch zu Unrecht, das Schreiben hätte entsprechend dem von der Verteidigung gestellten Antrag als Urkunde verlesen werden müssen:

a) Bei dem Antrag handelte es sich nicht um einen ordnungsgemäßen Beweisantrag, da er keine Bezeichnung und Behauptung einer bestimmten Beweistatsache enthielt (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 244 Rdn. 20). Der bloße Antrag, ein 32seitiges Schreiben zu verlesen, genügt diesen Anforderungen nicht. Dieser (unsubstantiierte) Antrag zeigt andererseits, daß die Auslegung des Landgerichts zutreffend war, es solle eine Beschuldigteneinlassung verlesen und nicht etwa ein Beweisantrag gestellt werden.

b) Das Landgericht war auch nicht verpflichtet, das Schreiben nach den Regeln des § 245 StPO als präsentes Beweismittel zu verlesen.

Das Schreiben war nicht im Sinne von § 245 Abs. 1 StPO als Beweisgegenstand vom Gericht oder von der Staatsanwaltschaft "herbeigeschafft" worden (vgl. BGHSt 37, 168). Für alle übrigen Fälle in der Hauptverhandlung vorliegender Beweismittel gilt § 245 Abs. 2 Satz 1 StPO: Nur ein förmlicher Beweisantrag (oder die Aufklärungspflicht, siehe dazu 3.) kann das Gericht verpflichten, das Beweismittel in die Hauptverhandlung einzuführen. Für einen solchen Beweisantrag im Rahmen des § 245 Abs. 2 StPO gelten die Bestimmtheitserfordernisse des Beweisantragsrechts (Herdegen in KK 3. Aufl. § 245 Rdn. 13; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 245 Rdn. 20; KG NJW 1980, 952, 953). Denen entsprach der bloße Antrag auf Verlesung des Schreibens nicht.

3. Das Landgericht hat nicht zu erkennen gegeben, daß es die Verlesung des Schreibens unter Aufklärungspunkten geprüft hat. Gleichwohl ist die Aufklärungsrüge der Revision nicht begründet. Die Verlesung in der Hauptverhandlung drängte sich jedenfalls nach deren weiterem Verlauf nicht mehr auf. Denn aus dem Schreiben hätten sich gegenüber den Erörterungen in 53tägiger Verhandlung keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Das vom Angeklagten schriftlich Formulierte wurde - soweit bedeutsam - der Sache nach vom Gericht in der Beweisaufnahme und -würdigung ausführlich erörtert. Das gilt insbesondere für die einzelnen von der Revision hervorgehobenen Umstände, nämlich

- die Beziehungen zwischen dem Opfer und dem Angeklagten,

- die Beziehung beider Angeklagter zueinander und

- das Verhalten des Angeklagten zu Mithäftlingen sowie seine Kenntnis der "Gefährlichkeit" von Äußerungen diesen gegenüber.

Soweit die Revision daraus jeweils besondere Schlüsse ableitet, sind diese teils fernliegend, teils vom Landgericht zulässigerweise so nicht gezogen worden.

Die Verlesung drängte sich auch nicht auf für die von der Revision besonders hervorgehobene Frage der Motive des Angeklagten, in der Hauptverhandlung zu schweigen. Denn dieses Schweigen durfte nicht zu Lasten des Angeklagten gewertet werden, und das Landgericht hat das auch nicht getan.

Insgesamt konnte der Angeklagte spezielle ihm bedeutsam erscheinende Fragen ansprechen oder vortragen lassen, sollte er ihre Erörterung in der Hauptverhandlung vermißt haben. Daß das Schreiben vom 16. November 1992 nicht verlesen werde, war ihm schließlich durch Ablehnung seines Antrages bekannt, und es stand ihm frei, entsprechende Beweisanträge zu stellen (vgl. BGH StV 1989, 465).

IV.

Der Angeklagte W. rügt die Verletzung des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO. Er beanstandet die Vernehmung der Polizeibeamten Wi. und So.. Was diese zum Inhalt der (Zeugen-)Aussage des Angeklagten W. vom 16., 23. und 24. Juli 1990 ausgesagt haben, hätte das Landgericht nicht verwerten dürfen. W. sei damals, obwohl tatverdächtig, nicht als Beschuldigter belehrt worden.

Die Revision hat hierzu nicht vorgetragen, der Vernehmung und Verwertung der Aussagen sei in der Hauptverhandlung widersprochen worden. Deshalb ist die Rüge bereits unzulässig (BGHSt 38, 214, 225 f.). Abgesehen davon wäre sie aber auch unbegründet.

Grundsätzlich dürfen Äußerungen eines Beschuldigten, die dieser ohne vorangegangene Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO in einer Vernehmung gemacht hat, in die Hauptverhandlung nicht eingeführt und verwertet werden (BGHSt 38, 214). Beschuldigter in diesem Sinne ist aber nur der Tatverdächtige, gegen den das Verfahren als Beschuldigter betrieben wird (BGHSt 10, 8, 12; 34, 138, 140; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO Einleitung 76 ff.). Nicht jeder Tatverdacht begründet bereits die Beschuldigteneigenschaft mit entsprechender Belehrungspflicht, es kommt vielmehr auf die Stärke des Tatverdachts an. Nach pflichtgemäßer Beurteilung der Strafverfolgungsbehörde ist dann von der Zeugen- zur Beschuldigtenvernehmung überzugehen, wenn sich der Verdacht so verdichtet hat, daß die vernommene Person ernstlich als Täter der untersuchten Straftat in Betracht kommt. Die Grenzen des Beurteilungsspielraums sind - gerade bei Tötungsdelikten - erst dann überschritten, wenn trotz starken Tatverdachts nicht von der Zeugen- zur Beschuldigtenvernehmung übergegangen wird (BGHSt 37, 48, 51 f.) und auf diese Weise die Beschuldigtenrechte umgangen werden. Das war hier nicht der Fall:

Neben Personen aus homosexuellen Kreisen kamen auch andere als Täter in Betracht, die das Opfer kannten oder ihm nahestanden. Zur letztgenannten Verdächtigengruppe gehörte der Angeklagte, was er wußte. Der Tatverdacht gegen ihn verdichtete sich erst nach seiner (Zeugen-)Vernehmung vom 24. Juli 1990 dadurch, daß die Zeugin Sa. gravierende Widersprüche in seiner Aussage aufdeckte.

V.

Die Revision des Angeklagten W. behauptet eine Verletzung von § 244 Abs. 2 und 3, § 261 StPO.

Die Verteidigung hatte in der Hauptverhandlung eine Reihe von Hilfsbeweisanträgen gestellt mit dem Ziel, (mittelbar erhebliche) Tatsachen zu beweisen, aus denen das Landgericht den Schluß ziehen sollte, der Zeuge St. sei unglaubwürdig. Das Landgericht hat die Behauptungen in den Urteilsgründen als wahr unterstellt und - ohne diese Behauptungen heranzuziehen - dargelegt, warum es bereits aus anderen Gründen auf die Aussage St. allein keine Feststellungen zu Lasten der Angeklagten stützen wolle.

1. Die Revision beanstandet zu Unrecht, das Landgericht hätte den Anträgen stattgeben und die Zeugen in der Hauptverhandlung vernehmen müssen.

a) Entgegen der Auffassung der Revision konnten sich die als wahr unterstellten Tatsachen nicht zu Lasten des Angeklagten auswirken. Das Beweisvorbringen - St. habe näher bezeichnete kriminelle Handlungen begangen, er habe Dritten gegenüber unwahre Angaben zum gegenständlichen Mordfall gemacht, für Geld sage er als Zeuge alles aus und es sei ihm hier um die ausgesetzte Belohnung gegangen u.a. - konnte den Angeklagten nicht belasten; es hat für die Entscheidung keine Rolle gespielt.

b) Das Landgericht war nicht verpflichtet, die Hilfsbeweisanträge unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob die benannten Zeugen etwas anderes hätten aussagen können, als in den Anträgen behauptet - insbesondere, ob sich dann - wie die Revision jetzt vorträgt - Günstiges für den Angeklagten ergeben hätte, nämlich die Glaubwürdigkeit des Zeugen St..

Will der Angeklagte nunmehr aus anderen als in den Hilfsbeweisanträgen behaupteten Tatsachen Schlüsse zu seinen Gunsten ziehen, so hätte er im Rahmen der Aufklärungsrüge vortragen müssen, warum mit einem Scheitern der Beweisbehauptungen zu rechnen war, und weshalb sich das Gericht gedrängt sehen mußte, zu Gunsten des Angeklagten das Gegenteil der Zielrichtung seines eigenen Beweisantrages aufzuklären (vgl. hierzu Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 244 Rdn. 81 m.w.Nachw.).

2. Entgegen der Auffassung der Revision mußte das Landgericht die als wahr unterstellten Tatsachen im Urteil nicht erörtern (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 244 Rdn. 71 m.w.Nachw.). Schon weil das Landgericht dem Ziel des Hilfsbeweisantrages bereits aus anderen Gründen gefolgt war, waren die Beweisbehauptungen für die Entscheidung tatsächlich ohne Bedeutung und drängten deshalb nicht zur Erörterung (BGHSt 28, 310, 311).

3. Das Landgericht hat der Aussage St. allein keinen zuverlässigen Beweiswert zuerkannt. Gleichwohl durfte es diese Aussage zur Kontrolle heranziehen, und es war der Schluß zulässig, die Zeugenaussage Wo. werde (auch) dadurch "erhärtet", daß unabhängig von ihm der Zeuge St. in einem bestimmten Punkt das gleiche bekundet habe.

VI.

Die weiteren vier Verfahrensrügen des Angeklagten W. sind teils bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

1. Unzulässig ist die Rüge, das Landgericht habe Beweise unter Verletzung der §§ 100 a, 100 b StPO gewonnen.

Das Amtsgericht München hatte die unbeschränkte Telefonüberwachung und Aufnahme des Fernmeldeverkehrs hinsichtlich des damals Beschuldigten W. angeordnet und diese Anordnung am 5. Juni 1991 bis zum 31. August 1991 verlängert. Von der Anordnung erfaßt war auch der hier interessierende auf W. angemeldete Anschluß Nr. ....

In der Hauptverhandlung hatte die Verteidigung des Angeklagten W. der Verlesung und Verwertung eines über diesen Anschluß geführten und aufgezeichneten Telefongesprächs zwischen den Zeuginnen K. und La. vom 19. Juli 1991 widersprochen: Nach der Verhaftung der Angeklagten W. (am 2. Juli 1991) und L. (am 12. Juli 1991) sei die weitere Telefonüberwachung unzulässig gewesen. Das Landgericht hat die Aufzeichnung des Telefonats nach entsprechendem Beschluß abgespielt ("in Augenschein genommen"); die Fortsetzung der Telefonüberwachung über den 12. Juli 1991 hinaus mache das Beweismittel nicht unverwertbar.

a) Soweit die Revision vorbringt, die Telefonüberwachung hätte am 12. Juli 1991 beendet werden müssen, ist die Rüge unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revision teilt nur den Tenor, nicht aber die Gründe des die Telefonüberwachung anordnenden Beschlusses des Ermittlungsrichters beim Amtsgericht München mit. Das Revisionsgericht kann daher nicht aufgrund der allein maßgebenden Revisionsbegründung (§ 352 StPO; vgl. BGHSt 3, 213; BGH NStZ 1992, 29 f.; st. Rspr.) prüfen, aus welchen Gründen die Telefonüberwachung angeordnet wurde. Das hätte aber hier von Bedeutung sein können:

Die Telefonüberwachung war erst bei Wegfall der Voraussetzungen des § 100 a StPO zu beenden (§ 100 b Abs. 4 StPO). Zwar stand fest, daß der Angeklagte W. nach seiner Inhaftierung über den Anschluß (vorerst) nicht mehr sprechen konnte. Daraus folgt aber noch nicht notwendig, daß die Voraussetzungen des § 100 a StPO weggefallen waren. Ist anzunehmen, daß ein Unbeteiligter Mitteilungen, die für den Beschuldigten bestimmt sind oder von diesem herrühren, entgegennimmt oder weitergibt, so erlaubt § 100 a Satz 2 StPO auch die Überwachung des Anschlusses eines Nichtbeschuldigten. Dementsprechend ist die (weitere) Überwachung des Anschlusses des Beschuldigten auch dann zulässig, wenn davon auszugehen ist, daß zwar nicht er selbst, jedoch ein derartiger Nachrichtenmittler von diesem Anschluß Gebrauch machen wird. Die Annahme eines solchen Nachrichtenmittlers in der Person der Zeugin K. lag hier nahe (vgl. z.B. UA S. 30: Auftrag an K. zur Löschung der Daten in einem elektronischen Telefonbuch), wovon das Landgericht in seinem die Beweiserhebung anordnenden Beschluß auch ausgegangen ist. Hat der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts - was das Revisionsgericht mangels Vortrags nicht überprüfen kann - ebenfalls diese Möglichkeit zugrundegelegt, waren auch nach Inhaftierung der Angeklagten die Voraussetzungen des § 100 a StPO gegeben.

b) Erstmals mit der Revision wird vorgetragen, der Ermittlungsrichter hätte eine Telefonüberwachung bezüglich des genannten Anschlusses überhaupt nicht anordnen dürfen; denn der Angeklagte W. sei nur 'formell' Inhaber des Anschlusses gewesen, tatsächlich benutzt hätten ihn allein der Angeklagte L. und seine Verlobte als Mieter der Wohnung. Auch diese Rüge ist bereits unzulässig, weil die Revision die Gründe für die Anordnung der Telefonüberwachung nicht mitteilt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StGB), und damit offen bleibt, ob sich der Anordnungsbeschluß mit dieser Frage befaßt.

c) Deswegen kommt es nicht mehr darauf an,

aa. ob und in welchem Umfang das Revisionsgericht überhaupt prüfen kann, ob die Telefonüberwachung insgesamt ordnungsgemäß angeordnet worden war und noch rechtmäßig bestand (vgl. hierzu BGHSt 28, 122, 124; 33, 217, 222; Schäfer in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 100 b Rdn. 43);

bb. inwieweit das Revisionsgericht zur Sachaufklärung berufen ist, nachdem der Tatrichter nicht mit der Frage befaßt worden war, wer von dem auf W. angemeldeten Telefonanschluß telefoniert;

cc. inwieweit ein Fehler bei Anordnung oder Durchführung der Telefonüberwachung die Unverwertbarkeit des gewonnenen Beweisergebnisses nach sich gezogen hätte (vgl. hierzu BGHSt 38, 214, 219).

2. Unbeschadet der Frage ihrer Zulässigkeit ist jedenfalls unbegründet die Rüge, das Landgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt; es habe unterlassen, einen Widerspruch zwischen den Aussagen der Zeugen H. und R. einerseits und der Aussage der Zeugin K. andererseits aufzuklären.

Der Senat sieht bereits keinen bedeutsamen Widerspruch zwischen den Zeugenaussagen. Die Zeugin K. hatte am 18. Juli 1991 bei der Polizei bestritten, den ihr vorgelegten Tathammer zu kennen. Tatsächlich hatte sie erkannt, daß er dem Angeklagten L. gehörte. Das ergibt sich bereits aus dem Telefongespräch der Zeugin K. mit der Mutter der Angeklagten am nächsten Tag: Sie habe aufpassen müssen, daß sie sich wegen des Hammers nicht "verrede". Den Vorgang bei der Polizei soll sie im wesentlichen auch gegenüber den Zeugen H. und R. nach deren Zeugenaussage geschildert haben.

Soweit diese Zeugen dieses Geschehen in der Hauptverhandlung dahin umschrieben, K. habe ihnen erzählt, den Hammer "identifiziert" zu haben, während sie ihn bei der Polizei tatsächlich zwar erkannt, dieses dort aber bestritten hatte, ergibt sich daraus kein Widerspruch, der zur Aufklärung drängte.

Bei dieser Sachlage mußte das Landgericht jedenfalls nicht die polizeilichen Aussagen der Zeugin vom 18. Juli 1991 und vom 28. März 1992 (in der sie allerdings zugegeben hatte, daß es der Hammer des Angeklagten L. sei) den Zeugen H. und R. zur weiteren Aufklärung vorhalten.

Auf die Frage, ob ein solcher Vorhalt wegen der nach § 252 StPO gegebenen Unverwertbarkeit der polizeilichen Vernehmungen überhaupt zulässig gewesen wäre (ablehnend Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO Einleitung Rdn. 55 m.w.Nachw.), kommt es daher hier nicht an.

3. Die Aufklärungsrügen, es hätten bestimmte Strafakten und die JVA-Akte W. beigezogen werden müssen, sind nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Insoweit fehlt es an der Mitteilung bestimmter Beweisbehauptungen, einem konkret bezeichneten Beweismittel (s. hierzu Herdegen in KK 3. Aufl. § 244 Rdn. 48) und der Angabe der zu erwartenden Beweisergebnisse (vgl. hierzu Pikart in KK aaO § 344 Rdn. 51).

4. a) Die Revision behauptet zu Unrecht einen weiteren Verstoß gegen § 244 Abs. 3 und 4 StPO. Das Landgericht hat einen Hilfsbeweisantrag auf Erholung eines psychologischen Glaubwürdigkeitsgutachtens, mit dem der Angeklagte W. die Unglaubwürdigkeit der Zeugen St. und Wo. beweisen wollte, mit Hinweis auf die eigene Sachkunde abgelehnt. Es hatte zur psychischen Situation beider Zeugen psychiatrische Gutachter gehört. Danach lagen bei dem Zeugen Wo. keine außergewöhnlichen (psychischen) Besonderheiten vor. Nach sachverständiger Äußerung war die Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit des Zeugen St. (dessen belastende Aussagen das Landgericht dem Urteil nicht zugrundegelegt hat) zu dem hier in Frage stehenden Zeitpunkt intakt. Ein früheres Wahngeschehen im Rahmen einer paranoiden Schizophrenie hatte darauf keinen Einfluß. Danach durfte sich das Landgericht die eigene Sachkunde zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen zutrauen. Ein Ausnahmefall, der zur Anhörung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens zwingt, lag nicht vor (vgl. BGH NStZ 1982, 42; BGH StV 1990, 8; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 244 Rdn. 73, 74).

b) In dem Revisionsvortrag, eventuell hätte das beantragte Gutachten die Glaubwürdigkeit des Zeugen St. ergeben, liegt keine zulässige Aufklärungsrüge.

C.

Soweit die Revisionen auf die Sachrüge gestützt wurden, hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler aufgezeigt.