OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 03.02.2011 - 2 A 1416/09
Fundstelle
openJur 2011, 77179
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Klägerin stellte unter dem 30. April 2007 bei der Beklagten erstmals einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Lagerhalle auf dem im Ortsteil T. gelegenen Grundstück Gemarkung T1. I. , Flur 20, (seinerzeit) Flurstück 588, in einen Drogeriemarkt. Auf dem benachbarten Grundstück werde - so die Klägerin in ihrem Antragsschreiben - ein O. -Discountmarkt errichtet, der ausweislich des vorgelegten Lageplans eine Verkaufsfläche von 756,38 m² umfasst.

Das Vorhabengrundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 42 der Beklagten ("Westlich der I1.------------straße "), der am 14. November 1996 bekannt gegeben wurde. Dieser weist es teilweise als "GE" - Gewerbegebiet -, teilweise als "GE/N" - Gewerbegebiet mit Nutzungsgliederung - aus. Im Einzelnen lauten diese Festsetzungen wie folgt:

"GE Gewerbegebiete

Zulässig sind nur Anlagen der Abstandsklasse VII zum Rd.Erl. des Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft NW. vom 21.3.1990 sowie Anlagen, deren Emissionen mit denen der Anlagen der Abstandsklasse VII vergleichbar sind, die aber dort nicht aufgeführt sind sowie Anlagen, deren Emissionen geringer sind als die Emissionen der Anlagen aus Klasse VII. Die nach § 8 Abs. 3 Ziff. 1 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Wohnungen sind in die Betriebsgebäude zu integrieren, wobei der betriebliche Teil überwiegen muss.

GE/N Gewerbegebiete mit Nutzungsgliederung

Zugelassen sind Anlagen/Betriebe, durch die nachweislich der Immissionsschutz für den süd-östlich und nord-östlich angrenzenden Bereich nicht gefährdet wird. Wohnen wie bei GE."

In der Begründung des Bebauungsplans Nr. 42 wird ausgeführt, Ziel der Planung sei, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Nutzung von gewerblichen Bauflächen zu schaffen und die Ansiedlung von Gewerbebetrieben gezielt zu fördern. Unter Rücksichtnahme auf die umliegende Wohnbebauung außerhalb des Plangebiets werde das Gewerbegebiet zum Teil einer Nutzungsgliederung unterzogen.

Im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 42 befinden sich neben der besagten Lagerhalle und dem im Jahr 2007 genehmigten O. -Markt Kfz-Reparaturwerkstätten und Kfz-Handel, eine Autovermietung, ein Dachdeckerbetrieb, ein Möbel- und Küchenhandel, ein Bauelementebetrieb, ein Kälteanlagenbaubetrieb, ein Küchenvertrieb und Küchenmontagebetrieb, ein Elektroinstallateur, ein Hersteller und Vertreiber umweltfreundlicher Produkte und ein Kunststoffhersteller und -händler.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2007 lehnte die Beklagte den Bauantrag der Klägerin vom 30. April 2007 wegen unvollständiger Bauvorlagen ab. Zuvor hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass das zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben auch nicht genehmigungsfähig sei, weil ein Drogeriemarkt mit innenstadtrelevantem Sortiment in Verbindung mit dem O. -Markt auf dem Nachbargrundstück einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb bilde.

Unter dem 20./25. September 2007 stellte die Klägerin erneut einen Bauantrag zur Nutzungsänderung der Lagerhalle in einen Drogeriemarkt . Dabei gab sie an, die Verkaufsfläche des Drogeriemarkts solle 250,91 m² betragen.

In seiner Sitzung am 17. Dezember 2007 beschloss der Rat der Beklagten die Aufstellung der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42. Mit der Planänderung strebte sie eine städtebaulich verträgliche Steuerung des Einzelhandels im Sinne des - am 21. August 2007 von ihrem Rat beschlossenen Einzelhandelskonzepts - und eine bestimmungsgemäße Nutzung der begrenzt verfügbaren Gewerbeflächen im Ortsteil T. an. Zugleich beschloss der Rat eine Veränderungssperre für den räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 42. Beide Beschlüsse wurden im Amtsblatt der Beklagten vom 20. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 2. Januar 2008 lehnte die Beklagte den Bauantrag der Klägerin vom 20./25. September 2007 unter Verweis auf die Veränderungssperre ab.

In seiner Sitzung am 23. September 2008 beschloss der Rat der Beklagten die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 als Satzung. Die Bekanntmachung erfolgte am 16. Oktober 2008. In der textlichen Festsetzung C.1.1. a) der 1. Planänderung heißt es unter anderem:

"In den Gewerbegebieten GE und GE/N sind gemäß § 1 Absätze 5, 9 BauNVO eingeschränkt oder unzulässig:

Einzelhandel für den Verkauf an letzte Verbraucher ist mit den in T1. I. -T2. zentren- und nahversorgungsrelevanten Warensortimenten unzulässig:

Nahversorgungsrelevante Sortimentsgruppen:

Back- und Konditoreiwaren, Metzgereiwaren, Nahrungs- und Genussmittel (inkl. Tee, Tabak-, Reformwaren, aber ohne Getränke), Drogeriewaren und Körperpflegeartikel (inkl. Putz-, Wasch-, Reinigungsmitteln), Parfümerieartikel, freiverkäufliche Apothekenwaren, Zeitungen und Zeitschriften ..."

In der Begründung zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 wird ausgeführt: Die 1. Planänderung ziele auf eine städtebaulich verträgliche Einzelhandelssteuerung im Sinne des Einzelhandelskonzepts der Beklagten sowie darauf, eine bestimmungsgemäße Nutzung der begrenzt verfügbaren Gewerbeflächen im Ortsteil T. zu sichern. Aufbauend auf die Sortimentsliste des Einzelhandelskonzepts würden die zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimente ausgeschlossen. Die Beklagte verfolge das grundlegende Ziel, den Einzelhandel im Zentrum zu bündeln und nicht an der Peripherie der Siedlungsbereiche anzusiedeln.

Bereits zuvor am 30. Januar 2008 hatte die Klägerin Klage mit dem Ziel der Verpflichtung der Beklagten erhoben, ihr die beantragte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Lagerhalle in einen Drogeriemarkt zu erteilen.

Zur Begründung der Klage hat sie vorgetragen: Die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 sei unwirksam. Das Einzelhandelskonzept der Beklagten stütze den Einzelhandelsausschluss nicht. In einem Gewerbegebiet sei der geplante Drogeriemarkt zulässig. Die Schwelle zur Großflächigkeit von 800 m² Verkaufsfläche werde nicht überschritten. Eine Zusammenrechnung der Verkaufsfläche des geplanten Drogeriemarkts mit dem benachbarten O. -Markt komme nicht in Betracht, weil es sich um zwei getrennte Betriebe in zwei Gebäuden handele. Die Anlieferung erfolge getrennt. In jedem der Gebäude seien Personalräume vorhanden. Die Eingangsbereiche seien voneinander unabhängig und die Märkte könnten voneinander unabhängig betrieben - das heißt geöffnet und geschlossen - werden. Den Bauantrag vom 30. April 2007 habe die Beklagte als Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids auslegen müssen. Das diesbezügliche Baugenehmigungsverfahren sei noch nicht bestandskräftig abgeschlossen. Die Klage sei bis zum Inkrafttreten der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 zulässig und begründet gewesen.

Die Klägerin hat beantragt

den Bürgermeister der Beklagten auf den Bauantrag vom 20. September 2007 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 2. Januar 2008 zu verpflichten, ihr die beantragte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Lagerhalle zu einem Einzelhandelsgeschäft (Drogeriemarkt) auf dem Flurstück 588, Flur 20, Gemarkung T1. I. , zu erteilen,

hilfsweise den Bürgermeister der Beklagten auf den Antrag vom 20. September 2007 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 2. Januar 2008 zu verpflichten, ihr einen Bauvorbescheid gemäß § 71 BauO NRW für die Nutzungsänderung einer Lagerhalle zu einem Einzelhandelsgeschäft (Drogeriemarkt) auf dem Flurstück 588, Flur 20, Gemarkung T1. I. , zu erteilen,

hilfsweise festzustellen, dass die Nichterteilung der unter der vorstehenden Ziffer 1 genannten Baugenehmigung rechtswidrig gewesen und sie, die Klägerin, dadurch in ihren Rechten verletzt worden ist,

hilfsweise festzustellen, dass die Nichterteilung des unter der vorstehenden Ziffer 2 genannten Bauvorbescheids rechtswidrig gewesen und sie, die Klägerin, dadurch in ihren Rechten verletzt worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Verkaufsflächen des geplanten Drogeriemarkts und des O. -Markts seien zusammenzurechnen, so dass die Großflächigkeit erreicht werde. Die beiden Einzelhandelsbetriebe stünden in einem engen räumlichfunktionalen Zusammenhang. Diesen Zusammenhang ließen die gemeinsame Zufahrt, die gemeinsamen Stellplätze, die gewählte Lage der Eingänge, die aufeinander abgestimmten Öffnungszeiten und die sich ergänzenden Sortimente erkennen. Außerdem sei der Drogeriemarkt ohne den O. -Markt auf Dauer nicht wirtschaftlich zu führen.

Mit Urteil vom 28. April 2009 hat das Verwaltungsgericht den Bürgermeister der Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Januar 2008 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin zur Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung einer Lagerhalle in ein Einzelhandelsgeschäft (Drogeriemarkt) auf dem Grundstück Gemarkung T1. I. , Flur 20, Flurstück 588, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die textliche Festsetzung C.1.1. a) der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 sei unwirksam. Ihr fehle die städtebauliche Rechtfertigung. Nach der nunmehr wieder anwendbaren Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. 42 sei das Vorhaben der Klägerin zulässig. Die Verkaufsfläche des vorhandenen O. -Markts sei nicht zu der Verkaufsfläche des Drogeriemarkts hinzuzurechnen, so dass die Grenze zur Großflächigkeit nicht überschritten werde. Ob andere, von der Beklagten bisher nicht abschließend geprüfte Gesichtspunkte - insbesondere des Bauordnungsrechts - der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstünden, könne nicht abschließend beurteilt werden, so dass die Klage im Übrigen abzuweisen sei.

Der Senat hat die Berufung der Beklagten durch Beschluss vom 21. Juli 2010 zugelassen. Diese hat die Berufung mit Schriftsatz vom 19. August 2010, der Klägerin zugestellt am 20. August 2010, begründet. Am 20. September 2010 hat die Klägerin Anschlussberufung eingelegt.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte unter wesentlicher Bezugnahme auf ihr Zulassungsvorbringen vor, die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 sei wirksam. Der festgesetzte Einzelhandelsausschluss sei städtebaulich gerechtfertigt. Davon abgesehen seien der geplante Drogeriemarkt und der bestehende O. -Markt keine getrennt zu bewertenden Betriebe; ihre Verkaufsflächen seien zusammenzurechnen und überschritten die Grenze zur Großflächigkeit. Der Drogeriemarkt stelle sich aus der Sicht des Verbrauchers als Nebenbetrieb mit einem Ergänzungssortiment zu dem Hauptbetrieb - dem O. -Markt - dar. Überdies sei schon jetzt mit einer Erweiterung des Drogeriemarkts zu rechnen, weil im Gebäudebestand der ehemaligen Lagerhalle noch freie Flächen verfügbar seien.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 28. April 2009 zu ändern, soweit es der Klage stattgibt, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und auf die Anschlussberufung das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 28. April 2009 zu ändern und nach ihrem erstinstanzlichen Hauptantrag zu erkennen,

hilfsweise nach ihren erstinstanzlichen Hilfsanträgen zu erkennen.

Die Klägerin trägt unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils sowie unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und ihr Rügeschreiben an die Beklagte vom 15. Oktober 2009 betreffend die Wirksamkeit der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 ergänzend vor: Zwischenzeitlich sei die Fläche, auf der die Lagerhalle liege, geteilt worden. Sie liege nicht mehr - auch nicht teilweise - auf demselben Grundstück wie der benachbarte Discountmarkt, sondern auf dem Flurstück 697. Die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 sei unwirksam. Sie leide an formellen und materiellen Mängeln. Ein materieller Rechtsfehler, der auch die 1. Planänderung erfasse, ergebe sich unter anderem daraus, dass es sich bei der Festsetzung hinsichtlich der Immissionen im Gewerbegebiet im ursprünglichen Bebauungsplan um einen unzulässigen Zaunwert handele. Im Übrigen bleibe es dabei, dass die Verkaufsfläche des beantragten Drogeriemarkts nicht mit der Verkaufsfläche des baulich getrennten O. -Markts zusammenzurechnen sei. Der geplante Drogeriemarkt und der O. -Markt bildeten keine Funktionseinheit. Vielmehr seien die Märkte Konkurrenten, die ihr Konzept und ihr Sortiment nicht aufeinander abgestimmt hätten. Einzelne Betriebe seien einer Zulassungsschranke des "Zusammenrechnens" nicht unterworfen. Die Sache sei spruchreif beziehungsweise könne ohne Weiteres spruchreif gemacht werden, so dass die Klägerin Anspruch auf einen Verpflichtungsausspruch habe.

Die Beklagte beantragt sodann,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Bezug genommen wird außerdem auf den Inhalt der Gerichtsakte - 2 D 114/09.NE - und des diesbezüglich von der Beklagten vorgelegten Aufstellungsvorgangs hinsichtlich der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42.

Gründe

Der Senat hat - worauf in der mündlichen Verhandlung bereits hingewiesen wurde - das Passivrubrum von Amts wegen geändert, nachdem durch den Wegfall von § 5 AG VwGO (vgl. Art. 2 Nr. 28 des Gesetzes zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010, GV. NRW. S. 30) und die nunmehrige Geltung des sog. Rechtsträgerprinzips kraft Gesetzes zum 1. Januar 2011 auf Seiten des Beklagten ein Beteiligtenwechsel eingetreten ist.

Die Berufung der Beklagten (dazu I.) und die Anschlussberufung der Klägerin (dazu II.) haben keinen Erfolg

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht teilweise stattgegeben.

Die Klage unterliegt nicht insgesamt der Abweisung.

Gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlichrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.

Danach kann der Klägerin die Erteilung der beantragten Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Lagerhalle in ein Einzelhandelsgeschäft (Drogeriemarkt) auf dem (nunmehrigen) Grundstück Gemarkung T1. I. , Flur 20, Flurstück 697, nicht mit der Begründung versagt werden, dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben stünden Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen (dazu 1.). Ob dem Vorhaben Vorschriften des Bauordnungsrechts entgegenstehen und ein Genehmigungsanspruch der Klägerin aus diesem Grund zu verneinen ist, kann und muss derzeit nach den Grundsätzen über das sog. "stecken gebliebene" Genehmigungsverfahren nicht abschließend beurteilt werden, so dass es bei dem Neubescheidungsausspruch des Verwaltungsgerichts verbleibt (dazu 2.).

1. Die textliche Festsetzung C.1.1 a) Nr. 2 des Bebauungsplans Nr. 42 in der Fassung der 1. Änderung - im Folgenden: textliche Festsetzung C.1.1 a) Nr. 2 -, derzufolge in den Gewerbegebieten GE und GE/N der Einzelhandel mit Drogeriewaren und Körperpflegeartikeln (inkl. Putz-, Wasch-, Reinigungsmitteln), Parfümerieartikeln, freiverkäuflichen Apothekenwaren, Zeitungen und Zeitschriften unzulässig ist, steht dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegen. Der ursprüngliche Bebauungsplan Nr. 42 ist unwirksam; diese Unwirksamkeit erfasst auch seine 1. Änderung (dazu a). Das demnach gemäß § 34 BauGB zu beurteilende Vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig (dazu b).

a) Die textliche Festsetzung C.1.1 a) Nr. 2 ist unwirksam.

Ob die von der Klägerin gegen die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 vorgebrachten formellen Rügen durchgreifen, kann dahinstehen. Der ursprüngliche Bebauungsplan Nr. 42 ist aufgrund eines materiellen Rechtsfehlers unwirksam (dazu aa), der auf seine 1. Änderung durchschlägt (dazu bb).

aa) Die Festsetzung "GE/N" im ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 42 kann weder auf § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB noch auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gestützt werden (dazu [1]). Die Unwirksamkeit der Festsetzung "GE/N" betrifft den Ausgangsbebauungsplan Nr. 42 insgesamt (dazu [2]).

(1) Die Festsetzung eines Immissionsgrenz- oder - richtwerts als Summenpegel - eines sog. "Zaunwerts" - der in einem bestimmten Gebiet zugelassenen gewerblichen Nutzungen ist weder nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB, der als Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nur bauliche und technische Maßnahmen gestattet, nicht aber die Festlegung von Emissions- oder Immissionsgrenzwerten,

vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 7.98 -, BVerwGE 110, 193 = BRS 62 Nr. 44 = juris Rn. 23, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 -, BRS 50 Nr. 25 = juris Rn. 15,

noch gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO zulässig. Nach der letztgenannten Vorschrift können für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die (Nr. 1) das Baugebiet nach der Art der zulässigen Nutzung oder (Nr. 2) nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Mit einem Summenpegel wird indessen keine Nutzungsart, insbesondere nicht das Emissionsverhalten als "Eigenschaft" bestimmter Anlagen und Betriebe im Sinne von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO festgesetzt, sondern nur ein Immissionsgeschehen gekennzeichnet, das von einer Vielzahl unterschiedlicher Betriebe und Anlagen gemeinsam bestimmt wird und für das das Emissionsverhalten der jeweiligen Anlage für sich genommen letztlich unbeachtlich ist. Ein "Zaunwert" als Summenpegel ist jedoch ungeeignet, umgesetzt zu werden, weil er, anders als ein immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel, der an das Emissionsverhalten eines einzelnen Betriebs innerhalb des Plangebiets anknüpft, nicht bestimmt, welche Emissionen von einem einzelnen Betrieb ausgehen dürfen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 7.98 -, BVerwGE 110, 193 = BRS 62 Nr. 44 = juris Rn. 23 f., Beschlüsse vom 27. Januar 1998 - 4 NB 3.97 -, BRS 60 Nr. 26 = juris Rn. 10, vom 7. März 1997 - 4 NB 38.96 -, BRS 59 Nr. 25 = juris Rn. 3, und vom 10. August 1993 - 4 NB 2.93 -, BRS 55 Nr. 11 = juris Rn. 14; OVG NRW, Urteile vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 77, vom 17. Januar 2006 - 10 A 3413/03 -, BRS 70 Nr. 9 = juris Rn. 106, und vom 15. Oktober 1992 - 7a D 80/91.NE -, NWVBl. 1993, 176 = juris Rn. 8 ff.

Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich die Festsetzung "GE/N" nicht auf § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB gründen, weil sie keine bauliche oder technische Maßnahme des Immissionsschutzes zum Gegenstand hat. Der sodann einzig noch in Betracht kommende § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus, weil die Festsetzung

"Gewerbegebiete mit Nutzungsgliederung

Zugelassen sind Anlagen/Betriebe, durch die nachweislich der Immissionsschutz für den süd-östlich und nord-östlich angrenzenden Bereich nicht gefährdet wird"

keine Betriebsart und deren besondere Eigenschaft beschreibt. Festgesetzt wird damit kein immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel, der das Emissionsverhalten eines bestimmten Betriebs auf einem bestimmten Grundstück im Gebiet, auf das sich die Ausweisung "GE/N" erstreckt, reglementiert. Es wird gerade keine Aussage dazu getroffen, welche Emissionen von einem bestimmten Betrieb in diesem Bereich ausgehen dürfen. Die in Rede stehende Festsetzung gleicht einem Summenpegel im Sinne eines "Zaunwerts", der für die Gesamtheit der im Bereich der "GE/N"-Festsetzung ansässigen Betriebe Geltung beansprucht, ohne das Emissionsverhalten eines einzelnen Betriebs in den Blick zu nehmen und zu steuern. Eine derartige Regelung kann nicht umgesetzt werden, weil auf der Grundlage ihres Inhalts nicht klar ist, welcher Betrieb an welcher Stelle des betroffenen Planbereichs in welchem Umfang emittieren darf. Davon abgesehen lässt die Festsetzung "GE/N" auch offen, welchen Immissionsrichtwert sie in Bezug auf die südöstlich und nordöstlich angrenzenden (Wohn-)Gebiete jeweils für zulässig erachtet, so dass sie sich auch aus diesem weiteren Grund nicht als vollzugsfähig erweist.

(2) Die Unwirksamkeit der Festsetzung "GE/N" zieht die Gesamtunwirksamkeit des ursprünglichen Bebauungsplans Nr. 42 nach sich.

Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen (nur) dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen - für sich betrachtet - noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Diese Regel stellt die bauplanungsrechtliche Konkretisierung eines allgemeinen Rechtsgedankens dar, der auch in anderen Rechtsgebieten gilt und etwa in § 139 BGB oder § 44 Abs. 4 VwVfG zum Ausdruck gelangt. Er bewirkt, dass nicht jeder Planungsfehler zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans führen muss, solange der fehlerfreie Teil des Plans noch (objektiv) sinnvoll bleibt und (subjektiv) vom Planungswillen der Gemeinde getragen wird.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Februar 2009 - 4 B 54.08 -, BRS 74 Nr. 8 = juris Rn. 5, vom 6. April 1993 - 4 NB 43.92 -, BRS 55 Nr. 31 = juris Rn. 11, und vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 -, BRS 55 Nr. 30 = juris Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 80.

Dieser Ansatz gilt auch für Fallgestaltungen wie hier, in denen sich die Frage stellt, ob eine nicht von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB und § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO getragene immissionsschutzrechtliche Festsetzung eines Bebauungsplans zu dessen Gesamtunwirksamkeit führt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 7.98 -, BVerwGE 110, 193 = BRS 62 Nr. 44 = juris Rn. 26, Beschluss vom 27. Januar 1998 - 4 NB 3.97 -, BRS 60 Nr. 26 = juris Rn. 19 ff.

Nach diesen Grundsätzen hat die Unwirksamkeit der Festsetzung "GE/N" die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 42 zur Folge. Die Festsetzungen "GE" und "GE/N" stehen in einem untrennbaren Regelungszusammenhang.

Vgl. zu diesem Aspekt: BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1998 - 4 NB 3.97 -, BRS 60 Nr. 26 = juris Rn. 19.

Ohne die unwirksame Festsetzung "GE/N", die sich mit Blick auf ihren Wortlaut nicht in einen bloßen Hinweis auf die Rechtslage uminterpretieren lässt,

vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 2 D 64/08.NE -, juris Rn. 50,

stellt der Plan objektiv keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB mehr dar. Die Ordnung des Bebauungsplans Nr. 42 beruht auf der durch die Festsetzungen "GE" und "GE/N" geschaffene räumliche Gliederung des Plangebiets. Sie ist erkennbar von der - in der Planbegründung des Ausgangsbebauungsplans niedergelegten - Absicht getragen, dass in dem Bereich des Plangebiets, der zu der angrenzenden (Wohn-)Bebauung gewandt ist und der den inneren "GE"-Bereich von dieser Bebauung abschirmt, nur im Vergleich zu dem "GE"-Bereich immissionsärmere Nutzungen zulässig sein sollen, um keine Immissionskonflikte mit der planangrenzenden Nachbarschaft entstehen zu lassen. Dieser Ordnungszweck wird nicht mehr erreicht, wenn die "GE/N"-Festsetzung, die einen erheblichen Teil des Plangebiets umfasst, und mit ihr dessen Untergliederung entfällt. Angesichts dessen kann auch ein anderweitiger alternativer Planungswille der Beklagten etwa dahingehend, bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Festsetzung "GE/N" für das gesamte Plangebiet die Festsetzung "GE" zu wählen, nicht angenommen werden.

bb) Die Unwirksamkeit des ursprünglichen Bebauungsplans Nr. 42 greift auf seine 1. Änderung durch.

Die Wirksamkeit einer ursprünglichen Satzung über einen Bebauungsplan ist Vorfrage für die Wirksamkeit der Änderungssatzung, wenn zwischen den Satzungen ein Rechtmäßigkeitszusammenhang besteht. Die bloße Änderung eines unwirksamen Bebauungsplans ohne vollständigen Neuerlass des gesamten Regelungswerks geht ins Leere, wenn sie nicht auf einer wirksamen Grundlage beruht. Ob sich die Unwirksamkeit eines Bebauungsplans auf nachfolgende Satzungen zur Änderung des Bebauungsplans erstreckt, hängt davon ab, ob und inwieweit der Änderungsbebauungsplan vom Inhalt seiner Festsetzungen her gegenüber dem Ursprungsplan verselbständigt ist. Werden etwa sämtliche Festsetzungen im Zuge der Änderung durch neue Festsetzungen ersetzt oder aber jedenfalls erneut in den planerischen Abwägungsprozess einbezogen, so ist letztlich ein eigenständiger Plan entstanden, bei dem ein Fortwirken alter Fehler des Ursprungsplans nicht mehr sachgerecht erscheint. Werden demgegenüber bei Fortbestehen der Ursprungsplanung im Übrigen nur einzelne Festsetzungen geändert, so bedeutet dies, dass nicht bezüglich der Gesamtheit der Planung nochmals inhaltlich in den Abwägungsprozess eingetreten zu werden braucht. Dann kann die nunmehr geltende planungsrechtliche Ordnung im Bebauungsplangebiet regelmäßig nur als Einheit der alten und der geänderten Planung angesehen werden. Dies schließt entsprechend den Grundsätzen der Teilnichtigkeit eine verbleibende alleinige Gültigkeit der Änderungsplanung aus.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 7.98 -, BVerwGE 110, 193 = BRS 62 Nr. 44 = juris Rn. 16, 18 und 21, Beschluss vom 30. September 1992 - 4 NB 22.92 -, juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 12. Dezember 2005 - 10 D 27/03.NE -, BRS 70 Nr. 57 = juris Rn. 71 und 73.

Ausgehend hiervon besteht zwischen dem ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 42 und seiner 1. Änderung ein Rechtmäßigkeitszusammenhang, der die Wirksamkeit der 1. Änderung von der Wirksamkeit des Ausgangsplans abhängig macht. Die 1. Planänderung schafft - wie dargestellt - im Plangebiet keine neue, von der Ausgangsplanung losgelöste städtebauliche Ordnung. Der Ursprungsplan wird lediglich um einen zu der Gewerbegebietsfestsetzung hinzutretenden Einzelhandelsausschluss und um verschiedene Regelungen hinsichtlich der Gestaltung von Werbeanlagen ergänzt. Er bleibt im Übrigen mit der Folge unangetastet, dass eine Unwirksamkeit des Ursprungsplans den Änderungsplan infiziert.

Eine städtebauliche Resteigenständigkeit der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 gegenüber dem Ursprungsplan lässt sich nicht mit dem Gedanken rechtfertigen, dass sich ein Einzelhandelsausschluss zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche im unbeplanten Innenbereich auf § 9 Abs. 2 a) BauGB gründen lässt,

vgl. zu diesem Instrument: OVG NRW, Urteile vom 30. November 2010 - 2 D 138/08.NE -, und vom 22. November 2010 - 7 D 1/09.NE -, juris,

und ein Einzelhandelsausschluss im Gebiet des unwirksamen Bebauungsplans Nr. 42 sich aufgrund dessen auch ohne einen zugrunde liegenden Bebauungsplan womöglich rechtmäßig beschließen ließe, wodurch der Rechtmäßigkeitszusammenhang zwischen dem ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 42 und seiner 1. Änderung unterbrochen sein könnte. Selbst wenn man diesen Weg rechtskonstruktiv für gangbar hält - wogegen bereits im Ansatz sprechen mag, dass ein Austausch von Ermächtigungsgrundlagen planerischer Entscheidungen in jedem Fall zu einer Wesensänderung der Entscheidung führt und eine Planungsentscheidung daher nur im Hinblick auf die jeweils herangezogene Rechtsgrundlage rechtmäßig getroffen werden kann - scheidet er im vorliegenden Fall aber jedenfalls auch deshalb aus, weil die 1. Planänderung nicht nur von Gründen der Einzelhandelssteuerung motiviert war, sondern die Beklagte mit ihr auch den Zweck verfolgte, Flächen für das produzierende Gewerbe freizuhalten. Dieser Zweck lässt sich mit den von § 9 Abs. 2 a) BauGB zur Verfügung gestellten Mitteln aber nicht umsetzen.

b) Das infolge der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 42 und seiner 1. Änderung an § 34 BauGB zu messende Vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig.

aa) Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung steht es mit § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB in Verbindung mit § 8 BauNVO im Einklang.

Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre.

Vorliegend entspricht die Eigenart der näheren Umgebung, die sich mit dem Plangebiet des unwirksamen Bebauungsplans Nr. 42 deckt, einem Gewerbegebiet im Sinne von § 8 BauNVO, weil dort ausschließlich gewerbliche Nutzungen stattfinden. Dies ist der Bestandsaufnahme zu entnehmen, welche die Beklagte anlässlich der Aufstellung der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 vorgenommen hat. Danach befinden sich im Gebiet des unwirksamen Bebauungsplans Nr. 42 Kfz-Reparaturwerkstätten und Kfz-Handel, eine Autovermietung, ein Dachdeckerbetrieb, eine Lagerhalle, ein Möbel- und Küchenhandel, ein Bauelementebetrieb, ein Kälteanlagenbaubetrieb, ein Küchenvertrieb und -montagebetrieb, ein Elektroinstallateur, ein Hersteller und Vertreiber umweltfreundlicher Produkte, ein Kunststoffhersteller und -händler sowie ein O. -Lebensmittelmarkt.

Der von der Klägerin geplante Drogeriemarkt ist in diesem (faktischen) Gewerbegebiet gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig, das vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben aller Art dient, wozu im Grundsatz auch Einzelhandelsbetriebe zählen. Die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des streitbefangenen Drogeriemarkts folgt demgegenüber nicht ausnahmsweise aus § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB in Verbindung mit § 11 Abs. 3 BauNVO.

Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO sind Einkaufszentren (Nr. 1), großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können (Nr. 2), sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind (Nr. 3), außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig.

Mit dem geplanten Drogeriemarkt entsteht kein solches Vorhaben.

Für sich genommen ist er - wie sich von selbst versteht - weder ein Einkaufszentrum noch ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne der genannten Vorschrift. Einzelhandelsbetriebe sind erst dann großflächig im Sinne dieser Bestimmung, wenn sie - anders als der Drogeriemarkt, der eine Verkaufsfläche von ca. 251 m² bekommen soll - eine Verkaufsfläche von 800 m² überschreiten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364 = BRS 67 Nr. 71 = juris Rn. 15 ff.

Nichts anderes ergibt sich, wenn man den benachbarten O. -Markt auf dem Flurstück 587 mit einer Verkaufsfläche von rund 756 m² in die Betrachtung einbezieht.

Drogeriemarkt und O. -Markt bilden kein Einkaufszentrum im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO.

Ein Einkaufszentrum im Sinne der vorgenannten Norm setzt im Regelfall einen von vornherein einheitlich geplanten, finanzierten, gebauten und verwalteten Gebäudekomplex mit mehreren Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe - zumeist verbunden mit verschiedenartigen Dienstleistungsbetrieben - voraus. Sollen mehrere Betriebe ohne eine solche Planung - faktisch - ein Einkaufszentrum im Rechtssinne darstellen, so ist hierfür außer ihrer engen räumlichen Konzentration ein Mindestmaß an äußerlich aus der Sicht des Kunden in Erscheinung tretender gemeinsamer Organisation und Kooperation erforderlich, welche die Ansammlung mehrerer Betriebe zu einem planvoll gewachsenen und aufeinander bezogenen Ganzen werden und nicht als zufällige Anhäufung erscheinen lässt. Diese Zusammenfassung kann sich in organisatorischen oder betrieblichen Gemeinsamkeiten, wie etwa in gemeinsamer Werbung unter einer verbindenden Sammelbezeichnung, dokumentieren. Nur durch solche äußerlich erkennbaren Merkmale ergibt sich die für die Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO notwendige planvolle Zusammenfassung mehrerer Betriebe zu einem "Zentrum" und zugleich die erforderliche Abgrenzung zu einer beliebigen Häufung von jeweils für sich planungsrechtlich zulässigen Läden auf mehr oder weniger engem Raum.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 2007 - 4 B 29.07 -, BRS 71 Nr. 64 = juris Rn. 3, Urteile vom 1. August 2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = BRS 65 Nr. 10 = juris Rn. 24, und vom 27. April 1990 - 4 C 16.87 -, BRS 50 Nr. 67 = juris Rn. 21 ff.; OVG NRW, Urteil vom 25. April 2005 - 10 A 2861/04 -, BRS 69 Nr. 74 = juris Rn. 32 ff.

Ausgehend von diesem Begriffsverständnis können der streitige Drogeriemarkt und der benachbarte O. -Markt nicht als Einkaufszentrum angesehen werden. Der Drogeriemark und der O. -Markt sind schon nicht in einem einheitlich geplanten, finanzierten, gebauten und verwalteten Gebäudekomplex untergebracht. Während der O. -Markt bereits im Jahr 2007 von der Beklagten genehmigt und im Wesentlichen auf dem Flurstück 587 errichtet wurde, soll für den Drogeriemarkt erst eine Nutzungsänderung der daneben auf dem nunmehrigen Flurstück 697 aufstehenden Lagerhalle stattfinden. Davon abgesehen fehlt es auch an einem Mindestmaß an äußerlich gegenüber den Kunden in Erscheinung tretender gemeinsamer Organisation und Kooperation. Drogerie- und O. -Markt haben unterschiedliche Betreiber und kein äußerlich erkennbar aufeinander abgestimmtes Betriebskonzept, so dass sie als gleichsam zufälliges Nebeneinander von Einzelhandelsbetrieben und nicht als "Zentrum" erscheinen.

Das Nebeneinander des geplanten Drogeriemarkts und des bestehenden O. -Markts führt auch nicht dazu, dass ersterer die Schwelle zur Großflächigkeit im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO von 800 m² Verkaufsfläche überschritte. Drogeriemarkt und O. -Markt stellen keinen (einheitlichen) großflächigen Einzelhandelsbetrieb dar; ihre Verkaufsflächen sind nicht zusammenzurechnen.

Hierbei ist zunächst von dem normativen Ausgangsbefund auszugehen, dass § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO - wie auch die übrigen Zulassungstatbestände der §§ 2 bis 9 BauNVO - das einzelne Vorhaben, den einzelnen (Einzelhandels-)Betrieb im Blick hat, um dessen bauplanungsrechtliche Zulässigkeit es jeweils geht. Diese Zulässigkeit hängt prinzipiell nicht von anderen Vorhaben beziehungsweise anderen Betrieben ab.

Vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 3. April 2008 - 4 CN 3.07 -, BVerwGE 131, 86 = BRS 73 Nr. 77 = juris Rn. 17.

Diese Regel kann bei der Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO im Einzelfall durchbrochen werden, wenn es der Sinn und Zweck des § 11 Abs. 3 BauNVO gebietet. Insoweit gilt Folgendes:

§ 11 Abs. 3 BauNVO liegt die Wertung zugrunde, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Betriebe typischerweise ein städtebauliches Beeinträchtigungspotential aufweisen, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Den Typus der in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO genannten Einkaufszentren schränkt der Verordnungsgeber nicht mit weiteren Merkmalen ein. Demgegenüber grenzt er in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO die nur in Kerngebieten und Sondergebieten zulässigen Einzelhandelsbetriebe mit zwei eigenständigen Merkmalen ein, nämlich mit dem Merkmal der Großflächigkeit und mit der Bezeichnung bestimmter städtebaulich erheblicher Auswirkungen. Der Begriff der Großflächigkeit dient ihm dazu, in typisierender Weise unabhängig von regionalen oder lokalen Besonderheiten bundesweit den Betriebstyp festzuschreiben, der von den in den §§ 2 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebieten ferngehalten werden soll. Wird die Schwelle zur Großflächigkeit überschritten, hat eine eigenständige, eingehende Prüfung einzusetzen, für die der Verordnungsgeber in den Sätzen 3 und 4 des § 11 Abs. 3 BauNVO eine Reihe von Kriterien benennt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 4 C 14.04 -, BVerwGE 124, 376 = BRS 69 Nr. 72 = juris Rn. 18, und vom 24. November 2005 - 4 C 8.05 -, BRS 69 Nr. 73 = juris Rn. 10.

Der Begriff des großflächigen Einzelhandelsbetriebs ist vorrangig nach dieser Zielsetzung des § 11 Abs. 3 BauNVO auszulegen. Ob es sich danach um einen (einheitlichen) Betrieb im Sinne dieser Vorschrift oder um mehrere Betriebe handelt, bestimmt sich nach baulichen und betrieblichfunktionellen Gesichtspunkten. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist regelmäßig auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Eine Verkaufsstätte kann ein selbständiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO nur sein, wenn sie unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb baurechtlich auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben; sie muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Die Frage der bauplanungsrechtlichen Selbstständigkeit ist auch unabhängig davon zu beurteilen, ob Selbstbedienung, Bedienung durch Personal oder eine Mischform erfolgt und wie die dem entsprechenden Bereiche innerhalb der Betriebsfläche voneinander abgegrenzt sind.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 4 C 14.04 -, BVerwGE 124, 376 = BRS 69 Nr. 72 = juris Rn. 19 f., und vom 24. November 2005 - 4 C 8.05 -, BRS 69 Nr. 73 = juris Rn. 10 (vorgehend OVG NRW, Urteil vom 25. April 2005 - 10 A 2861/04 -, BRS 69 Nr. 74 = juris).

Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Für die Prüfung einer Funktionseinheit unter den Gesichtspunkten eines gemeinsamen Nutzungskonzepts, der Ergänzung der Sortimente, der Nutzung von Synergieeffekten und ähnlichem ist in diesen Fällen regelmäßig kein Raum.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 4 C 14.04 -, BVerwGE 124, 376 = BRS 69 Nr. 72 = juris Rn. 21, und vom 24. November 2005 - 4 C 8.05 -, BRS 69 Nr. 73 = juris Rn. 10.

Von diesem Grundsatz sind jedoch im Einzelfall Ausnahmen zu machen. Ist die Betriebsfläche innerhalb eines Gebäudes baulich in mehrere selbstständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen (einheitlichen) Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO, wenn sie nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht der Verbraucher als Einheit in Erscheinung treten. Das ist der Fall, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als "Hauptbetrieb" geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als "Nebenleistung" ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt. Dann ist es im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zielsetzung geboten, die Verkaufsflächen für die Ermittlung der Schwelle der Großflächigkeit im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO zusammenzurechnen. Unter welchen Voraussetzungen eine derartige Unterordnung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit wird im Allgemeinen sprechen, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter denjenigen des Hauptbetriebs zurückbleiben. Schließlich kann berücksichtigt werden, dass nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum Hauptbetrieb zugehörig angesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem Hauptbetrieb, wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung der kleinere Bereich ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 4 C 14.04 -, BVerwGE 124, 376 = BRS 69 Nr. 72 = juris Rn. 21, und vom 24. November 2005 - 4 C 8.05 -, BRS 69 Nr. 73 = juris Rn. 10; kritisch dazu: Fickert/Fieseler, BauNVO 11. Auflage 2008,

§ 11 Rn. 32.11; Hauth, BauR 2006, 775, 781; Jeromin, BauR 2006, 619, 624; Schütz, UPR 2006, 169, 172.

Die vorstehend beschriebene Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe nicht zusammengerechnet werden können, ist im Ansatz auch auf Fallgestaltungen zu übertragen, in denen mehrere selbständig nutzbare Verkaufsstätten wesentlich unterschiedlicher Größe mit einem sich ergänzenden Warenangebot nicht in einem Gebäude untergebracht sind.

Offen gelassen von BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 4 C 14.04 -, BVerwGE 124, 376 = BRS 69 Nr. 72 = juris Rn. 21, und vom 24. November 2005 - 4 C 8.05 -, BRS 69 Nr. 73 = juris Rn. 10.

Auch in einer solchen Situation kann eine an dem oben genannten Sinn und Zweck des § 11 Abs. 3 BauNVO ausgerichtete Auslegung des Merkmals des "großflächigen Einzelhandelsbetriebs" im Einzelfall ergeben, dass sich durch das Hinzutreten eines weiteren Einzelhandelsbetriebs zu einem bereits bestehenden und durch die Schaffung eines ergänzenden Angebots im Verhältnis Hauptbetrieb/Nebenbetrieb trotz jeweils baulichfunktioneller Selbständigkeit der Betriebe eine betriebliche Einheit ergibt, die durch das Überschreiten der Schwelle zur Großflächigkeit ein städtebauliches Beeinträchtigungspotential erlangt, das dem Sonderregime des § 11 Abs. 3 BauNVO unterworfen werden muss. Allerdings bedarf die ohnehin nur ausnahmsweise zulässige Annahme, dass baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen eine betriebliche Einheit mit einem übergeordneten Hauptbetrieb bilden können, wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird, einer einschränkenden Modifikation nicht nur, weil sie sich noch weiter von dem normativen Ausgangspunkt entfernt, wonach Regelungsgegenstand des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO "der Einzelhandelsbetrieb" ist und bei selbständig betriebenen Unternehmen die baurechtliche Zulässigkeit im Übrigen ebenfalls regelmäßig nur gesondert für den einzelnen Betrieb zu beurteilen ist.

Vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 25. April 2005 - 10 A 2861/04 -, BRS 69 Nr. 74 = juris Rn. 60.

Fällt die Verklammerung baulichfunktionell an sich selbständiger Betriebe durch ein Gebäude weg, schwächt sich der für die Verkehrsanschauung sich ergebende Anschein ab, die einzelnen Betriebe eröffneten dem Publikum - einem Einkaufszentrum ähnlich - ein aufeinander abgestimmtes, ergänzendes, ihre Kundenattraktivität deutlich erhöhendes Warenangebot. Im selben Maß sinkt zugleich die potentielle Zentrenschädlichkeit solcher Betriebe beziehungsweise Agglomerationen, so dass es anders als bei einer Unterbringung in demselben Gebäude letztlich (noch) weniger gerechtfertigt ist, sie insgesamt beziehungsweise besonders den hinzukommenden weiteren Einzelhandelsbetrieb dem städtebaulichen Kontrollmechanismus des § 11 Abs. 3 BauNVO zu unterziehen. Nutzt ein Vorhabenträger/Betreiber durch die Aufnahme einer Einzelhandelsnutzung in einem baulichfunktionell selbständigen Gebäude lediglich die Lagegunst aus, die sich für ihn aus der Nachbarschaft zu einem in einem anderen Gebäude untergebrachten Einzelhandelsbetrieb eines anderen Vorhabenträgers/Betreibers ergibt, dessen (Haupt-)Angebot er (teilweise) mit seinem eigenen Warenangebot ergänzt, bleibt sein Einzelhandelsbetrieb im Licht des § 11 Abs. 3 BauNVO selbständig, wenn und solange die beiden nebeneinander angesiedelten Vorhabenträger/Betreiber nicht im Sinne eines gemeinsamen Nutzungskonzepts planvoll zusammenwirken und die Verteilung der Betriebe auf zwei Gebäude nicht als deren künstliche Aufspaltung und Umgehung der Regelungen des § 11 Abs. 3 BauNVO erscheint.

Vgl. insoweit wiederum OVG NRW, Urteil vom 25. April 2005 - 10 A 2861/04 -, BRS 69 Nr. 74 = juris Rn. 64.

Erst bei einem planvollen wirtschaftlichen Zusammenwirken sich nebeneinander ansiedelnder Vorhabenträger/Betreiber können ihre Betriebe eine städtebauliche Schlagkraft und ein Zentrenschädigungspotential entwickeln, das es gebieten kann, deren Verkaufsflächen zusammenzurechnen und - bei Überschreiten der Schwelle zur Großflächigkeit - ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit anhand von § 11 Abs. 3 BauNVO zu beurteilen. Will eine Gemeinde diese - sich am System der Zulassungstatbestände der Baunutzungsverordnung einerseits und am Sinn und Zweck des § 11 Abs. 3 BauNVO andererseits orientierende - restriktive Handhabung des § 11 Abs. 3 BauNVO vermeiden, muss sie bauleitplanerisch tätig werden und von den Ausschlussmöglichkeiten des § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO beziehungsweise des § 9 Abs. 2 a) BauGB Gebrauch machen.

Vgl. dazu Gatz, jurisPR-BVerwG 7/2006 Anm. 4.

An diesen Maßstäben gemessen bilden der geplante Drogeriemarkt und der vorhandene O. -Markt keinen (einheitlichen) großflächigen Einzelhandelsbetrieb; ihre Verkaufsflächen sind nicht zusammenzurechnen. Eine Ausnahmesituation, die eine derartige Zusammenrechnung gebieten würde, liegt nicht vor.

Der von der Klägerin ins Auge gefasste Drogeriemarkt und der O. -Markt sind baulich und funktionell eigenständige Betriebe, deren Verkaufsflächen grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden können. Die Betriebseinheiten sind baulich selbständig und unabhängig voneinander nutzbar. Der Drogeriemarkt soll in einem anderen Gebäude als der O. -Markt eingerichtet werden. Die Lagerhalle steht auf einem anderen Grundstück als dieser. Dem Umstand, dass der O. -Markt vor der im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens erfolgten Flurstücksteilung mit einem Teil des Eingangsbereichs das Flurstück 588 und damit das Vorhabengrundstück erfasste, ist kein erhebliches Gewicht beizumessen. Eine qualifizierte Verbundenheit der beiden Betriebe lässt sich daraus nicht ableiten, zumal auch in Ansehung der übrigen für das Vorliegen zweier selbständiger Betriebe sprechender Umstände. So verfügt der Drogeriemarkt ausweislich des Bauantrags der Klägerin über eigene Eingänge. Nach entsprechender Klarstellung im Baugenehmigungsverfahren unterliegt es auch keinen Zweifeln, dass der Drogeriemarkt eigene Personalräume vorhält. In funktioneller Hinsicht besteht gleichfalls kein Zusammenhang zwischen den beiden Betrieben. Der Drogeriemarkt kann ungeachtet des O. -Markts betrieben werden. Er hat eigene Öffnungszeiten und nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Klägerin existiert kein mit dem O. -Markt abgestimmtes Nutzungskonzept; selbst die Anlieferung erfolge getrennt. Allein der Umstand, dass der Drogeriemarkt über dieselbe Zufahrt wie der O. -Markt zu erreichen wäre und dessen 90 Stellplätze mitnutzen würde, genügt angesichts des Getrenntseins der Betriebsabläufe im Übrigen nicht, um einen einheitlichen Einzelhandelsbetrieb begründenden funktionellen Konnex annehmen zu können. Was Zufahrt und Stellplätze anbelangt, profitierte der Drogeriemarkt gleichsam reflexhaft von der Lagegunst, die durch die Nachbarschaft zu dem schon betriebenen O. -Markt entsteht.

Da der streitige Drogeriemarkt und der O. -Markt baulich und funktionell eigenständige Betriebe sind, scheidet eine Summierung ihrer Verkaufsflächen prinzipiell aus. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt in der zugrunde liegenden Fallgestaltung nicht in Betracht. In Würdigung der Umstände des Einzelfalls steht nicht zu erwarten, dass das entstehende Betriebsgeschehen nach der Verkehrsanschauung aus Sicht der Verbraucher als einheitlicher (großflächiger) Betrieb eines Hauptbetriebs mit untergeordnetem Nebenbetrieb in Erscheinung treten wird. Ein Drogeriemarkt und ein Lebensmitteldiscounter wie der O. -Markt mögen in der Lebenswirklichkeit inzwischen häufig gemeinsam anzutreffen sein. Eine dienende Unterordnung lässt sich hier indes - jenseits des Umstands, dass sich beide Betriebe in getrennten Gebäuden befinden - insbesondere weder aus der Verkaufsflächendifferenz noch unter dem Aspekt des angebotenen Sortiments ableiten. Der Drogeriemarkt bleibt zwar deutlich hinter der Verkaufsfläche des O. -Markts zurück und bietet ein Sortiment an, das in Teilen auch im O. -Markt vorgehalten wird. Insoweit wird das Sortiment des O. -Markts zwar ergänzt. Die Verkaufsfläche des Drogeriemarkts erreicht aber für sich genommen durchaus eine Größenordnung, die gegen die Annahme eines bloßen Annexes zum O. -Markt spricht, wie er etwa bei einem Back-Shop innerhalb desselben Gebäudes bestehen würde. Insbesondere wird auch aus Sicht der Verbraucher das Flächenverhältnis der beiden Betriebe - neben den übrigen bereits genannten, für die Selbständigkeit des Drogeriemarkts streitenden äußeren Umstände - der Anschauung entgegenstehen, es handele sich im Grunde um ein einheitliches Betriebsgeschehen, weil der Drogeriemarkt in der gegebenen Situation ebenso gut in die Verkaufsfläche des größeren O. -Markts einbezogen sein könnte. Dieser geht in seinem Angebot vielmehr ersichtlich über eine untergeordnete Sortimentsergänzung hinaus. Es wird nach der Verkehrsauffassung allein ein Lagevorteil ausgenutzt. Anhaltspunkt dafür, dass dessen ungeachtet ein planvolles wirtschaftliches Zusammenwirken zwischen dem Betreiber des O. -Markts und des entstehenden Drogeriemarkts zu erwarten steht und die Verteilung der Betriebe auf baulich selbständige Gebäude als deren künstliche Aufspaltung und Umgehung der Regelungen des § 11 Abs. 3 BauNVO erscheinen wird, fehlen. Auch die Beklagte macht eine solche Umgehungsabsicht nicht geltend. Dem Umstand, dass der Drogeriemarkt nur einen Teil der vorhandenen Lagerhalle erfasst, ist diesbezüglich keine Indizwirkung beizumessen.

bb) Dem beantragten Vorhaben steht § 34 Abs. 3 BauGB nicht entgegen.

Nach dieser Vorschrift dürfen von Vorhaben nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

Dies ist hier mit Blick auf das Vorhaben der Klägerin der Fall. Es lässt derartige Auswirkungen nicht erwarten.

§ 34 Abs. 3 BauGB gilt auch für Einzelhandelsbetriebe, die - wie das klägerische Vorhaben - nicht die Schwelle der Großflächigkeit erreichen. Auch wenn ein Vorhaben, weil es die Grenze zur Großflächigkeit im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht überschreitet, in einem faktischen Gewerbegebiet seiner Art nach gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig ist, kann es schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB haben. Bei der Prüfung des § 34 Abs. 3 BauGB in einem faktischen Baugebiet ist dabei nicht davon auszugehen, dass nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe in der Regel keine schädlichen Auswirkungen haben. Eine dahingehende Vermutung ist auch § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO, der in den Fällen des § 34 Abs. 2 BauGB gleichfalls Platz greift, nicht zu entnehmen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - 4 C 2.08 -, BVerwGE 136, 10 = BRS 74 Nr. 97 = juris Rn. 12, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 4 B 4.09 -, juris Rn. 9; OVG NRW, Urteile vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 93, vom 1. Juli 2009 - 10 A 2350/07 -, BRS 74 Nr. 98 = juris Rn. 57, und vom 6. November 2008 - 10 A 1417/07 -, BRS 73 Nr. 88 = juris Rn. 57.

Schädliche Auswirkungen eines Vorhabens im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB sind zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs durch das Vorhaben in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. Schutzzweck des § 34 Abs. 3 BauGB ist die Vermeidung städtebaulich "nachhaltiger" Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2009 - 4 C 2.08 -, BVerwGE 136, 10 = BRS 74 Nr. 97 = juris Rn. 13, und vom 11. Oktober 2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = BRS 71 Nr. 89 = juris Rn. 14; OVG NRW, Urteile vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 97, und vom 1. Juli 2009 - 10 A 2350/07 -, BRS 74 Nr. 98 = juris Rn. 78.

Der Prüfungsmaßstab der schädlichen Auswirkungen fordert eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände. Sind im Einzugsbereich des zentralen Versorgungsbereichs in räumlicher Nähe an anderer Stelle bereits Einzelhandelsbetriebe vorhanden, dürfen auch diese bei der Gesamtbetrachtung nicht unberücksichtigt bleiben. Schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB können sich auch daraus ergeben, dass das geplante Vorhaben zusammen mit bereits vorhandenen Betrieben eine Beeinträchtigung des geschützten zentralen Versorgungsbereichs bewirkt. Denn ein gerade noch unbedenkliches Nebeneinander von Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten in räumlicher Nähe zum Versorgungsbereich und Angeboten derselben Branche im geschützten Versorgungsbereich kann durch das Hinzutreten eines weiteren branchengleichen Vorhabens in eine städtebaulich beachtliche Schädigung der Funktionsfähigkeit des Versorgungsbereichs umschlagen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - 4 C 2.08 -, BVerwGE 136, 10 = BRS 74 Nr. 97 = juris Rn. 16; OVG NRW, Urteile vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 97, und vom 1. Juli 2009 - 10 A 2350/07 -, BRS 74 Nr. 98 = juris Rn. 84.

Vorzunehmen ist eine Prognose, die alle Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen hat. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Verkaufsfläche des Vorhabens im Vergleich zu den im zentralen Versorgungsbereich vorhandenen Verkaufsflächen derselben Branche, die voraussichtliche Umsatzverteilung, die Entfernung zwischen dem Vorhaben und dem betroffenen zentralen Versorgungsbereich, eine etwaige "Vorschädigung" des zentralen Versorgungsbereichs oder die Gefährdung eines vorhandenen "Magnetbetriebs", der maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs hat.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 4 B 4.09 -, juris Rn. 9, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = BRS 71 Nr. 89 = juris Rn. 24; OVG NRW, Urteile vom 1. Februar 2010 - 7 A 1635/07 -, NWVBl. 2010, 349 = juris Rn. 95, und vom 6. November 2008 - 10 A 1417/07 -, BRS 73 Nr. 88 = juris Rn. 81.

Daran gemessen sind von dem Vorhaben der Klägerin keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Beklagten im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten.

Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der geplante Drogeriemarkt mit einer Verkaufsfläche von ca. 251 m² schädliche Auswirkungen in dem vorgenannten Sinn haben könnte, weil er die Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs der Beklagten hinsichtlich der betroffenen Branchen in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen und damit stören würde, bestehen nicht.

Die Beklagte hat Anhaltspunkte, die eine Schädlichkeitsprognose nach § 34 Abs. 3 BauGB stützen würden, nicht geliefert.

Solche ergeben sich auch nicht aus den sonstigen Umständen des Einzelfalls. Das von dem Rat der Beklagten am 21. August 2007 auf der Basis des "Einzelhandels- und Zentrenkonzepts für die Stadt T1. I. -T3. " des Büros für Stadtforschung und Planung K. und L. beschlossene Einzelhandelskonzept verhält sich nicht konkret zu den Auswirkungen des von der Klägerin projektierten Drogeriemarkts auf den zentralen Versorgungsbereich der Beklagten. Es spricht (siehe dort S. 89) lediglich allgemein von Tabubereichen, die notwendig seien, um eine geordnete Entwicklung mit klaren räumlichen Einzelhandelsstrukturen zu gewährleisten und dass diese Tabubereiche für den Einzelhandel grundsätzlich alle außerhalb im Zusammenhang durch Wohnen genutzten Gebiete umfasse. Jeder weitere Einzelhandelsstandort außerhalb bestehender Standorte könne diese (weiter) schwächen. Dass davon ausgehend gerade die Ansiedlung des beantragten Drogeriemarkts auf dem Vorhabengrundstück, auch wenn es im Grundsatz einen nicht integrierten Standort darstellen mag, zu einer nachhaltigen partiellen Funktionsstörung der ausgewiesenen zentralen Versorgungsbereiche führt, lässt sich dem nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entnehmen.

Eine derartige Schlussfolgerung kann aus dem Einzelhandelskonzept auch ansonsten nicht gezogen werden. Das Einzelhandelskonzept legt zentrale Versorgungsbereiche für das Stadtteilzentrum T1. I. (siehe zu dessen Abgrenzung S. 34 und S. 84 f. des Einzelhandelskonzepts) und für das Stadtteilzentrum T3. (siehe dort S. 85 ff.) fest. Für das Stadtteilzentrum T1. I. weist das Einzelhandelskonzept (siehe dort S. 29 und S. 36) 38 Einzelhandelsbetriebe - was bezogen auf die Gesamtstadt einem Anteil von 23 % entspreche - mit einer Gesamtverkaufsfläche von etwa 4.180 m² - ca. 10 % der gesamtstädtischen Verkaufsfläche - und für das Stadtteilzentrum T3. 23 Betriebe - 14 % - mit einer Gesamtverkaufsfläche von rund 3.030 m² - ungefähr 7 % der gesamtstädtischen Verkaufsfläche - (siehe dort S. 29 und S. 39) aus. Das Stadtteilzentrum T1. I. hat seinen Angebotsschwerpunkt nach dem Einzelhandelskonzept (siehe dort S. 36 f.) im Warensortiment Nahrungs- und Genussmittel, in dem die Lebensmittelanbieter K1. und Q. etwa 1.500 m² Verkaufsfläche bereitstellten. Im Segment "Gesundheits- und Körperpflegeartikel" seien 420 m² Verkaufsfläche vorhanden, zu denen 160 m² im Bereich "Zeitungen, Zeitschriften, Bücher" träten. Im Stadtteilzentrum T3. sei der kürzlich eröffnete F. -Markt mit ca. 1.500 m² Verkaufsfläche ein Magnetbetrieb (siehe S. 38 des Einzelhandelskonzepts). Die Sortimentsgruppe "Gesundheits- und Körperpflegeartikel" sei dort mit 320 m² vertreten, die Sortimentsgruppe "Zeitungen, Zeitschriften, Bücher" mit 100 m² (siehe dort S. 41). Insgesamt bezeichnet das Einzelhandelskonzept (siehe dort S. 53 f.) die Angebotsausstattung in der Stadt T1. I. -T3. als gut und funktionsfähig.

Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, dass der im Streit befindliche, vergleichsweise kleinräumig dimensionierte Drogeriemarkt mit einer Verkaufsfläche deutlich unterhalb der Großflächigkeitsschwelle von 800 m² die Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs der Beklagten in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigen wird. Der zentrale Versorgungsbereich ist ohnehin namentlich dem Wettbewerbsdruck des Ergänzungsstandorts D. -D1. am Rathaus ausgesetzt, der allein 20 Einzelhandelsbetriebe - darunter ein N. und ein B. - mit insgesamt etwa 15.100 m² Verkaufsfläche umfasst und 12 % der gesamtstädtischen Verkaufsfläche ausmacht (siehe S. 29 und S. 41 des Einzelhandelskonzepts). Dies spricht maßgeblich dagegen, dass der am nördlichen Standrand im Ortsteil T. gelegene Drogeriemarkt spürbare Auswirkungen auf die Versorgungsfunktion des Zentrums zeitigen würde.

cc) Der zur Genehmigung gestellte Drogeriemarkt steht mit Blick auf das Maß der baulichen Nutzung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Einklang, da er sich insoweit - wie die Beklagte auch nicht in Abrede stellt - in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Auch die Erschließung ist gesichert.

2. Ob dem in Rede stehenden Vorhaben Vorschriften des Bauordnungsrechts entgegenstehen und ein Genehmigungsanspruch der Klägerin aus diesem Grund zu verneinen ist, kann und muss derzeit nach den Grundsätzen über das sog. "stecken gebliebene" Genehmigungsverfahren nicht abschließend beurteilt werden, so dass es bei dem Neubescheidungsausspruch des Verwaltungsgerichts verbleibt.

Ein "stecken gebliebenes" Genehmigungsverfahren liegt vor, wenn die Bauaufsichtsbehörde die Genehmigung des Vorhabens, ohne seine Vereinbarkeit mit baurechtlichen oder sonstigen öffentlichrechtlichen Vorschriften umfassend zu prüfen, wegen eines bestimmten Rechtsverstoßes - etwa mangelnder Konformität mit Bauplanungsrecht - ablehnt. In der Situation eines "stecken gebliebenen" Genehmigungsverfahrens entfällt die Verpflichtung des Gerichts zur Herbeiführung der Spruchreife, wenn ansonsten im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe Fragen - etwa des Bauordnungsrechts - erstmals im gerichtlichen Verfahren erschöpfend geprüft werden müssten. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass auch eine Baugenehmigung im Allgemeinen nicht ohne etliche Nebenbestimmungen erteilt wird. Grundsätzlich könnte zwar auch das Gericht mit Hilfe kundiger Sachverständiger ein Auflagenprogramm entwickeln und ihm mit dem Tenor eines Verpflichtungsurteils Verbindlichkeit verschaffen. Im Allgemeinen sind jedoch individuelle Einschätzungen und Zweckmäßigkeitserwägungen dafür erheblich, ob diese oder jene gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige Nebenbestimmung anzufügen ist. Es ist in derartigen besonders gelagerten Fällen nicht Aufgabe der Gerichte, ein "stecken gebliebenes" Genehmigungsverfahren in allen Einzelheiten durchzuführen. Es kann daher ausnahmsweise gerechtfertigt sein, dass das Tatsachengericht davon absieht, die Sache spruchreif zu machen. In diesem Falle kann es ein Bescheidungsurteil im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO erlassen, wenn der herangezogene Versagungsgrund die Ablehnung des Antrags nicht trägt und die Genehmigung nach dem bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisstand nicht schon aus anderen Gründen zu versagen ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 1997 - 4 B 179.97 -, NVwZ-RR 1999, 74 = juris Rn. 3, Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 52.87 -, NVwZ 1990, 257 = juris Rn. 18 (für das Immissionsschutzrecht); OVG NRW, Urteile vom 19. November 2010 - 2 A 63/08 -, juris Rn. 72, sowie vom 18. August 2009 - 8 A 613/08 -, BRS 74 Nr. 159 = juris Rn. 94, vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 208, vom 28. August 2008 - 8 A 2138/06 -, NWVBl. 2009, 110 = juris Rn. 87, und vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, BRS 71 Nr. 109 = juris Rn. 28 (die letztgenannten Entscheidungen jeweils für das Immissionsschutzrecht); OVG Rh.-Pf., Urteil vom 11. Mai 2005 - 8 A 10281/05 -, BRS 69 Nr. 105 = juris Rn. 20.

Eine solche Situation eines "stecken gebliebenen" Genehmigungsverfahrens - die nach den vorstehenden Ausführungen entgegen der von der Klägerin geäußerten Auffassung nicht ausschließlich auf hochkomplexe technische Sachverhalte zu verengen ist - ist hier gegeben. Die Beklagte hat den Ablehnungsbescheid vom 2. Januar 2008 auf die zwischenzeitlich erlassene Veränderungssperre zur Sicherung der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 und - nachdem diese mit Inkrafttreten der 1. Änderung am 16. Oktober 2008 gemäß § 17 Abs. 5 BauGB auch für den Fall außer Kraft getreten ist, dass sich die Planänderung - wie geschehen - später als unwirksam erweisen sollte -,

vgl. zu dieser Rechtsfolge außerdem: BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 1990 - 4 B 174.89 -, BRS 50 Nr. 99 = juris Rn. 2; Nds. OVG, Urteil vom 24. April 2007 - 1 KN 22.07 -, BRS 71 Nr. 120 = juris Rn. 38,

allein auf bauplanungsrechtliche Gründe gestützt. Bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte hat sie nicht angeführt; solche sind weder im Verwaltungsverfahren von ihr geprüft noch im Klageverfahren von ihr geltend gemacht worden. Da die Prüfung bauordnungsrechtlicher Vorschriften - etwa des Brandschutzes nach

§ 17 BauO NRW - zum Teil von sachverständigtechnischen Einschätzungen abhängt und zudem zur Erarbeitung eines Nebenbestimmungsprogramms zu der begehrten Baugenehmigung führen kann, die in den Aufgabenbereich der Genehmigungsbehörde, nicht aber des Gerichts fällt, besteht keine Verpflichtung des Gerichts, die Sache spruchreif zu machen.

II. Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig, aber auch, soweit die Klägerin ihre erstinstanzlichen Hilfsanträge weiterverfolgt, unbegründet.

1. Die Klägerin hat die Anschlussberufung insbesondere gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 VwGO rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Zustellung des Berufungsbegründungsschriftsatzes der Klägerin angebracht und begründet. Sie zielt - statthafter Weise - darauf ab, das teilweise klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und über dessen Neubescheidungssausspruch hinausgehend die Verpflichtung der Beklagten zu erlangen, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen. Die Anschlussberufung betrifft insoweit denselben Streitgegenstand wie die zugelassene Berufung der Beklagten, mit der ebenfalls um die Erteilung der in Rede stehenden Baugenehmigung an die Klägerin gestritten wird. Im Weiteren verfolgt die Klägerin im (Anschluss-)Berufungsverfahren, was ebenfalls statthaft ist, ihre erstinstanzlichen Hilfsanträge weiter, die mit Blick auf den - von dem Hauptantrag der Klägerin mitumfassten - Neubescheidungsausspruch des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Verfahren nicht angefallen sind.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin ist jedoch unbegründet.

a) Der Antrag, die Beklagte zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung zu verpflichten, ist zulässig, aber unbegründet. Wie unter I. ausgeführt, hat die Klägerin unter Heranziehung der Grundsätze des sog. "stecken gebliebenen" Genehmigungsverfahrens keinen Anspruch auf einen diesbezüglichen Verpflichtungsausspruch, weil die Sache insofern nicht spruchreif ist.

b) Die Hilfsanträge sind auch im Berufungsverfahren nicht angefallen. Ihre Anhängigkeit endete mit dem Teilerfolg des Hauptantrags und der Zurückweisung der hierauf bezogenen Berufung der Beklagten. Denn in dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin war der - hier begründete - Neubescheidungsantrag mitenthalten. Die Klägerin hat auch im (Anschluss-)Berufungsverfahren nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie die Hilfsanträge demgegenüber auch für den Fall des Fortbestands des erstinstanzlichen Neubescheidungsausspruchs weiterverfolge.

Ungeachtet dessen wären die Hilfsanträge - würden sie wegen der Unbegründetheit der begehrten Änderung des angefochtenen Urteils in einen Verpflichtungsausspruch anfallen - unzulässig.

aa) Der hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin einen (bauplanungsrechtlichen) Bauvorbescheid gemäß § 71 BauO NRW für die Nutzungsänderung einer Lagerhalle in ein Einzelhandelsgeschäft (Drogeriemarkt) zu erteilen, fehlt unbeschadet der Frage, ob die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids gestellt hat, das Rechtsschutzbedürfnis.

Durch das Bescheidungsurteil wird festgestellt, dass die Ablehnung der Erteilung der Baugenehmigung die Klägerin in ihren Rechten verletzt und sie einen Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Bauantrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat. Die Rechtskraft des Bescheidungsurteils würde dabei nicht nur die Verpflichtung der Beklagten umfassen, überhaupt neu zu entscheiden. Vielmehr ist die Beklagte insoweit an die aus Tenor und Entscheidungsgründen hervorgehende Rechtsauffassung des Gerichts gebunden, die darin besteht, dass dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben der Klägerin Vorschriften des Bauplanungsrechts nicht entgegen stehen.

Vgl. zu Wirkung und Reichweite des Bescheidungsurteils: BVerwG, Urteile vom 3. November 1994 - 3 C 30.93 -, NVwZ 1996, 66 = juris Rn. 31, und vom 21. Dezember 1967 - VIII C 2.67 -, BVerwGE 29, 1 = DÖV 1968, 499 = juris Rn. 5; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 113 Rn. 48.

Daraus folgt, dass die Klägerin durch das Bescheidungsurteil, das - wie hier - die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens feststellt, dieselbe die Genehmigungsbehörde bindende Rechtsposition bekommt, die ihr ein bauplanungsrechtlicher Vorbescheid vermitteln würde, der einen Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Baugenehmigung darstellt und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens für ein nachfolgendes Genehmigungsverfahren verbindlich festschreiben würde. In dieser Konstellation hat die Klägerin in Bezug auf die darüber hinausgehende selbständige Erstreitung eines Vorbescheids kein Rechtsschutzbedürfnis.

bb) Der Hilfsantrag, festzustellen, dass die Nichterteilung der Baugenehmigung rechtswidrig gewesen und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt worden ist, wäre - seine Anhängigkeit unterstellt - gleichfalls unzulässig.

(1) Als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO wäre er unstatthaft, weil sich das Verpflichtungsbegehren nicht nach Klageerhebung im Prozessverlauf erledigt hat. Die Unbegründetheit des Verpflichtungsbegehrens ist allein dem Umstand geschuldet, dass das Genehmigungsverfahren - wie ausgeführt - (vor Klageerhebung) "stecken geblieben" ist. Damit könnte eine Feststellung allenfalls zu der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens ausgesprochen werden. Diesbezüglich hat sich aber ebenfalls im Verlauf des Verfahrens keine Erledigung ergeben, weil das Vorhaben - wie dargelegt - aufgrund der Unwirksamkeit der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 bauplanungsrechtlich zulässig ist.

(2) Bei dieser Sachlage ist neben dem Neubescheidungsausspruch des Verwaltungsgerichts auch kein rechtlich schutzwürdiges Interesse für eine Feststellung nach § 43 Abs. 1 VwGO zur bau(planungs)rechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens ersichtlich. Auch der Gesichtspunkt der präjudiziellen Wirkung des erstrebten Feststellungsurteils für einen etwaigen Amtshaftungs- oder Entschädigungsanspruch greift nicht, weil die Zeitpunkte, auf die sich das Feststellungsbegehren sinnhaft allenfalls richten könnte, sämtlich vor Klageerhebung liegen und die Klägerin sich wegen eines von ihr geforderten Geldersatzes sogleich an das zuständige Zivilgericht wenden kann.

Vgl. zu diesen Anforderungen allgemein: BVerwG, Urteile vom 12. Juli 2000 - 7 C

3.00 -, BVerwGE 111, 306 = NVwZ 2000, 1411

= juris Rn. 12, vom 28. April 1999 - 4 C 4.98 -, BVerwGE 109, 74 = BRS 62 Nr. 175 = juris Rn. 20, vom 20. Januar 1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226 = NJW 1989, 2486 = juris Rn. 9, und vom 14. Januar 1980 - 7 C 92.79 -, NJW 1980, 2426 = juris Rn. 9 f.; OVG NRW, Urteile vom 30. November 2010 - 2 A 773/09 -, S. 52 f. des amtlichen Umdrucks, und vom 3. Mai 2010 - 7 A 2115/08 -, juris Rn. 66 .

Neben dem Tag des Erlasses des Ablehnungsbescheids am 2. Januar 2008 kommt etwa das Inkrafttreten der Veränderungssperre zur Sicherung der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 42 am 20. Dezember 2007 in Betracht, weil der Bauantrag aus der Sicht der Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt entscheidungsreif war.

cc) Zuletzt wäre auch der Hilfsantrag festzustellen, dass die Nichterteilung eines Bauvorbescheids (vor Klageerhebung) rechtswidrig gewesen und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt worden ist, im Falle seiner Anhängigkeit unzulässig. Auch insoweit ist ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der verfolgten Feststellung neben der erreichten Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung des Bauantrags nicht ersichtlich. Insbesondere könnte die Klägerin auch diese Frage unmittelbar von dem Zivilgericht, bei dem sie einen Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess anhängig machen würde, klären lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anschlussberufung der Klägerin einerseits zwar kein Erfolg beschieden ist, andererseits aber die Rechtsauffassung des Gerichts zur grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit des klägerischen Vorhabens, unter deren Beachtung die Beklagte die Klägerin erneut zu bescheiden hat, den Spielraum der Beklagten, zu Lasten der Klägerin entscheiden, in erheblichem Umfang einschränkt. Die Unbegründetheit der Anschlussberufung wirkt sich daher bei der Kostenverteilung nicht aus.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.