OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.03.2010 - I-20 U 131/09
Fundstelle
openJur 2011, 75788
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Juni 2009 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstre-ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,-- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Gründe

A.

Der Kläger begehrt die Unterlassung von Werbeaussagen zu Produkten der Beklagten, die im Rahmen der Fernseh-Werbesendung "S." auf dem Sender X. am 21.2.2008 fielen. Es geht um die im Tenor des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Äußerungen, die von einer Anruferin ohne einen nach Auffassung des Klägers zureichenden Widerspruch des Geschäftsführers der Beklagten (Äußerung zu 1.) bzw. von dem Geschäftsführer der Beklagten selbst (Äußerung zu 2.) abgegeben wurden. Darüber hinaus macht der Kläger einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten geltend. Die Beklagte verteidigt sich in erster Linie damit, eine Unterlassungserklärung abgegeben zu haben (Schreiben des Bevollmächtigten der Beklagten vom 23.5.2008, Anlage K 5). Daneben meint sie auch, die angegriffenen Aussagen seien nicht wettbewerbswidrig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 114 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben (das Urteil ist veröffentlicht in MD 2009, 832). Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Sie ist der Ansicht, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie vorprozessual eine ausreichende Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben habe. Im Übrigen meint sie, dass die Klage auch in materiellrechtlicher Hinsicht unbegründet sei. Die unter 1. des Tenors des landgerichtlichen Urteils verbotene Aussage, die von einer Zuschauerin stammt, die telefonisch der Sendung zugeschaltet wurde, habe der Geschäftsführer der Beklagten in der Sendung umgehend richtig gestellt. Mit den Äußerungen ihres Geschäftsführers unter 2. des Tenors zur "Goldhirse" sei nicht der Eindruck von Wirkungen erweckt worden, die nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert seien.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft ebenfalls seinen erstinstanzlichen Vortrag und vertritt weiter die Ansicht, die vorliegende Unterwerfungserklärung sei unklar und deshalb nicht geeignet, Wirkungen für das vorliegende Verfahren zu entfalten. Eine ausreichende Klarstellung des Geschäftsführers der Beklagten gegenüber den Äußerungen der Anruferin sei nicht erfolgt. Die wissenschaftliche Absicherung der werblich herausgestellten Wirkung der "Goldhirse" sei von der Beklagten nicht hinreichend vorgetragen worden.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Zahlung zu Recht zuerkannt. Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an und nimmt auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil mit den nachfolgenden Erläuterungen Bezug. Zu Recht hat das Landgericht der Unterwerfungserklärung der Beklagten keine Relevanz zuerkannt. Die Wirkungen dieser Erklärung betreffen allerdings nicht das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, sondern die Begehungsgefahr als eine materiellrechtliche Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG. Die Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigen - abgesehen von dieser Maßgabe - keine gegenüber der landgerichtlichen abweichende Entscheidung.

Eine Unterlassungserklärung muss, um die wie hier durch eine Verletzungshandlung begründete Gefahr der Wiederholung entsprechender Wettbewerbsverstöße auszuräumen, eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Schuldners erkennen lassen, die betreffende Handlung nicht mehr zu begehen, und daher durch ein angemessenes Vertragsstrafeversprechen abgesichert sein. Sie muss außerdem den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang voll abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne die Angabe eines Endtermins erfolgen (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH GRUR 2008, 815 - Buchführungsbüro m. w. Nachw.). Beschränkungen der Unterlassungserklärung, die lediglich einer Begrenzung des Unterlassungsanspruchs des Gläubigers nach materiellem Recht entsprechen, sind jedoch unbedenklich (BGH a.a.O.). Dem Wegfall der Wiederholungsgefahr steht nicht entgegen, dass der Schuldner es ablehnt, seine Unterlassungserklärung auf ein Verhalten zu erstrecken, das ihm nicht verboten werden kann (BGH a.a.O). Vorbehalte in der Erklärung sind allenfalls ausnahmsweise und jedenfalls nur insoweit unschädlich, als sie mit Sinn und Zweck einer Unterwerfungserklärung vereinbar sind, also eine abschließende (außergerichtliche) Unterbindung rechtswidrigen Wettbewerbsverhaltens nicht ausschließen (BGH GRUR 1993, 677 - Bedingte Unterwerfung). Der Bundesgerichtshof (a.a.O.) hat als einen demnach zulässigen Vorbehalt eine auflösende Bedingung angesehen, wenn diese in einer Änderung der Rechtslage - oder in deren verbindlicher Klärung in entsprechendem Sinne - besteht, durch die das zu unterlassende Wettbewerbsverhalten rechtmäßig bzw. seine Zulässigkeit verbindlich geklärt wird. Eine solche Bedingung stellt nämlich die Ernsthaftigkeit des Willens, wettbewerbswidriges Handeln zu unterlassen, nicht in Frage, weil ein Recht zum erneuten Handeln nur für den Fall vorbehalten wird, dass seine Rechtmäßigkeit zweifelsfrei und allgemein verbindlich feststeht (BGH a.a.O.). Gegen einen solchen Vorbehalt ist nichts einzuwenden, da sich auch der vertragliche Unterlassungsanspruch - wie der gesetzliche Anspruch, den er ersetzen soll - ausschließlich auf ein wettbewerbswidriges Handeln beziehen muss und deshalb billigerweise keine Verpflichtung besteht, ihn auf ein rechtmäßiges Verhalten zu erstrecken. Dies bereits - durch eine entsprechende auflösende Bedingung - in der Unterlassungsverpflichtungserklärung selbst auszusprechen, statt eine angemessene und billige Problemlösung bei späteren Rechtsänderungen erst auf dem unter Umständen schwierigeren Weg über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu suchen, dient der Rechtsklarheit und erscheint daher billigenswert (so BGH a.a.O.). Demgemäß hat auch der Senat es für unbedenklich gehalten, dass sich ein Schuldner unter der auflösenden Bedingung einer Änderung oder endgültigen Klärung der Rechtslage unterwirft (Urteil des Senats vom 3.7.2007 - I-20 U 10/07, OLGR Düsseldorf 2008, 256). Eine auflösende Bedingung, bei deren Eintritt eine Verpflichtung erlöschen soll, ist aber nur dann zulässig, wenn sie sich auf einen bestimmten nachträglichen Umstand bezieht, der die Wettbewerbswidrigkeit eindeutig entfallen lässt, wie es etwa bei einem behördlichen Verwaltungsakt (Beispiel: Zulassung als Arzneimittel) oder der später erfolgenden notwendigen Eintragung in ein Register der Fall ist (OLG Hamburg A&R 2009, 282).

Diesen Kriterien entspricht die Unterwerfungserklärung der Beklagten allenfalls in ihrem ersten Teil, der auf eine Änderung der Rechtslage Bezug nimmt. Die weiteren Umstände zeigen indes, dass die Unterwerfung nicht ernst gemeint ist. Der Umstand, dass der Kläger "als nicht mehr klagebefugt i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG angesehen wird", soll ebenfalls eine auflösende Bedingung darstellen. Es ist schon nicht klar, auf was sich "angesehen wird" beziehen, auf wessen Ansicht es also ankommen soll. Außerdem hat dieser Gesichtspunkt mit der materiellen lauterkeitsrechtlichen Beurteilung des angegriffenen Verhaltens nichts zu tun, sondern betrifft die Frage, ob die aus einer Unlauterkeit folgenden gesetzlichen Ansprüche - auch - dem Kläger zustehen bzw. ob der Kläger klagebefugt ist. Allerdings hat der Bundesgerichtshof dem Schuldner eines Unterlassungsvertrages ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund in einem Fall eingeräumt, in dem die Sachbefugnis des Gläubigers, eines Wettbewerbsvereins, nachträglich infolge einer Gesetzesänderung entfiel (BGHZ 133, 316 = GRUR 1997, 382 - Altunterwerfung I).

Auch mit Rücksicht auf diese Lösungsmöglichkeit des Schuldners, der Beklagten des vorliegenden Falles, ist die Aufnahme einer auflösenden Bedingung in die Unterwerfungserklärung nicht zu billigen. Das folgt bereits aus der oben angesprochenen Unklarheit, wann davon die Rede sein könnte, dass der klagende Verein nicht mehr als klagebefugt angesehen wird. Das kann zu einer Ungewissheit darüber führen, ob die Verpflichtung aus dem Unterlassungsvertrag noch fortgilt, die dem Gläubiger (Kläger) nicht zuzumuten ist. Diese Unsicherheit wird noch dadurch verstärkt, dass die Aufnahme einer auflösenden Bedingung den Fortfall der vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ipso iure begründen und eine gesonderte Kündigungserklärung entbehrlich machen sollen. Die rechtsgestaltende Erklärung der Kündigung dient aber der Rechtssicherheit (BGH a.a.O.). Das gilt nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor allem in den Fällen, in denen unklar ist, ob die tatsächlichen Umstände eine Lösung vom Unterlassungsvertrag erlauben. Aufgrund der Kündigung hat der Gläubiger die Möglichkeit, eine Klärung herbeizuführen, bevor es zu weiteren Verstößen kommt. Schließlich sind die Interessen anderer Unterlassungsgläubiger zu bedenken, deren Ansprüche durch die Unterwerfungserklärung erloschen sind. Das Erfordernis der Kündigung bedeutet, dass sich der Schuldner entscheiden muss, ob er an dem Unterlassungsvertrag festhalten möchte oder nicht. Spricht er die Kündigung aus, macht er damit deutlich, dass nunmehr die Gefahr eines erneuten Wettbewerbsverstoßes besteht; ein unmittelbar betroffener Wettbewerber oder ein Verband, dessen Klagebefugnis außer Frage steht, kann daraus gegebenenfalls einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch herleiten. Daraus ergibt sich weiter, dass es sich im Einzelfall für den Schuldner auch als vorteilhaft erweisen kann, an dem bestehenden Unterlassungsvertrag festzuhalten, wenn andernfalls die Gefahr einer Inanspruchnahme durch Dritte bestünde (zu allem BGH a.a.O.). Vor diesem Hintergrund dient die Aufnahme einer auflösenden Bedingung im Falle eines nachträglichen Wegfalls der Klagebefugnis des Gläubigers nicht der Rechtsklarheit, sondern stellt eine Risikoverlagerung hinsichtlich des Fortbestands der Unterwerfung auf den Gläubiger dar, die dieser nicht hinnehmen muss.

Entsprechendes gilt für die weitere, ebenfalls als auflösend bezeichnete Bedingung, dass "sich herausstellen sollte, dass das gesamte Vorgehen ihres Vereins gegen meine Mandantin als rechtsmissbräuchlich i. S. v. § 8 Abs. 4 UWG anzusehen ist". Auch hier ist völlig unklar, wie sich dies "herausstellen", auf wessen Erkenntnis es ankommen, unter welchen Voraussetzungen diese Bedingung also eintreten soll. Außerdem ist nicht klar, was mit dem "gesamten Vorgehen" gemeint sein soll. Schließlich ist der innere Zusammenhang zur Unterwerfung, deren Veranlassung die materielle Unlauterkeit des beanstandeten Verhaltens ist, zu verneinen und ein Einfluss einer eventuell künftig missbräuchlichen Geltendmachung von möglicherweise ganz anderen Ansprüchen auf das vorliegende Unterlassungsversprechen nicht erkennbar; ein solcher Einfluss wird nur durch die von der Beklagten vorgenommene Verknüpfung mit einer auflösenden Bedingung hergestellt. Auch hierauf muss sich der Kläger nicht einlassen.

Die Berufung stützt sich auf die Entscheidung "Altunterwerfung II" des Bundesgerichtshofs (BGHZ 133, 331 = GRUR 1997, 386) schon deshalb ohne Erfolg, weil diese Entscheidung sich mit den Auswirkungen einer auflösenden Bedingung in einer Unterwerfungserklärung auf die Wiederholungsgefahr überhaupt nicht befasst. Vielmehr ging es um die Auslegung eines Unterlassungsvertrages, der eine auflösende Bedingung enthielt. Im vorliegenden Fall geht es dagegen um gesetzliche Unterlassungsansprüche und die Auswirkungen, die eine auflösend bedingte Unterwerfung auf die Wiederholungsgefahr haben kann.

In der Sache hat das Landgericht auch die Voraussetzungen des geltend gemachten gesetzlichen Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu Recht bejaht. Die Berufung zieht ohne Erfolg in Zweifel, dass die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (sog. Health-Claims-VO) anwendbar sein könnte. Selbst wenn man diese Zweifel teilen wollte, wäre der Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Verbotsantrags zu 1. jedenfalls aufgrund des § 12 Abs. 1 LFGB, der neben der Health-Claims-VO anwendbar bleibt (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl. 2010, § 4 Rn. 11.137a), begründet. Einschlägig ist hier die Nummer 4 der Vorschrift. Danach ist es verboten, Äußerungen Dritter, insbesondere Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, soweit sie sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten beziehen, sowie Hinweise auf solche Äußerungen, zu verwenden. Dagegen hat die Beklagte verstoßen, indem sie die im Verbotstenor des Landgerichts zu 1. wiedergegebene Äußerung einer Zuschauerin in der Werbesendung für sich verwendete. Diese Zuschauerin hat sich dahin geäußert, die Produkte der Beklagten verwendet und einen "Supererfolg damit gehabt" zu haben. Sie habe ihre alte Brille aufsetzen können "wieder durch die Augen". Das habe keiner verstanden.

Der Begriff der Verwendung gesundheitsbezogener Äußerungen Dritter im Bereich der Werbung für Lebensmittel setzt nicht voraus, dass sich der Werbende deren Aussageinhalt zu eigen macht. Es reicht vielmehr aus, dass solche zur Werbung geeigneten Äußerungen Dritter im Rahmen einer Werbung unmittelbar wiedergegeben oder zitiert werden oder dass bloß auf sie hingewiesen wird, wenn die Äußerungen in einer Weise mit der Werbung verbunden sind oder werden, dass aus der Sicht des Verbrauchers ernsthaft der Eindruck entstehen kann, das gerade beworbene Mittel könne die vom Dritten angesprochene Krankheit verhüten. Auch dann besteht nämlich die Gefahr, dass der Selbstmedikation Vorschub geleistet wird, was die Vorschrift verhindern will (Urteil des Senats vom 27. März 2007 - I-20 U 118/06; im Anschluss an OLG Hamm OLGR Hamm 2006, 52). Ein derartiger Eindruck ist mit der zuvor wiedergegeben Äußerung der zugeschalteten Anruferin, die den Eindruck erweckt, das Sehvermögen habe sich durch die Augenkapseln der Beklagten verbessert, zweifellos entstanden. Diese Äußerungen der Zuschauerin sind der Beklagten auch zuzurechnen. Ihr Geschäftsführer hätte sich bei einer unterstellt unerwarteten Äußerung der Zuschauerin in der Sendung unverzüglich und ausdrücklich von der Aussage distanzieren müssen (Senat und OLG Hamm a.a.O.). Andernfalls entsteht beim Zuschauer ohne weiteres der Eindruck, die Aussage sei Teil der Werbung für das Produkt der Beklagten. Eine entsprechende Distanzierung des Geschäftsführers der Beklagten ist allenfalls in Ansätzen zu erkennen, die vom Zuschauer aber als nicht ernst gemeint wahrgenommen werden. So verweist der Geschäftsführer mehrfach darauf, dass er bestimmte Äußerungen "aus juristischen Gründen" abgeben muss, was suggeriert, dass er formal hierzu verpflichtet sei, es sich in Wahrheit aber anders verhalte. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass er anführt, "privat" könne er mit der Zuschauerin "über ganz andere Dinge sprechen" und der Anruferin einen Rat gibt, wenn sie seine Schwester wäre. Diese Äußerungen relativieren die angebliche Distanzierung und lassen sie als formal und nicht ernst gemeint erscheinen - ganz ähnlich wie in dem Fall, der dem den Parteien bekannten Urteil des Senats vom 31.1.2008 - I-20 U 127/07 (MD 2008, 359) zugrunde lag. Ein anderer Eindruck hat sich auch nicht aus der Inaugenscheinnahme des Sendemitschnitts ergeben, der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgespielt worden ist.

Auch hinsichtlich des Verbotstenors zu 2. hat das Landgericht zu Recht einen Unterlassungsanspruch bejaht. Auch insoweit kann dahin stehen, ob die Health-Claims-VO anzuwenden ist, weil sich das Verbot jedenfalls aus § 11 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 LFGB ergibt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Gemäß Satz 2 Nr. 2 der Vorschrift liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Es geht im vorliegenden Zusammenhang um die Wirkungen von "Goldhirse" und dem darin angeblich enthaltenen Bestandteil Kieselsäure, die nach der angegriffenen Äußerung "unter anderem für ein festes Gewebe" sorgen und so Wirkungen mit Bezug auf den sog "Anti-Aging-Aspekt" haben soll. Das Landgericht hat - bezogen auf die Health-Claims-VO - zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte hierzu nichts von Relevanz vorgetragen habe. Sie hat dies auch im Berufungsverfahren nicht nachgeholt. Sie hat lediglich einige allgemeine Äußerungen zur Wirkung von Silizium angeführt, nicht indes zu dem von ihr vertriebenen Produkt bzw. der als Produktbestandteil beworbenen "Goldhirse", die nach dem Vortrag des Klägers zudem Kieselsäure/Silizium nicht in relevantem Umfang enthalten soll.

Gegen den zuerkannten Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten wendet die Berufung sich in der Berufungsbegründung nicht gesondert. Die Beklagte hat sich erstinstanzlich und - dies wiederholend - in einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingegangenen, nicht nachgelassenen Schriftsatz dagegen gewandt, die hier geltend gemachte Abmahnpauschale neben dem ebenfalls in Anspruch genommenen Sender X. zahlen zu müssen. Dieser Einwand bleibt ohne Erfolg. Die Abmahnkosten sind gegenüber beiden Schuldnern entstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.000,-- €. Der Zahlungsantrag ist nicht werterhöhend, weil er eine Nebenforderung betrifft, § 43 Abs. 1 GKG.