BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 KR 21/07 R
Fundstelle
openJur 2011, 95399
  • Rkr:
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit von Februar 1996 bis März 1999 in ihrer Tätigkeit als Transportfahrerin der Versicherungs- bzw Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken-, der sozialen Pflege- und der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Klägerin zahlte seit Februar 1996 als freiwillig versichertes Mitglied Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an die beklagte Krankenkasse. Sie war ab dem 1.2.1996 bis zum 31.3.1999 für die N. GmbH - Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1. - tätig und führte für diese Transporte mit einem eigenen Fahrzeug durch. Grundlage für diese Tätigkeit war ein Vertrag vom 16.2.1996, deren § 1 Ziffer 1.1 und § 3 Ziffer 3.2 des Vertrages lauteten:

"Gegenstand des Vertrages ist die Behandlung/Beförderung von Sendungen in der Weise, daß in einem vereinbarten und separat definierten Gebiet, mittels des Einsatzes eines geeigneten Fahrzeuges/Fuhrparkes des Unternehmers von diesem Sendungen der Kunden zuzustellen bzw. Sendungen der Kunden abzuholen und dem Betrieb zu überbringen sind, einschließlich der hierfür erforderlichen Be- und Entladungen sowie eventueller Sortierungen der Sendungen. Dies bezieht sich auch auf die Verbringung von übergebenden Sendungen eines N.-Betriebes an einen anderen N.-Betrieb, der hierbei den Empfänger darstellt." "Der Unternehmer trägt Sorge dafür, daß alle anfallenden Sendungen mit dem Zielort/Abgangsort in der vereinbarten Region am gleichen Arbeitstag regel- und zeitgerecht, -

bei Nachtexpress in der gleichen Nacht bis 8.00 Uhr -

bei Tagexpress gegen Quittung u.a. mit Datums- und Zeitangabe nebst Namenswiederholung beim Kunden angeliefert oder für den Betrieb abgeholt werden. Der Unternehmer darf sich bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen der Hilfe Dritter (Erfüllungsgehilfen) bedienen. Er ist jedoch nicht berechtigt, Aufträge an Subunternehmer ohne Zustimmung der N. zu vergeben. Soweit der Unternehmer sich hinsichtlich der Erfüllung seiner Verpflichtungen Erfüllungsgehilfen bedient, entscheidet er allein über deren Auswahl hinsichtlich Qualifikation, persönlicher Eignung und Anzahl. Er ist auch eigenverantwortlich für ihre Ausbildung, Einarbeitung, externe Schulung (GGVS/ADR etc.), sowie die Regelung ihrer Arbeitszeit, einschließlich der Anordnung eventueller Überstunden sowie der Gewährung von Urlaub und Freizeit zuständig. Der Unternehmer hat für seine Erfüllungsgehilfen, die nach den sozialrechtlichen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften bestehenden Verpflichtungen eigenverantwortlich zu erfüllen. Gegenüber der N. und dem Betriebshalter ist der Unternehmer für die ordnungsgemäße Durchführung der Sendungsbehandlung und Beförderung verantwortlich."

Im März 1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht für diese Tätigkeit in allen Zweigen der Sozialversicherung für den Zeitraum vom 1.2.1996 bis 31.3.1999. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 10.8.1999 ab, weil die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei, und wies ihren Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2000 zurück. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 19.6.2003 die Klage abgewiesen und das Landessozialgericht (LSG) die Berufung mit Urteil vom 10.7.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, zwar spreche gegen eine selbstständige Tätigkeit, dass die Klägerin bei ihrer Arbeit bestimmte Zeiten habe einhalten müssen, jedoch sei sie bei ihren Fahrten nicht von einem mitfahrenden Kontrolleur überprüft worden und habe ihr Transportfahrzeug selbst und nach eigenen Vorstellungen beladen können. Soweit sie in ein festes, von der Auftraggeberin bestimmtes Tagesschema eingebunden gewesen sei, wären ihre Verpflichtungen, bestimmte Zeiten einzuhalten, nicht über das typische für Zustelltätigkeiten geltende Maß hinausgegangen. Sie habe ihre Arbeit an Erfüllungsgehilfen delegieren können, habe diese Möglichkeit auch genutzt und das Unternehmerrisiko getragen, indem sie für die Kosten eines Ersatzfahrers hätte aufkommen und ein eigenes Kraftfahrzeug habe benutzen müssen. Ihr Fahrzeug habe sie nicht mit dem Logo der Auftraggeberin kennzeichnen müssen. Für eine selbstständige Tätigkeit sprächen auch die vereinbarten Vertragsstrafen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV.

Das LSG habe bei der von ihm vorgenommenen Gesamtwürdigung der für und gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände einzelnen Merkmalen der Tätigkeit eine unzutreffende Bedeutung beigemessen und andere für eine abhängige Beschäftigung sprechende Merkmale nicht hinreichend berücksichtigt.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10.7.2007 und des Sozialgerichts Lüneburg vom 19.6.2003 aufzuheben, den Bescheid vom 10.8.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.6.2000 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin in der Zeit vom 1.2.1996 bis zum 31.3.1999 in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund abhängiger Beschäftigung pflichtversichert war.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge. Die Beigeladene zu 2. hält das Urteil des LSG ebenfalls für zutreffend.

Gründe

Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht für eine abschließende Entscheidung aus, ob die Klägerin in der Kranken-, Pflege-, Renten- und zur Arbeitslosenversicherung beitrags- bzw versicherungspflichtig war und das LSG deshalb die gegen das die Klage abweisende Urteil des Sozialgerichts eingelegte Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen hat.

1. Die von der Beklagten angeführten Zweifel, ob das Rechtsmittel im Sinne des § 164 Abs 2 Satz 1 SGG hinreichend begründet worden und damit zulässig ist, teilt der Senat nicht. Die Begründung setzt sich mit dem Inhalt des Urteils des LSG auseinander und genügt den im von der Beklagten benannten Urteil des Senats vom 23.11.2005 (B 12 RA 10/04 R) aufgestellten Anforderungen. Einer weitergehenden Darlegung des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes bedurfte es nicht.

2. Im Revisionsverfahren ist nur noch darüber zu entscheiden, ob die Beklagte es zu Recht im angefochtenen Bescheid vom 10.8.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.6.2000 abgelehnt hat, die Versicherungspflicht der Klägerin in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie die Beitrags- bzw Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeit vom 1.2.1996 bis zum 31.3.1999 festzustellen. Hierauf hat die Klägerin im Revisionsverfahren ihre Klage beschränkt.

3. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung der Beitrags- bzw Versicherungspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI sowie § 168 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz bis 31.12.1997 und ab 1.1.1998 § 24 Abs 1 und § 25 Abs 1 SGB III ). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV bzw seit 1.1.1999 § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV (eingefügt erst mit Wirkung vom 1.1.1999 durch Art 1 Nr 1 Buchst a, Art 3 Abs 1 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999, BGBl I 2000 S 2) sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl Urteile des Senats vom 1.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199 = SozR 2200 § 1227 Nr 8, vom 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13, vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20, vom 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5, vom 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7 und vom 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Diese Maßstäbe hat das LSG zwar berücksichtigt und Merkmale der Tätigkeit der Klägerin für die Gesamtwürdigung heranzogen, die Gewichtung einzelner Merkmale ist jedoch mit den oben dargestellten Maßstäben in ihrer weiteren Konkretisierung durch die Rechtsprechung nicht in vollem Umfang vereinbar.

a) Das LSG hat die Angaben der Klägerin zum Umfang ihrer Tätigkeit und zu ihrer Einbindung in die Organisation ihrer Auftraggeberin als wahr unterstellt. Es hat diese Umstände als nicht für eine abhängige Beschäftigung sprechende Merkmale angesehen, weil die Einbindung der Klägerin in den Betrieb über das sich allein aus der Art der zu leistenden Zustelltätigkeit ergebende Maß nicht hinausgegangen sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Das LSG hat nicht berücksichtigt, dass eine tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurücktritt, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist (vgl insbesondere auch zum Begriff des "Betriebes" Urteil des Senats vom 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13). Auch Transportfahrer können - selbst bei einer für Frachtführer geltenden gesetzgeberischen Wertung als selbstständige Gewerbetreibende bei weit reichenden Weisungsrechten sowohl des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtgutes (vgl § 418 Handelsgesetzbuch - HGB - sowie Bundesarbeitsgericht - BAG -, Urteil vom 19.11.1997, 5 AZR 653/96, BAGE 87,129 für den Begriff des Arbeitsverhältnisses) - jedenfalls dann sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigte einzuordnen sein, wenn sich die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien nicht auf die jeden Frachtführer treffenden gesetzlichen Bindungen beschränken, sondern wenn Vereinbarungen getroffen und praktiziert werden, die die Tätigkeit engeren Bindungen unterwerfen (vgl Urteil des Senats vom 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5; BSG-Urteil vom 19.8.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 1 RdNr 18 f ). Die Klägerin hat angegeben, sie sei verpflichtet gewesen, morgens um 6 Uhr zu erscheinen, die Auslieferungen für den Vormittag in Empfang zu nehmen, das Lieferfahrzeug zu beladen, die Auslieferungen in dem ihr zugewiesenen Gebiet bis 12 Uhr zu erledigen, sich dann zu melden, ab 13.30 Uhr entsprechend der auch kurzfristig erfolgenden Mitteilungen bei den Kunden Waren abzuholen und diese gegen 17 Uhr in einem Sammellager einem anderen Fahrer zu übergeben. Sofern diese Angaben zutreffen, wäre die Klägerin von 6 bis 17 Uhr in ein festes Zeitschema und damit weitaus stärker in die betrieblichen Abläufe der Auftraggeberin eingebunden gewesen als eine nur den sich aus §§ 407 ff HGB ergebenden Pflichten unterliegende Frachtführerin. Eine solche Gestaltung der Tätigkeit wäre ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, insbesondere dann, wenn rechtlich oder faktisch keine realistischen Möglichkeiten bestanden haben sollten, noch anderweitig unternehmerisch tätig zu sein (vgl Urteil des Senats vom 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5 ). Feststellungen zur genauen Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin hat das LSG nicht getroffen, sondern ist ohne die für eine Feststellung im Sinne des § 163 SGG erforderliche Überzeugungsbildung von der Richtigkeit der Angaben der Klägerin ausgegangen. Es fehlen damit Feststellungen zu den einzuhaltenden Zeiten und erteilten konkreten Weisungen, zu zeitlichen Freiräumen, zur Verpflichtung zur Übernahme aller Touren bzw zu möglichen Folgen bei Ablehnung von Touren, um hieraus schließen zu können, inwieweit die Klägerin neben ihrer Tätigkeit tatsächlich für andere Auftraggeber hätte tätig werden können.

b) Zu Unrecht hat das LSG als im Wesentlichen für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstand darauf abgestellt, dass die Klägerin vertraglich die Möglichkeit gehabt habe, ihre Leistungen durch andere erbringen zu lassen. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis allein ist kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird, realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte und sie damit die Tätigkeit tatsächlich prägt. Vertragsklauseln, die faktisch von untergeordneter Bedeutung sind, können zwar in die vorzunehmende Gesamtwürdigung einbezogen werden, können aber nicht von vorneherein als prägend angesehen werden. So hat der Senat in der Delegationsmöglichkeit der eigenen Arbeitsleistung kein entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit gesehen, wenn ein Transportfahrer diese Möglichkeit tatsächlich nur selten nutzt, regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und damit die persönliche Arbeitsleistung die Regel ist (Urteil des Senats vom 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5 ). Soweit sich das LSG für seine Auffassung auf die Rechtsprechung des BAG stützt, kann dieser eine so weitreichende Bedeutung der Delegationsmöglichkeit zur Konkretisierung des Begriffs des Arbeitsverhältnisses nicht entnommen werden. Auch das BAG sieht eine solche Möglichkeit lediglich als ein nicht von vornherein ein Arbeitsverhältnis auszuschließendes Indiz an, insbesondere wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel und die Leistungserbringung durch einen Dritten eine das Gesamtbild der Tätigkeit nicht wesentlich verändernde seltene Ausnahme darstellt. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt dann lediglich ein Kriterium dar, dass im Rahmen einer Gesamtwürdigung mit zu berücksichtigen ist (vgl BAG, Urteile vom 19.11.1997, 5 AZR 653/96, BAGE 87, 129, und vom 27.6.2001, 5 AZR 561/99, BAGE 98, 146).

Soweit das LSG die tatsächliche Delegation der Arbeitsleistung durch die Klägerin als für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstand benannt hat, fehlen entsprechende Feststellungen zu Art und Umfang der Einschaltung Dritter, die diese Bewertung rechtfertigen könnten. Die vom LSG festgestellten Umstände reichen nicht aus, um die Delegation der von der Klägerin geschuldeten Leistung auf Dritte hier als prägend für eine selbstständige Tätigkeit anzusehen. Dass ein Lebensgefährte der Klägerin gelegentlich Touren mitfuhr, sagt nichts darüber aus, ob und ggf inwieweit er selbst überhaupt tätig wurde. Auch gibt eine gelegentliche unentgeltliche Unterstützung durch einen persönlich nahe stehenden Helfer einer im übrigen persönlich erbrachten Leistung noch nicht das Gepräge einer selbstständigen Tätigkeit. Dies gilt auch für die vom LSG genannte Unterstützung bei der Buchführung der Klägerin, so dass offen bleiben kann, ob es sich hierbei um eine für den Auftraggeber zu erbringende Leistung handelte. Auch soweit der ehemalige Ehemann der Klägerin wiederholt die von ihr geschuldeten Transportleistungen erbrachte, spricht dieser Umstand mangels prägender Wirkung dann nicht für eine selbstständige Tätigkeit, wenn dies lediglich ausnahmsweise, zB im Falle einer Erkrankung, erfolgte. Danach kann aufgrund der Feststellungen des LSG bisher nicht davon ausgegangen werden, dass die vertraglich eingeräumte Delegationsmöglichkeit der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen das Gepräge einer selbstständigen Tätigkeit hätte geben können.

c) Zwar ist das LSG im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Übernahme eines unternehmerischen Risikos für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit sprechen kann. Allein, dass die Klägerin der Auffassung war, bei einer Erkrankung die Kosten für einen Ersatzfahrer tragen zu müssen, spricht in diesem Zusammenhang jedoch nicht für eine selbstständige Tätigkeit, weil bei Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung die Klägerin Ansprüche auf die gesetzlich geregelte Lohnfortzahlung hätte geltend machen können.

Soweit das LSG den Umstand als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit gewertet hat, dass die Klägerin als Ausdruck ihres unternehmerischen Risikos die Transportfahrten in einem eigenen Fahrzeug durchzuführen hatte, ist dieses Merkmal im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung in den Kontext der vertraglichen Beziehung und ihrer tatsächlichen Durchführung einzuordnen (BSG, Urteil vom 19.8.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 1 ). Ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit ist die Übernahme eines Unternehmerrisikos dann, wenn damit auch tatsächlich Chancen und nicht nur Risiken bei der Einkommenserzielung verbunden sind, hier also durch das eigene Transportfahrzeug eine Erweiterung unternehmerischer Möglichkeiten der Klägerin verbunden war. Im Rahmen der durchzuführenden Gesamtwürdigung käme daher diesem Umstand wenig Bedeutung zu, wenn der Klägerin aufgrund der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit und deren Vergütung keine wesentlichen eigenen unternehmerischen Gestaltungsspielräume hätte nutzen können, insbesondere sie keine nennenswerten Spielräume für ein anderweitiges Tätigwerden am Markt gehabt hätte, um Aufträge auf eigene Rechnung durchzuführen. Allein die festgestellte Nutzung eines eigenen Fahrzeuges reicht für eine Bewertung dieses Umstandes nicht aus. Vielmehr bedarf es der insoweit bisher fehlenden weiteren Feststellungen des LSG zur Art des Transportfahrzeuges und insbesondere zur Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin und der Art und Weise ihrer Vergütung.

Die Kennzeichnung des Fahrzeuges der Klägerin mit dem Logo der Auftraggeberin hat das LSG nicht als Indiz für eine abhängige Beschäftigung gewertet, weil die Klägerin zu dieser Kennzeichnung nicht gezwungen gewesen sei. Insoweit fehlt es an Tatsachenfeststellungen, die Grundlage für diese Beurteilung sein könnten. Da das LSG - soweit erkennbar - von einer vertraglichen Regelung ausgegangen ist, hätte es den Inhalt des Vertrags durch Auslegung ermitteln und die auslegungsrelevanten Tatsachen feststellen müssen.

d) Schließlich hat das LSG in der Vereinbarung von Vertragsstrafen ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin gesehen. Grundsätzlich können vereinbarte Vertragsstrafen für eine selbstständige Tätigkeit sprechen (Urteil des Senats vom 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45). Vertragsstrafen können aber auch für Verstöße gegen Pflichten aus einer abhängigen Beschäftigung vereinbart werden. Bedeutung für die Gesamtwürdigung haben daher als Indizien vorrangig die (vertragsstrafenbewehrten) Verpflichtungen und die tatsächliche Durchführung, nicht jedoch das Vertragsstrafenversprechen selbst. Entsprechend dieser Bedeutung ist mithin ein Vertragsstrafenversprechen bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu gewichten.

3. Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht entschieden werden, ob die Klägerin im Falle einer abhängigen Beschäftigung dennoch der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht unterlag, weil sie nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V (in der in den Jahren 1996 bis 1999 anzuwendenden Fassung von Art 4 Nr 2 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vom 18.12.1989, BGBl I S 2261) wegen der Höhe ihres Entgeltes versicherungsfrei war. Das LSG hat keine Feststellungen zur Höhe der Vergütung der Klägerin getroffen. Der Senat kann daher auch über diese Frage zur Zeit nicht abschließend entscheiden.

4. Da die für eine abschließende Entscheidung des Senats erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlen, ist der Rechtsstreit an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das LSG wird die noch fehlenden Tatsachen festzustellen haben und die in die Gesamtwürdigung einzubeziehenden Merkmale der Tätigkeit entsprechend den oben genannten Grundsätzen zu berücksichtigen haben.

Das LSG wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.