OLG Hamm, Beschluss vom 25.05.2010 - II-6 UF 29/10
Fundstelle
openJur 2011, 75633
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 85 F 159/09
Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 5.3.2010 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Paderborn vom 19.2.2010 aufgehoben.

Der Beteiligten zu 2) - Kindesmutter - wird die elterliche Sorge für das Kind Florian X, geb. ......2009, entzogen.

Das Kreisjugendamt Q wird zum Vormund bestellt.

Die gerichtlichen Kosten und Auslagen des Verfahrens erster Instanz werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Gerichtliche Auslagen werden nicht erhoben. Eine Erstattung der in der Beschwerdeinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.

Der Gegenstandswert für das erstinstanzliche Verfahren und für das Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 3.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind Eheleute und Eltern der Kinder Jessica, geb. ......1993, und Sebastian, geb. ......1996. Die Beteiligte zu 2) ist darüberhinaus noch Mutter des Kindes Jacqueline, geb. ......1998, dessen Vater der Beteiligte zu 4) ist. Der Beteiligte zu 3) hat insoweit seine Vaterschaft angefochten und der Beteiligte zu 4) hat seine Vaterschaft anerkannt.

Der Beteiligte zu 5), das Kind Florian, ist am ......2009 geboren. Bereits mit Schriftsatz vom 24.4.2009 hat der Beteiligte zu 3) vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Paderborn beantragt, festzustellen, dass das Kind Florian nicht von ihm abstammt. Mit Urteil vom 22.12.2009 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Paderborn nach Einholung eines Abstammungsgutachtens festgestellt, dass Florian nicht das Kind des Beteiligten zu 3) ist (85 F 232/09). Das Urteil ist seit dem 11.2.2010 rechtskräftig. Der Beteiligte zu 4) hat bislang noch keine Erklärung abgegeben, mit der er seine Vaterschaft anerkennt.

Nach dem Bericht des Kreisjugendamtes Q vom 23.3.2009 ist die Familie X seit dem Jahr 1994 immer wieder auffällig geworden. Von Seiten des Kreisjugendamtes wurde dem Verdacht einer Kindeswohlgefährdung in Bezug auf die Tochter Jessica nachgegangen, die sich daraus ergeben sollte, dass die Kindeseltern das Kind während ihrer Arbeitszeit als Zeitungsausträger im Kindersitz im Pkw mitführten. Bei einer Überprüfung des Haushalts der Eheleute wurden wiederholt grenzwertige Situationen betreffend Hygiene und Ordnung festgestellt. Der Beteiligte zu 3) erkrankte an einer Sozialphobie, die eine ambulante Behandlung im Westfälischen Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie erforderlich machte. In dieser Situation trennten sich die Eheleute im November 1997 und die Beteiligte zu 2) ging eine Beziehung zu dem Beteiligten zu 4) ein, aus der die Tochter Jacqueline hervorging. Die Beteiligten zu 2) und 4) lebten gemeinsam in einer Wohnung in B; der Beteiligte zu 3) bezog im gleichen Ort ein Ein-Zimmer-Appartement, hielt sich aber häufig in der Wohnung auf. Von dem Kreisjugendamt installierte Hilfsangebote, unter anderem in Form einer Sozialpädagogischen Familienhilfe wurden wieder eingestellt, da die Eheleute X nicht bereit waren, die erforderliche Mitwirkung zu leisten.

Im Jahr 2006 gab es von Seiten der Schule Hinweise auf ungepflegtes Auftreten der Kinder verbunden mit Körpergeruch. Ab Mai 2006 wurde erneut eine Sozialpädagogische Familienhilfe installiert. Ab Anfang 2007 wurde für Sebastian zusätzlich ein Erziehungsbeistand eingesetzt, der aber aufgrund der Ablehnung seiner Tätigkeit durch die Familie X diese nach vier Monaten wieder einstellte.

Die Beteiligten zu 2) und 3) bezogen dann im Dezember 2008 gemeinsam mit ihren Kindern und dem Kind Jacqueline ein Haus in B. Der Beteiligte zu 4) hatte eine eigene Wohnung in Q2 bezogen. Es kam zu erneuten Mitteilungen der Schule bezüglich fehlender Hygiene bei Sebastian und Jacqueline. Bei einem Hausbesuch wurden desolate hygienische Verhältnisse festgestellt. Die Familie beherbergte zum damaligen Zeitpunkt acht Katzen, deren drei Katzenklos völlig verdreckt waren. Die Küche war unsauber. Trotz Aufforderung durch das Kreisjugendamt und zwischenzeitlich wieder eingesetzter Sozialpädagogischer Familienhilfe und Erziehungsbeistandschaft sahen sich die Beteiligten zu 2) und 3) nicht in der Lage, die häuslichen Verhältnisse nachhaltig zu verbessern, die auch bei einem erneuten Hausbesuch des Jugendamtes am 10.3.2009 hygienisch so bedenklich waren, dass von Seiten des Jugendamtes das Wohl des noch zu gebärenden Kindes Florian als gefährdet angesehen wurde.

Mit Schriftsatz vom 23.3.2009 hat der Beteiligte zu 1) die Entziehung der elterlichen Sorge im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt.

Mit Beschluss vom 26.3.2009 hat das Amtsgericht Paderborn den Beteiligten zu 2) und 3) - die elterliche Sorge für das Kind Florian betreffend die Bereiche Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Recht, Sozialleistungen zu beantragen, im Wege der einstweiligen Anordnung entzogen.

Florian wechselte eine Woche nach seiner Geburt in die Pflegefamilie Göbel / T.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3.4.2009 hat das Amtsgericht die Entziehung durch die einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 3.4.2009 bestätigt.

Die vom Kreisjugendamt installierten Hilfestellungen der Sozialpädagogischen Familienhilfe und Erziehungsbeistandschaft wurden fortgeführt. Nach dem Bericht der Sozialpädagogischen Familienhilfe ergab sich eine Verbesserung der hygienischen Situation im Haushalt der Familie X, den die Mitarbeiter des Kreisjugendamtes allerdings bei ihren unangekündigten Hausbesuchen nach ihren Angaben nicht bestätigen konnten.

Das Amtsgericht gab nach Durchführung eines Termins zur mündlichen Anhörung im Hauptsacheverfahren mit Beschluss vom 22.10.2009 die Einholung eines Gutachtens in Auftrag, mit dem die Erziehungsfähigkeit der Beteiligten zu 2) und 3) abgeklärt werden sollte. In seinem Gutachten vom 16.12.2009 kam der Sachverständige Prof. Dr. y zu dem Ergebnis, dass das Wohl Florians in der Familie X nicht gefährdet sei, da aufgrund der Hilfestellungen eine Verbesserung der häuslichen Situation eingetreten sei, die allerdings nur bei Fortführung der installierten Hilfestellungen aufrecht erhalten werden könne. Ausführungen zu der Frage, ob das Wohl Florians gerade durch den Beziehungsabbruch zu seinen Pflegeeltern aufgrund der beabsichtigten Rückführung in die Familie X gefährdet sein könne, enthielt das Gutachten nicht.

Bei einem unangemeldeten Hausbesuch am 16.2.2010 konnten die Amtsrichterin und der Verfahrenspfleger keine hygienischen Defizite feststellen.

Nach mündlicher Anhörung hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 19.2.2010 die einstweilige Anordnung vom 26.3.2009 mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine schrittweise Rückführung des Kindes Florian stattfinden soll. Den Antrag des Jugendamtes auf Entziehung der elterlichen Sorge hat es zurückgewiesen. Die Einholung eines ergänzenden Gutachtens zu der Frage, ob das Kindeswohl Florians durch die Rückführung gefährdet würde, hat die Amtsrichterin abgelehnt und zur Begründung angeführt, dass die Einholung dieses Gutachtens zu lange dauern würde und der Wechsel eines Kindes zurück in seine Herkunftsfamilie nicht zwangsläufig mit Bindungsstörungen und seelischen Schäden verbunden sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 3.3.2010.

Der Senat hat den Sachverständigen Prof. Dr. y mit einer ergänzenden Begutachtung zu der Frage, ob das Wohl Florians durch seine Herausnahme aus der Pflegefamilie und die Rückführung in die Familie X gefährdet ist, beauftragt.

Dieses Gutachten hat der Sachverständige in dem Termin vom 10.5.2010 erstattet. Der Senat hat die Beteiligten mit Ausnahme des erst ein Jahr und zwei Monate alten Florian persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung der Beteiligten und des Gutachtens wird auf das Protokoll und den Berichterstattervermerk vom 10.5.2010 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in Bezug auf die Beteiligte zu 2) begründet und führt dazu, dass dieser die elterliche Sorge für Florian entzogen wird.

Eine Entscheidung, mit der auch dem Beteiligten zu 3) die elterliche Sorge entzogen wird, war nicht mehr veranlasst. Mit der am 11.2.2010 eingetretenen Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Paderborn vom 22.12.2009 (85 F 232/09), in dem festgestellt wird, dass Florian nicht das Kind des Beteiligten zu 3) ist, steht dem Beteiligten zu 3) die elterliche Sorge (§ 1626 BGB) für Florian schon kraft Gesetzes nicht mehr zu.

Der Beteiligten zu 2) war die elterliche Sorge für Florian zu entziehen, weil sein seelisches und körperliches Wohl gefährdet ist, die Beteiligte zu 2) nicht in der Lage ist, diese Gefahr abzuwenden, und der Gefahr nicht auf eine andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann (§§ 1666, 1666a BGB).

Die Beteiligte zu 2) beabsichtigt im Falle der Rückerlangung der ihr durch Beschluss des Amtsgerichts vom 26.3.2009 im Wege der einstweiligen Anordnung entzogenen elterlichen Sorge für den Bereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts, ihren Sohn Florian aus der Pflegefamilie herauszunehmen und ihn erstmals in ihren Haushalt aufzunehmen. Mit diesem Vorhaben gefährdet sie das Wohl des Kindes Florian. Dieser Gefährdung des Kindeswohls kann nur durch die Entziehung der elterlichen Sorge entgegen gewirkt werden.

Bei einer Entscheidung über die Entziehung der elterlichen Sorge ist sowohl dem Elternrecht aus Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes als auch der Grundrechtsposition des Kindes aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes Rechnung zu tragen. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung der verfassungsrechtlich geschützten Rechte ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Bereich des Artikels 6 Absatz 2 des Grundgesetzes das Wohl des Kindes immer das entscheidende Kriterium bildet, so dass dieses bei Interessenkonflikten zwischen dem Kind und seinen Eltern letztlich bestimmend sein muss (BVerfG E 75, 201 und BVerfG Beschluss vom 31.3.2010 - 1 BvR 2910/09).

Das Kind ist ein Wesen mit eigener Menschenwürde und eigenem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit aus Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes (BVerfG E 24, 119). Es bedarf des Schutzes und der Hilfe, um sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln. Die Erziehung und Betreuung eines minderjährigen Kindes durch Mutter und Vater innerhalb einer harmonischen Gemeinschaft gewährleistet dabei am ehesten, dass dieses Ziel erreicht wird (vgl. BVerfG E 56, 363). Dies trifft jedoch nicht immer zu, insbesondere dann nicht, wenn ein Kind in einer Pflegefamilie aufwächst (vgl. BVerfGE 75, 201). In diesem Falle gebietet es das Kindeswohl, die neuen gewachsenen Bindungen des Kindes zu seinen Pflegepersonen zu berücksichtigen und das Kind aus seiner Pflegefamilie nur herauszunehmen, wenn die körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen des Kindes als Folge der Trennung von seinen bisherigen Bezugspersonen unter Berücksichtigung der Grundrechtsposition des Kindes noch hinnehmbar sind (vgl. BVerfG E 79, 51). Dabei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit eine Erziehungsfähigkeit der leiblichen Eltern auch ihre Eignung umfasst, die negativen Folgen einer eventuellen Traumatisierung des Kindes durch den Wechsel der Bezugspersonen möglichst gering zu halten (BVerfG FamRZ 2000, 1489).

Für ein Kind ist mit seiner Herausnahme aus der gewohnten Umwelt ein schwer bestimmbares Zukunftsrisiko verbunden. Die Unsicherheiten bei der Prognose sowie der Umstand, dass die Trennung von seinen unmittelbaren Bezugspersonen für das Kind regelmäßig eine erhebliche psychische Belastung bedeutet (vgl. BVerfGE 75, 201), dürfen allerdings nicht dazu führen, dass bei Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie die Wiederzusammenführung von Kind und Eltern schon immer dann ausgeschlossen ist, wenn das Kind seine "sozialen" Eltern gefunden hat. Die Risikogrenze hinsichtlich der Prognose möglicher Beeinträchtigungen des Kindes ist allerdings dann überschritten, wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen ist, dass die Trennung des Kindes von seinen Pflegeeltern psychische oder physische Schädigungen nach sich ziehen kann. Ein solches Risiko ist für das Kind nicht hinnehmbar (BVerfG Beschluss vom 31.3.2010 - 1 BvR 2910/09 - zur Frage einer Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB).

Der Senat ist der Überzeugung, dass es bei dem von der Beteiligten zu 2) angestrebten Wechsel Florians aus seiner Pflegefamilie in ihren Haushalt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen ist, dass es zu psychischen Schädigungen Florians kommen wird. Der Senat stützt seine Überzeugung auf das mündlich erstattete Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. y. Dieser verfügt gerichtsbekannt über eine langjährige Erfahrung im Bereich der Psychologie und damit über die erforderliche Sachkunde.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen hat sich eine sichere Bindung Florians zu seinen Pflegeeltern, insbesondere zu seiner Pflegemutter, Frau T, entwickelt. Emotionale Bindungen Florians zu der Beteiligten zu 2) und deren Familienverbund bestehen nicht und konnten sich auch aufgrund der Trennung unmittelbar nach der Geburt und den bisher durchgeführten Besuchskontakten nicht entwickeln. Die sichere Bindung Florians zu seiner Pflegefamilie würde auch bei einer behutsamen Rückführung in den für ihn völlig fremden Haushalt der Beteiligten zu 2) zerstört, was zu einer Verlusterfahrung führt. In jedem Fall ist nach den Feststellungen des Sachverständigen bei Florian mit Verhaltensauffälligkeiten wie Schlaflosigkeit, regressivem Verhalten und Trotzreaktionen zu rechnen. Die Beteiligte zu 2) wäre nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht in der Lage, mit den psychischen Auffälligkeiten, die Florian entwickeln würde, fertig zu werden. Sie bedürfte bereits insoweit einer permanenten professionellen Unterstützung, wobei nach den Ausführungen des Sachverständigen auch dann fraglich wäre, ob die Beteiligte zu 2) dann die Bereitschaft und Fähigkeit hätte, den sehr langfristigen Eingewöhnungsprozess Florians kontinuierlich zu begleiten. Zweifel an der Fähigkeit und Bereitschaft der Beteiligten zu 2), hier die erforderliche Kontinuität zu wahren, ergeben sich insbesondere aus den Erfahrungen in der Vergangenheit. Es sind immer nur zeitlich sehr begrenzte Verbesserungen in den Verhaltensweisen eingetreten, bevor ein Rückfall in alte Verhaltensweisen konstatiert werden musste, wie die mangelnde hygienische Versorgung der Kinder Sebastian und Jacqueline. Bereits die fehlende Fähigkeit der Beteiligten zu 2), die psychischen Probleme Florians in der Rückführungssituation alleine aufzufangen, verbunden mit der fehlenden Fähigkeit der Beteiligten zu 2) zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, begründet eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass sich bei einer Rückführung eine Gefährdung des Kindeswohls nicht ausschliessen lässt.

Entscheidend aber ist, dass die bei jeder Rückführung bestehende Gefahr einer bleibenden Schädigung der psychischen Entwicklung im vorliegenden Fall aufgrund der gesundheitlichen Defizite Florians noch signifikant erhöht wird. Florian leidet an einer Kopfschiefhaltung und an einer zentralen Koordinationsstörung. Die Kopfschiefhaltung erfordert derzeit neben der medizinischen Behandlung auch die konsequente Durchführung von krankengymnastischen Übungen im Bereich des Elternhauses. Diese krankengymnastischen Übungen sind für Florian unangenehm, so dass Florian deren Durchführung nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nur von den ihm vertrauten Pflegeeltern akzeptieren wird. Die Beteiligte zu 2) ist für ihn weiterhin eine Fremde und wird diesen Status auch durch intensivere Besuchskontakte nicht ändern können. Bei einer Rückführung in den Haushalt der Beteiligten zu 2) würde die weitere Durchführung der notwendigen krankengymnastischen Übungen daher unterbleiben und dadurch auch die gesundheitliche Entwicklung Florians gefährdet.

Es sind somit objektive Umstände gegeben, aufgrund derer die bei jeder Rückführung bestehende Gefahr einer Kindeswohlgefährdung so signifikant erhöht wird, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen ist, dass die Trennung Florians von seinen Pflegeeltern psychische oder physische Schädigungen nach sich ziehen wird.

Durch andere Maßnahmen als der Fortdauer der Herausnahme Florians aus seiner Herkunftsfamilie kann der Gefährdung des Kindeswohls nicht entgegen gewirkt werden. Auch bei Gewährung von weiteren Hilfestellungen durch das Jugendamt wäre das Wohl Florians bei einer Herausnahme aus seiner Pflegefamilie gefährdet, da nur in deren vertrauten Rahmen die gebotene medizinischen Betreuung des Kindes gewährleistet ist.

Der Beteiligten zu 2) war die elterliche Sorge für sämtliche Bereiche der Personen- und Vermögenssorge zu entziehen. Eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB ist nicht ausreichend, um der Gefährdung des Kindeswohls effektiv entgegen zu wirken. Der Gesundheitszustand Florians macht dessen intensive und fachkundige Betreuung erforderlich. Diese ist aber nur gewährleistet, wenn die ihn betreuenden und mit ihm vertrauten Personen, hier seine Pflegeeltern, auch in den Bereichen der Gesundheits- und Vermögenssorge verbindliche Entscheidungen treffen können. Würde die Beteiligte zu 2) die Personen- und Vermögenssorge innehaben, müssten sich die Pflegeeltern ständig mit dieser über die weitere Behandlung und deren Finanzierung ins Benehmen setzen. Dadurch würde eine effektive Behandlung Florians aber verzögert und auch gefährdet. Dieses gilt umso mehr, als die Pflegeeltern unwidersprochen berichtet haben, dass die Beteiligte zu 2) bei ihren Umgangskontakten keinerlei Nachfragen zu der derzeitigen ärztlichen Behandlung Florians stellt.

Auf der Grundlage der sachverständigen Ausführungen und auf der Grundlage der von ihm selbst gewonnenen Eindrücke hat auch der Verfahrenspfleger bestätigt, dass eine Rückführung Florians in den Familienverbund der Beteiligten zu 2) nicht verantwortet werden kann.

Der Senat hat von einer Anhörung Florians nach § 50b FGG abgesehen, da diese weder zur Feststellung des Sachverhalts geboten war, noch aufgrund des geringen Alters des Kindes sein Wille von entscheidender Bedeutung sein konnte.

Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten in erster Instanz folgt aus § 94 Abs. 3 KostO a.F. Sie umfasst auch die gerichtlichen Auslagen. Außergerichtliche Kosten werden gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG nicht erstattet.

Das Verfahren in der Beschwerdeinstanz ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 KostO) und auslagenfrei (§ 131 Abs. 5, Abs. 1 Satz 2 KostO). Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG.

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