OLG Köln, Beschluss vom 03.01.2011 - 2 Ws 877/10
Fundstelle
openJur 2011, 77245
  • Rkr:

Zur Rechtmäßigkeit der Verschärfung einer Bewährungsauflage durch das Berufungsgericht

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten verworfen

Gründe

I.

Der seit 1996 wiederholt einschlägig vorbestrafte Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Amtsgerichts K. vom 07.06.2010 zu einer Bewährungsstrafe von vier Monaten wegen Körperverletzung verurteilt. Seine Berufung wurde durch Urteil des Landgerichts B. vom 22.11.2010 verworfen. Den Bewährungsbeschluß des Amtsgerichts vom 07.06.2010 hat das Landgericht um die Auflage der Zahlung eines Geldbetrages von 2.000 € in monatlichen Raten von 200 € zugunsten der Staatskasse ergänzt. Hiergegen hat der Angekagte Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die Auflage sei angesichts seiner Einkommensverhältnisse mißbräuchlich. Er könne sie nicht erfüllen, sodass es zwangsläufig zum Bewährungswiderruf kommen müsse. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hierzu auf die Urteilsgründe verwiesen.

II.

Die Beschwerde gegen den Strafaussetzungsbeschluß nach § 268 a StPO ist gemäß § 305 a Abs. 1 S.1 StPO eingeschränkt zulässig; sie kann nur darauf gestützt werden, dass eine getroffene Anordnung gesetzeswidrig ist. Das ist bei der hier mit der Beschwerde angegriffenen Zahlungsauflage nicht der Fall.

1. Das Landgericht als Berufungsgericht hat, wenn es an der vom Amtsgericht bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung festhält - bzw. gem. § 331 StPO wegen des Verbots der Schlechterstellung wie hier daran festhalten muß - nach §§ 322, 268 a StPO über Bewährungsauflagen neu und selbständig zu entscheiden (KK-Engelhardt, StPO, 6. Aufl., § 268 a Randn. 16; Meyer-Goßner, StPO. 53. Aufl., § 268 a Randn. 2; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 56 b, Randz. 10). Um den in § 56 e StGB geregelten Fall einer nachträglichen Entscheidung handelt es sich nicht.

2. Das Verschlechterungsverbot, das sich schon nach dem Wortlaut des § 331 StPO nur auf Urteile bezieht, gilt für den neuen Strafaussetzungsbeschluß nicht ( BGH NJW 82, 1544; BGH 29.11.1994 - 4 StR 609/94 -, zit. bei Kusch, NStZ 95, 220; Meyer-Goßner a.a.O., § 268 a Randn. 3; § 331 Randn. 6; KK-Engelhardt a.a.O., § 305 a Randn. 12).

Soweit die Geltung des Verschlechterungsverbotes für die Entscheidung über die Beschwerde gegen Strafaussetzungsbeschlüsse unterschiedlich beurteilt wird (vgl. KK-Engelhardt a.a.O., § 305 a Randn. 12 ; Meyer-Goßner a.a.O., § 305 a Randn. 4), geht es vorliegend darum nicht.

3. Die Zahlungsauflage, die in § 56 b Abs. 2 Nr. 4 StGB ihre gesetzliche Grundlage hat, ist nicht gesetzeswidrig. Derartiges kann nach allgemeiner, vom Senat geteilter Auffassung (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 305 a Randn. 1; Senat 31.01.2003 - 2 Ws 49/03 -) etwa der Fall sein, wenn die Anordnung in ermessenmißbräuchlicher Weise einen einschneidenden unzumutbaren Eingriff in die Lebensführung des Verurteilten enthält. So kann die Zahlung eines hohen Geldbetrages nicht verlangt werden, wenn der Verurteilte in besonders schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Andererseits darf bei der Ermessensausübung durchaus bedacht werden, dass die Tat nicht ohne fühlbare Folgen für den Täter bleiben soll (vgl. Schönke/Schröder-Stree, StGB, 28. Aufl., § 56 b Randn. 18,19).

Dass die Zahlungsauflage den Beschwerdeführer unerträglich hart treffen und einen Bewährungswiderruf gleichsam zwangsläufig nach sich ziehen würde, weil er sie nicht erfüllen kann, kann nicht festgestellt werden. Das Landgericht hat gegenüber den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen Skepsis gezeigt, die der Senat teilt. Vor dem Amtsgericht hat der körperlich gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer offensichtlich unwahr angegeben, er erhalte für seine Mitarbeit in der von seiner Schwester betriebenen Gastwirtschaft nur ein Taschengeld und beziehe Arbeitslosengeld. In der Berufungsverhandlung hat er angegeben, er bekomme für eine vollschichtige Tätigkeit als Kellner monatlich 800 €, wovon er 370 € Miete (für eine über dem Lokal liegende Wohnung) aufzubringen habe, wovon in 1. Instanz noch nicht die Rede war. Belegt sind all diese Angaben nicht. Sie geben allerdings Anlaß zur Überprüfung - ggfs auch der Buchführung der Gastwirtschaft -, ob nicht ein Sozialhilfebetrug vorliegt. Darauf, dass der Beschwerdeführer seine tatsächlichen Einkommensverhältnisse verschleiert, deutet auch der Umstand hin, dass er nach den Angaben des Zeugen B. am Tattag in einer Gastwirtschaft beim Dartspiel "um hohe Geldbeträge” mitspielen wollte. Das läßt sich mit den von ihm geschilderten geringen Einkünften nicht vereinbaren.

Wenn der Beschwerdeführer geringere Einnahmen belegen kann, mag er im Wege einer nachträglichen Entscheidung gem. § 56 e StGB um Herabsetzung der Raten bitten.

Es ist im übrigen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die erstinstanzliche Ausgestaltung der Bewährung, die für den Beschwerdeführer mit keinen fühlbaren Einschränkungen verbunden war, gerade unter diesem Gesichtspunkt verschärft hat. Damit hat das Berufungsgericht gesetzeskonform zum Ausdruck gebracht, dass die Erteilung von Auflagen gem. § 56 b StGB die Regel bildet, weil die Rechtsgemeinschaft ein Anrecht auf Genugtuung für das begangene Unrecht hat. Das ist hier in sinnfälliger Weise durch die Anordnung der Zahlung zugunsten der Staatskasse geschehen.

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