BAG, Urteil vom 28.01.2009 - 4 AZR 904/07
Fundstelle
openJur 2011, 97557
  • Rkr:
Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. September 2007 - 10 Sa 1078/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Weitergeltung einer von ihnen getroffenen Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag, mit der sie eine Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit für Vor- und Abschlussarbeiten vereinbart hatten, über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) hinaus.

Der Kläger ist seit dem 1. Juli 1979 bei der Beklagten im Bereich der Wehrbereichsverwaltung West, zuletzt als Landwirt und Unimogfahrer im Servicebereich des Bundeswehrdienstleistungszentrums Düsseldorf, beschäftigt. Die Parteien sind kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit tarifgebunden. Der zwischen den Parteien am 2. Juli 1979 geschlossene Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

"2. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes (MTB II) und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. ... Danach ... beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit z.Z. 40 Stunden."

Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses schlossen die Parteien drei schriftliche Vereinbarungen zur Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit. Die erste Vereinbarung vom 22. August 1979 lautet:

"Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vom 2. Juli 1979 gem. § 4 Abs. 2 MTB II Der mit Herrn Olaf N, geboren am 20. Mai 1958, geschlossene Arbeitsvertrag wird im gegenseitigen Einvernehmen wie folgt geändert: Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wird ab 1. Oktober 1979 wegen notwendiger Vor- und Abschlussarbeiten auf 43 Stunden verlängert."

Mit einem "Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag" vom 31. März 1989 vereinbarten die Parteien:

"Die regelmäßige Arbeitszeit wird mit Wirkung vom 1. April 1989 gemäß § 15 Abs. 3 iVm. § 19 Abs. 1 MTB II wegen notwendiger Vor- und Abschlussarbeiten um 3 Stunden wöchentlich verlängert."

In einem dritten, am 19. Februar 2002 geschlossenen Zusatzvertrag heißt es:

"Die regelmäßige Arbeitszeit für die mit Zusatzvertrag vom 31. März 1989 vereinbarten Vor- und Abschlussarbeiten wird mit Wirkung vom 1. Februar 2002 gemäß § 15 (3) iVm. § 19 (2) MTArb aufgrund fachlich notwendiger Gegebenheiten um 0,5 Stunden auf insgesamt 2,5 Stunden wöchentlich reduziert."

Die vom Kläger aufgrund der Vereinbarungen geleisteten Arbeitsstunden wurden als regelmäßige Arbeitszeit vergütet. Am 1. Oktober 2005 trat der TVöD in Kraft. Nach § 3 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) werden die nach § 1 Abs. 1 TVÜ-Bund erfassten Beschäftigten, darunter die bei der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeiter, in den TVöD übergeleitet. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund ersetzt der TVöD den in Nr. 3 der Anlage 1 TVÜ-Bund Teil A aufgeführten Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb, vom 6. Dezember 1995, idF vom 31. Januar 2003).

Für den Zeitraum von Oktober 2005 bis einschließlich Dezember 2005 leistete die Beklagte an den Kläger jeweils 174,25 Euro brutto monatlich, insgesamt also 522,75 Euro brutto, wobei sie von 10,87 Stunden zusätzlicher Arbeitszeit ausging. In der Vergütungsabrechnung für den Monat Januar 2006 zog sie diesen Betrag wieder ab und leistete eine entsprechend verringerte Vergütung. Mit Schreiben vom 31. Januar 2006 machte der Kläger für die Monate Oktober 2005 bis einschließlich Dezember 2005 die einbehaltene Vergütung gegenüber der Beklagten geltend. In der Zeit vom 18. Januar 2006 bis zum 13. September 2006 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte erklärte in einem Schreiben vom 15. Februar 2006, durch die Einführung des TVöD sei § 15 Abs. 3 MTArb als bisherige Grundlage für die Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zur Leistung von Vor- und Abschlussarbeiten weggefallen und damit die rechtliche Grundlage für die Entlohnung dieser Mehrarbeit. Die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten sollten als Überstunden vergütet werden. In der Folgezeit zahlte die Beklagte an den Kläger 470,11 Euro brutto für die über die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit hinaus geleisteten Stunden. In einem weiteren Schreiben vom 11. Juli 2006 verlangte der Kläger zusätzlich zum Tarifentgelt die Zahlung von jeweils 174,25 Euro brutto für die Monate Januar 2006, September 2006 und Oktober 2006, was die Beklagte ablehnte.

Mit der am 25. Januar 2007 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Zusätzlich beansprucht er die monatliche Zahlung von 174,25 Euro brutto ab dem Monat November 2006 und die Verurteilung der Beklagten, ihn über die tariflich übliche Wochenarbeitszeit hinaus mit weiteren 2,5 Stunden zu beschäftigen. Er ist der Auffassung, der Anspruch auf Leistung von zusätzlich 2,5 Arbeitsstunden pro Woche sei durch das Inkrafttreten des TVöD nicht entfallen. Mit der Vereinbarung vom 19. Februar 2002 hätten die Parteien nicht nur von einer tarifvertraglich vorgesehenen Möglichkeit der Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit Gebrauch gemacht, sondern eine davon unabhängige eigenständige vertragliche Regelung getroffen. Das folge schon aus dem Umstand, dass § 15 Abs. 3 MTArb eine einseitige Möglichkeit zur Arbeitszeitverlängerung durch den Arbeitgeber vorsehe, weshalb eine vertragliche Regelung nicht erforderlich gewesen sei. Zudem erfasse § 15 Abs. 3 MTArb nur die kurzfristige Verlängerung der Arbeitszeit. Während der zusätzlichen Arbeitszeit habe er keine Vor- und Abschlussarbeiten verrichtet, sondern regelmäßig Fahrzeuge gewartet und gepflegt. Die Beklagte habe die vertragliche Regelung nicht einseitig widerrufen dürfen. Zudem habe sie sich im letzten Quartal des Jahres 2005 nicht entsprechend den Bedingungen des TVöD verhalten, sondern ihm die Vergütung für die zusätzlich geleisteten Stunden weiter gezahlt. Ein zeitlicher Zusammenhang zur Überleitung in den TVöD bestehe daher nicht. Die Arbeitszeitverlängerung habe über 26 Jahre bestanden. Das spreche gleichfalls für eine eigenständige Arbeitszeitregelung. Er habe darauf vertrauen können, auch in Zukunft verlängerte Arbeitszeiten leisten zu können. Schließlich verdränge der TVöD die arbeitsvertragliche Regelung zwischen den Parteien nicht, da diese für ihn günstiger seien.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 1. an ihn 575,39 Euro brutto zu zahlen, 2. an ihn ab November 2006 monatlich 174,25 Euro brutto zusätzlich zu der tariflichen Vergütung zu zahlen, 3. ihn mit 2,5 Arbeitsstunden wöchentlich zusätzlich zu der tariflich üblichen wöchentlichen Arbeitszeit zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mit Inkrafttreten des TVöD sei die tarifliche Grundlage für die mit dem Kläger vereinbarte Arbeitszeitverlängerung entfallen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers richte sich nach den jeweiligen tariflichen Regelungen. Dies sei bei Vertragsschluss der Manteltarifvertrag für die Arbeiter des Bundes (MTB II), später der MTArb und jetzt der TVöD. Nur diese Tarifregelungen sollten das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmen. Mit den Zusatzverträgen sei allein von den tarifvertraglichen Möglichkeiten, zuletzt nach § 15 Abs. 3 MTArb, Gebrauch gemacht worden. Eine solche Regelungsmöglichkeit sehe der TVöD nicht mehr vor, weshalb die zusatzvertragliche Regelung entfallen sei.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 1 und zu 3 unbegründet. Der Antrag zu 2 ist teilweise unzulässig, im Übrigen ist er gleichfalls unbegründet.

I. Der Antrag zu 1 ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger aus dem Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag vom 19. Februar 2002 seit Inkrafttreten des TVöD zum 1. Oktober 2005 keine Ansprüche mehr gegen die Beklagte ableiten kann.

1. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass die Parteien mit der vertraglichen Abrede vom 19. Februar 2002 keine eigenständige, von den auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträgen unabhängige Arbeitszeitregelung getroffen haben. Es hat die Zusatzvereinbarung dahingehend ausgelegt, dass der Anspruch auf eine längere Beschäftigung nur solange bestehen solle, als der einschlägige Tarifvertrag eine solche Gestaltungsmöglichkeit vorsieht. Diese sei mit Inkrafttreten des TVöD entfallen, sodass der Kläger aus der vertraglichen Abrede keine Ansprüche mehr ableiten könne.

2. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers ist unbegründet. Die zwischen den Parteien geschlossene vertragliche Abrede steht unter dem Vorbehalt, der jeweilige für das Arbeitsverhältnis einschlägige Tarifvertrag enthalte auch eine Möglichkeit, die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit zur Durchführung von Vor- und Abschlussarbeiten in dem zwischen den Parteien vereinbarten Umfang verlängern zu können. Sieht der betreffende Tarifvertrag wie nunmehr der für das Arbeitsverhältnis maßgebliche TVöD eine solche Regelungsmöglichkeit nicht mehr vor, entfällt die vertragliche Abrede der Parteien über die Leistung von Vor- und Abschlussarbeiten (§ 158 Abs. 2 BGB). Das ergibt die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Zusatzvertrages vom 19. Februar 2002.

a) Vertragsparteien können die Geltung einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung von dem weiteren Bestand tatsächlicher Umstände abhängig machen. Das eröffnet ihnen die Möglichkeit, trotz der eingetretenen Rechtsbindung zukünftige Entwicklungen für den Bestand des Rechtsgeschäfts zu berücksichtigen. Dabei ist es nicht erforderlich, den entsprechenden Vorbehalt ausdrücklich zu vereinbaren. Ein solcher kann sich durch Auslegung des Rechtsgeschäfts ergeben (s. nur Staudinger/Bork BGB Neubearbeitung 2003 § 158 Rn. 8; MünchKommBGB/H.P. Westermann Bd. 1/1. Halbband 5. Aufl. § 158 Rn. 50). Ob ein solcher Vorbehalt Inhalt des Rechtsgeschäfts geworden ist, beurteilt sich danach, ob eine Partei den Motivationsprozess, der zum Abschluss des Rechtsgeschäfts geführt hat, zumindest schlüssig und für den anderen Teil ohne weiteres erkennbar zu dessen Inhalt gemacht und ihn dadurch für das Rechtsgeschäft aktualisiert hat (MünchKommBGB/H.P. Westermann § 158 Rn. 50, aaO) .

b) Die Parteien haben mit dem Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag vom 19. Februar 2002 von einer im Tarifvertrag vorgesehenen Möglichkeit der Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit Gebrauch machen wollen, die allerdings nur so lange Bestand haben sollte, wie der jeweils einschlägige Tarifvertrag diese Gestaltungsmöglichkeit eröffnet.

aa) Ein solcher Vorbehalt ergibt sich aus der vertraglichen Regelung vom 19. Februar 2002. In dem Zusatzvertrag wird die tarifvertragliche Regelung genannt, die eine Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit erlaubt. § 15 MTArb lautet ua. wie folgt:

"§ 15 Regelmäßige Arbeitszeit (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38 ½ Stunden wöchentlich. ... (3) Die regelmäßige Arbeitszeit kann bis zu zehn Stunden (durchschnittlich 50 Stunden wöchentlich) verlängert werden, wenn Vor- und Abschlussarbeiten erforderlich sind. ..."

Die von den Parteien getroffene Vereinbarung machte damit von der nach § 15 Abs. 3 MTArb möglichen Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit über den in § 15 Abs. 1 MTArb genannten Umfang hinaus Gebrauch. Die Koppelung der Vereinbarung an den Umstand, dass eine tarifvertragliche Möglichkeit für eine solche Vertragsgestaltung besteht, wird durch die Verwendung des Wortes "gemäß" zum Ausdruck gebracht. "Gemäß" meint hierbei, dass entsprechend oder in Übereinstimmung mit einer Sache gehandelt wird (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. S. 594, "gemäß"). Die Vertragsregelung soll in Übereinstimmung mit der tariflichen Regelung erfolgen, die eine Verlängerung der Arbeitszeit zulässt. Diese Bindung an eine bestehende Tarifnorm wird auch dadurch verdeutlicht, dass die Parteien nicht lediglich eine Verlängerung der Arbeitszeit vereinbart, sondern die weitere tarifliche Voraussetzung für eine solche Verlängerung in den Vertragstext aufgenommen haben - die notwendigen Vor- und Abschlussarbeiten. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich daher nicht lediglich um die Vereinbarung zusätzlicher Wochenstunden "oberhalb der jeweiligen Tarifvertragsbestimmung", sondern um eine, die im Einklang mit der betreffenden Tarifregelung stehen soll.

bb) Für ein solches Verständnis spricht auch die Vertragspraxis der Parteien. So nennt die Vereinbarung vom 22. August 1979 als Grund für die Verlängerung der Arbeitszeiten notwendige Vor- und Abschlussarbeiten und bezieht sich damit auf die einschlägige Tarifregelung. § 15 MTB II (idF des Ergänzungstarifvertrages Nr. 20 v. 12. Juni 1974) lautete ab dem 1. Oktober 1974 (bis einschließlich des 31. März 1989):

"§ 15 Regelmäßige Arbeitszeit (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich. ... (3) Die regelmäßige Arbeitszeit kann bis zu zehn Stunden täglich (durchschnittlich 50 Stunden wöchentlich) verlängert werden, wenn Vor- und Abschlussarbeiten erforderlich sind. ..."

Noch etwas deutlicher wird die Koppelung an die tarifliche Regelung im Zusatzvertrag vom 31. März 1989, der wie die Abrede vom 19. Februar 2002 im Vertragstext selbst die einschlägige Tarifnorm benennt, auf die die Parteien ihre vertragliche Abrede stützen.

cc) Die Vertragspraxis der Parteien verdeutlicht zugleich, dass es ausreichen soll, wenn der einschlägige Tarifvertrag überhaupt die Möglichkeit eröffnet, zum Zwecke von Vor- und Abschlussarbeiten die regelmäßige Arbeitszeit zu verlängern. Im Zusatzvertrag vom 31. März 1989 haben die Parteien vereinbart, dass die regelmäßige Arbeitszeit "gemäß § 15 Abs. 3 iVm. § 19 Abs. 1 MTB II" wegen notwendiger Vor- und Abschlussarbeiten um drei Stunden wöchentlich verlängert wird. Die Bestimmungen des § 15 Abs. 3 MTB II sind mit Inkrafttreten des MTArb zum 1. März 1996 nach § 76 Abs. 2 Buchst. a MTArb außer Kraft getreten. Gleichwohl haben die Parteien anlässlich des Außerkrafttretens der Bestimmungen des MTB II keine neue Vereinbarung - unter Nennung der nunmehr einschlägigen und insoweit inhaltsgleichen Regelung des § 15 Abs. 3 MTArb - getroffen, sondern die vertragliche Abrede vom 31. März 1989 bis zu deren Abänderung am 19. Februar 2002 weiterhin durchgeführt. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde die einschlägige Tarifregelung des § 15 Abs. 3 MTArb in den vertraglichen Beziehungen der Parteien aufgeführt.

dd) Für die Annahme, das Arbeitsverhältnis solle ausschließlich nach den Regelungen des einschlägigen Tarifvertrages durchgeführt werden, spricht weiterhin die in § 2 des Arbeitsvertrages enthaltene Bezugnahmeklausel. Der Kläger konnte deshalb nicht ohne besondere Anhaltspunkte davon ausgehen, die Beklagte werde das Arbeitsverhältnis unabhängig von den tariflichen Bestimmungen und den im Tarifvertrag eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten durchführen.

ee) Zudem handelt es sich bei der Beklagten um einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes. Dieser Umstand ist ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte mit dem Kläger lediglich Abreden im Rahmen und in Abhängigkeit von den tarifvertraglichen Regelungsmöglichkeiten treffen wollte.

Die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sind durch Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem aber durch die Festlegungen des Haushaltsplans gebunden. Sie sind anders als private Arbeitgeber gehalten, die Bedingungen des Dienst- und Tarifrechts sowie die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten und können daher bei der Schaffung materieller Dienst- und Arbeitsbedingungen nicht autonom wie ein Unternehmer der privaten Wirtschaft handeln. Aus diesem Grunde gilt im Zweifel, dass sie lediglich Normvollzug betreiben wollen. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes darf nur auf eine korrekte Anwendung der aktuell geltenden rechtlichen Regelungen vertrauen (s. nur BAG 9. Februar 2005 - 5 AZR 164/04 - EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 6; 1. November 2005 - 1 AZR 355/04 - BAGE 116, 175) .

Der Kläger konnte deshalb insbesondere angesichts des Wortlauts der beiden Vereinbarungen vom 19. Februar 2002 und 31. März 1989 nicht davon ausgehen, die Verlängerung der Arbeitszeit für notwendige Vor- und Abschlussarbeiten solle auch gelten, wenn der einschlägige Tarifvertrag hierfür keine Regelungsmöglichkeiten mehr eröffnet.

Aus dem vom Kläger angeführten Urteil des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG 7. September 1982 - 3 AZR 5/80 - BAGE 40, 126) ergibt sich kein anderes Ergebnis. Der Entscheidung kann schon nicht entnommen werden, der Dritte Senat weiche von den vorstehenden Grundsätzen ab. Nach diesen gilt, dass der öffentliche Arbeitgeber "im Zweifel" Normvollzug betreiben will. In dem damals entschiedenen Fall hatte die Beklagte von Beginn an freiwillig eine außertarifliche Trennungsentschädigung auf Grundlage eines ministeriellen Erlasses geleistet. Es war daher offensichtlich, dass es sich nicht um einen bloßen Normenvollzug handeln sollte. Deshalb musste die Zweifelsregelung durch den Dritten Senat nicht in Frage gestellt werden und wurde es auch nicht. Zudem hat die Beklagte des hiesigen Verfahrens anders als in der genannten Entscheidung durch ihr Verhalten keinen langjährigen Vertrauenstatbestand dahingehend begründet, dem Kläger solle eine Vergünstigung unabhängig von den einschlägigen tariflichen Voraussetzungen zukommen.

c) Ob die in § 15 Abs. 3 MTArb mögliche Verlängerung der durchschnittlichen Arbeitszeit auf "50 Stunden wöchentlich" gegen § 3 ArbZG verstoßen hat oder mit Art. 6 Nr. 2 RL 1993/104/EG oder mit Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG unvereinbar gewesen ist (zu Arbeitszeitregelungen des Bundesangestelltentarifvertrags vgl. BAG 28. Juni 2007 - 6 AZR 851/06 - AP BAT § 15 Nr. 55; 14. Oktober 2004 - 6 AZR 535/03 - ZTR 2005, 144) kann dahinstehen. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, die in § 15 MTArb getroffene Arbeitszeitregelung sei wegen Verstoßes gegen höherrangiges nationales Recht unwirksam oder infolge des Vorrangs des gegenüber dem staatlichen Arbeitgeber unmittelbar geltenden Gemeinschaftsrechts sogar insgesamt und nicht nur in dem Umfang unanwendbar, soweit die wöchentliche Arbeitszeit die in den Richtlinien geregelte höchstzulässige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden überschreitet (BAG 14. Oktober 2004 - 6 AZR 535/03 - zu I 1 d der Gründe, aaO), folgt daraus kein anderes Ergebnis. Die Abrede vom 19. Februar 2002 könnte weder im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung noch durch eine Anpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 iVm. Abs. 2 BGB) dergestalt aufrecht erhalten werden, es solle eine von den tariflichen Möglichkeiten unabhängige Arbeitszeitverlängerung vereinbart sein.

d) Das Vorbringen des Klägers steht der vorstehenden Auslegung nicht entgegen.

aa) Gegen die Vertragsauslegung kann der Kläger nicht einwenden, die tatsächliche Vertragsdurchführung habe vom vereinbarten Inhalt des Zusatzvertrages abgewichen, weil er nicht mit Vor- und Abschlussarbeiten betraut gewesen sei. Nach der Gesetzesbegründung zu § 14 Abs. 2 Nr. 2 ArbZG sind Vor- und Abschlussarbeiten solche zur Reinigung und Instandhaltung, soweit sich diese während des regelmäßigen Betriebs nicht ohne Unterbrechung oder erhebliche Störung ausführen lassen, sowie Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrechterhaltung des vollen Betriebs arbeitstechnisch abhängt (BT-Drucks. 12/5888 S. 31). Zu den Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten können auch die Wartung und Pflege der Betriebsmittel gehören (Baeck/Deutsch ArbZG 2. Aufl. § 14 Rn. 35; s. auch Neumann/Biebl ArbZG 15. Aufl. § 14 Rn. 11), die vom Kläger durchgeführt wurde .

bb) Der vorgenommenen Auslegung kann auch nicht entgegengehalten werden, die Parteien hätten unzulässigerweise eine dauerhafte Regelung für Vor- und Abschlussarbeiten vertraglich vereinbart. Eine solche ist entgegen der Auffassung des Klägers sowohl nach § 15 Abs. 3 MTB II als auch nach § 15 Abs. 3 MTArb möglich gewesen. Deshalb trifft das Argument der Revision nicht zu, die Beklagte habe die Arbeitszeitregelungen des Tarifvertrags missachtet, weshalb der Kläger nicht davon habe ausgehen müssen, die Beklagte handele nur im Rahmen bestehender Gesetze und Tarifverträge.

(1) Die Parteien konnten eine Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit gemäß § 15 Abs. 3 MTB II und § 15 Abs. 3 MTArb vertraglich festlegen. In welcher Weise die Änderung der Arbeitszeit herbeizuführen ist, ist tariflich nicht ausdrücklich bestimmt gewesen. Das Landesarbeitsarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass neben einer entsprechenden einseitigen Anordnung durch den Arbeitgeber auch einzelvertragliche Vereinbarungen mit dem Arbeitnehmer möglich waren (BAG 26. Juni 1985 - 4 AZR 585/83 - BAGE 49, 125, zu § 9 Nr. 2 Buchst. a TVAL II). Das wird auch von der Revision nicht mehr angegriffen.

(2) Entgegen der Auffassung der Revision gestattet § 15 Abs. 3 MTArb eine dauerhafte Regelung. Die Vorschrift regelt, anders als § 14 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ArbZG, nicht nur unaufschiebbare Vor- und Abschlussarbeiten. Das übersieht die Revision. Eine durch § 15 Abs. 3 MTArb verbundene Abweichung von § 3 ArbZG und zuvor von § 3 ArbZO (in der bis zum 30. Juni 1994 geltenden Fassung) konnten die Tarifvertragsparteien nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 ArbZG und nach der Vorgängerregelung des § 7 Abs. 1 ArbZO regeln. Das gegenüber der Vorgängerregelung in § 5 ArbZO eingefügte Tatbestandsmerkmal der "unaufschiebbaren" Vor- und Abschlussarbeiten in § 14 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ArbZG führt nicht dazu, dass eine tarifliche Regelung iSd. § 7 Abs. 2 Nr. 4 ArbZG gleichfalls dieser Voraussetzung entsprechen muss. Es genügt, dass die Vor- und Abschlussarbeiten "erforderlich" sind. Dieses Erfordernis wird vom Kläger nicht in Frage gestellt.

cc) Die Feststellung, die Verlängerung der Arbeitszeit in den zwischen den Parteien getroffenen Zusatzvereinbarungen sei nach dem Willen der Vertragsparteien vom Fortbestand einer tariflichen Regelung abhängig, die eine solche Verlängerung ermöglicht, wird schließlich auch nicht durch die Entgegennahme der zusätzlichen Arbeitsleistung des Klägers in den Monaten Oktober 2005 bis einschließlich Dezember 2005 in Frage gestellt.

Bei den Begleitumständen, die Rückschlüsse auf den erklärten Geschäftswillen haben können, sind bei der Auslegung grundsätzlich nur diejenigen zu berücksichtigen, die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts erkennbar waren. Soweit gleichwohl ein nachträgliches Verhalten der Parteien bei der Auslegung berücksichtigt wird (vgl. Staudinger/Singer BGB 2004 § 133 Rn. 50 mwN), musses "Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen" (BGH 24. Juni 1988 - V ZR 49/87 - NJW 1988, 2878). Hierzu bedarf es einer über längere Zeit geübten einverständlichen Vertrags- und Zahlungspraxis (BGH 29. April 1993 - III ZR 115/91 - BGHZ 122, 287). Allein die gerade einmal dreimonatige Entgegennahme der Arbeitsleistung des Klägers in den ersten drei Monaten nach Inkrafttreten des TVöD ist ohne weitere Anhaltspunkte nicht geeignet, auf einen Willen der Beklagten schließen zu können, sie wolle die Arbeitsleistung des Klägers entgegen der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung nunmehr unabhängig von den tarifvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten entgegennehmen und sich dergestalt binden.

3. Die Arbeitszeiterhöhung des Klägers ist über den 30. September 2005 hinaus nicht aufgrund seiner Beschäftigung im bisherigen Umfang in den Monaten Oktober 2005 bis einschließlich Dezember 2005 dauerhaft verlängert worden. Eine solche Verlängerung folgt weder aus § 15 Abs. 5 TzBfG noch aus § 625 BGB. Beide Bestimmungen setzen voraus, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund eines bestimmten Beendigungstatbestandes als Ganzes sein Ende gefunden hat (BAG 3. September 2003 - 7 AZR 106/03 - BAGE 107, 237). Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Der Zusatzvertrag vom 19. Februar 2002 betraf nur eine um 2,5 Stunden verlängerte Arbeitszeit des Klägers, nicht aber sein Arbeitsverhältnis als Ganzes. Das unbefristete Arbeitsverhältnis der Parteien bestand unverändert fort.

4. Da die Zusatzabrede nach dem Willen der Vertragspartner mit Inkrafttreten des TVöD entfallen ist, ist nicht darüber zu befinden, ob sie trotz der gem. § 4 Abs. 1 TVG unmittelbaren und zwingenden Wirkung der Tarifnormen des TVöD als arbeitsvertragliche Regelung hätte anwendbar bleiben können, weil sie eine zugunsten des Klägers abweichende Abmachung von den tarifvertraglichen Regelung enthalten hätte (§ 4 Abs. 3 TVG), oder ob sie von der tariflichen Regelung als objektiv ungünstiger nach § 4 Abs. 3 TVG verdrängt worden wäre (BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 998/06 - Rn. 43, AP TVG § 4 Nr. 29 = EzA TVG § 4 Nr. 44) .

II. Der Antrag zu 2 ist unzulässig, soweit der Kläger damit zukünftige Ansprüche geltend macht, im Übrigen ist er unbegründet.

1. Der Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab November 2006 monatlich 174,25 Euro brutto zusätzlich zu der tariflichen Vergütung zu zahlen, ist insoweit unzulässig, als der Kläger auch die monatlichen Vergütungen ab dem Monat September 2007 begehrt. In diesem Umfang handelt es sich um eine Klage auf zukünftige Leistung, deren Voraussetzungen nach § 259 ZPO der Kläger nicht dargelegt hat.

a) Soweit zwischen den Parteien die Zahlungsansprüche des Klägers für die Zeit ab dem Monat November 2006 bis einschließlich August 2007 im Streit stehen, kommt es auf die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 259 ZPO nicht an. Denn zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 28. September 2007, der für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klage durch das Berufungsgericht maßgeblich gewesen ist (BGH 4. Mai 2005 - VIII ZR 5/04 - zu II 1 der Gründe mwN, WuM 2005, 458), war die Klage für diesen Zeitraum nicht mehr auf eine zukünftige Leistung gerichtet. Die Vergütungsansprüche des Klägers, deren Zahlung nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat erfolgt, waren für diesen Zeitraum am 28. September 2007 fällig geworden. Ohne dass es einer Änderung des Antrags bedurft hätte (BGH 4. Mai 2005 - VIII ZR 5/04 - aaO), konnte das Berufungsgericht über diese bereits fälligen Ansprüche entscheiden.

b) Für die ab dem Monat September 2007 beanspruchte Vergütung sind die Voraussetzungen nach § 259 ZPO nicht erfüllt.

aa) Nach § 259 ZPO kann außer den Fällen der §§ 257, 258 ZPO, die hier ersichtlich nicht vorliegen, Klage auf künftige Leistung erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen. § 259 ZPO lässt grundsätzlich auch die Verurteilung zu künftigen Leistungen zu, die von einer im Urteil anzugebenden Gegenleistung abhängig sind. Zu den künftigen Leistungen iSv. § 259 ZPO sind auch zukünftige Vergütungsansprüche von Arbeitnehmern zu rechnen (Senat 9. April 2008 - 4 AZR 104/07 - Rn. 28 mwN, AP TVG § 1 Nr. 43 = EzA ZPO 2002 § 259 Nr. 1 ; BAG 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - Rn. 13 mwN, EzA ZPO § 259 Nr. 1). Da künftige Vergütungsansprüche ua. dann entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird, die geschuldete Arbeitsleistung ausbleibt oder die Vergütung nicht fortzuzahlen ist (zB bei längerer Krankheit, unbezahltem Urlaub, unentschuldigten Fehlzeiten), sind die für den Vergütungsanspruch maßgeblichen Bedingungen in den Antrag aufzunehmen. Nur das Unerwartete kann unberücksichtigt bleiben. Unerwartet in diesem Sinne ist bezogen auf die unbefristete Verurteilung zu künftiger Leistung jedenfalls nicht der Wegfall des Anspruchs auf Arbeitsvergütung durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder - bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses - durch die Nichterbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer (Senat 9. April 2008 - 4 AZR 104/07 - Rn. 28, 32 ff., aaO ; BAG 13. März 2002 - 5 AZR 755/00 - Rn. 13 mwN, aaO).

bb) Der Kläger hat die Voraussetzungen für eine Klage auf künftige Leistung nicht erfüllt. Sein Vortrag beschränkt sich auf die Behauptung, die Beklagte bestreite eine Leistungspflicht. Ob allein dadurch die Besorgnis der Leistungsverweigerung zum Fälligkeitstermin gegenüber dem öffentlichen Arbeitgeber begründet wird (dazu Senat 9. April 2008 - 4 AZR 104/07 - Rn. 29, AP TVG § 1 Nr. 43 = EzA ZPO 2002 § 259 Nr. 1 ), kann dahinstehen. Der Kläger hat jedenfalls nicht vorgetragen, unter welchen einzelnen Voraussetzungen die Beklagte in der Zukunft zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet ist und diese auch nicht in den Antrag aufgenommen.

2. Soweit der Antrag zu 2 zulässig ist, ist er aus den genannten Gründen (unter I) unbegründet.

III. Der gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmte Antrag zu 3 (BAG 27. April 2004 - 9 AZR 522/03 - zu I 2 der Gründe, BAGE 110, 232) ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf eine Beschäftigung in einem über die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit hinausgehenden Umfang nicht zu (unter I).

IV. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.

Bepler Creutzfeldt Treber Rupprecht Kralle-Engeln