BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 50/07 R
Fundstelle
openJur 2011, 96404
  • Rkr:

Es ist nicht gleichheitswidrig, wenn die Erhöhung der Ordinationsgebühr für Ärzte mit Schwerpunkt Rheumatologie den Orthopäden, für die von 1997 bis 2003 Praxisbudgets festgelegt waren, dann kein zusätzliches Honorar erbrachte, wenn sie das Budget ausgeschöpft hatten.

Tatbestand

Streitig ist die Erweiterung des Praxisbudgets für Orthopäden nach Änderungen der Bewertung rheumatologischer Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä).

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis aus zwei Fachärzten für Orthopädie, von denen einer die Schwerpunktbezeichnung Rheumatologie führt.

Im EBM-Ä war die Bewertung rheumatologischer Leistungen zum 1.7.2002 neu geregelt worden (DÄ 2002, A-879) : Nach dem EBM-Ä in der bis zum 30.6.2002 geltenden Fassung (aF) hatten Orthopäden für die von ihnen erbrachten rheumatologischen Betreuungen Honorar gemäß der dritten Tatbestandsvariante der Nr 16 EBM-Ä aF erhalten, und zwar ohne dass diese Leistungen in die Abrechnungsbegrenzung des von 1997 bis 2003 geltenden Praxisbudgets einbezogen war. Zum 1.7.2002 beseitigte der Bewertungsausschuss diese Regelungen und erhöhte stattdessen die Ordinationsgebühr der Nr 1 EBM-Ä für fachärztliche Internisten und Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie. Die Nr 1 EBM-Ä wurde bei den Arztgruppen, für die Praxisbudgets festgesetzt waren, von diesen erfasst, sodass sich diese Erhöhung bei Orthopäden, die ihr Praxisbudget ohnehin ausgeschöpft hatten, nicht honorarsteigernd auswirkte. Die fachärztlichen Internisten blieben demgegenüber weiterhin unberührt von den Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets (siehe Allgemeine Bestimmungen A I., Teil B EBM-Ä). Diese Regelungen legte die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Südbaden, deren Rechtsnachfolgerin die beklagte KÄV Baden-Württemberg ist (im Folgenden Gesamtbezeichnung für beide KÄVen: Beklagte), der Berechnung der Honoraransprüche der Vertragsärzte seit dem 1.7.2002 zugrunde.

Die Klägerin erhob gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2002 (Bescheid vom 6.3.2003) und gegen die Ablehnung einer Budgetneuberechnung bzw -erweiterung (Bescheid vom 25.11.2002) Widerspruch (Schreiben vom 2.12.2002 und vom 28.3.2003). Sie wandte sich dabei gegen die vorgenannten Neuregelungen. Dadurch würden die orthopädischen Rheumatologen schlechter honoriert als die internistischen, weil ihre Vergütung für die Betreuung von Rheumapatienten nunmehr - anders als früher - von dem für sie geltenden Praxisbudget erfasst werde. Dies sei rechtswidrig; jedenfalls müsse den orthopädischen Rheumatologen zum Ausgleich eine entsprechende Erweiterung ihres Praxisbudgets bewilligt werden. Die Beklagte wies die Widersprüche zurück (Bescheid vom 19.8.2003) .

Mit Klage und Berufung ist die Klägerin erfolglos geblieben (Urteile des Sozialgerichts vom 28.6.2006 und des Landessozialgerichts <LSG> vom 19.9.2007). Das LSG hat ausgeführt, die Neuregelung durch Teilstreichung in Nr 16 EBM-Ä aF bei gleichzeitiger Höherbewertung der Ordinationsgebühr für Internisten und Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie sei ebenso wie die Weitergeltung der bisherigen Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets rechtmäßig. Diese seien auch unter dem Gesichtspunkt der Nichteinbeziehung fachärztlicher Internisten nicht zu beanstanden, wie schon das Bundessozialgericht (BSG) entschieden habe. Unbedenklich sei auch die Einbeziehung der erhöhten Ordinationsgebühr bei den Orthopäden in das Praxisbudget. Ungerecht sei nicht diese Einbeziehung, sondern im Kern die frühere Honorierung der rheumatologischen Betreuungsleistungen außerhalb des Budgets. Dies habe sich nur dadurch ergeben, dass die außerbudgetäre Vergütungsstruktur, wie sie bei den Internisten bestanden habe, infolge des Urteils des BSG vom 20.1.1999 (BSGE 83, 218 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21) auch den Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie zugute gekommen sei. Die zum 1.7.2002 vorgenommene Beseitigung dieses Vorteils außerbudgetärer Abrechnung diene der Gleichbehandlung mit den übrigen budgetierten Fachgruppen. Der Bewertungsausschuss habe damit die frühere Bevorzugung der Behandlungen von Rheumapatienten beseitigt, allerdings zugleich eine andere Bevorzugung neu geschaffen, nämlich den Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie eine höhere Ordinationsgebühr als den übrigen Orthopäden zuerkannt. Diese sei nicht auf den relativ geringen Teil der Betreuung von Rheumapatienten begrenzt, sondern gelte auch für ihre Leistungen bei allen anderen Patienten. Eine Rechtfertigung für die weitergehende Forderung, dass bei rheumatologischer Tätigkeit auch das Praxisbudget erweitert werden müsse, bestehe nicht. Es sei rechtlich ohne Bedeutung, dass im Falle bereits anderweitig ausgeschöpfter Praxisbudgets die weiteren (eventuell rheumatologischen) Leistungen praktisch unvergütet blieben. Dies entspreche der Typik des Praxisbudgets und treffe ebenso die anderen budgetierten Vertragsärzte. Die insoweit bestehende Gleichbehandlung der rheumatologischen Orthopäden mit den übrigen Orthopäden und den sonstigen budgetierten Arztgruppen sei sachgerecht und entgegen der Ansicht der Klägerin mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar.

Eine mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbare Benachteiligung der orthopädischen Rheumatologen liege auch nicht im Verhältnis zu den internistischen Rheumatologen vor. Die Nichteinbeziehung der fachärztlichen Internisten in die Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets sei gerechtfertigt, wie sich aus der Rechtsprechung des BSG ergebe. Auch im Spezialbereich der rheumatologischen Behandlungen liege keine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG vor. Insoweit bestünden deutliche Unterschiede zwischen den internistischen und den orthopädischen Rheumatologen. Letztere erbrächten ungeachtet ihrer Spezialisierung typischerweise das Gesamtspektrum orthopädischer Leistungen. Demgegenüber erbrächten die internistischen Rheumatologen sowohl im einzelnen Behandlungsfall als auch insgesamt deutlich mehr spezielle rheumatologische Betreuungsleistungen als die Orthopäden. Dementsprechend sei bei den Internisten ein Ausgleich für die Abschaffung der gesondert abrechenbaren Nr 16 EBM-Ä aF erheblich dringlicher gewesen als bei den orthopädischen Rheumatologen.

Zu Recht habe die Beklagte es abgelehnt, individuell für die Klägerin das Praxisbudget zu erweitern. Dies wäre nur im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs zulässig. Die dafür bestehenden Erfordernisse einer deutlichen Spezialisierung und einer entsprechenden Praxisausrichtung seien nicht gegeben. Im Quartal III/2002 habe die Klägerin bei insgesamt 2.525 Behandlungsfällen lediglich 111 Rheumapatienten gehabt, und die Betreuungen solcher Patienten ergäben nur 2,4 % ihres Leistungsvolumens.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, die Ausführungen des LSG stünden im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 20.1.1999 (BSGE 83, 218 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21). Der Ausgangspunkt des LSG, die vom 1.7.1997 bis zum 30.6.2003 geltenden Praxis- und Zusatzbudgets und die Nichteinbeziehung der fachärztlichen Internisten in diese Regelungen seien grundsätzlich rechtmäßig, werde nicht in Frage gestellt. Das LSG beschreibe aber das Verhältnis der orthopädischen zu den internistischen Rheumatologen und auch deren Verhältnis zu den übrigen Orthopäden nicht zutreffend. Die Auffassung, fachärztliche Internisten dürften sich mehr auf ihren Schwerpunkt konzentrieren als Orthopäden, finde weder im Berufs- noch im Vertragsarztrecht eine Stütze; insoweit gehe der Beschluss des BSG vom 10.12.2003 - B 6 KA 53/03 B - fehl. Bei einem Anteil von ca 20 % könne im Übrigen keine schwerpunktmäßige Tätigkeit in diesem Bereich angenommen werden. Entscheidend sei nicht der Anteil am Praxisumfang, sondern die Anzahl derartiger Betreuungen, die bei den Internisten nicht höher liege als bei den Orthopäden, wie auch das BSG in seinem Urteil vom 20.1.1999 mit der Ausweisung sogar höherer Zahlen der Orthopäden festgestellt habe. Das BSG habe letztlich als maßgebend zugrunde gelegt, dass die rheumatologischen Behandlungen in ihrer konkreten Art bei internistischen und orthopädischen Rheumatologen wesensgleich seien (BSG E 83, 218, 222 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 111). Dementsprechend - und unter Berücksichtigung des Rheumaberichts der Bundesregierung vom 28.8.1997 (BT-Drucks 13/8434 S 7) - habe der Bewertungsausschuss den Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie bewusst dieselben zusätzlichen Abrechnungsmöglichkeiten eröffnen wollen, wie er sie früher mit der extrabudgetär abrechenbaren Nr 16 EBM-Ä aF gewährt habe. Sein Wille, dieses Ziel nunmehr durch eine Erhöhung der Ordinationsgebühr umzusetzen, erreiche allerdings nur die internistischen Rheumatologen, aber - mangels gleichzeitiger Erweiterung des Praxisbudgets - nicht die orthopädischen Rheumatologen. Diese hätten nahezu alle, auch schon vor dem 1.7.2002 unter Geltung der damals noch geringeren Ordinationsgebühr, regelmäßig das Praxisbudget überschritten. Dies gelte auch für die Klägerin; die geringfügige Unterschreitung im Quartal II/2002 sei eine nicht repräsentative Ausnahme. Die Erhöhung der Ordinationsgebühr allein stelle, auch wenn sie über die rheumatologischen hinaus alle übrigen Fälle erfasse, faktisch nur eine theoretische Besserstellung dar. Ungerechtigkeiten bestünden im Übrigen nicht nur im Verhältnis zu den internistischen Rheumatologen, sondern auch im Verhältnis zu den anderen Orthopäden, mit denen sie trotz ihres Schwerpunktes Rheumatologie zu Unrecht gleichgestellt würden.

Das LSG hätte jedenfalls ihrem - der Klägerin - Verlangen stattgeben müssen, für sie individuell das Praxisbudget zu erweitern. Ihr Anteil an Rheumapatienten könne schon nicht mit nur 3 % veranschlagt werden; vielmehr müsse, da nur einer der der Gemeinschaftspraxis zugehörigen Ärzte die Schwerpunktbezeichnung Rheumatologie führe, von einem Anteil von 6 % ausgegangen werden. Bei diesem Wert bestehe durchaus eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit und zugleich eine deutlich spezialisierte Praxisausrichtung im Vergleich sowohl mit dem Durchschnitt der Fachgruppe der Orthopäden insgesamt als auch mit dem Durchschnitt der Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie. Letztlich bestehe Ähnlichkeit mit einem qualifikationsgebundenen Zusatzbudget; dem müsse durch Erweiterung des Praxisbudgets Rechnung getragen werden.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19.9.2007 und des Sozialgerichts Freiburg vom 28.6.2006 aufzuheben sowie die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides für das Quartal III/2002 und des Bescheides vom 25.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.8.2003 zu verpflichten, über ihr - der Klägerin - Honorar für dieses Quartal unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG und dessen Argumentation für zutreffend. Ergänzend macht sie geltend, dass ein Widerspruch zum Urteil des BSG vom 20.1.1999 (BSGE 83, 218 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21) nicht vorliege. Dieses habe für seine Forderung nach einer Honorierung, die hinsichtlich der rheumatologischen Betreuungsleistungen bei Orthopäden und Internisten gleich sein müsse, nicht schon ausreichen lassen, dass es sich um gleichartige Leistungen handele. Es habe vielmehr zusätzlich darauf abgestellt, dass bei beiden Arztgruppen gleichermaßen eine besondere Qualifikation gegeben sei und die Leistung von beiden in gleichfalls erheblichem Umfang durchgeführt werde. Das LSG habe zu Recht auch nicht verlangt, dass der Bewertungsausschuss flankierend zur Erhöhung der Ordinationsgebühr den orthopädischen Rheumatologen ein generell höheres Praxisbudget gewähren müsse. Es habe diese vielmehr zutreffenderweise schon dadurch, dass ihnen die Erhöhung der Ordinationsgebühr auch für ihre nicht-rheumatologischen Behandlungsfälle zu Gute komme, im Verhältnis zu den übrigen Orthopäden als besser gestellt angesehen. Das LSG habe ebenfalls zu Recht einen Anspruch auf Erweiterung des Praxisbudgets individuell für die Klägerin verneint, weil bei der Klägerin der Spezialisierungsgrad und die Abweichung von der fachgruppentypischen Praxisausrichtung nicht groß genug seien. Im Übrigen sei bei Gemeinschaftspraxen durchaus auf den Anteil der Rheumabehandlungen bzw Rheumapatienten bezogen auf die gesamte Gemeinschaftspraxis abzustellen, weil die erhöhte Ordinationsgebühr auch bei nur einem Schwerpunktinhaber für alle Behandlungsfälle der gesamten Praxis gelte; im Übrigen wäre auch ein Anteil von 6 % für eine Erweiterung des Praxisbudgets nicht ausreichend.

Gründe

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

Gegenstand des Verfahrens sind im Wege einer Klagehäufung (§ 56 SGG) sowohl der Honorarbescheid für das Quartal III/2002 - kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG - als auch die Ablehnung des Begehrens der Klägerin nach Erweiterung ihres Praxisbudgets - Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 SGG -. Dies ist bereits im Verwaltungs- wie im Gerichtsverfahren (siehe den Widerspruchsbescheid und das Urteil des LSG) so zugrunde gelegt worden; das ist nicht zu beanstanden, weil es dem Verfahrensablauf unter Berücksichtigung der Zusammenhänge zwischen Budgetbemessung und Honorarberechnung entspricht (zu diesem Zusammenhang vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 9 in Weiterführung von BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 11) .

Die zulässige Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Honorarfestsetzung ist nicht zu beanstanden. Die ihr zugrunde liegenden Regelungen des EBM-Ä und deren Anwendung durch die Beklagte sind rechtmäßig.

Im EBM-Ä war die Bewertung rheumatologischer Leistungen zum 1.7.2002 neu geregelt worden (DÄ 2002, A-879) : Nach dem EBM-Ä aF hatten die Orthopäden für die von ihnen erbrachten rheumatologischen Betreuungen Honorar gemäß der dritten Tatbestandsvariante der Nr 16 EBM-Ä aF erhalten, das ihnen extrabudgetär vergütet wurde (zu dieser Rechtsfolge siehe die Aufführung der Nr 16 in Allgemeine Bestimmungen A I., Teil B Nr 5 EBM-Ä aF, DÄ 1996, A-3364; 1997, A-864 ). Zum 1.7.2002 wurde diese Tatbestandsvariante aus Nr 16 EBM-Ä aF gestrichen. Stattdessen wurde die Ordinationsgebühr der Nr 1 EBM-Ä für fachärztliche Internisten und Orthopäden mit dem Schwerpunkt Rheumatologie erhöht (585 Punkte in Fällen von Krankenkassen-Mitgliedern und deren Familienangehörigen, 740 Punkte in Fällen von Rentnern, - gegenüber sonst 235/300 Punkten für fachärztliche Internisten und 315/510 Punkten für Orthopäden). Im Gegensatz zu den aus der früheren Nr 16 EBM-Ä aF resultierenden Punkten, die sowohl für die Internisten als auch für die Orthopäden außerhalb der Praxisbudgets vergütet wurden (Allgemeine Bestimmungen A I., Teil B Nr 5 EBM-Ä aF), galt keine solche Ausnahme für die erhöhte Ordinationsgebühr der Nr 1 EBM-Ä, sodass diese bei den Orthopäden in deren Praxisbudget einzubeziehen war und sich daher bei denjenigen, die ihr Praxisbudget ohnehin ausgeschöpft hatten, nicht honorarsteigernd auswirkten. Die fachärztlichen Internisten blieben demgegenüber weiterhin unberührt von den Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets (Nr 1 und 1.5 aaO EBM-Ä) .

1. Bei der Ausformung des EBM-Ä, der als sog Norm(setzungs)vertrag qualifiziert wird, hat der Normgeber - der Bewertungsausschuss - eine weite Gestaltungsfreiheit (siehe zB Bundesverfassungsgericht - BVerfG - <Kammer> SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 19 - MedR 2005, 285, 286 unter II. 2. b aa zweiter Absatz; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214 f mwN; BSG SozR 4-5533 Nr 653 Nr 1 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 16 RdNr 28 am Ende mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; - zur Qualifizierung als Normsetzungsvertrag siehe zB BVerfG <Kammer> aaO, RdNr 18 bzw unter II. 2. b aa; BSGE 83, 218, 219 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 108 f; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 64 ff mwN) .

Die dem Bewertungsausschuss zustehende Gestaltungsfreiheit bedeutet insbesondere, dass er zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung befugt ist (vgl BVerfG <Kammer> aaO, RdNr 19 bzw unter II. 2. b aa zweiter Absatz; ebenso zB BSG SozR 4-5533 Nr 653 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 9 RdNr 26 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 16 RdNr 28 am Ende mwN). Unwirksam ist eine Regelung daher nur dann, wenn sie nicht sachgerecht ist (BVerfG <Kammer> aaO, RdNr 13, 18 und 21 bzw unter II. 2. a, b aa und cc; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 16 RdNr 28). Der Fall fehlender Sachgerechtigkeit ist vor allem dann gegeben, wenn ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG vorliegt (zu solchen Fällen vgl BSGE 83, 218, 220 ff = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 ff betr Nr 16 EBM-Ä aF; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 15-23 = ZMGR 2009, 47, 48-50 betr Abrechnung von Notfallbehandlungen durch Krankenhäuser; sinngemäß auch BSGE 89, 259, 270 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 198 f betr Praxiskostensätze) .

Nach diesem Maßstab können die zum 1.7.2002 erfolgte Streichung der Nr 16 EBM-Ä aF und die Einbeziehung (auch) der erhöhten Ordinationsgebühr für Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie in das Praxisbudget nicht beanstandet werden. Diese Neuregelungen waren nicht sachwidrig (unten a bis c), insbesondere nicht unvereinbar mit Art 3 Abs 1 GG (unten d und e) .

a) Die Einbeziehung auch der rheumatologischen Betreuungen in das Praxisbudget der Orthopäden war grundsätzlich sachgerecht. Sie entsprach der Konzeption der Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets, durch die der überwiegende Teil der Leistungen der meisten Fachgruppen - eben auch der Orthopäden - in der Zeit vom 1.7.1997 bis zum 30.6.2003 einer fallzahlabhängigen Budgetierung unterlag (Allgemeine Bestimmungen A I., Teil B EBM-Ä; - aufgehoben durch Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19.12.2002, DÄ 2003, A-218) .

Die Praxis- und Zusatzbudgets hatten zur Folge, dass die den Budgets zugeordneten Leistungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal nur bis zu einer begrenzten Gesamtpunktzahl abrechenbar waren. Die diese Grenze überschreitenden Anforderungen wurden nicht gesondert vergütet. Das Produkt aus der pro Fall festgesetzten Fallpunktzahl und der Zahl der Fälle gemäß Nr 1.4 aaO EBM-Ä ergab die Höhe der Budgets (siehe zuletzt BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 11). Bei der Fallpunktzahl wurde differenziert nach der unterschiedlichen Art der Krankenkassen-Angehörigen - Mitglieder, Familienversicherte und Rentner - durch Abstufungen entsprechend der unterschiedlichen Intensität ärztlicher Inanspruchnahme durch diese Gruppen (vgl Nr 1.5 mit Tabelle 5 und Anl 2 Satz 3 aaO EBM-Ä). Die Praxisbudgets für die verschiedenen Arztgruppen wurden so berechnet, dass die Angehörigen aller Arztgruppen bei durchschnittlicher Praxisauslastung in dem von dem jeweiligen Budget erfassten Bereich ihre Praxiskosten in typischer Höhe decken und aus den Gesamtvergütungen ungefähr gleiche Einkommensanteile erhalten konnten (siehe dazu BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 20, Nr 10 RdNr 14 und Nr 12 RdNr 13). Durch die Schaffung von Praxisbudgets und ergänzend von Zusatzbudgets gab es bei der Honorierung drei unterschiedliche Leistungsbereiche. Dem Praxisbudget waren in jeder Arztgruppe so viele ärztliche Leistungen zugeordnet, dass diese möglichst große Anteile ihres gesamten Leistungsvolumens - zwischen 45 % bei den Anästhesisten und 88 % bei den Augenärzten - erfassten (sog grüner Bereich). Im Umfang weiterer ca 10 % des Leistungsspektrums waren Zusatzbudgets geschaffen worden, deren Zuerkennung eine zusätzliche Qualifikation oder einen besonderen Versorgungsbedarf erforderte (Nr 4 bis 4.2 aaO EBM-Ä - sog gelber Bereich mit qualifikationsgebundenen und bedarfsabhängigen Zusatzbudgets). Der verbleibende Leistungsbereich, der etwa 20 % des Honorarvolumens umfasste, war unbudgetiert geblieben (sog roter Bereich), ebenso wie die Budgetierungen einige Arztgruppen gänzlich außen vor ließen, so diejenigen, die nur auf Überweisung in Anspruch genommen wurden oder hochspezialisiert waren oder bei denen die Datenlage als nicht ausreichend zur Berechnung von Budgets angesehen wurde (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 12 mwN). Zu letzteren gehörten insbesondere die fachärztlichen Internisten (siehe Nr 1 und 1.5 aaO EBM-Ä) .

Das BSG hat dieses Regelungssystem der Praxis- und Zusatzbudgets in ständiger Rechtsprechung als rechtmäßig angesehen (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 2 RdNr 5 ff und Nr 12 RdNr 11 ff, jeweils mwN). Wie vom Senat ausgeführt (zB BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 11), ergab sich deren Rechtsgrundlage aus den durch § 87 Abs 2a Satz 8 ergänzten Regelungen des § 87 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 2a Satz 1 und 2 SGB V (idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl I 2266, mit Ergänzung durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23.6.1997, BGBl I 1520). Auch die Entscheidung des Bewertungsausschusses, die fachärztlichen Internisten nicht in das Regelungssystem der Praxis- und Zusatzbudgets einzubeziehen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dem liegt zugrunde, dass die fachärztlichen Internisten sich hinsichtlich der erbrachten Leistungen, der Zusammensetzung der Patienten und der Kostenstruktur aufgrund verschiedener Schwerpunkte deutlich unterscheiden (Kardiologen, Nephrologen, Pulmologen, Gastroenterologen, Angiologen, Endokrinologen, Hämatologen und internistische Onkologen). Die Heterogenität der Gruppe der fachärztlichen Internisten kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Disziplinen ua der Pneumologie, Endokrinologie, Nephrologie und Gastroenterologie als Teilgebiete der Inneren Medizin fachgebietsähnlich verselbstständigt sind. Das geht sowohl aus den Regelungen der (Muster-)Weiterbildungsordnung des Deutschen Ärztetages als auch aus der Aufteilung des Kapitels 13 der am 1.4.2005 in Kraft getretenen Neufassung des EBM-Ä hervor. In einigen dieser Gruppen spezialisierter Internisten - so auch bei den rheumatologisch tätigen Internisten, die für den vorliegenden Fall relevant sind - ist zudem deren Zahl sehr gering (129 laut BSGE 83, 218, 222 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 111 und im hier betroffenen Bezirk der früheren KÄV Südbaden nur 3). Die fachärztlichen Internisten, die regelmäßig im Unterschied zu den hausärztlichen (zu diesen siehe § 73 Abs 1 und 1a SGB V) eine Schwerpunktbezeichnung führen, haben in ihrem jeweiligen Spezialbereich typischerweise einen Tätigkeitsschwerpunkt (im Ergebnis ebenso, allerdings weitergehend von einer Verpflichtung zur Schwerpunktbildung ausgehend, BSG, Beschluss vom 10.12.2003 - B 6 KA 53/03 B - juris RdNr 8). Aufgrund dieser sehr unterschiedlichen Praxiszuschnitte wurden bei der Arztgruppe der fachärztlichen Internisten Durchschnittswertberechnungen, wie sie für eine Budgetierung dieser Arztgruppe als ganzer erforderlich gewesen wären, als nicht möglich angesehen. Deshalb hat das BSG es gebilligt, dass nur die hausärztlich tätigen, nicht aber auch die fachärztlich tätigen Internisten in die Regelungen über die Praxis- und Zusatzbudgets einbezogen wurden (vgl BSG, aaO, RdNr 6 ff) .

Soweit danach die Einbeziehung (auch) der orthopädischen, aber nicht der internistischen Rheumatologen in die Vorschriften über die Praxisbudgets rechtmäßig war, kann nicht beanstandet werden, dass bei den Orthopäden auch die erhöhte Ordinationsgebühr, auch soweit diese die Funktion der Abgeltung der rheumatologischen Betreuungsleistungen hatte, Bestandteil des Praxisbudgets wurde. Wenn das Praxisbudget den relevanten Teil der Leistungen einer Arztgruppe abbilden und so zu einer Annäherung der erzielbaren Einkommensanteile der Mehrzahl der Arztgruppen beitragen sollte (siehe oben RdNr 18), ist nicht erkennbar, weshalb gerade die Betreuung von Rheumapatienten davon ausgenommen werden müsste.

Unzutreffend ist auch die Ansicht, der Bewertungsausschuss hätte diese Leistungen statt dem Praxisbudget einem qualifikationsgebundenen Zusatzbudget zuordnen müssen. Zusatzbudgets erfassen Ausnahmekonstellationen. Sie sollten nach der dargestellten Konzeption der Praxis- und Zusatzbudgets nur ca 10 % der Leistungen einer Fachgruppe umfassen. Schon von diesem Ansatz her kann die Schaffung von Zusatzbudgets nicht hinsichtlich aller Leistungen in Betracht kommen, die einem qualifikationsbezogenen Genehmigungsvorbehalt unterliegen; denn diese machen ca 40 % des Leistungsspektrums der Ärzte aus (vgl hierzu BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 32 am Ende). Die Erwägung, der Auswahlspielraum, den der Bewertungsausschuss bei der Frage der Zuordnung zum Praxis- oder zum Zusatzbudget hat, könne sich zu einem Anspruch auf Einrichtung eines Zusatzbudgets verdichtet haben (vgl zur Reduzierung der Gestaltungsfreiheit des Normgebers auf Null <verneinend> zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17 RdNr 13, 17, 21 f), kann allenfalls ausnahmsweise durchgreifen, zB bei Leistungen, die qualifikationsabhängig sowie außerdem offensichtlich atypisch sind. Diese Voraussetzungen sind bei der Betreuung von Rheumapatienten durch Orthopäden nicht gegeben. Einer offensichtlichen Atypik steht schon entgegen, dass das Gesamtspektrum der eingehenden Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, das in der Weiterbildung zum Orthopäden vermittelt wird, die Versorgung rheumatologischer Erkrankungen mit umfasst (siehe hierzu Weiterbildungsordnung <WBO> der Landesärztekammer Baden-Württemberg - Anlage, Abschnitt I, Nr 28 <vor 28.A.> - hier zugrunde zu legen in der seit 1.2.2001 geltenden Fassung <Sonderdruck Ärzteblatt Baden-Württemberg, WBO der Landesärztekammer Baden-Württemberg mit Richtlinien, Stand 1.2.2001, S 5, 59 bis 61>) .

Nach alledem durfte der Bewertungsausschuss die Vergütung rheumatologischer Betreuungen in das Praxisbudget der Orthopäden einbeziehen.

b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss die Einbeziehung der rheumatologischen Behandlungen in das Praxisbudget gerade in der Weise realisierte, dass er die extrabudgetäre Vergütung gemäß Nr 16 EBM-Ä aF beseitigte und stattdessen für die Internisten und die Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie die Ordinationsgebühr erhöhte. Der Bewertungsausschuss kann aufgrund der ihm zustehenden weiten Gestaltungsfreiheit grundsätzlich frei wählen, ob er für einen besonderen Behandlungsaufwand bei einer Gruppe von Ärzten einen gesonderten Leistungstatbestand bereitstellt oder ob er die Leistungen pauschal bei der Bemessung der Ordinationsgebühr mitberücksichtigt (vgl dazu BSG, Urteil vom 8.9.2004 - B 6 KA 82/03 R - SozR 4-5533 Nr 653 Nr 1 RdNr 12 am Ende iVm RdNr 15: "Ordinationsgebühr ... hohe Zahl von 315 ... bzw sogar 510 Punkten") .

c) Eine Pflicht, parallel zu einer Anhebung der Ordinationsgebühr das Praxisbudget zu erweitern, besteht grundsätzlich nicht; nur Budgeterweiterungen im Einzelfall können in Betracht kommen (hierzu unten 2.). Eine generelle Budgeterweiterung für Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie liefe auf eine Abweichung von der Konzeption der Regelungen über die Praxisbudgets hinaus. Praxisbudgets sind gerade nicht darauf angelegt, den Ärzten alle abgerechneten Leistungen mit dem gleichen Punktwert zu vergüten, sondern sie sollen die Anreize zur Leistungsmengensteigerung vermindern, indem das Honorar bei größeren Leistungsmengen beschnitten wird. Dabei sollen ungefähr gleiche Einkommensanteile aller Ärzte aus den Gesamtvergütungen erreicht werden, wobei die Praxisbudgets grundsätzlich je Arztgruppe, dh einheitlich für alle Ärzte einer Arztgruppe, festgelegt werden (siehe oben RdNr 18 bis 20) .

Dieser Konzeption der Praxisbudgets liefe es zuwider, wollte man aus der Anhebung von Punktzahlen im EBM-Ä grundsätzlich einen Anspruch auf Budgeterweiterung ableiten. Diese Beurteilung kann nicht auch etwa deshalb anders ausfallen, weil bis zum 30.6.2002 anderweitige günstige Honorarregelungen - nämlich durch die Möglichkeit außerbudgetärer Abrechnung der Nr 16 EBM-Ä aF - bestanden hatten, die nunmehr abgeschafft wurden. Vielmehr entspricht es gerade der Konzeption des Praxisbudgets, dass von ihm möglichst viele Leistungen der betroffenen Arztgruppe, jedenfalls soweit sie nicht offensichtlich atypisch sind, erfasst und daher auch die rheumatologischen Leistungen einbezogen werden. Die Folge, dass diejenigen, die ihr Praxisbudget auch ohne diese Leistungen ausgeschöpft haben, durch diese keine Erhöhung ihres Gesamthonorars erreichen können, gehört zur Funktionsweise solcher Budgets und muss hingenommen werden.

d) Durch die zum 1.7.2002 geschaffenen Neuregelungen ist auch nicht das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG verletzt. Vor allem liegt entgegen der Ansicht der Klägerin keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der orthopädischen Rheumatologen im Verhältnis zu den internistischen Rheumatologen vor.

Zwar trifft es zu, dass die Erhöhung der Ordinationsgebühr den internistischen Rheumatologen für jeden Behandlungsfall zusätzliches Honorar brachte, während sie bei den orthopädischen Rheumatologen nur dann zu zusätzlichem Honorar führte, wenn diese bei Zugrundelegung der nicht erhöhten Ordinationsgebühr ihr Praxisbudget noch nicht ausgeschöpft hatten. Daraus lässt sich aber entgegen der Ansicht der Klägerin rechtlich nicht ableiten, der Bewertungsausschuss hätte die Situation der orthopädischen Rheumatologen derjenigen der internistischen Rheumatologen dadurch angleichen oder jedenfalls annähern müssen, dass er für die Orthopäden mit dem Schwerpunkt Rheumatologie das Praxisbudget erhöhte.

Die Klägerin hat für diese Ansicht das Urteil des BSG vom 20.1.1999 (BSGE 83, 218 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21) angeführt. Indessen kann dieser Entscheidung nicht entnommen werden, rheumatologische Betreuungen müssten für Internisten und Orthopäden stets real gleiches Honorar erbringen. Das BSG hat sich auf die Forderung nach Geltung derselben Punktzahl für denselben EBM-Ä-Leistungstatbestand bei beiden Arztgruppen beschränkt. Es hat im Verhältnis der zu verschiedenen Arztgruppen gehörenden Ärzte, die jeder eine gleiche Zusatzqualifikation erworben haben und die gleichen Leistungen jeweils in relevantem Ausmaß erbringen, eine Gleichbehandlung lediglich in der Weise gefordert, dass für die den verschiedenen Arztgruppen angehörenden Ärzte je die gleichen Punktzahlen für diese Leistungen vorgesehen sein müssen. Dementsprechend war bei Nr 16 EBM-Ä aF nur erforderlich, die rheumatologischen Betreuungen für Internisten und Orthopäden mit derselben Punktzahl zu bewerten, es sei denn, eine dieser Arztgruppen wäre zur kontinuierlichen Betreuung nicht in der Lage oder nähme sie typischerweise nicht wahr (BSG, aaO, 221 f bzw S 110 f). Den Ausführungen des BSG lässt sich nicht die Forderung entnehmen, dass sich für beide Arztgruppen ein gleich hohes Honorar ergeben müsse; das liefe auf die Forderung gleicher Punktwerte und auf den Wegfall aller mengenbegrenzenden Regelungen hinaus. Dafür besteht keine Grundlage.

Die reale Honorarhöhe darf vielmehr davon abhängen, ob bzw inwieweit nachgelagert - dh auf der Grundlage der Zuerkennung derselben Punktzahl für die betroffenen Arztgruppen - noch eine Modifizierung stattfindet. Modifizierungen können zB dadurch erfolgen, dass die KÄVen die Honorarverteilung durch die Bildung von Honorartöpfen steuern (vgl dazu zB BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 408 f; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 51 mwN; vgl auch BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, jeweils RdNr 27 mwN; BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, jeweils RdNr 23). Ebenso wie solche Modifizierungen mit dem Grundsatz der Gewährung gleicher EBM-Ä-Punktzahlen für gleiche Leistungen vereinbar sind, sind auch andere modifizierende Bestimmungen vergleichbarer Art - auch auf anderen Regelungsebenen - bei Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe statthaft. Um solche zulässigen Modifizierungen handelt es sich zB bei den Regelungen über Praxis- und Zusatzbudgets, wie sie in der Zeit vom 1.7.1997 bis zum 30.6.2003 galten. Diese waren ebenso wie Honorarverteilungsregelungen den Leistungstatbeständen des EBM-Ä "nachgelagert", auch wenn sie ebenso wie diese im EBM-Ä normiert waren, und verstießen nicht gegen den im Urteil vom 20.1.1999 aufgestellten Grundsatz der Gewährung gleicher EBM-Ä-Punktzahlen für gleiche Leistungen.

Dementsprechend ist es rechtlich hinzunehmen, dass die erhöhte Ordinationsgebühr für Rheumatologen, die an Stelle der extrabudgetären Vergütung durch Nr 16 EBM-Ä aF trat, sich für die Orthopäden wegen der für sie geltenden Regelungen über das Praxisbudget nicht so günstig auswirkte wie für die Internisten.

e) Ebenso wie die Einbeziehung der rheumatologischen Betreuungen in das Praxisbudget keine unzulässige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den internistischen Rheumatologen darstellt, bedeutet sie auch keine unzulässige Gleichbehandlung im Verhältnis zu den anderen Orthopäden, die diese Leistungen nicht erbringen.

Für diese beiden Gruppen von Orthopäden sind entgegen der Ansicht der Klägerin unterschiedliche Praxisbudgets nicht erforderlich. Praxisbudgets sind grundsätzlich auf arztgruppeneinheitliche Festlegung angelegt (siehe oben RdNr 18 bis 20). Jedenfalls so lange, wie die Besonderheiten nur einen kleinen Teil des Leistungsspektrums einer Praxis betreffen, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Bewertungsausschuss es bei der schematisierenden einheitlichen Bemessung der Praxisbudgets belässt. So liegt es im Verhältnis derjenigen Orthopäden, die die Zusatzbezeichnung Rheumatologie führen, zu den übrigen Orthopäden. Die Besonderheit der rheumatologischen Leistungen betraf in dem Zeitraum der Geltung der Praxisbudgets bei solchen Praxen durchschnittlich nur einen kleinen, deutlich unter 10 % liegenden Anteil der Patienten und des Gesamtleistungsspektrums; dieser nur geringe Anteil findet seine Bestätigung in den Zahlen, die die Beteiligten im vorliegenden Verfahren angegeben haben (im Quartal III/2002 bei der Klägerin 111 Rheumapatienten von insgesamt 2.525 Behandlungsfällen und rheumatologische Betreuungen im Umfang von 2,4 % ihres Leistungsvolumens) .

Ohne rechtliche Bedeutung ist der historische Gesichtspunkt, dass die Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie früher die Möglichkeit extrabudgetärer Abrechnung nach Nr 16 EBM-Ä aF hatten. Aus einem solchen früheren Vorteil lässt sich kein Anspruch darauf ableiten, auch künftig weiterhin einen Vorteil gegenüber den übrigen Orthopäden zu haben (vgl oben RdNr 24 f) .

2. Die Klägerin kann auch nicht beanspruchen, dass ihr individuell das Praxisbudget erweitert werde. Ein solches Begehren ist nach Nr 4.3 des Abschnitts Allgemeine Bestimmungen A I., Teil B EBM-Ä zu beurteilen, wonach Budgeterweiterungen "im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" gewährt werden können. Im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist der Tatbestand zur Erweiterung von Gesamtpunktzahlvolumina gemäß Nr 23e Satz 2 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte, der auf Änderungen des EBM-Ä zugeschnitten ist. Er gilt aber nur für Abrechnungsobergrenzen bei sog Job-Sharing-Gemeinschaftspraxen gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 3 SGB V. Eine solche Gemeinschaftspraxis liegt hier nicht vor.

Die Voraussetzungen, die für eine Budgeterweiterung gemäß Nr 4.3 aaO EBM-Ä iVm der dies konkretisierenden Senatsrechtsprechung vorliegen müssen (unten a), sind im Fall der Klägerin nicht erfüllt (unten b) .

a) Die Erweiterung eines Praxisbudgets gemäß Nr 4.3 aaO EBM-Ä "im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" erfordert eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung mit messbarem Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 12 RdNr 15). Ein Indiz für eine Atypik im Vergleich zur Arztgruppe kann es sein, wenn eine im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit in einem Spezialisierungsbereich vorliegt (BSG, aaO, RdNr 15). Für eine deswegen zu gewährende Budgeterweiterung ist zusätzlich erforderlich, dass die Honorierungsquote für die speziellen Leistungen überdurchschnittlich gering war, was voraussetzt, dass das Gesamtleistungsvolumen insgesamt signifikant überdurchschnittlich hoch war. Erhebliches Gewicht kann dem Gesichtspunkt zukommen, dass das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem Spezialisierungsbereich die Budgetgrenze übersteigt (BSG, aaO, RdNr 15) .

b) Diese Voraussetzungen für eine Erweiterung des Praxisbudgets sind vorliegend nicht erfüllt. Dabei kann offenbleiben, ob das Erfordernis einer im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt signifikant überdurchschnittlichen Leistungshäufigkeit vorliegt, wie es die Klägerin unter Berufung darauf geltend macht, dass bezogen auf den bei ihr tätigen Orthopäden mit Schwerpunkt Rheumatologie der Anteil an Rheumapatienten 6 % betrage. Jedenfalls mangelt es an dem Erfordernis eines ausreichenden Spezialisierungsgrads.

Eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende erhebliche Spezialisierung, dass nämlich die im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte maßgeblichen Anteil an der Gesamtpunktzahl der Praxis haben, kann nicht festgestellt werden. Der Anteil kontinuierlicher Betreuungen von Rheumapatienten betrug bei der Klägerin nur 2,4 % ihres Leistungsvolumens, und sie hatte nur einen geringen Anteil an Rheumapatienten (lediglich 111 Rheumapatienten bei insgesamt 2.525 Behandlungsfällen - so die beispielhaften Angaben für das Quartal III/2002) .

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).