OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.11.2010 - 4 B 733/10
Fundstelle
openJur 2011, 74166
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerde-verfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-ren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung spricht gegenwärtig weiterhin vieles dafür, dass sich die streitige Ordnungsverfügung des Antragsgegners - soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - im Hauptsacheverfahren als - wenn auch nicht offensichtlich - rechtmäßig erweisen wird. Von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit kann nicht ausgegangen werden (1.). Eine dies zu Grunde legende Abwägung des Suspensivinteresses der Antragstellerin und der für die Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung streitenden öffentlichen Interessen geht zu Lasten der Antragstellerin aus (2.).

1.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kommt es bei Untersagungsanordnungen der vorliegenden Art maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier also auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats, an.

Vgl. Senatsbeschluss vom 18. April 2007

- 4 B 1246/06 -, Juris, Rn. 55 f., m.w.N.; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 22. November 2007 - 1 BvR 2218/ 06 -, Juris, Rn. 38.

Ermächtigungsgrundlage der streitigen Verfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.

1.1

Gemäß § 18 Abs. 3 GlüStV AG NRW ist die örtliche Ordnungsbehörde - hier der Antragsgegner - für die Untersagung illegaler Sportwettenvermittlung zuständig. Dies gilt auch dann, wenn die Übermittlung der Wettdaten zwischen Sportwettenvermittler und Wettveranstalter über Telekommunikationsanlagen erfolgt. Eine Verlagerung der Zuständigkeit in Fällen dieser Art auf die Bezirksregierung E. , wie das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 21. Februar 2008 - 1 L 1849/07 - angenommen hat, hat der Gesetzgeber mit §§ 18 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c) GlüStV AG NRW, 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz nicht beabsichtigt.

Vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2008

- 4 B 298/08 -, Juris.

1.2

Es spricht ferner alles dafür, dass das durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV eingeräumte Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 StGB) regelmäßig in derselben Weise zu Lasten des Sportwettenvermittlers auf Null reduziert ist, wie dies der Senat zu §§ 14 Abs. 1 OBG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO angenommen hat.

Vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11. August 2006 - 4 B 1444/06 - unter Hinweis auf Senatsbeschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -, Juris.

Diese Ermessensreduzierung hat zur Folge, dass es auf eventuelle Verstöße gegen die Begründungspflicht nach § 39 VwVfG NRW schon wegen § 46 VwVfG NRW nicht ankommt.

Die Frage, ob Sportwetten Glücksspiele i.S.v. § 284 Abs. 1 StGB sind, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung im bejahenden Sinne geklärt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 -, BVerwGE 126, 149; BGH, Urteile vom 14. März 2002 - I ZR 279/99 -, NJW 2002, 2175, vom 28. November 2002 - 4 StR 260/02 -, GewArch 2003, 332, sowie vom 1. April 2004 - I ZR 317/01 -, BGHZ 158, 343.

Von dieser Rechtsprechung abzurücken, geben auch die Ausführungen von Dannecker (Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage, ob Oddset-Wetten Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB sind, 20. November 2007) keinen hinreichenden Anlass. Wegen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 284 Abs. 1 StGB verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -, Juris (ständige Rechtsprechung).

Vgl. auch LG Düsseldorf, Urteil vom 3. November 2010 - 12 O 232/09 -.

1.3

Die für die Untersagungsverfügung maßgeblichen Rechtsvorschriften des GlüStV und des nordrheinwestfälischen Ausführungsgesetzes begegnen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

1.3.1

Soweit vertreten wird, den Ländern fehle hinsichtlich des Internetverbots für Sportwetten die erforderliche Gesetzgebungskompetenz, ist diese Frage hier nicht entscheidungserheblich. Denn vorliegend geht es allein um die Untersagung der Sportwettenvermittlung in ortsfesten Annahmestellen. Auch die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gewerberecht steht den landesrechtlichen Regelungen über die gewerbliche Spielvermittlung nicht entgegen. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG keinen abschließenden Gebrauch gemacht (Art. 72 Abs.1 GG). Gemäß § 33 h GewO finden die §§ 33 c ff GewO u.a. dann keine Anwendung, wenn es sich - wie im Fall der Sportwetten - um Glücksspiele i.S.v. § 284 StGB handelt (§ 33 h Nr. 3 GewO).

1.3.2

Der Einwand, die durch den Landesgesetzgeber Nordrhein-Westfalen getroffenen Regelungen seien mangels ausreichender Prüfung und Abwägung der Alternativen zu einem Staatsmonopol verfassungswidrig, greift nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit sich eine solche Abwägungspflicht - etwa aus Art. 12 Abs. 1 GG - herleiten lässt.

Vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, Juris, Rn. 13.

Denn der Landesgesetzgeber hat sich bei der Verabschiedung des Glücksspielstaatsvertrages und dem Erlass des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag ausweislich der Gesetzesbegründung,

vgl. Landtagsdrucksache 14/4849, S. 3 f.,

sehr wohl mit Regelungsalternativen auseinandergesetzt und sich aus Gründen der Spielsuchtbekämpfung und des Jugendschutzes für ein staatliches Wettmonopol entschieden.

1.3.3

Die hier anzuwendenden Gesetzesbestimmungen, die als berufsregelnde Normen nicht dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG unterfallen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1983

- 1 BvL 46/80, 47/80 -, BVerfGE 64, 72,

begegnen unter dem Blickwinkel von Art. 12 Abs. 1 GG auch Im Übrigen keinen durchgreifenden Bedenken. Der Senat geht nach summarischer Prüfung davon aus, dass die Vorschriften insbesondere den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261, dargelegten Anforderungen entsprechen, und verweist insoweit auf die umfangreichen Ausführungen des 13. Senats des beschließenden Gerichts in seiner Entscheidung vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, Juris.

Im Ergebnis für Eilverfahren der vorliegenden Art auch BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, NVwZ 2009, 1221 ff.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände greifen nicht durch. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Vorschriften über den Vertrieb von Sportwetten. Die vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 28. März 2006 für besonders bedenklich gehaltene Spielteilnahme über das Internet oder über SMS ist bei Sportwetten nach § 4 Abs. 4 und § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV verboten. In § 10 Abs. 3 GlüStV ist zudem eine Begrenzung der Annahmestellen vorgesehen, die in § 5 Abs. 5 GlüStV AG NRW eine weitere Konkretisierung erfahren hat. Der Gesetzgeber hat ferner u.a. den Zugang zu Sportwetten durch die Vorschriften über ein übergreifendes Sperrsystem beschränkt (§ 8 GlüStV). Dass die gesetzlichen Regelungen damit hinter den Anforderungen zurückbleiben, die das Bundesverfassungsgericht formuliert hat, ist bei summarischer Prüfung nicht zu erkennen.

Vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a. O.; BayVGH, Beschlüsse vom 2. Juni 2008 - 10 CS 08.1102 -, ZfWG 2008, 197, sowie vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, Juris, Rn. 39, und Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 -, Juris, Rn. 68; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/ 07 -, Juris.

Der Einwand, in Nordrhein-Westfalen sei bislang keine zahlenmäßige Begrenzung der Annahmestellen durch Rechtsverordnung vorgenommen worden, wie es § 20 Abs. 1 Nr. 2 GlüStV AG NRW vorsehe, trifft nicht mehr zu. Eine entsprechende Rechtsverordnung ist am 24. Juni 2009 erlassen worden und inzwischen auch in Kraft getreten (GV.NRW. S. 395). Soweit kritisiert wird, diese Verordnung sehe in § 15 Abs. 1 Satz 5 lediglich einen Mindestabstand von 200 Metern zwischen zwei Annahmestellen vor, ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung darüber hinaus in § 14 die Gesamtzahl der Annahmestellen in Nordrhein-Westfalen begrenzt und außerdem bestimmt, dass im Regelfall die Zahl von 3500 Einwohnern pro Annahmestelle bezogen auf eine Gemeinde nicht unterschritten werden darf (§ 15 Abs. 1 Satz 2). Eine räumliche "Massierung" von Annahmestellen dürfte danach allenfalls ausnahmsweise eintreten. Auch die Begrenzung der Gesamtzahl der Annahmestellen auf 3900 wird nicht zu beanstanden sein. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs (vgl. § 1 Nr. 2 GlüStV) setzt voraus, dass ein ausreichendes Glücksspielangebot besteht (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 GlüStV). Dies schließt ein hinreichend dichtes Netz von Annahmestellen ein, um zu verhindern, dass Spieler auf illegale Glücksspielangebote etwa im Internet ausweichen, die vielfach stärkere Spielanreize bieten und insoweit ein entsprechend höheres Spielsuchtpotential aufweisen. Andererseits darf die Präsenz von Annahmestellen im Alltag nicht so stark sein, dass das Glücksspiel als allerorts verfügbares Gut des "normalen" Lebens erscheint.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006

- 1 BvR 1054/01 -, a.a.O., 1261.

Bei der Beurteilung, welche Zahl von Annahmestellen erforderlich bzw. zulässig ist, um den genannten gegenläufigen Anliegen Rechnung zu tragen, steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Dass die Grenzen dieses Spielraums durch die vorliegend streitige Regelung überschritten sind, ist bei summarischer Prüfung nicht zu erkennen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass das vom Bundesverfassungsgericht in der oben zitierten Entscheidung beanstandete Vertriebsnetz in Bayern bezogen auf die Einwohnerzahl eine um etwa 50 Prozent höhere Dichte aufwies, als sie sich nunmehr unter Zugrundelegung einer Höchstzahl von 3900 Annahmestellen für Nordrhein-Westfalen ergibt.

Vgl. dazu LT-Drs. 14/4849, Seite 38.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht sogar eine noch gänzlich fehlende Neuausrichtung der Kapazität des Annahmestellennetzes nicht als relevantes grundlegendes Umsetzungsdefizit ansieht, das zur Verfassungswidrigkeit der Regelung selbst führen könnte.

BVerfG, Beschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a. O.

Der Gesetzgeber war auch nicht gehalten, die hergebrachte Vertriebsform für das staatlich verantwortete Sportwettenangebot - über Lottoannahmestellen - aufzugeben und staatliche Wettbüros einzurichten. Werden die Annahmestellen sorgfältig ausgewählt, rechtlich verbindlich auf die verfassungsgerichtlich geforderten Vertriebsmodalitäten verpflichtet, das Personal hinreichend geschult und gewissenhaft kontrolliert (vgl. insoweit auch § 6 GlüStV und §§ 4,5 GlüStV AG NRW), können die staatsvertraglich vereinbarten Ziele umgesetzt werden, ohne dass auch der Vertrieb in staatlicher Hand liegen müsste.

Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 23. Oktober 2009 - 6 B 10998 -, Juris, Rn. 18; Saarl. OVG, Beschluss vom 26. April 2010 - 3 B 20/10 - Juris, Rn. 36; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07, Juris, Rn. 33.

Die Einschätzung, das Sportwettenmonopol sei unverhältnismäßig, weil dieses Schutzniveau auch von Wettbüros gewährleistet werden könne, die Sportwetten an private Wettveranstalter vermitteln, teilt der Senat nicht. Zum einen darf der Gesetzgeber angesichts seines weiten Beurteilungsspielraums davon ausgehen, das Suchtgefahren mit Hilfe eines auf die Bekämpfung von Sucht und problematischem Spielverhalten ausgerichteten Wettmonopols mit staatlich verantwortetem Wettangebot effektiver beherrscht werden können als im Wege einer Kontrolle privater Wettunternehmer.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, a.a.O.

Zum anderen würde eine mit der Zulassung privater Wettanbieter einhergehende Vermehrung der Spiel- und Wettmöglichkeiten dem Ziel der Eindämmung der Wettleidenschaft zuwiderlaufen.

Vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 23. Oktober 2009 - 6 B 10998/08 -, a.a.O., Rn. 29.

Soweit geltend gemacht wird, der Gesetzgeber habe bisher keine ausreichenden inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt von Sportwetten geschaffen, trifft dies nicht zu. Wetten können nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV lediglich als Kombinations- oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen erlaubt werden. Wetten während eines laufenden Sportereignisses sind durch § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV ausdrücklich verboten. Die Annahme, die Regelung im GlüStV lasse der Sache nach alle überhaupt denkbaren Formen der Sportwetten zu, ist demnach unrichtig. Überdies sieht § 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV vor, dass Art und Zuschnitt der Sportwetten darüber hinaus in der Erlaubnis nach § 4 GlüStV zu regeln sind.

Zur Bedeutung dieser Beschränkungen vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, 2009, a. a. O.

Auch die Regelungen über die Werbung für öffentliches Glücksspiel dürften nicht zu beanstanden sein. Nach § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV muss sich die Werbung u.a. auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel beschränken und darf nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Mit diesen Vorschriften dürfte der Gesetzgeber den Anforderungen des BVerfG entsprochen haben. Soweit er in § 5 Abs. 3 GlüStV ein allgemeines Verbot der Werbung im Internet, im Fernsehen oder über Telekommunikationsanlagen ausgesprochen hat, ist er über die Forderungen des BVerfG sogar hinausgegangen.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, a.a.O., Rn. 41 und Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 -, a.a.O., Rn. 79.

Der Gesetzgeber ist dabei in nicht zu beanstandender Ausübung seines Einschätzungsspielraums davon ausgegangen, dass Werbemaßnahmen in diesen Medien eine besondere Wirkung zukommt und sie deshalb ein erhöhtes Gefahrenpotential besitzen.

Vgl. dazu Landtagsdrucksache 14/4849, Anlage "Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, S. 38.

Die Möglichkeit der Befreiung vom Verbot der Fernsehwerbung für Veranstaltungen, die traditionell in Verbindung mit dem Fernsehen präsentiert werden und vorrangig gemeinnützigen Zwecken dienen (§ 12 Abs. 2 GlüStV), begegnet gleichfalls keinen Bedenken, weil der Gesetzgeber zugrunde legen durfte, dass derartige Soziallotterien unter dem Gesichtspunkt der Spielsucht typischerweise weniger gefährlich sind.

Vgl. dazu Senatsbeschluss vom 19. September 2008

- 4 B 138/08 -, BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, a.a.O., Rn. 41.

Soweit im Bereich des Vollzuges der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und des nordrheinwestfälischen Ausführungsgesetzes zu diesem Vertrag noch Defizite bestehen - insbesondere im Bereich der Werbung für Glücksspiel und des Jugendschutzes -, rechtfertigt dies grundsätzlich nicht den Schluss, die Regelungen genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 2. Juni 2008

- 10 CS 08.1102 -, ZfWG 2008, 197; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/

07 -, a.a.O., Rn. 38 f.; im Ergebnis auch BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a. O.

1.3.4

Der Senat kann auch nicht erkennen, dass im Hinblick auf die gewerberechtlichen Regelungen für Spielautomaten oder die gesetzlichen Bestimmungen für Pferdewetten der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt ist. Ungeachtet des Umstandes, dass insoweit der Bund und damit ein anderer Hoheitsträger zuständig ist,

vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -,

BVerfGE 79, 127, 158,

sind jene Regelungen im Verhältnis zu den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages nicht gleichheitswidrig. Art 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln. Hier dürfte es jedoch bereits an der Tatbestandsvoraussetzung der Gleichheit fehlen. Jedes Wett- und jedes Glücksspielangebot hat seine Eigenarten, die jedenfalls eine unterschiedliche Behandlung grundsätzlich rechtfertigen; die unterschiedlichen Regelungen sind mit Blick auf die Besonderheiten der jeweiligen Glücksspielbereiche hinreichend gerechtfertigt, wie im Folgenden unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz näher ausgeführt ist.

1.4

Auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten bestehen bei der hier allein möglichen summarischen Prüfung keine durchgreifenden Bedenken gegen die Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften.

1.4.1

Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Richtlinie Nr. 98/34/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für Dienste der Informationsgesellschaft (Abl. 1998 Nr. L 204/37), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG vom 20. November 2006 (Abl. 2006 Nr. L 363/81). Selbst wenn sich - trotz der bereits erfolgten Notifizierung des GlüStV - aus der Richtlinie eine Notifizierungspflicht hinsichtlich des GlüStV AG NRW ergeben sollte, ist nicht zu erkennen, dass die vorliegend einschlägigen Vorschriften dieses Gesetzes (§§ 3 Abs. 1, 14 Abs. 1) der genannten Richtlinie unterfallen. Sollten andere Vorschriften des GlüStV AG NRW nach dieser Richtlinie notifizierungspflichtig sein, dürfte dies die Anwendung der genannten Normen nicht hindern.

Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16. September 1997, C-279/94, Juris; so wohl auch Streinz u.a., Notifizierungspflicht von Glücksspielstaatsvertrag und Ausführungsgesetzen der Länder gemäß der Richtlinie Nr. 98/34/EG (Informationsrichtlinie), Seite 9 Fußnote 22.

1.4.2

Die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -, vormals Art. 43 und 49 EG) werden nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht verletzt. Das gilt - vorbehaltlich einer abschließenden Prüfung in der Hauptsache - auch unter Berücksichtigung der Urteile des EuGH vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. - N. T. u.a. - und Rs. C-46/08 - D. N1. -. In diesen Entscheidungen hat der EuGH entgegen dem durch seine Pressemitteilung vom selben Tag erweckten Eindruck die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages nicht für unwirksam erklärt. Dies läge auch nicht in seiner Zuständigkeit, wie die Entscheidungen zu Recht hervorheben. Der EuGH hat vielmehr allein Aussagen dazu getroffen, unter welchen Voraussetzungen nationale Gerichte "berechtigten Anlass" zu Zweifeln an der Europarechtskonformität haben können. Diese Voraussetzungen liegen nach derzeitiger Einschätzung des Senats (noch) nicht vor.

Nationale Regelungen wie die hier in Rede stehende schränken zwar die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr ein. Solche Einschränkungen können aber durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, insbesondere durch den Verbraucherschutz, die Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien sowie die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für Glücksspiele.

Vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2007, C-260/04 -, Kommission gegen Italienische Republik, Rn. 27, Juris.

Die vorgesehenen Beschränkungen müssen allerdings verhältnismäßig sein, d. h. sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung der angestrebten Ziele zu gewährleisten, und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist.

Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Placanica u.a., a.a.O., Rn. 49.

Wegen der Besonderheiten des Glücksspiels billigt der EuGH den Mitgliedsstaaten dabei ein weites (Einschätzungs- und Gestaltungs-) Ermessen zu. So heißt es bereits in dem Urteil des EuGH vom 24. März 1994, C-275/92, Schindler, Rn. 61,

Juris:

"Diese Besonderheiten rechtfertigen es, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei erzielten Gewinne aus dem Schutz der Spieler und allgemeiner nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaates aus dem Schutz der Sozialordnung ergeben. Somit kommt den Staaten nicht nur die Beurteilung der Frage zu, ob eine Beschränkung der Tätigkeiten im Lotteriewesen erforderlich ist, sondern sie dürfen diese auch verbieten, sofern diese Beschränkungen nicht diskriminierend sind."

Diese Rechtsprechung hat der EuGH wiederholt bestätigt.

Vgl. Urteile vom 6. März 2007, Q. u.a., a.a.O., Rn. 48 sowie Urteil vom 6. November 2003, H. , a.a.O. Rn. 63; zuletzt Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 -, M. Q1. -, Rn. 57 ff.; sowie vom 3. Juni 2010 - C-203/08 -, (C. ), Rn. 30 ff.; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-447 u. 448/08 - (T1. ), Rn.42 f.; Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. - N. T. u.a. - Rn. 76 ff.

In den letztgenannten Entscheidungen hat der EuGH dabei Monopole - entgegen geltend gemachter grundsätzlicher Bedenken an ihrer Zulässigkeit - im Hinblick auf die Besonderheiten des Sportwettenbereichs ausdrücklich als im Rahmen des einzelstaatlichen gesetzgeberischen Ermessensspielraums für zulässig erachtet. Diesen Grundsatz hat der EuGH in den Entscheidungen vom 8. September 2010 ausdrücklich auch für den Fall bestätigt, dass die nationale Regelung nicht vorrangig der Kriminalitätsbekämpfung, sondern dem Verbraucherschutz zu dienen bestimmt ist.

EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. - N. T. u.a. - Rn. 81 f.

Wenn die Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer beschränkt wird mit dem Ziel, die Gelegenheit zum Glücksspiel zu vermindern, muss die Beschränkung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allerdings in jedem Fall dem Anliegen gerecht werden, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Q. u.a., a.a.O., Rn. 53.

Ob die nationale Regelung tatsächlich den genannten Anforderungen entspricht, ist von dem nationalen Gericht zu prüfen.

EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Q. u.a., a.a.O., Rn. 58; Urteile des EuGH vom 8. September 2009, C-42/07 - M. Q1. , und vom 6. Oktober 2009, C-153/08, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (N. T. u.a.) und Rs. C-46/08 (D. N1. ) -.

Der Senat geht nach derzeitigem Erkenntnisstand davon aus, dass die in den Blick zu nehmenden Regelungen des deutschen Rechts den dargestellten Maßstäben grundsätzlich noch genügen. Er legt dabei die Rechtsprechung des EuGH zugrunde, dass zwar jede Einzelmaßnahme auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen ist - insofern also eine sektorielle Betrachtung erfolgt -, insgesamt aber eine globale Kohärenz herrschen muss.

Schlussanträge des Generalanwalts N2. vom 4. März 2010 in den verb. Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07 und C-410/07 -, N. Stoss u.a. - Rn. 42 ff.; Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (N. T. u.a.) und Rs. C-46/08 (D. N1. ) -.

Aus diesem Erfordernis folgt aber nicht, dass der Gesetzgeber gehalten ist, für alle Bereiche des Glücksspiels eine einheitliche, im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung zu schaffen. Insbesondere ist der Gesetzgeber unter Kohärenzgesichtspunkten nicht verpflichtet, für alle Glücksspielbereiche oder - alternativ - für keinen einen "Staatsvorbehalt" zu statuieren.

So ausdrücklich EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (N. T. u.a.) - Rn. 96 und Rs. C-46/08 (D. N1. ) - Rn. 63; vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts N2. , a.a.O., Rn. 72 ff.

Er kann den Glückspielmarkt vielmehr differenziert ausgestalteten Normen unterwerfen, die den Besonderheiten der verschiedenen Glücksspielarten Rechnung tragen. Es "steht nämlich fest, dass die verschiedenen Arten von Glücksspielen erhebliche Unterschiede aufweisen können, u.a. hinsichtlich der konkreten Modalitäten ihrer Veranstaltung, des Umfangs der für sie kennzeichnenden Einsätze und Gewinne, der Zahl potentieller Spieler, ihrer Präsentation, ihrer Häufigkeit, ihrer kurzen Dauer oder ihrem wiederholenden Charakter, der bei den Spielern hervorgerufenen Reaktionen oder danach, ob sie, wie es bei in Spielbanken angebotenen Spielen und den dort oder in anderen Einrichtungen aufgestellten Geldspielautomaten der Fall ist, die körperliche Anwesenheit des Spielers erfordern oder nicht."

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs C 46/08 - D. N1. - Rn. 62 f.

Dabei ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich auch gestattet, neu hinzukommende Glücksspielangebote, die zu einer wesentlichen Erweiterung der Glücksspielmöglichkeiten und erheblichen zusätzlichen Gefahren führen, stärkeren Begrenzungen zu unterwerfen als das bereits vorhandene Glücksspielangebot, um auf diese Art und Weise eine hinreichende Kanalisierung des Glücksspielbetriebs sicher zu stellen.

Vgl. dazu auch BayVGH, Beschluss vom

16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, a.a.O., Rn. 54.

Insbesondere der EuGH stellt in ständiger Rechtsprechung - namentlich in allen hier einschlägigen Entscheidungen - die Bedeutung nationaler Traditionen und Wertevorstellungen gerade im Bereich des Glückspiels heraus. Dementsprechend ist das britische Verbot von Lotterien unbeanstandet geblieben, obwohl in Großbritannien im Hinblick auf Sportwetten ausgesprochen liberale Regelungen existieren.

EuGH, Urteil vom 24. März 1994, C-275/92, T2. ; Urteil vom 8. September 2010 - Rs C 46/08 - D. N1. - Rn. 61; vgl. dazu auch Schlussanträge des Generalanwalts N2. , a.a.O., Rn. 70.

Die Grenzen des gesetzgeberischen Spielraums sind erst dann überschritten, wenn die gesetzliche Regelung einzelner Glücksspielbereiche für sich genommen nicht erforderlich und geeignet ist oder die differenzierte Regelung verschiedener Glücksspielsektoren nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze nicht hinreichend sachlich gerechtfertigt ist. Die Merkmale "kohärent" und "systematisch" erweisen sich damit in der Sache (zugleich) als Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes.

Vgl. zu dessen Geltung im Europarecht etwa Oppermann, Europarecht, 2. Aufl., Rn. 490 und 492; Streinz, EUV/EGV, 2003, GR-Charta Art. 20, Rn. 6 ff.

Hiernach kann das Erfordernis einer sektorenübergreifenden Gesamtkohärenz nach der Rechtsprechung des EuGH dann verletzt sein, wenn "ein regionales staatliches Monopol auf Sportwetten und Lotterien errichtet wurde, mit dem das Ziel verfolgt wird, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, und ein nationales Gericht sowohl feststellt,

dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch, dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotential als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik betreiben, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren."

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (D. N1. ) - Ziffer 2 des Tenors.

Nach summarischer Prüfung ist indes davon auszugehen, dass die hier in den Blick zu nehmenden gesetzlichen Regelungen die aufgezeigten Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht überschreiten.

1.4.2.1

Soweit der Sektor der Pferdewetten angesprochen wird, ist darauf hinzuweisen, dass auch das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I Seite 335, 393), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I Seite 2407, 2149), Regelungen zur Beschränkung des Spielbetriebs enthält. Es sieht etwa im Rahmen der Erteilung der erforderlichen Erlaubnis Beschränkungen und Auflagen zu den Örtlichkeiten der Wettannahme und zu den Personen vor, die Wetten annehmen und vermitteln dürfen (§ 2 Abs. 2 Rennwett- und Lotteriegesetz). Zudem ist in Rechnung zu stellen, dass die Pferdewetten ein Marktsegment bilden, das auf Grund seiner geringen Popularität in Deutschland und des hieraus folgenden geringen Umsatzniveaus (max. 0,5 % des Gesamtumsatzes der Glücksspielanbieter) nicht mit dem erheblichen Suchtpotential sonstiger Sportwetten zu vergleichen sein dürfte.

Vgl. dazu auch Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission der europäischen Gemeinschaften vom 20. Mai 2008, Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866, ZfWG 2008, Seite 173 (184), unter 97; ferner: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/

07 -, a.a.O., Rn. 65.

Damit ist bereits das erste vom EuGH genannte Kriterium zur Bestimmung einer Inkohärenz - nämlich ein im Vergleich zu den monopolisierten Bereichen erhöhtes Suchtpotential - nicht erfüllt. Unabhängig davon fehlte es jedoch auch an einem feststellbaren staatlichen Handeln, das auf eine Ausweitung der Spielmöglichkeiten abzielte oder sie duldete. Solches wird auch in keinem der dem Senat bekannten Verfahren substantiiert vorgetragen.

1.4.2.2

Die gesetzliche Regelung für TV-Gewinnspiele rechtfertigt gleichfalls keine andere Beurteilung. Soweit es sich nicht um Geschicklichkeitsspiele handelt, sind diese Gewinnspiele entweder wegen des geringfügigen Spieleinsatzes keine Glücksspiele (vgl. § 8 a Abs. 1 Satz 5 Rundfunkstaatsvertrag) oder aber es greift das Verbot des § 284 StGB.

1.4.2.3

Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Betrieb von Spielbanken, deren Zahl in Nordrhein-Westfalen auf vier beschränkt ist und die nur von Personen des öffentlichen Rechts oder durch solche juristische Personen des privaten Rechts betrieben werden dürfen, deren Anteile überwiegend dem Land Nordrhein-Westfalen gehören (vgl. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 Spielbankgesetz NRW). Soweit hier eine Angebotserweiterung außerhalb Nordrhein-Westfalens stattgefunden hat, ist dies unter dem Gesichtspunkt der globalen Kohärenz des Glückspielmarktes zwar nicht von vornherein unproblematisch. Allerdings kann der Senat derzeit nicht von einer expansiven Tendenz nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages ausgehen; die Zahl der deutschen Spielbanken liegt - wie nach den vom VG Schleswig in seinem Vorlagebeschluss dem EuGH unterbreiteten Zahlen aus 2007 - weiterhin bei ca. 80, wie eine Internetrecherche des Senates ergeben hat. Zudem ist gerade bei Spielbanken ein Schutz vor Spielsucht ggf. auf anderen Wegen - insbesondere mittels wirksamer Sperren - in Rechnung zu stellen. Solche Sperren fordert § 20 GlüStV bundeseinheitlich, auch Im Übrigen gelten die wesentlichen spielerschützenden Vorschriften des GlüStV auch für den Bereich der Spielbanken (beispielsweise auch ein Internetverbot), § 2 Satz 2 GlüStV. Die im Spielbankengesetz NRW getroffenen Regelungen entsprechen diesen Vorgaben und gehen in Teilen noch darüber hinaus (etwa § 8).

1.4.2.4

Auch die Veranstaltung von Sportwetten auf Grund von DDR-Erlaubnissen führt nicht zu einer Verletzung der gebotenen Gesamtkohärenz. Solche Sportwetten sind in Nordrhein-Westfalen nach wie vor nicht zulässig.

Vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -, Juris, - sowie Beschluss vom 9. Januar 2007 - 4 B 1498/06 -; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 -, Juris.

Abgesehen davon handelt es sich bei den im Jahr 1990 nach dem Gewerberecht der DDR erteilten Erlaubnissen um Sonderfälle, die aufgrund einer Übergangsrechtslage entstanden sind und die - weil es sich nur noch um drei Erlaubnisse handelt - auch faktisch nicht dazu geeignet sind, das dem Glückspielstaatsvertrag und den Glückspielgesetzen der Länder zugrunde liegende Ordnungskonzept durchgreifend in Frage zu stellen.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 - a.a.O., Rn. 60; OVG Bremen, Beschluss vom 11. März 2010 - 1 B 314/09 -, Juris, Rn. 49; auch Schlussanträge des Generalanwalts N2. vom 04. März 2010 in der Rechtssache C-46/08 - (D. N1. ) - Rn. 67 ff.

Der EuGH hat Übergangsregelungen - auch und gerade unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz - ebenfalls gebilligt.

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (D. N1. ) - Rn. 110.

1.4.2.5

Die gewerberechtlichen Regelungen des Glücksspiels an Spielautomaten dürften jedenfalls bei der hier allein möglichen summarischen Bewertung dem Erfordernis einer systematischen und kohärenten Begrenzung der Glücksspielaktivitäten ebenfalls noch genügen, auch wenn es sich hierbei nach allen dem Senat bekannten Untersuchungen um den Glücksspielsektor mit dem - mit Abstand - höchsten Suchtpotential handelt. Der Gesetzgeber differenziert zwischen Spielautomaten, die lediglich in einer Spielbank (§ 33 h Nr. 1 GewO) betrieben werden dürfen und damit den kohärenten Regeln des GlüStV unterliegen, und solchen, die in Spielhallen und Gaststätten aufgestellt sind. Die für Letztere geltenden Vorschriften müssen nach der Verordnungsermächtigung des § 33 f GewO durch das gesetzgeberische Anliegen bestimmt sein, die Gelegenheiten zum Spiel zu begrenzen und (Kriminalitäts-) Gefahren für die Allgemeinheit vorzubeugen. Diese Spielgeräte unterliegen für ihre technische Zulassung bestimmten Einschränkungen, die u.a. die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33 e Abs. 1 Satz 1 GewO). Die Zulassung darf nur erteilt werden, wenn die Spielgeräte bestimmte Anforderungen erfüllen. Diese betreffen unter anderem den Höchsteinsatz und den Höchstgewinn, das Verhältnis der Anzahl der gewonnenen Spiele zur Anzahl der verlorenen Spiele, und das Verhältnis des Einsatzes zum Gewinn bei einer bestimmten Anzahl von Spielen (§ 33 f Abs. 1 Nr. 3 GewO). Nach der § 33 f Abs. 1 GewO konkretisierenden Spielverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2006, BGBl. I Seite 280, ist der Verlust pro Stunde auf 80 Euro begrenzt (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Spielverordnung), wobei dieser bei langfristiger Betrachtung auf höchstens 33 Euro fallen muss (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) SpielVO). Der Gewinn pro Stunde darf 500 Euro nicht übersteigen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 SpielVO). Darüber hinaus sind noch weitere Beschränkungen für diese Spielautomaten angeordnet, wie etwa der fünfminütige Stillstand der Geräte nach einer Stunde Laufzeit (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 SpielVO). Daneben enthält die Spielverordnung weitere Maßnahmen zur Gewährleistung des Spielerschutzes wie z.B. das Verbot von Jackpotsystemen (§ 9 Abs. 2 SpielVO) und die Verpflichtung der Betreiber, Warnhinweise anzubringen und Spieler auf Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen (§ 6 Abs. 4 SpielVO).

Mit den Erkenntnismöglichkeiten des Eilverfahrens lässt sich nicht feststellen, dass die auf die Begrenzung von Spielmöglichkeiten auszurichtende Regelungskonzeption (vgl. § 33 f GewO) durch die zum 1. Januar 2006 zugleich erlaubten Lockerungen hinsichtlich der höchstzulässigen Zahl von Spielgeräten in einer Spielhalle, der Mindestquadratmeterzahl, der Mindestspieldauer sowie der Verlustgrenze in einer Weise aufgegeben wurde, die zu der Schlussfolgerung führte, die staatlichen Stellen verfolgten seitdem eine inkohärente Expansionsstrategie.

Der Senat schließt sich dabei grundsätzlich den Bedenken des EuGH an, dass eine Politik der Expansion in diesem Bereich die auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht zielende Gesamtkohärenz der Regelungen in Frage stellte, wobei es unter dem europarechtlichen Blickwinkel unerheblich ist, dass für die Regelungen im Bereich des Automatenwesens nicht die Länder, sondern der Bund zuständig ist.

So ausdrücklich unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung EuGH, Urteil vom 8. September - Rs. C-46/08 (D. N1. ) - Rn. 69.

Nach Auffassung des EuGH haben die nationalen Gerichte berechtigten Anlass, von einer europarechtswidrigen Inkohärenz auszugehen, wenn im Bereich der Spielautomaten die "zuständigen Behörden eine Politik verfolgen, die eher darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen Spielen zu ermuntern, als darauf, die Spielgelegenheiten zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen."

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (D. N1. ) - Rn. 68.

Allerdings hat der EuGH nicht selbst eine solche Politik der deutschen staatlichen Stellen festgestellt, sondern ausdrücklich die Bewertung des vorlegenden VG Schleswig zugrunde gelegt. Das Verwaltungsgericht habe festgestellt, dass "die Bedingungen für den Betrieb von Automatenspielen in anderen Einrichtungen als Spielbanken, etwa in Spielhallen, Schank- und Speisewirtschaften sowie Beherbergungsbetrieben, unlängst erheblich gelockert worden seien."

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. 46/08 (D. N1. ) - Rn. 67.

Ob das vorlegende Gericht insoweit eine zutreffende Würdigung der SpielVO vorgenommen hat, hat der EuGH selbst nicht geprüft. Die auf den Tatsachenfeststellungen des vorlegenden Gerichts fußenden Erwägungen des EuGH entbinden die nationalen Gerichte damit nicht von ihrer Verantwortung, eine eigene Bewertung vorzunehmen.

Hiervon ausgehend kann der erkennende Senat im vorliegenden Verfahren nicht die Überzeugung gewinnen, der Verordnungsgeber verfolge im Bereich der Spielautomaten bewusst und zielgerichtet eine Expansionsstrategie. Denn insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Neufassung der SpielVO neben den genannten Lockerungen gleichzeitig wichtige Neuregelungen zum Spielerschutz enthält, so etwa die bereits erwähnten Vorschriften über das Verbot von Jackpotsystemen, die Anbringung von Warnhinweisen und Hinweisen auf Beratungsmöglichkeiten sowie insbesondere das Verbot der unter Spielerschutzaspekten besonders problematischen sog. Fun-Games. Ferner ist in den Blick zu nehmen, dass auch in dem Bereich der von der Spielverordnung erfassten Spiele Internetangebote nicht erlaubt, sondern nur stationär an bestimmten Orten aufgestellte Spielgeräte (vgl. §§ 1 f. SpielVO) zulässig sind.

Vgl. zur umstrittenen Bewertung der neuen SpielVO auch VG Braunschweig, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 5 B 178/10 - Juris mit Bezugnahme auf unveröffentlichte Entscheidungen des NdsOVG; Hahn GewArch 2007, 89 ff.

Eine von vornherein bestehende Absicht, die Gelegenheit zum Spielen in einer der Suchtprävention zuwider laufenden Weise auszuweiten, kann der Senat auch deshalb nicht unterstellen, weil die Rechtsverordnung damit den Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (§ 33 f. GewO) verließe. Es kann Verfassungsorganen jedenfalls nicht ohne eindeutige Belege in einem Eilverfahren unterstellt werden, sie missachteten bewusst und gewollt den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes und damit die Verfassung.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Gesetz- (und Verordnungs-) geber nach der Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich angemessener Maßnahmen zur kohärenten Regelung des Glücksspielsektors einen Ermessensspielraum hat. Dieser endet nur dann, wenn sich die Regelungen tatsächlich widersprechen, nicht bereits dann, wenn sie sich (nur) nicht entsprechen. In diesem Rahmen dürfte der Normgeber zumindest berechtigt sein, bei Neuregelungen im Bereich etablierter Glücksspielmärkte - in denen er die vorgefundene (Angebots-)Struktur schon unter Vertrauensschutzgesichtspunkten und wegen der gebotenen Achtung der Grundrechte aus Art. 12 und 14 GG nicht im Interesse einer idealen Regelung außer Acht lassen kann - Neuland zu betreten und Regelungen auch dann zu erlassen, wenn ihre Auswirkungen auf diesen Markt nicht sicher prognostizierbar sind. Deshalb hindert die Forderung nach einer kohärenten Politik nicht den Verzicht auf Neuregelungen, deren Eignung zum Spielerschutz offen ist. In diesem Fall ist es allerdings geboten, dass die zuständigen staatlichen Stellen die Auswirkungen ihrer Regelungen überwachen und in angemessener Frist reagieren, wenn unerwünschte oder mit höherrangigem Recht (hier insbesondere § 33 f GewO) nicht zu vereinbarende Konsequenzen eintreten.

Vgl. dazu auch Ennuschat, in: ders., Aktuelle Probleme des Rechts der Glücksspiele, 2008, S. 77.

Erst wenn trotz belegter Ungeeignetheit normative Korrekturen ausbleiben, dürfte der Spielraum des nationalen Gesetz- und Verordnungsgebers überschritten und (fortan) eine insgesamt europarechtswidrig inkohärente Glücksspielregelung festzustellen sein.

Dieser Fall ist nach Auffassung des Senats zumindest derzeit (noch) nicht eingetreten. Zwar gibt es inzwischen empirisch belegte Anzeichen dafür, dass der durch die Neuregelung der SpielVO geschaffene Spielraum seitens der Anbieter tatsächlich zur Ausweitung der Spielgelegenheiten geführt hat. So hat nach Untersuchungen des "Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V." aus Juli 2010 "Angebotsstruktur der Spielhallen und Geldspielgeräte in Deutschland" - hierbei handelt es sich nach Angaben der Verfasser um die erste systematische Erfassung dieses Marktsegments seit Änderung der SpielVO - die Zahl der in Gaststätten und Spielhallen aufgestellten Glücksspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit zwischen 2006 und 2009 ebenso zugenommen (insgesamt um 27,41 % von 136.044 auf 173.331, für Spielhallen allein 47,5 % von 84.384 auf 124.487) wie der Umsatz pro Gerät (13 % in Spielhallen und 7,84 % in Gaststätten). Auch eine im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellte Studie (vgl. hierzu die Selbstverpflichtung des BMWA in der Verordnungsbegründung, BR-Ds. 655/05 S. 11) zu den Auswirkungen der Neufassung der SpielVO soll nach übereinstimmenden Berichten zu dem Ergebnis gekommen sein, die SpielVO habe zu einer erheblichen Angebotssteigerung in diesem Sektor geführt.

Vgl. SZ vom 18. August 2010 S. 3 und vom 20. Oktober 2010 S. 6.

Ob allein diese Zahlen schon den zwingenden Schluss auf eine Expansionspolitik zulassen, ist jedoch zumindest deshalb zweifelhaft, weil auch der durch die Änderung der SpielVO zugleich gewährleistete Wegfall der unter dem Gesichtspunkt des Spielerschutzes besonders problematischen sog. "Fun Games", deren Zahl im Jahr 2005 auf 80.000 geschätzt wurde,

BR-Ds. 655/05 S. 18,

zu berücksichtigen ist. Der oben konstatierte Zuwachs der Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in den letzten vier Jahren macht mit etwa 40.000 Geräten in Zahlen nämlich nur knapp die Hälfte des verbotenen Marktes der Fun-Games aus. Im Verhältnis zu diesen Spielgeräten wurde zudem die (Mindest-) Spieldauer von 3 sec. auf 5 sec. verlängert.

Ebenso ist unter dem Gesichtspunkt der politischen Zurechenbarkeit zu beachten, dass ein erheblicher Teil des zahlenmäßigen Zuwachses auf Neuerungen im Angebot der Spielautomaten beruht, die im Jahr 2006 noch nicht existierten.

Vgl. Bericht des "Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. von Juli 2010 S. 11 f.

Zudem beruht auch die unter dem Gesichtspunkt der Angebotsausweitung problematische Reduktion der Mindestspieldauer für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit von 12 sec. auf 5 sec. jedenfalls nicht nur auf der Überlegung, damit mehr Spiele in gleicher Zeit zu ermöglichen. Vielmehr sollte dadurch aus Sicht der Bundesregierung zugleich die Möglichkeit zum Doppelspiel an mehreren Geräten vermindert werden.

BR-Ds. 655/05 S. 10, 24 f.

Zwar mag sich diese Überlegung als falsch herausstellen, von vornherein abwegig ist sie allerdings nicht. Diese Neuregelung ist damit ebenfalls kein eindeutiges Indiz für eine Expansionsstrategie, auch wenn bereits vor der Neuregelung Spielsuchtexperten vor solchen Folgen gewarnt haben.

Vgl. Bericht des "Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. von Juli 2010 S. 21.

Auch die Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMWI anlässlich der Eröffnung der Internationalen Fachmesse Unterhaltungs- und Warenautomaten (IMA) vom 19. Januar 2010 (www.bmwi.de/BMWI/Navigation/Presse/redenundinterviews,did=344032.htm), es sei politisch gewollt gewesen, dass die Automatenbranche von der Neuregelung der SpielVO profitiere, lassen nicht zweifelsfrei auf eine gezielte Ausweitungsstrategie schließen. Dies mag zwar die Einschätzung des federführenden Ministeriums wiedergeben; der ursprüngliche Entwurf wurde jedoch noch maßgeblich vom Bundesrat im Sinne eines stärkeren Spielerschutzes verändert.

BR-Ds. 655/05, 655/1/05 und 655/2/05.

Zudem steht diese Aussage im Kontext einer Betrachtung, die auf Perspektiven im Wettbewerb mit anderen Spielangeboten und des aus Sicht des BMWI gebotenen Ausgleichs für das Verbot der Fun-Games eingeht, ohne das "Spannungsverhältnis zwischen einem möglichst effektiven Spielerschutz und dem Prinzip der Gewerbefreiheit" zu leugnen.

Unabhängig davon lässt sich aber derzeit jedenfalls nicht feststellen, dass der Verordnungsgeber nicht bereit ist, auf die inzwischen vorliegenden Untersuchungen zu reagieren. Nach Presseberichten arbeitet das Ministerium an einem Entwurf zur Überarbeitung der SpielVO unter Berücksichtigung der begleitenden noch unveröffentlichten Evaluationsstudie, der zum Jahresende vorliegen soll.

Vgl. SZ vom 18. August 2010 S. 3.

Jedenfalls diese Ankündigung erfüllt nach Auffassung des Senats noch die Anforderungen an eine angemessen zeitnahe Reaktion und stellt die Gesamtkohärenz der Glücksspielpolitik deshalb noch nicht in Frage. Aus diesem Grund können die nunmehr vorliegenden empirischen Befunde auch nicht als Beleg dafür herangezogen werden, die Expansion werde - zumindest - geduldet.

1.4.2.6

Ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot ergibt sich unter dem Gesichtspunkt eines Wertungswiderspruchs schließlich nicht daraus, dass § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Werbung für staatlich veranstaltetes Glückspiel - in engen Grenzen - erlauben. In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass "eine Politik der kontrollierten Expansion im Glückspielsektor durchaus mit dem Ziel in Einklang stehen (kann), Spieler, die als solchen verbotenen Tätigkeiten geheimer Spiele oder Wetten nachgehen, dazu zu veranlassen, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Zur Erreichung dieses Zieles ist es erforderlich, dass die zugelassenen Veranstalter eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit bereitstellen, was als solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken mit sich bringen kann."

EuGH, Urteil vom 3. Juni 2010 - C-258/08 - M1. -, Rn. 25 m.w.N. auf die Rechtsprechung des EuGH.

Diesen Ansatz hat der EuGH in seinen Urteilen vom 8. September 2010 ausdrücklich auch für maßgeblich dem Verbraucherschutz dienende Regelungen bestätigt.

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (N. T. u.a.) - Rn. 101 f.

Soweit er auf der Basis der ihm im Jahr 2007 unterbreiteten Angaben - die jedoch die Zeit vor in Kraft treten des Glückspielstaatsvertrages betreffen - zu der Einschätzung zu tendieren scheint, die Werbeaktivitäten staatlicher Anbieter gingen darüber hinaus, vermag der Senat dem jedenfalls für die gegenwärtige Situation nicht zu folgen.

Vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 S 154.10 - UA S. 9.

Die Antragstellerin hat keine Belege dafür vorgelegt, dass weiterhin systematisch unzulässige Werbung betrieben wird. Solche Verhaltensweisen sind dem Senat auch Im Übrigen nicht bekannt, insbesondere nicht die Fortführung der vom EuGH konkret bemängelten Imagewerbekampagnen. Angesichts der klaren, die Rechtsprechung des BVerfG und EuGH teilweise wörtlich übernehmenden Regelung in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV wäre dies zudem kein Defizit der gesetzlichen Vorgaben, sondern ein Problem ihrer Einhaltung. Selbst ein - unterstellt - häufiger Verstoß gegen geltendes Recht führt für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit dieses Rechts. Anderes könnte nur gelten, wenn systematische Verstöße ebenso systematisch toleriert würden. Das lässt sich aber nicht feststellen. Gerade die von verschiedenen Antragstellern angeführten gerichtlichen Unterlassungsanordnungen gegen den staatlichen Anbieter belegen im Gegenteil, dass die gesetzlichen Bestimmungen ggf. durchgesetzt werden. Sie ändern damit nichts daran, dass die Regelung in sich kohärent ist.

1.4.2.7

Den von verschiedenen Antragstellern aus der M2. -Entscheidung abgeleiteten Anforderungen an die Untersuchung der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen,

EuGH, Urteil vom 13. November 2003, C-42/02, M2. , Juris,

ist in Nordrhein-Westfalen schon im Hinblick auf die Untersuchung von Meyer/Hayer (Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Eine Untersuchung von Spielern aus Versorgungseinrichtungen, Mai 2005) genügt, die u.a. für das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW durchgeführt worden ist.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 13 B 1799/06 -.

Im Übrigen hat der EuGH im Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (N. T. u.a.) Rn. 70-72 - klargestellt, dass die von vielen Antragstellern angenommene Verpflichtung, vor Erlass der beschränkenden Regelung Untersuchungen durchzuführen, die deren Verhältnismäßigkeit untermauern, auf einem fehlerhaften Verständnis seiner Rechtsprechung beruht. Es ist vielmehr Aufgabe des Gerichts, sich hierüber zu vergewissern. Die nationalen Stellen sind lediglich verpflichtet, alle hierfür wesentlichen Umstände vorzulegen. Dass dieser Verpflichtung nicht genügt sein könnte, ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil der EuGH in seiner jüngeren Rechtsprechung davon ausgeht, dass Monopole grundsätzlich den Anforderungen an die Zweck- und Verhältnismäßigkeit genügen.

EuGH, Urteil vom 03. Juni 2010 - C-203/08 -, (C. ), Rn. 30 ff.; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-447 u. 448/08 - (T1. ), Rn.42 f.; EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (N. T. u.a.) - Rn. 81 f. und Rs. C-46/08 (D. N1. ) - Rn. 58 f.

1.4.2.8

Schließlich kann sich die Antragstellerin nicht auf eine im Ausland für den Wettveranstalter erteilte Erlaubnis berufen. Der europarechtlich bestehende Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum eines jeden Mitgliedstaates schließt eine transnationale Geltung von Glücksspielerlaubnissen zumindest dort von vornherein aus, wo nationale Vorschriften - wie es in Deutschland für Sportwetten der Fall ist - die Erteilung solcher Erlaubnisse durch den jeweiligen Mitgliedstaat vorsehen, um eine Beschränkung der Glücksspielaktivitäten sicherzustellen. Eine Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung nationaler Erlaubnisse besteht unabhängig davon nicht, ob diese in dem Erlaubnisstaat selbst ebenfalls gelten oder nur für Auslandsaktivitäten erteilt wurden.

Vgl. auch - zu Online-Glückspielen - EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010, C-258/08 (M1. ) und C-203/08 (C. ), Rn. 54 bzw. Rn.33.; Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (N. T. u.a.) - Rn. 109 ff.

1.4.3

Bei summarischer Prüfung ist auch nicht festzustellen, dass das Sportwettenmonopol gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt. Eine solche Vermutung findet in der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH ohnehin keine Stütze. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG) dürften die dieses Monopol begründenden Vorschriften nicht zu beanstanden sein.

Vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 -, sowie BayVGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.774 -, jeweils a.a.O.; vgl. ferner Fremuth, Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher Glücksspielmonopole mit dem EG-Wettbewerbsrecht

illustriert am Entwurf eines Glücksspielstaatsvertrages vom 13.12.2006, EuZW 2007, 565; EuGH, Urteil vom 03. Juni 2010 - Rs 203/08 -, (C. ), Rn. 30 ff.

Die hierzu vertretene Ansicht, die Schaffung eines Sportwettenmonopols sei unverhältnismäßig, teilt der Senat nicht. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie zu Art. 49 und 56 AEUV (vormals Art. 43 und 49 EG).

1.5

Selbst wenn man aber von der Europarechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols ausginge, dürfte die angefochtene Untersagungsverfügung jedoch voraussichtlich rechtmäßig sein. Denn auch in diesem Fall dürfte - unabhängig von diesem Monopol - nach in § 4 GlüStV und in § 4 Abs. 1 AG GlüStV NRW ein Glücksspiel grundsätzlich nicht ohne Erlaubnis der zuständigen Stellen veranstaltet werden. Ein entsprechender Vorbehalt gilt Im Übrigen nach § 33 c GewO auch für die dort geregelten Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit.

Der EuGH hat einen solchen Vorbehalt in den Entscheidungen vom 8. September 2010 auch nicht in Frage gestellt, sondern ihn in der Sache ausdrücklich bestätigt. Die Vorlagefrage, ob eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten ohne Verstoß gegen Europarecht in das Ermessen der zuständigen Behörden gestellt werden darf, wird gerade unter dem Vorbehalt - bejahend - beantwortet, dass sich das Monopol selbst als europarechtswidrig erweist.

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 -Rs. C-46/08 (D. N1. ) - Rn. 73

Eine solche Erlaubnis hat die Antragstellerin jedoch weder beantragt noch erhalten. Dass das europarechtliche Kohärenzgebot verlangen könnte, allein im Bereich der Sportwetten ohne Erlaubnis ein Gewerbe betreiben zu dürfen, ist nicht zu erkennen.

Der Senat kann insbesondere den Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 nicht entnehmen, dass eine Erlaubnispflicht - jedenfalls soweit sie nicht unmittelbar mit einem staatlichen Sportwettenmonopol zusammenhängende oder daran anknüpfende Anforderungen stellt - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen könnte. Unanwendbar wäre der Erlaubnisvorbehalt im Falle der Europarechtswidrigkeit des § 10 Abs. 2 GlüStV nur insoweit, als nicht allein der Umstand, dass ein Privater die Erlaubnis begehrt, einen Versagungsgrund darstellt; insoweit könnte dem Betroffenen die Erlaubnispflicht nicht entgegengehalten werden, weil sie sich an materiellen Anforderungen ausrichtete, die gegen höherrangiges Recht verstießen.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 S 154/10 -; NdsOVG, Beschluss vom 8. Juli 2008 - 11 ME 71/08 - Juris.

Im Übrigen hat der EuGH insoweit Zweifel bezüglich der im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelung in § 5 GlüStV AG SH gerade nicht geäußert, sondern ihre grundsätzliche Zulässigkeit - auch und gerade unter der Voraussetzung, dass das nationale Gericht das im GlüStV statuierte Staatsmonopol verwirft - bejaht und sogar eine Ermessenseröffnung gebilligt. Angesichts dessen spricht nichts dafür, dass der europarechtliche Anwendungsvorrang der Beibehaltung eines präventiven Erlaubnisverfahrens entgegensteht.

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 S 154/10 -

Allein der Umstand, dass es an einer formal erforderlichen Durchführung eines bei unterstellter Nichtanwendbarkeit des § 10 Abs. 2 GlüStV nicht von vornherein aussichtslosen Genehmigungsverfahren fehlt, dürfte daher ebenfalls die Untersagungsverfügung rechtfertigen.

Vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 S 154/10 -

Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass die Antragstellerin die Anforderungen nach § 4 AG GlüStV NRW offensichtlich erfüllte. Dies ist vielmehr etwa im Hinblick auf die vorgesehenen Maßnahmen zum Spielerschutz (insbesondere Zugangssperren) und zum Jugendschutz zumindest fraglich. Letzteres weckt auch Zweifel an einer Erlaubnisfähigkeit nach § 33 c GewO. Ebensowenig lässt sich anhand der vorliegenden Erkenntnisse feststellen, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AG GlüStV erfüllt sind. Dies gilt vor allem für die Konformität mit den Zielen nach § 1 Nrn. 4 und 5, die im Wesentlichen nicht auf einen Spielerschutz, sondern damit gleichrangig auf Abwehr allgemeiner Gefahren für die öffentliche Sicherheit - namentlich die Betrugsbekämpfung - abzielen.

Vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 S 154/10 -.

Ferner ist nicht zu erkennen, dass und wie die Antragstellerin die Einhaltung der Werbebeschränkungen - auch für den im EU-Ausland ansässigen Wettanbieter - sicherstellen will. Hiergegen dürften schon die vielfältigen Werbeaktivitäten im Sportumfeld etwa auch bei in Deutschland übertragenen Fußballspielen sprechen. Gleiches gilt für die unabhängig von einem Monopol bestehende Verpflichtung - dies zeigt nicht zuletzt § 25 Abs. 6 GlüStV eindeutig -, ein Sozialkonzept im Sinne von § 6 GlüStV vorzulegen (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AG GlüStV NRW).

Nach der vorstehend dargelegten gesetzlichen Systematik ist schließlich nicht festzustellen, dass das Erlaubnisverfahren privaten Anbietern von vornherein nicht offen stünde oder nur unter Annahme eines Staatsmonopols sinnvoll wäre.

So auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 S 154/10 -

Dem steht auch § 4 Abs. 4 AG GlüStV NRW nicht grundsätzlich entgegen. Denn Sportwetten gehören nicht zu den per se unerlaubten Glücksspielen im Sinne des GlüStV. Die Vorschrift hat im Übrigen - etwa für Live-Sportwetten - auch unabhängig von der Frage des Veranstalters einen materiellen Regelungsgehalt.

2.

Die danach vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Suspensivinteresse der Antragstellerin hinter die öffentlichen Interessen zurücktritt, die für die Vollziehung der aller Voraussicht nach rechtmäßigen Ordnungsverfügung streiten. Mit Blick auf die mangelnde Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren hält der Senat schon die abstrakte Gefährlichkeit der Tätigkeit der Antragstellerin,

vgl. zu den von der Sportwettenvermittlung ausgehenden Gefahren näher Senatsbeschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -, Juris,

für ausreichend, um einen Vorrang des Vollzugsinteresses zu bejahen.

Vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2006 - 1 BvR 138/05 - (entgegen dem Beschluss vom 27. April 2005 - 1 BvR 223/05 -); Beschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 ff.

Unabhängig davon geht von der Sportwettenvermittlung durch die Antragstellerin auch eine konkrete Gefahr aus. Eine solche konkrete Gefahr begründet bereits der Umstand, dass die Antragstellerin mit ihrer Geschäftstätigkeit gegen das nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV, § 14 Abs. 1 Satz 2 GlüStV AG NRW bestehende verwaltungsrechtliche Verbot der Vermittlung unerlaubter Sportwetten verstößt.

BVerfG, Beschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a. O.

Im Übrigen liegt auch unter dem Gesichtspunkt der Spielsucht und ihrer Folgen eine konkrete Gefahr vor. Im Rahmen der Folgenabwägung berücksichtigt der Senat, dass die Regelungen des deutschen Glücksspielrechts - selbst wenn sie sich im Hauptsacheverfahren als inkohärent erweisen sollten - nach den vorliegenden Untersuchungen zumindest erreicht haben, dass in Deutschland pro Einwohner im europäischen Vergleich nur sehr geringe Ausgaben für Glücksspiele getätigt werden.

Vgl. Bericht des "Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. von Juli 2010 S. 24; Adams, SZ vom 20.10.2010 S. 2.

Zudem kommen - soweit ersichtlich - alle Untersuchungen zu dem Schluss, dass der vom Glücksspielstaatsvertrag abgedeckte Bereich für sich genommen zufriedenstellend geregelt ist.

Bericht des "Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. von Juli 2010 S. 22, 24; Adams, SZ vom 20.10.2010 S. 2; DHS, Stellungnahme zum Thema "Zukunft des Glücksspielwesens" (April 2010) S. 1f.; Fachbeirat Glücksspielsucht, Jahresbericht 2008, 28 f. und Jahresbericht 2009 S. 40 f.

Nicht zuletzt deshalb wäre eine vorübergehende völlige Freigabe unter dem Gesichtspunkt des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung besonders bedenklich. Hinzu kommt, dass mit Erlass der begehrten Anordnung vorübergehend ein freier Markt eröffnet würde, dessen Dynamik es erheblich erschwerte, ein ggf. im Hauptsacheverfahren zu bestätigendes Monopol oder auch nur die Einhaltung der unabhängig davon bestehenden Erlaubnisvoraussetzungen effektiv durchzusetzen. Der durch die unerwünschte Ausweitung des Glücksspielmarktes entstehende Schaden würde, je länger gegen das Verbot verstoßen wird, um so schwerer zu bekämpfen sein. Dem stehen zwar auf Seiten der Antragstellerin mit Grundfreiheiten und -rechten ebenfalls erhebliche Interessen gegenüber. Sie ließen sich jedoch immerhin - sollte sich im Hauptsacheverfahren die Europarechtswidrigkeit der Verfügung herausstellen - durch Entschädigungen sachgerecht kompensieren. Insoweit berücksichtigt der Senat weiterhin, dass die Position der Antragstellerin von vornherein mit der Unsicherheit belastet ist, dass sie ihr Gewerbe während einer unklaren rechtlichen Situation und ohne Erlaubnis eröffnen will. Zudem muss sie sich entgegen halten lassen, dass die von ihr gewünschte Vermittlung von Sportwetten ausländischer Anbieter gegenwärtig keinen europarechtlichen Schutz genießt. Eine Verpflichtung zur Anerkennung der in anderen Mitgliedstaaten erteilten Lizenzen besteht für die Bundesrepublik nicht.

Dem Urteil des EuGH vom 8. September 2010 - X. X1. GmbH - lässt sich im Hinblick auf die vorzunehmende Interessenabwägung nichts anderes entnehmen. Der vom EuGH erneut betonte unbedingte Anwendungsvorrang des Europarechts gebietet zwar, europarechtswidrige Normen unmittelbar unangewendet zu lassen und dies auch in Eilverfahren zu beachten - die Einräumung einer Übergangsfrist bei erkannter Europarechtswidrigkeit behält sich der EuGH ausdrücklich vor.

EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06 - X. X1. GmbH - Rn. 67.

Dies führt im vorliegenden Fall jedoch nicht weiter, da der Senat derzeit gerade nicht von einer europarechtswidrigen Rechtslage ausgeht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.