OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.09.2000 - 22 E 524/99
Fundstelle
openJur 2011, 80413
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 18 K 7899/95
Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist der frühere Betreuer der Klägerin. Er erhob am 1. November 1995 in ihrem Namen Untätigkeitsklage gegen den Beklagten mit dem Ziel der Aufhebung näher bezeichneter Bescheide.

Nach dem Beschluss des Amtsgerichts C. vom 4. November 1992 umfasste sein Wirkungskreis

- die Vertretung in Vermögensangelegenheiten, - einschließlich Entscheidung über die Wohnungsauf- lösung -, - das Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes - einschließlich Entscheidung über Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen -, - das Recht zur Bestimmung der ärztlichen Heilbehandlung.

Die dem Verwaltungsgericht auf dessen Aufforderung vorgelegte Bestellungsurkunde vom 9. April 1996 wies weitgehend denselben Aufgabenkreis auf. Hinsichtlich der Vertretung in Vermögensangelegenheiten war lediglich ergänzt: "einschl. Renten- u. Unterhaltsforderungen".

Das Verwaltungsgericht wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass die Bestellung vom 9. April 1996 den Aufgabenkreis Sozialhilfeangelegenheiten nicht umfasse.

Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, der Aufgabenbereich Vermögensangelegenheiten umfasse naturgemäß auch die Sozialhilfeangelegenheiten mit und reichte zur Bestätigung eine entsprechende Erklärung des Amtsgerichts C. - Abteilung für Vormundschaftssachen - ein.

Nachdem für die Klägerin ein anderer Betreuer bestellt worden war, bat der Beschwerdeführer um Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung durch Bezugnahme auf seinen den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss vom 22. April 1999 ausgeführt, die Bestellung könne nicht dahingehend verstanden werden, dass der Aufgabenkreis "Vermögensangelegenheiten" der umfassende sein solle und damit auch Sozialhilfeangelegenheiten in jedem Fall mitumfasse.

II.

Die hiergegen erhobene Beschwerde des früheren Betreuers und Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben mit der Folge, dass das Verwaltungsgericht auf den Antrag des Beschwerdeführers nach Anhörung der Beteiligten (§ 10 Abs. 2 Satz 3 BRAGO) den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit festzusetzen hat.

Die Erhebung der Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 18. Januar, 12. März und 2. Dezember 1993 ist - unabhängig von der Zulässigkeit oder Begründetheit dieser Klage - durch die angeordnete Betreuung gedeckt.

Auch nach Einführung der rechtlichen Betreuung (§§ 1896 ff BGB) anstelle der früheren Vormundschaft für Volljährige können die Einzelaufgaben des für einen beschränkten Bereich bestellten Betreuers aus den dem Minderjährigenrecht (§ 1626 BGB) und dem Vormundschaftsrecht (§ 1793 BGB) entlehnten Bereichen Personensorge und Vermögenssorge entnommen werden (vgl. Landgericht Köln, Urteil vom 14. Mai 1997 - 13 S 17/97 -, FamRZ 1998, 919). § 1896 Abs. 2 BGB lässt lediglich nicht mehr die Übertragung der Verantwortung in diesen Globalbereichen zu, sondern bestimmt, dass ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt wird, in denen die Betreuung erforderlich ist.

Hiervon ausgehend spricht einiges dafür, dass der Aufgabenkreis "Vertretung in Vermögensangelegenheiten" nicht das Recht des Betreuers umfasst, Sozialhilfe zu beantragen, weil die Inanspruchnahme von Sozialhilfe eine persönliche Angelegenheit des Betreuten sein dürfte. Die Anordnung der Betreuung soll so wenig wie möglich in die Autonomie des Betreuten eingreifen. Für einen Betreuten kann es durchaus einen Unterschied machen, ob für ihn lediglich Vermögensbetreuung oder auch die Betreuung im Hinblick auf die Geltendmachung von Sozialhilfeansprüchen angeordnet wird. Das zeigt sich schon daran, dass sich nach wie vor Berechtigte dagegen wehren, ihnen zustehende Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, sei es, weil sie sich schämen, von Sozialhilfe zu leben, sei es, weil sie befürchten, dass Unterhaltsverpflichtete vom Sozialhilfeträger in Anspruch genommen werden. Dies braucht der Senat hier aber nicht zu entscheiden, weil es nicht um die Geltendmachung von Sozialhilfeansprüchen im oben dargelegten Sinne geht.

Vorliegend bestand zwischen der Klägerin und dem Beklagten bereits ein Sozialhilferechtsverhältnis. Die Klägerin hat sich ersichtlich gegen die Inanspruchnahme von Sozialhilfe nicht gewehrt. Bei der anhängigen Klage geht es ausweislich der Klagebegründung lediglich darum, ob und inwieweit die Klägerin vorhandenes Vermögen zur Bestreitung der dem Beklagten erwachsenden Ausgaben aufwenden muss. Demgemäß ist die Klage nicht der Personensorge, sondern der Vermögenssorge zuzuordnen und damit dem Wirkungskreis der Vertretung in Vermögensangelegenheiten. Es kann insoweit keinen Unterschied machen, ob der Betreuer sich im Rahmen des ihm zugewiesenen Wirkungskreises im Namen der Betreuten gegen zivilrechtliche, das Vermögen der Klägerin betreffende Ansprüche Dritter wehrt oder gegen solche, die von einem Träger der Sozialhilfe geltend gemacht werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 10 Abs. 2 Satz 4 BRAGO i.V.m. § 188 Satz 2 VwGO und § 25 Abs. 4 GKG in entsprechender Anwendung.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.