OLG Hamm, Urteil vom 28.05.1999 - 20 U 235/98
Fundstelle
openJur 2011, 80227
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 12 O 6/98
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. August 1998 verkündete Grundurteil der 12. Zivilkammer des Landge-richts Essen wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbe-halten.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Teilkaskoversicherung auf Zahlung einer Diebstahlsentschädigung für ihr versichertes Fahrzeug Morgan Plus 8, Erstzulassung am 10.04.1974, in Anspruch.

Sie hat behauptet, ihr Ehemann (Zeuge K. S.) habe gemeinsam mit dem Zeugen Z. den Wagen am 12.06.1997 gegen 18.45 Uhr auf dem unverschlossenen Firmenparkplatz des Kfz-Reparaturbetriebes S. in H. auf der ...-...-Straße abgestellt und den Fahrzeugschlüssel in den Briefkasten der Firma S. eingeworfen. Am nächsten Tag gegen 14.00 Uhr sei die Entwendung des Fahrzeuges entdeckt worden.Den Wiederbeschaffungswert hat die Klägerin auf 62.000,00 DM beziffert.

Die Beklagte verweigert Versicherungsschutz. Sie hat den Diebstahl mit näherer Begründung bestritten und sich überdies auf Leistungsfreiheit wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung berufen, weil der Zeuge K. S. ihr gegenüber Falschangaben zur Laufleistung des versicherten Fahrzeugs gemacht habe. Außerdem sei Leistungsfreiheit nach § 61 VVG eingetreten, weil es grob fahrlässig sei, ein Fahrzeug, das kein stabiles Dach habe, nachts auf offener Straße zu parken. Schließlich hat die Beklagte auch den von der Klägerin angegebenen Wiederbeschaffungswert bestritten.

Das Landgericht hat den Zeugen S. eidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.08.1998 (Bl. 137 ff d. A.) Bezug genommen.

Durch Grundurteil vom selben Tag, auf das verwiesen wird (Bl. 156 ff d. A.), hat es die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Darüber hinaus äußert sie gegen den Erlaß eines Grundurteils prozessuale Bedenken.

Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Grundurteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Sie hält die behauptete Fahrzeugentwendung für hinreichend bewiesen. Leistungsfreiheit der Beklagten sei weder wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung noch wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles eingetreten.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen Z. und S.. Wegen des Beweisergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk vom 28. Mai 1999 (Bl. 232 ff. d.A.) verwiesen.

Die Ermittlungsakten 70 UJs 6172/97 StA Bochum lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Das angefochtene Grundurteil war zu bestätigen. Die Beklagte ist der Klägerin dem Grunde nach zur Entschädigung der Fahrzeugentwendung vom 12./13.06.1997 verpflichtet (§§ 1, 49 VVG; 12 Nr. 1 I b AKB).

1.

Das äußere Bild des Fahrzeugdiebstahls steht zur Überzeugung des Senats fest. Die Zeugen Z. und S. haben übereinstimmend bekundet, sie hätten den versicherten Morgan am 12.06.1997 gegen 18.45 Uhr auf dem Parkplatz des Kfz-Reparaturbetriebs S. in H. abgestellt, weil an den folgenden Tagen Lackierarbeiten am Fahrzeug hätten durchgeführt werden sollen. Bedenken gegen die Richtigkeit der Aussagen sieht der Senat nicht. Sie stehen in Übereinstimmung mit den vorangegangenen Angaben der Zeugen bei der Polizei (Bl. 4, 9 ff und 23 f Beiakten 20 UJs 6172/97 StA Bochum) und werden überdies gestützt durch die unstreitige Tatsache, daß im Büro der Fa. S. in unmittelbarer Nähe des Briefeinwurfs unter einer Heizung der Fahrzeugschlüssel, den der Zeuge S. in den Briefkastenschlitz eingeworfen haben will, gefunden worden ist.

Daß der Wagen am Morgen des 13.06.1997 gegen 14.00 Uhr von Mitarbeitern der Fa. S. am Abstellort nicht vorgefunden worden ist, ist unstreitig.

Die von der Beklagten zur Begründung der erheblichen Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalles vorgebrachten Gesichtspunkte sind nicht - auch nicht im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau - ausreichend.

Zweifelsfrei hat es vor dem Abstellen des Fahrzeugs eine lose Kontaktaufnahme zwischen dem Zeugen S. und dem Werkstattinhaber S. hinsichtlich der beabsichtigten Reparaturmaßnahmen gegeben (vgl. polizeiliche Zeugenaussage S. - Bl. 7 f Beiakten 70 UJs 6172/97 StA Bochum -; Zeugenaussage Z. vor dem Senat - Bl. 232 f. d.A. -.

Das abendliche Abstellen eines Oldtimers auf dem unverschlossenen Firmenparkplatz der Fa. S. mag der Beklagten ungewöhnlich erscheinen. Einen hinreichenden Vortäuschungsverdacht begründet auch dies jedoch nicht.

Schließlich waren die vom Sachverständigen G. in seinem Schlüsselgutachten vom 15.9.1997 (Bl. 73 ff d. A.) festgestellten Kopierspuren am Zündschlüssel von ausgeprägten Gebrauchsspuren überlagert. Deshalb läßt sich nicht feststellen, daß diese Kopierspuren während der Besitzzeit der Eheleute S., die eine Nachschlüsselfertigung in Abrede stellen, entstanden sind.

2.

Leistungsfreiheit der Beklagten wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles (§ 61 VVG) ist nicht eingetreten. Zu Unrecht erhebt die Beklagte den Vorwurf grober Fahrlässigkeit, weil der Zeuge S. das versicherte Fahrzeug über Nacht auf einem unverschlossenen Firmenparkplatz an einer vielbefahrenen Straße in H. abgestellt hat. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, daß das Fahrzeug keine Türschlösser hat, sondern nur mit einem innenliegenden Hebel verriegelt war.

Unwiderlegt hat die Klägerin vorgetragen, ihr Ehemann habe die Türen verriegelt, das Lenkradschloß einrasten lassen und das Dach geschlossen. Mehr Sicherungen gegen Entwendung hat ein Morgan Plus 8 nicht. Das weiß auch die Beklagte als Kaskoversicherer. Gleichwohl hat sie zusätzliche Sicherungsmaßnahmen - etwa das Erfordernis des nächtlichen Abstellens in einer Garage - vertraglich nicht verlangt. Dann aber kann ein Versicherter darauf vertrauen, daß es ihm nicht als grobe Fahrlässigkeit mit der Folge des Anspruchsverlustes nach § 61 VVG angerechnet wird, wenn er - wie alle anderen Fahrzeughalter auch - sein Fahrzeug nachts auf offener Straße in H. unter Betätigung sämtlicher verfügbaren Diebstahlssicherungen abstellt.

3.

Die Beklagte ist auch nicht wegen einer Aufklärungsobliegenheitsverletzung (§§ 7 I Nr. 2 S. 3 und V Nr. 4 AKB, 6 Abs. 3 VVG) von ihrer vertraglichen Entschädigungsverpflichtung frei geworden.

a)

Falschangaben zum Erwerb des Fahrzeugs sind im Totalentwendungs-Fragebogen vom 17.07.1997 (Bl. 61 ff. d.A.) objektiv nicht gemacht worden. Der Eintrag, wonach der Morgan am 11.04.1990 als Gebrauchtfahrzeug von G. W. in B., ..., zum Preis von 28.000,00 DM erworben ist, stimmt mit dem der Beklagten vorgelegten schriftlichen Kaufvertrag (Bl. 52 ff. d.A.) überein und ist unstreitig zutreffend.

b)

Die Beklagte kann auch nicht beweisen, daß die im Totalentwendungs-Fragebogen enthaltene Verneinung der Frage nach einer Nachschlüsselfertigung (nach dem Kauf des Fahrzeugs) objektiv unrichtig ist. Dieser Nachweis ist nicht bereits aufgrund der vom Sachverständigen G. in seinem Gutachten vom 15.09.1997 beschriebenen Kopierspuren auf dem Zünd- und Türschloßschlüssel geführt. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, wegen der vom Sachverständigen festgestellten Gebrauchsspurenüberlagerung lasse sich nicht beweisen, daß die spurenbegründenden Kopieraktionen während der Besitzzeit der Eheleute S. entstanden sind. Die Berufung hat neue Gesichtspunkte hierzu nicht aufgezeigt.

c)

Schließlich läßt sich auch eine Aufklärungsobliegenheitsverletzung hinsichtlich der Laufleistung des versicherten Fahrzeugs nicht feststellen. Zwar hat der Zeuge S. - zumindest als Wissenerklärungsvertreter, wenn nicht als Repräsentant der Klägerin oder sogar Versicherter - im Totalentwendungsfragebogen auf die Frage zu 9 ("Gesamte Laufleistung des Fahrzeugs in km zur Tatzeit?") eingetragen: "ca. 37.000". Diese Zahl war objektiv zu gering. Unstreitig hatte der Tachometer bereits am Tag einer Wertschätzung durch den RWTÜV am 17.05.1994 eine Laufleistung von 37.066 km ausgewiesen. Die Klägerin behauptet, das versicherte Fahrzeug sei seither nur wenig gefahren worden, so daß die Laufleistung sich nur unwesentlich erhöht habe: Mit Ausnahme einer Alpenrundfahrt 1995 (Fahrstrecke: maximal 1.000 km) sei man lediglich 300 bis 400 km pro Jahr gefahren; im Jahre 1996 sei der Wagen überhaupt nicht bewegt worden, weil ein Vollkaskoversicherungsvertrag nicht zustande gekommen sei. Aufgrund dieses Klagevortrags hat das Landgericht für den Entwendungszeitpunkt eine Laufleistung von nicht mehr als 38.500 km anzunehmen vermocht. Dem tritt der Senat bei. Er folgt dem Landgericht auch hinsichtlich seiner rechtlichen Auffassung, daß die danach gegebene geringfügige Unrichtigkeit der Laufleistungsangabe durch den Zeugen S. ("ca. 37.000 km" gegenüber tatsächlich gegebenen 38.500 km) sich noch im Rahmen der üblichen Schätzungstoleranz hält, so daß es bereits am objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung fehlt.

Die Beklagte hat nicht zu beweisen vermocht, daß der Morgan am Schadenstag mehr als 38.500 km gelaufen war und die Klägerin und/oder der Zeuge S. davon Kenntnis hatten.

Unstreitig betrug der Tachometerstand am 17.05.1994 37.066 km. Daß der Tachometer zu diesem Zeitpunkt mit Wissen der Klägerin und/oder des Zeugen S. manipuliert war, läßt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Der Kaufvertrag vom 11.04.1990 enthält zur Rubrik "km-Stand" den Eintrag: "unbekannt". Der Zeuge S. hat dies wie folgt erklärt: Bei Unterzeichnung des Vertrages hätten er und der Steuerberater S. als Treuhänder des seinerzeit inhaftierten Verkäufers W. den Morgan nicht in der Nähe gehabt und deshalb den Tachostand nicht ablesen können. In Anbetracht der für dieses Liebhaberfahrzeug geringen Kaufpreisforderung habe ihn, S., die Laufleistung auch nicht sonderlich interessiert. Tatsächlich habe - so behauptet die Klägerin - die Laufleistung damals "nur wenige 1.000 km weniger als 37.066 km" betragen, geschätzt 34.000 km.

Die Unrichtigkeit dieser Angaben hat sich nicht nachweisen lassen. Zwar hat die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz behauptet, der Verkäufer W. habe ihr auf Befragen mitgeteilt, das Fahrzeug sei schon zu seiner Besitzzeit 130.000 km gelaufen. Für diese Behauptung ist sie jedoch beweisfällig geblieben. Die erstmals im Senatstermin erfolgte Berufung auf das Zeugnis W. ist verspätet (§§ 527, 519 Abs. 3 Nr. 2, 296 Abs. 1 ZPO). Die Tatsache, daß der Verkäufer W. bereits in der Berufungsbegründung als "Zeuge W." bezeichnet worden ist, sieht der Senat nicht als ordnungsgemäßen Beweisantritt. Er hat auch keine Veranlassung gesehen, bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung beim Versicherer klärend nachzufragen (§ 139 ZPO), ob die Vernehmung des Verkäufers W. als Zeuge beantragt werde und welche ladungsfähige Anschrift er hat. Daß eine Beweisaufnahme - ohne Vernehmung des Zeugen W. - vorgesehen war, konnte die Beklagte überdies aus der ihren Prozeßbevollmächtigten am 24.02.1999 zugegangenen Ladungsverfügung ersehen. Gleichwohl hat dies sie nicht bewogen, einen ordnungsgemäßen Beweisantritt rechtzeitig nachzuholen. Abgesehen davon ist für die hier interessierende Frage einer Aufklärungsobliegenheitsverletzung allein maßgeblich, ob die Klägerin und/oder der Zeuge S. wußten, daß die Laufleistung des Morgan zum Zeitpunkt des Erwerbs höher war als die in diesem Rechtsstreit angegebenen 34.000 km. Dies war zwar hinsichtlich des Zeugen S. in der Berufungsbegründung behauptet worden. Der im Senatstermin gestellte Beweisantrag ist jedoch auf die Behauptung beschränkt worden, der Zeuge W. werde nur dafür benannt, daß das versicherte Fahrzeug zum Zeitpunkt des Verkaufs mehr als 130.000 km gelaufen sei.

Auf das Zeugnis des beim Verkauf für W. handelnden Treuhänders S. hat die Beklagte sich zu keinem Zeitpunkt berufen.

Mit der erforderlichen Sicherheit hat der Senat auch nicht festzustellen vermocht, daß der Zeuge S. erkannt hat, daß - wie die Beklagte behauptet - der Tachometer zum Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs bereits "einmal rum" war. Konkrete Anhaltspunkte für eine derartige Annahme sind nicht gegeben. Auch der RWTÜV hat bei seinem Wertgutachten vom 17.05.1994 offenbar keinen Anlaß gesehen, wegen des hohen Fahrzeugalters den abgelesenen Kilometerstand von 37.066 km in Zweifel zu ziehen.

Der Beklagten ist schließlich nicht der Nachweis dafür gelungen, daß der Morgan in der Zeit vom 17.05.1994 (Tachometerablesung durch den RWTÜV) bis zum Entwendungszeitpunkt (12./13.06.1997) mehr als die von der Klägerin behaupteten ca. 1.500 km gefahren worden ist. Die dazu von der Klägerin und dem Zeugen S. gemachten Angaben sind nicht zu widerlegen. Es mag ungewöhnlich sein, daß ein in den Sommermonaten jeweils zugelassenes Fahrzeug nur derart wenig bewegt worden ist. Nicht ohne Plausibilität, jedenfalls nicht widerlegbar, hat der Zeuge S. dies aber damit erklärt, er habe den Morgan nicht in erster Linie als Gebrauchsgegenstand gesehen; für ihn als Liebhaber derartiger Fahrzeuge habe die Freude darüber, ein solches "Schmuckstück" zu besitzen und an ihm "rumbauen" zu können, im Vordergrund gestanden. Es kommt hinzu, daß der Morgan Plus 8 ein ausgesprochenes "Schönwetterfahrzeug" ist, dessen Nutzungszeit für ein ungetrübtes Fahrvergnügen eingeschränkt ist. Nicht ohne Anlaß hat der Zeuge S. auch auf die Unbequemlichkeit - die Beklagte spricht von einem "brettharten britischen Cabriolet" - hingewiesen, die die Klägerin nicht gemocht habe.

Der Hinweis der Beklagten, vom Zeugen S. sei bei Beantragung der Kaskoversicherung am 30.05.1997 als jährliche Laufleistung die Zahl von "5.000 km" eingetragen worden, besagt nichts darüber, daß in den zurückliegenden Jahren gleiche oder zumindest ähnliche Laufleistungen erfolgt sind. Der Zeuge S. hat diesen Eintrag nachvollziehbar damit erklärt, der Versicherungsvertreter habe alternativ den Eintrag von 5.000 km oder 10.000 km als Antwort angeboten. Daraufhin habe er, S., die geringstmögliche Laufleistung gewählt, zumal für das Jahr 1997 eine längere Fahrt mit dem Fahrzeug ohnehin vorgesehen gewesen sei.

Einer Vernehmung des von der Beklagten benannten Zeugen H. bedurfte es nicht, da der Zeuge S. bestätigt hat, mit dem versicherten Fahrzeug gelegentlich (höchstens 10 mal) von seiner Wohnung den kurzen Weg zur Schule (4,9 km) gefahren zu sein und der Versicherer hinreichend substantiiert nichts anderes behauptet.

Von einer Beeidigung der vom Senat gehörten Zeugen S. und Z., die die Beklagte beantragt hat, ist abgesehen worden, weil dies zur Herbeiführung wahrheitsgemäßer Aussagen nicht geboten erschien (§ 391 ZPO). Im übrigen ist der Zeuge S. bereits vom Landgericht beeidigt worden.

4.

Der Senat teilt die von der Berufung gegen den Erlaß eines Grundurteils vorgebrachten Bedenken nicht. Der BGH geht zwar in ständiger Rechtsprechung (VersR 1994, 45, 47; r + s 1993, 346, 348; VersR 1982, 1087, 1088) davon aus, daß wegen der im Rahmen der Prüfung einer arglistigen Täuschung des Versicherungsnehmers nach dem Versicherungsfall stets erforderlichen Gesamtbetrachtung aller Umstände der Erlaß eines Grundurteils vor vollständiger Aufklärung auch zur Höhe des Anspruchs regelmäßig nicht in Betracht kommt. Gleichwohl ist ein Grundurteil dann möglich, wenn alle zum Anspruchsgrund gehörenden Fragen erledigt sind und nach Lage der Dinge zumindest wahrscheinlich ist, daß dem Versicherungsnehmer wenigstens ein Teil des geltend gemachten Anspruchs zusteht (BGH VersR 1985, 154). Davon ist im Streitfall auszugehen. Abgesehen davon, daß es in der Kaskoversicherung den besonderen Verwirkungstatbestand der arglistigen Täuschung nach einem Versicherungsfall ohnehin nicht gibt, ist alles geklärt, was sowohl für den Anspruchsgrund (hier: Aufklärungsobliegenheitsverletzung) als auch für die Anspruchshöhe von Bedeutung ist. Daß zwischen den Parteien nach wie vor Streit über den Wiederbeschaffungswert, der seinerseits maßgeblich von der streitigen Laufleistung des Fahrzeugs abhängt, besteht, ändert daran nichts. Selbst wenn es der Klägerin nicht gelingen sollte, die von ihr behauptete niedrige Laufleistung zu beweisen, würde dies der vom Senat getroffenen Feststellung, daß insoweit der Vorwurf einer Aufklärungsobliegenheitsverletzung nicht gerechtfertigt ist, nicht entgegenstehen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 62.000,00 DM.

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