OLG Bremen, Urteil vom 02.09.2011 - 2 U 58/11
Fundstelle
openJur 2011, 98564
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 O 232/11

1. Einem Berufungskläger steht es grundsätzlich auch im einstweiligen Verfügungsverfahren frei, die Berufungsbegründungsfrist auszuschöpfen. Ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kann im Hinblick auf die Notwendigkeit, einem erst in der Berufungsinstanz eingeschalteten Patentanwalt eine Einarbeitung zu ermöglichen, jedenfalls dann unschädlich sein, wenn erst das erstinstanzliche Urteil der Verfügungsklägerin Anlass gab, einen ausgewiesenen Spezialisten einzuschalten.

2. Die nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV festzustellende Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der geschützten Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt.

(Leitsätze: VROLG Detlev Blum)

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen, 9. Zivilkammer, vom 14. April 2011 wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten der Berufung.

Der Streitwert für die Berufung wird auf € 50.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ist die Holding für den seit 1990 im Bereich der erneuerbaren Energien unter der Unternehmenskennzeichnung „Energiekontor“ tätigen Zusammenschluss diverser Unternehmen mit dem Schwerpunkt im Bereich der Entwicklung und dem Vertrieb von Windparks. Die Klägerin selbst – eine börsennotierte AG – besteht seit 2000.

Die Klägerin ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke (GM) [...] (Wort-/Bildmarke) „EnergieKontor“ für die Klassen 7 und 42 mit Priorität 28.02.2002 und Lizenznehmerin mit dem Recht, Klage wegen Markenverletzung zu erheben, der Deutschen Marke (DE) [...] (Wort-/Bildmarke) „EnergieKontor“ für die Klassen 36, 37, 39, 40, und 42 mit Priorität 31.12.1998 sowie der Wort-Gemeinschaftsmarke „ENERGIEKONTOR“ (GM) [...] der Klassen 36, 37, 40 und 42 mit Priorität 31.12.1998. In der Berufung stützt sich die Klägerin ferner auf die Deutsche Marke (DE) [...] (Wort-/Bildmarke) „Energiekontor“ mit Priorität 28.09.2001 für die Klassen 7 und 42.

Der Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) ist als selbständiger Energieberater in S. mit einem Büro auf F. tätig. Er erstellt u.a. Energiekonzepte und macht Vorschläge über Einsparmöglichkeiten im Energieverbrauch. Er handelt unter der Unternehmensbezeichnung „Energiekontor-J[...]“ und bietet seine Dienstleistungen unter der Domain www.energiekontor-j[...].de an.

Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung ihrer Markenrechte sowie einen Verstoß gegen § 15 Abs. 2 MarkenG und hat im Wege der einstweiligen Verfügung einen entsprechenden Unterlassungstitel beantragt. Einen weiteren Antrag auf Freigabe der für den Beklagten registrierten Domain nebst Internetadresse www.endergiekontor-j[...].de bei der DENIC durch diesen hat die Klägerin vor Zustellung der Antragsschrift zurückgenommen.

Das Landgericht Bremen, 9. Zivilkammer, hat durch den Vorsitzenden Richter mit einstweiliger Verfügung vom 15.02.2011 dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln es untersagt, im Geschäftsverkehr oder zum Zwecke der Werbung die Unternehmenskennzeichnung „Energiekontor“ oder „Energiekontor-J[...]“ zu verwenden, und dem Antragsgegner 80 % der Verfahrenskosten auferlegt.

Auf den Widerspruch des Beklagten hat das Landgericht Bremen mit Urteil vom 14.04.2011 die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Verfügungsantrag zurückgewiesen. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 14 Abs. 5 MarkenG bestehe nicht. Zwischen den Marken „Energiekontor“ und dem Zeichen „Energiekontor-J[...]“ bestehe keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Gericht unterstelle eine hohe Ähnlichkeit zwischen den jeweiligen Dienstleistungen der Parteien. Die Marke „Energiekontor“ verfüge allenfalls über schwache Kennzeichnungskraft, denn dieses aus den Bestandteilen „Energie“ und „Kontor“ (= Büro) zusammengesetzte Wort habe rein beschreibenden Charakter. Ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise verstehe hierunter ein Büro, das in irgendeiner Weise auf dem Gebiet der Energie tätig sei. Auch die mit der lediglich allgemein gehaltenen Umschreibung verbundene begriffliche Unbestimmtheit stehe der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen (BGH GRUR 2002, 952, 953, DeutschlandCard). Es bestehe jedoch keine Zeichenähnlichkeit, so dass eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben sei. Zeichenidentität liege nur hinsichtlich „Energiekontor“ vor. Die Unternehmensbezeichnung des Beklagten werde nicht durch den Bestandteil „Energiekontor“ geprägt, denn der Verkehr werde diesen Bestandteil als Sachangabe auffassen, der lediglich auf das Tätigkeitsgebiet des Beklagten hinweise. Aus diesem Grunde komme dem Bestandteil „Energiekontor“ keine eigenständige kennzeichnende Stellung zu (siehe EuGH GRUR 2005, 1042, „Thomson Life“). Eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens scheide aus, weil es an einer Erkennbarkeit des Bestandteils „Energiekontor“ als Serienbezeichnung der Klägerin in der angegriffenen Unternehmensbezeichnung fehle. Der Verkehr verstehe das Unternehmenskennzeichen des Beklagten als Gesamtbegriff. Schließlich scheide auch ein Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 4 MarkenG sowie aus Art. 9 Abs. 1 lit. b, Art. 14 GMV, Art. 14 Abs. 5 MarkenG mangels Verwechslungsgefahr aus. Es fehle an einer Zeichenähnlichkeit zwischen den kollidierenden Zeichen.

Mit der rechtzeitig eingelegten und – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um 2 Wochen – rechzeitig begründeten Berufung begehrt die Klägerin den Neuerlass der einstweiligen Verfügung.

Die Klägerin wendet ein, bei dem Wort „Energiekontor“ handele es sich nicht um ein Wort der deutschen Sprache; es sei nicht im Duden verzeichnet. Auch das Wort „Kontor“ sei kein Wort der deutschen Sprache. Im Duden sei es mit der Erläuterung: (niederländisch) Geschäftsraum eines Kaufmanns aufgeführt. Der Begriff „Kontor“ sei im Deutschen veraltet.

Bei der Einschätzung des Landgerichts, „Energiekontor“ sei nur eine beschreibende Sachangabe, handele es sich um ein bloße Mutmaßung, der keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte zugrunde lägen. Sei eine Marke einmal eingetragen, seien Verletzungsgerichte an die Eintragung gebunden und dürften – bis zu einer rechtskräftigen Löschungsentscheidung – die Marke nicht als schutzunwürdig einstufen (BGH GRUR 2008, 798, Tz. 14, „Post“).

Die Beurteilung des Landgerichts widerspreche der ständigen Rechtsprechung, insbesondere der Entscheidung des EuGH in PRANAHAUS“. Nach dieser liege eine bloße Sachangabe nur vor, wenn die betroffenen Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (GRUR 2010, 534, Tz. 29). Das sei hier aber nicht der Fall.

Indiz für eine Unterscheidungskraft sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes („My World“; GRUR 2009, 949, Tz. 12) auch eine gewisse Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit der Wortfolge.

Auch der Hinweis des Landgerichts auf die EuGH-Entscheidung „Thomson Life“ sei unzutreffend. Nach dieser Entscheidung komme es gerade nicht darauf an, dass die eingetragene Marke bei Aneinanderreihung mit der Unternehmensbezeichnung eines Dritten den Gesamteindruck prägt, wenn die Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält. Bei „Energiekontor“ handele es sich, wie das LG Berlin in einem Parallelfall zutreffend entschieden habe, um eine Serienmarke. die der Beklagte verletze.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bremen vom 14.04.2011 aufzuheben und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bremen vom 15.02.2011 zu bestätigen und neu zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte meint, durch den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sei die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG entfallen. Die Beiziehung eines Patentanwalts, mit welcher der Verlängerungsantrag von der Klägerin begründet worden ist, sei zwar geboten gewesen, hätte aber bereits von Anfang an erfolgen müssen. Besondere Schwierigkeiten böte der Fall nicht.

In der Sache verteidigt der Beklagte das landgerichtliche Urteil. ‚Der Begriff „Kontor“ sei in der deutschen Sprache gebräuchlich und werde in einer Vielzahl von Fällen unter Angabe des jeweiligen Tätigkeitsbereichs als Unternehmenskennzeichnung benutzt. Das Wort „Energiekontor“ falle daher unter § 23 Nr. 2 MarkenG; ein Verstoß gegen die guten Sitten sei nicht erkennbar. Auf jeden Fall sei die Aussage des Urteils richtig, der Begriff „Energiekontor“ habe allenfalls eine schwache Kennzeichnungskraft. Die Eintragung einer Marke hindere den Verletzungsrichter nicht an einer eigenen Beurteilung der Kennzeichnungskraft. Von einer „Serienmarke“ könne keine Rede sein.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 14 Abs. 5 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b, 14 GMV oder § 15 Abs. 4 MarkenG ist nicht gegeben. Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts, dass im vorliegenden Fall zwischen den geschützten Marken und der Unternehmensbezeichnung der Klägerin einerseits und der Unternehmensbezeichnung des Beklagten andererseits keine Verwechslungsgefahr besteht:

1. Der Senat hat allerdings keinen Zweifel am Vorliegen eines Verfügungsgrundes. Der Senat folgt weiterhin der h.M., dass im Markenrecht § 12 Abs. 2 UWG analoge Anwendung findet (siehe Fezer, 2. Aufl., Rn. 1081f.). Die Eilbedürftigkeit ist auch nicht durch den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um 2 Wochen entfallen. Einem Berufungskläger steht es grundsätzlich auch im einstweiligen Verfügungsverfahren frei, die Berufungsbegründungsfrist auszuschöpfen (siehe z.B. Köhler in Köhler/Bornkamm, 29. Aufl., § 12 UWG, 3.16 m.w.Nw.).. Der Antrag auf Verlängerung war hier im Hinblick auf die Notwendigkeit, einem erst in der Berufungsinstanz eingeschalteten Patentanwalt eine Einarbeitung zu ermöglichen, unschädlich. Die Auffassung des Beklagten, dass die Einschaltung eines Patentanwaltes bereits vor der Abmahnung, jedenfalls aber vor der Antragstellung hätte erfolgen müssen, teilt der Senat nicht. Immerhin hat das Landgericht dem ohne patentanwaltliche Hilfe formulierten und begründeten Antrag stattgegeben. Erst die Aufhebung der einstweiligen Verfügung mit dem im Termin vom 14.04.2011 verkündeten Urteil bot der Klägerin Anlass, einen ausgewiesenen Spezialisten einzuschalten.

2. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin nach den §§ 14 Abs. 5 Satz 1, 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b, 14 GMV besteht nicht.

Da die Klägerin Inhaberin der Gemeinschafts-Wort-/Bildmarke „Energiekontor“ sowie gemäß § 30 Abs. 1 und Abs. 3 MarkenG zur Klageerhebung berechtigte Lizenznehmerin der deutschen Wort-/Bildmarke „Energiekontor“ sowie der Gemeinschaftswortmarke „Energiekontor“ ist, steht ihr gemäß § 4 Nr. 1 MarkenG bzw. nach Art. 6, 9 Abs. 1 Satz 1 GMV ein Markenschutz zu.

Der Senat als sogenanntes Verletzungsgericht ist an die Eintragung einer Marke gebunden, solange deren Löschung nicht Rechtskraft erlangt hat (siehe z.B. BGH GRUR 2007, 1071, Tz. 24, „Kinder II“ m.w.Nw.). Aus dieser Bindung folgt, dass der Verletzungsrichter der eingetragenen Marke nicht jeglichen Schutz versagen darf. Das Gericht hat aber im Verletzungsverfahren den Grad der Kennzeichnungskraft der Klagemarke selbständig zu bestimmen (BGH a.a.O.).

Die nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b GMV festzustellende Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der geschützten Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (siehe BGH, Urt. v. 29.07.2009, I ZR 102/07, „AIDA/AIDU“, GRUR 2010, 235, Tz. 15 m.w.Nw.). Maßgeblich ist der durch die Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (BGH, Urt. v. 03.04.2008, I ZR 49/05, „Schuhpark“, NJW-RR 2009, 536f., Tz. 23 = GRUR 2008, 1002).

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass bei Anwendung dieser Maßstäbe sich eine Verwechslungsgefahr zwischen den klägerischen Marken und der vom Beklagten benutzten Unternehmensbezeichnung nicht feststellen lässt, ohne dass hierdurch den klägerischen Marken jeglicher Schutz abgesprochen würde.

Dabei spielt allerdings keine Rolle, dass die Wort-/Bildmarken, aus denen die Klägerin gleichfalls ihre Rechte herleitet, bereits eine Kennzeichnungskraft aufgrund der besonderen graphischen Gestaltung des Wortes „EnergieKontor“ besitzen; bei diesen Marken wird das Wort „EnergieKontor“ von einer gezeichneten Welle überlagert, die vor dem Wortbeginn unterhalb des Anfangsbuchstaben aufsteigend beginnt mit einem nachfolgenden Wellenberg über dem Buchstaben „i“ und einem anschließenden Wellental mit dem Tiefpunkt unter dem Zwischenraum zwischen den Buchstaben „o“ und „n“ von „Kontor“. Zutreffend ist zwar, dass die angegriffene Kennzeichnung des Beklagten hierzu keine Entsprechung aufweist. Die Klägerin kann jedoch ihre Rechte auch aus einer reinen Wortmarke herleiten, so dass der durch diese Markeneintragung geschaffene Schutz nicht allein aus einem Bildbestandteil hergeleitet werden kann.

Das Landgericht unterstellt in seiner Entscheidung eine hohe Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen, für die die Marken der Klägerin geschützt sind, und den von dem Beklagten angebotenen Dienstleistungen. Dies hält der Senat jedenfalls für den Bereich der Finanzierung, Entwicklung und für den Betrieb von Windenergieanlagen, für den die Klägerin eine besondere Bekanntheit der Unternehmenskennzeichnung für sich insbesondere im norddeutschen Raum beansprucht, nicht für angebracht. Dass der Beklagte in diesem Bereich tätig ist, ist nicht ersichtlich.

Der Senat stimmt mit dem Landgericht darin überein, dass „Energiekontor“ nur eine schwache Kennzeichnungskraft aufweist. Auch wenn nach Einschätzung des Senats dem zusammengesetzten Wort nicht nur ein lediglich beschreibender Charakter zukommt, so dass § 23 Nr. 2 MarkenG nicht zur Anwendung gelangt, wird die Kennzeichnungskraft doch erheblich dadurch eingeschränkt, dass es diverse Unternehmenskennzeichen gibt, bei denen das Wort „Kontor“ verbunden wird mit auf den Tätigkeitsbereich des Unternehmens hinweisenden Begriffen (z.B.: Foto Kontor, Allrad Kontor, Paletten Kontor, Feinkost Kontor, Immobilien Konto, Media-Kontor, Licht Kontor, Elektro-Kontor). Dabei handelt es sich bei dem Wort „Kontor“ um ein – wenn auch aus dem Niederländischen stammendes – Wort der deutschen Sprache, das für „Büro“ steht und bei Unternehmenskennzeichen benutzt wird, weil mit ihm die Vorstellung von Ehrwürdigkeit und kaufmännischer Seriosität verbunden wird. Ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise wird daher, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, der Kombination „Energiekontor“ nur die Bedeutung entnehmen, dass es sich um ein Unternehmen handelt, das in irgendeiner Weise auf dem Gebiet der Energie tätig ist. Die von dem Beklagten gewählte Kombination des Wortes „Energiekontor“ mit seinem Namen stellt somit in erster Linie eine – wenn auch sehr vage - Erläuterung des Gegenstandes seines Geschäftsbereichs dar und enthält keine hinreichend selbständige Kennzeichnungskraft, um eine Verwechslungsgefahr zwischen der Unternehmensbezeichnung des Beklagten und den klägerischen Marken zu begründen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin hat dabei das Landgericht die Entscheidung des EuGH „Thomson Life“ (GRUR 2005, 1042ff.) nicht verkannt. Aus dieser Entscheidung ergibt sich allerdings, dass die Verwechslungsgefahr zwischen einem zusammengesetzten Zeichen unter Verwendung einer fremden Marke und der Marke nicht davon abhängig ist, dass bei dem – entscheidenden – Gesamteindruck des zusammengesetzten Zeichens auf den angesprochenen Verkehrskreis die fremde Marke dominiert. Es reicht vielmehr aus, wenn sie eine selbständig kennzeichnende Stellung behält. Erforderlich bleibt dagegen die Feststellung, dass die fremde Marke innerhalb des zusammengesetzten Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung behält. Dies hat das Landgericht zutreffend verneint.

Dabei kann auch nicht festgestellt werden, dass – was für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr ausreichend wäre (siehe EuGH, a.a.O., Tz. 36) - das Publikum aufgrund der von der geschützten Marke behaltenen selbständig kennzeichnenden Stellung auch den Inhaber dieser Marke mit der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen in Verbindung bringt, die von dem zusammengesetzten Zeichen erfasst werden. Soweit die Klägerin – und das Landgericht Berlin in der von der Klägerin angeführten Entscheidung vom 04.11.2009, Az.: 97 O 17/09 - „Energiekontor“ als Serienbezeichnung einordnet und ihr Verkehrsgeltung zuweist, betrifft dies mit den angeblich ca. 60 jeweils „Energiekontor“ in ihrer Firmenbezeichnung aufführenden Windparkbetreibern einen Geschäftssektor, in dem der Beklagte nicht tätig ist. Für den Senat bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass etwa die Kreditinstitute oder Stadtwerke oder die Anleger der für die Windparks aufgelegten Fonds aus dem Bestandteil „Energiekontor“ in der Unternehmensbezeichnung des auf F. ansässigen Energieberaters J[...] die Schlussfolgerung ziehen, der Beklagte gehöre zu diesen Windparkbetreibern.

b) Mit Verneinung einer Verwechslungsgefahr scheidet auch ein Anspruch aus § 15 Abs. 4 und Abs. 2 MarkenG aus. Ein Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 4 und Abs. 3 MarkenG scheitert jedenfalls daran, dass eine unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung der klägerischen Geschäftsbezeichnung durch den Beklagten nicht erkennbar ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.