OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.07.2010 - 4 B 581/10
Fundstelle
openJur 2011, 74164
  • Rkr:
Tenor

Der angefochtene Beschluss wird - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung - geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-ren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hat dem einstweiligen Rechtsschutzantrag zu Unrecht entsprochen, wie die Antragsgegnerin hinreichend dargetan hat.

Nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung spricht alles dafür, dass sich die streitige Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin - soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweist (a). Eine dies zu Grunde legende Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers und der für die Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung streitenden öffentlichen Interessen geht zu Lasten des Antragstellers aus (b).

a) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es bei Untersagungsanordnungen der vorliegenden Art maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier also auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats, ankommt.

Vgl. Senatsbeschluss vom 18. April 2007

- 4 B 1246/06 -, Juris, Rn. 55 f., m.w.N.; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 22. November 2007 - 1 BvR 2218/ 06 -, Juris, Rn. 38.

Ermächtigungsgrundlage der streitigen Verfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.

Gemäß § 18 Abs. 3 GlüStV AG NRW ist die örtliche Ordnungsbehörde - hier die Antragsgegnerin - für die Untersagung illegaler Sportwettenvermittlung zuständig. Dies gilt auch dann, wenn die Übermittlung der Wettdaten zwischen Sportwettenvermittler und Wettveranstalter über Telekommunikationsanlagen erfolgt. Eine Verlagerung der Zuständigkeit in Fällen dieser Art auf die Bezirksregierung E. , wie das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 21. Februar 2008 - 1 L 1849/07 - angenommen hat, hat der Gesetzgeber mit §§ 18 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c) GlüStV AG NRW, 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz nicht beabsichtigt.

Vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2008

- 4 B 298/08 -, Juris.

Es spricht ferner alles dafür, dass das durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV eingeräumte Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 StGB) regelmäßig in derselben Weise zu Lasten des Sportwettenvermittlers auf Null reduziert ist, wie dies der Senat zu §§ 14 Abs. 1 OBG, 15 Abs. 2 Satz 1 GewO angenommen hat.

Vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11. August 2006 - 4 B 1444/06 - unter Hinweis auf Senatsbeschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -, Juris.

Diese Ermessensreduzierung hat zur Folge, dass es auf eventuelle Verstöße gegen die Begründungspflicht nach § 39 VwVfG NRW schon wegen § 46 VwVfG NRW nicht ankommt.

Die Frage, ob Sportwetten Glücksspiele i.S.v. § 284 Abs. 1 StGB sind, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung im bejahenden Sinne geklärt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 -, BVerwGE 126, 149; BGH, Urteile vom 14. März 2002 - I ZR 279/99 -, NJW 2002, 2175, vom 28. November 2002 - 4 StR 260/02 -, GewArch 2003, 332, sowie vom 1. April 2004 - I ZR 317/01 -, BGHZ 158, 343.

Von dieser Rechtsprechung abzurücken, geben auch die Ausführungen von Dannecker (Gutachterliche Stellungnahme zu der Frage, ob Oddset-Wetten Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB sind, 20. November 2007) keinen hinreichenden Anlass. Wegen der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 284 Abs. 1 StGB verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -, Juris (ständige Rechtsprechung).

Die für die Untersagungsverfügung maßgeblichen Rechtsvorschriften des GlüStV und des nordrheinwestfälischen Ausführungsgesetzes begegnen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Soweit vertreten wird, den Ländern fehle hinsichtlich des Internetverbots für Sportwetten die erforderliche Gesetzgebungskompetenz, ist diese Frage hier nicht entscheidungserheblich. Denn vorliegend geht es allein um die Untersagung der Sportwettenvermittlung in ortsfesten Annahmestellen. Auch die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gewerberecht steht den landesrechtlichen Regelungen über die gewerbliche Spielvermittlung nicht entgegen. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG keinen abschließenden Gebrauch gemacht (Art. 72 Abs.1 GG). Gemäß § 33 h GewO finden die §§ 33 c ff GewO u.a. dann keine Anwendung, wenn es sich - wie im Fall der Sportwetten - um Glücksspiele i.S.v. § 284 StGB handelt (§ 33 h Nr. 3 GewO).

Der Einwand, die durch den Landesgesetzgeber Nordrhein-Westfalen getroffenen Regelungen seien mangels ausreichender Prüfung und Abwägung der Alternativen zu einem Staatsmonopol verfassungswidrig, greift nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit sich eine solche Abwägungspflicht - etwa aus Art. 12 Abs. 1 GG - herleiten lässt.

Vgl. dazu erneut BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, a.a.O., Rn. 13.

Denn der Landesgesetzgeber hat sich bei der Verabschiedung des Glücksspielstaatsvertrages und dem Erlass des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag ausweislich der Gesetzesbegründung,

vgl. Landtagsdrucksache 14/4849, S. 3 f.,

sehr wohl mit Regelungsalternativen auseinandergesetzt und sich aus Gründen der Spielsuchtbekämpfung und des Jugendschutzes für ein staatliches Wettmonopol entschieden.

Die hier anzuwendenden Gesetzesbestimmungen, die als berufsregelnde Normen nicht dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG unterfallen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1983

- 1 BvL 46/80, 47/80 -, BVerfGE 64, 72,

begegnen unter dem Blickwinkel von Art. 12 Abs. 1 GG auch im Übrigen keinen durchgreifenden Bedenken. Der Senat geht nach summarischer Prüfung davon aus, dass die Vorschriften insbesondere den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261, dargelegten Anforderungen entsprechen, und verweist insoweit auf die umfangreichen Ausführungen des 13. Senats des beschließenden Gerichts in seiner Entscheidung vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, Juris.

Im Ergebnis für Eilverfahren der vorliegenden Art auch BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, NVwZ 2009, 1221 ff.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände greifen nicht durch. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Vorschriften über den Vertrieb von Sportwetten. Die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, a.a.O., für besonders bedenklich gehaltene Spielteilnahme über das Internet oder über SMS ist bei Sportwetten nach § 4 Abs. 4 und § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV verboten. In § 10 Abs. 3 GlüStV ist zudem eine Begrenzung der Annahmestellen vorgesehen, die in § 5 Abs. 5 GlüStV AG NRW eine weitere Konkretisierung erfahren hat. Der Gesetzgeber hat ferner u.a. den Zugang zu Sportwetten durch die Vorschriften über ein übergreifendes Sperrsystem beschränkt (§ 8 GlüStV). Dass die gesetzlichen Regelungen damit hinter den Anforderungen zurückbleiben, die das Bundesverfassungsgericht formuliert hat, ist bei summarischer Prüfung nicht zu erkennen.

Vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a. O.; BayVGH, Beschlüsse vom 2. Juni 2008 - 10 CS 08.1102 -, ZfWG 2008, 197, sowie vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, Juris, Rn. 39, und Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 -, Juris, Rn. 68; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 -, Juris.

Der Einwand, in Nordrhein-Westfalen sei bislang keine zahlenmäßige Begrenzung der Annahmestellen durch Rechtsverordnung vorgenommen worden, wie es § 20 Abs. 1 Nr. 2 GlüStV AG NRW vorsehe, trifft nicht mehr zu. Eine entsprechende Rechtsverordnung ist am 24. Juni 2009 erlassen worden und inzwischen auch in Kraft getreten (GV.NRW. S. 395). Soweit kritisiert wird, diese Verordnung sehe in § 15 Abs. 1 Satz 5 lediglich einen Mindestabstand von 200 Metern zwischen zwei Annahmestellen vor, ist zu berücksichtigen, dass die Verordnung darüber hinaus in § 14 die Gesamtzahl der Annahmestellen in Nordrhein-Westfalen begrenzt und außerdem bestimmt, dass im Regelfall die Zahl von 3500 Einwohnern pro Annahmestelle bezogen auf eine Gemeinde nicht unterschritten werden darf (§ 15 Abs. 1 Satz 2). Eine räumliche "Massierung" von Annahmestellen dürfte danach allenfalls ausnahmsweise eintreten. Auch die Begrenzung der Gesamtzahl der Annahmestellen auf 3900 wird nicht zu beanstanden sein. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs (vgl. § 1 Nr. 2 GlüStV) setzt voraus, dass ein ausreichendes Glücksspielangebot besteht (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 GlüStV). Dies schließt ein hinreichend dichtes Netz von Annahmestellen ein, um zu verhindern, dass Spieler auf illegale Glücksspielangebote etwa im Internet ausweichen, die vielfach stärkere Spielanreize bieten und insoweit ein entsprechend höheres Spielsuchtpotential aufweisen. Andererseits darf die Präsenz von Annahmestellen im Alltag nicht so stark sein, dass das Glücksspiel als allerorts verfügbares Gut des "normalen" Lebens erscheint.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006

- 1 BvR 1054/01 -, a.a.O., 1261.

Bei der Beurteilung, welche Zahl von Annahmestellen erforderlich bzw. zulässig ist, um den genannten gegenläufigen Anliegen Rechnung zu tragen, steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Dass die Grenzen dieses Spielraums durch die vorliegend streitige Regelung überschritten sind, ist bei summarischer Prüfung nicht zu erkennen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass das vom Bundesverfassungsgericht in seiner soeben zitierten Entscheidung beanstandete Vertriebsnetz in Bayern bezogen auf die Einwohnerzahl eine um etwa 50 Prozent höhere Dichte aufwies, als sie sich nunmehr unter Zugrundelegung einer Höchstzahl von 3900 Annahmestellen für Nordrhein-Westfalen ergibt.

Vgl. dazu LT-Drs: 14/4849, Seite 38.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht selbst eine noch gänzlich fehlende Neuausrichtung der Kapazität des Annahmestellennetzes nicht als relevantes grundlegendes Umsetzungsdefizit, das zur Verfassungswidrigkeit der Regelung selbst führen könnte, ansieht.

BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/

08 -, a. a. O.

Der Gesetzgeber war auch nicht gehalten, die hergebrachte Vertriebsform für das staatlich verantwortete Sportwettenangebot - über Lottoannahmestellen - aufzugeben und staatliche Wettbüros einzurichten. Werden die Annahmestellen sorgfältig ausgewählt, rechtlich verbindlich auf die verfassungsgerichtlich geforderten Vertriebsmodalitäten verpflichtet, hinreichend geschult und gewissenhaft kontrolliert (vgl. insoweit auch § 6 GlüStV und §§ 4,5 GlüStV AG NRW), können die staatsvertraglich vereinbarten Ziele umgesetzt werden, ohne dass auch der Vertrieb in staatlicher Hand liegen müsste.

Vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 23. Oktober 2009 - 6 B 10998/09 -, Juris, Rn. 18; Saarl. OVG, Beschluss vom 26. April 2010 - 3 B 20/10 - Juris, Rn. 36; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07, Juris, Rn. 33.

Die Einschätzung, das Sportwettenmonopol sei unverhältnismäßig, weil dieses Schutzniveau auch von Wettbüros gewährleistet werden könne, die Sportwetten an private Wettveranstalter vermitteln, teilt der Senat nicht. Zum einen darf der Gesetzgeber angesichts seines weiten Beurteilungsspielraums davon ausgehen, das Suchtgefahren mit Hilfe eines auf die Bekämpfung von Sucht und problematischem Spielverhalten ausgerichteten Wettmonopols mit staatlich verantwortetem Wettangebot effektiver beherrscht werden können als im Wege einer Kontrolle privater Wettunternehmer.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, a.a.O.

Zum anderen würde eine mit der Zulassung privater Wettanbieter einhergehende Vermehrung der Spiel- und Wettmöglichkeiten dem Ziel der Eindämmung der Wettleidenschaft zuwiderlaufen.

Vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 23. Oktober 2009 - 6 B 10998/08 -, a.a.O., Rn. 29.

Soweit geltend gemacht wird, der Gesetzgeber habe bisher keine ausreichenden inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt von Sportwetten geschaffen, trifft dies nicht zu. Wetten können nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV lediglich als Kombinations- oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen erlaubt werden. Wetten während eines laufenden Sportereignisses sind durch § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV ausdrücklich verboten. Die Annahme, die Regelung im GlüStV lasse der Sache nach alle überhaupt denkbaren Formen der Sportwetten zu, ist demnach unrichtig. Überdies sieht § 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV vor, dass Art und Zuschnitt der Sportwetten darüber hinaus in der Erlaubnis nach § 4 GlüStV zu regeln sind.

Zur Bedeutung dieser Beschränkungen vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, 2009, a. a. O.

Auch die Regelungen über die Werbung für öffentliches Glücksspiel dürften nicht zu beanstanden sein. Nach § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV muss sich die Werbung u.a. auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel beschränken und darf nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Mit diesen Vorschriften dürfte der Gesetzgeber den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 entsprochen haben. Soweit er in § 5 Abs. 3 GlüStV ein allgemeines Verbot der Werbung im Internet, im Fernsehen oder über Telekommunikationsanlagen ausgesprochen hat, ist er über die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts sogar hinausgegangen.

Vgl. BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, a.a.O., Rn. 41 und Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 -, a.a.O., Rn. 79.

Der Gesetzgeber ist dabei in nicht z+ u beanstandender Ausübung seines Einschätzungsspielraums davon ausgegangen, dass Werbemaßnahmen in diesen Medien eine besondere Wirkung zukommt und sie deshalb ein erhöhtes Gefahrenpotential besitzen.

Vgl. dazu Landtagsdrucksache 14/4849, Anlage "Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, S. 38.

Die Möglichkeit der Befreiung vom Verbot der Fernsehwerbung für Veranstaltungen, die traditionell in Verbindung mit dem Fernsehen präsentiert werden und vorrangig gemeinnützigen Zwecken dienen (§ 12 Abs. 2 GlüStV), begegnet gleichfalls keinen Bedenken, weil der Gesetzgeber zugrunde legen durfte, dass derartige Soziallotterien unter dem Gesichtspunkt der Spielsucht typischerweise weniger gefährlich sind.

Vgl. dazu Senatsbeschluss vom 19. September 2008

- 4 B 138/08 -, BayVGH, Beschluss vom 16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, a.a.O., Rn. 41.

Soweit im Bereich des Vollzuges der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und des nordrheinwestfälischen Ausführungsgesetzes zu diesem Vertrag noch Defizite bestehen - insbesondere im Bereich der Werbung für Glücksspiel und des Jugendschutzes -, rechtfertigt dies grundsätzlich nicht den Schluss, die Regelungen genügten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 2. Juni 2008

- 10 CS 08.1102 -, ZfWG 2008, 197; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/

07 -, a.a.O., Rn. 38 f.; im Ergebnis auch BVerfG, Beschluss vom 20.3.2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a. O.

Der Senat kann auch nicht erkennen, dass im Hinblick auf die gewerberechtlichen Regelungen für Spielautomaten oder die gesetzlichen Bestimmungen für Pferdewetten der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt ist. Ungeachtet des Umstandes, dass insoweit der Bund und damit ein anderer Hoheitsträger zuständig ist,

vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -,

BVerfGE 79, 127, 158,

sind jene Regelungen im Verhältnis zu den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages nicht "inkohärent"; die unterschiedlichen Regelungen sind vielmehr mit Blick auf die Besonderheiten der jeweiligen Glücksspielbereiche hinreichend gerechtfertigt, wie im folgenden näher auszuführen sein wird.

Der Senat hat auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten keine durchgreifenden Bedenken gegen die vorliegend anzuwendenden Rechtsvorschriften.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Richtlinie Nr. 98/34/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für Dienste der Informationsgesellschaft (Abl. 1998 Nr. L 204/37), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG vom 20. November 2006 (Abl. 2006 Nr. L 363/81). Selbst wenn sich - trotz der bereits erfolgten Notifizierung des GlüStV - aus der Richtlinie eine Notifizierungspflicht hinsichtlich des GlüStV AG NRW ergeben sollte, vermag der Senat nicht zu ersehen, dass die vorliegend einschlägigen Vorschriften dieses Gesetzes (§§ 3 Abs. 1, 14 Abs. 1) der genannten Richtlinie unterfallen. Sollten andere Vorschriften des GlüStV AG NRW nach dieser Richtlinie notifizierungspflichtig sein, dürfte dies die Anwendung der genannten Normen nicht hindern.

Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16. September 1997, C-279/94, Juris; so wohl auch Streinz u.a., Notifizierungspflicht von Glücksspielstaatsvertrag und Ausführungsgesetzen der Länder gemäß der Richtlinie Nr. 98/34/EG (Informationsrichtlinie), Seite 9 Fußnote 22.

Auch die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -, vormals Art. 43 und 49 EG) werden nicht verletzt. Nationale Regelungen wie die hier in Rede stehende schränken zwar die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr ein, wobei hier nach Lage der Dinge lediglich eine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit in Betracht kommt.

Vgl. allgemein dazu EuGH, Urteile vom 6. März 2007, C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - Placanica u.a. , Rn. 43 f., und vom 6. November 2003, C-243/01 - Gambelli u.a. -, Rn. 45 ff, jeweils Juris.

Solche Einschränkungen können aber durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, insbesondere durch den Verbraucherschutz, die Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien sowie die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für Glücksspiele.

Vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2007, C-260/04 -, Kommission gegen Italienische Republik, Rn. 27, Juris.

Die vorgesehenen Beschränkungen müssen allerdings verhältnismäßig sein, d. h. sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung der angestrebten Ziele zu gewährleisten, und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist.

Vgl. etwa EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Placanica u.a., a.a.O., Rn. 49.

Wegen der Besonderheiten des Glücksspiels billigt der EuGH den Mitgliedsstaaten dabei ein weites (Einschätzungs- und Gestaltungs-) Ermessen zu. So heißt es bereits in dem Urteil des EuGH vom 24. März 1994, C-275/92, Schindler, Rn. 61,

Juris:

"Diese Besonderheiten rechtfertigen es, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei erzielten Gewinne aus dem Schutz der Spieler und allgemeiner nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaates aus dem Schutz der Sozialordnung ergeben. Somit kommt den Staaten nicht nur die Beurteilung der Frage zu, ob eine Beschränkung der Tätigkeiten im Lotteriewesen erforderlich ist, sondern sie dürfen diese auch verbieten, sofern diese Beschränkungen nicht diskriminierend sind."

Diese Rechtsprechung hat der EuGH wiederholt bestätigt.

Vgl. Urteile vom 6. März 2007, Placanica u.a., a.a.O., Rn. 48 sowie Urteil vom 6. November 2003, Gambelli, a.a.O. Rn. 63; zuletzt Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 -, Liga Portuguesa -, Rn. 57 ff.; sowie vom 3. Juni 2010 - C-203/08 -, (Betfair), Rn. 30 ff.

In den letztgenannten Entscheidungen hat der EuGH dabei Monopole im Hinblick auf die Besonderheiten des Sportwettenbereichs ausdrücklich als im Rahmen des einzelstaatlichen gesetzgeberischen Ermessensspielraums für zulässig erachtet. Die vom Verwaltungsgericht hiergegen erhobenen grundsätzlichen Bedenken bestehen deshalb aus der insoweit maßgeblichen Sicht des EuGH auch unter europarechtlichen Aspekten nicht.

Der danach gegebene Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum eines jeden Mitgliedstaates dürfte eine transnationale Geltung von Glücksspielerlaubnissen zumindest dort von vornherein ausschließen, wo nationale Vorschriften - wie es in Deutschland für Sportwetten der Fall ist - die Erteilung solcher Erlaubnisse durch den jeweiligen Mitgliedstaat vorsehen, um eine Beschränkung der Glücksspielaktivitäten sicherzustellen. Hiervon geht der Senat in ständiger Rechtsprechung in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aus.

Vgl. auch - zu Online-Glückspielen - EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010, C-258/08 (Ladbrokes) und C-203/08 (Betfair), jeweils www.curia.europa.eu., Rn. 54 bzw. Rn.33.

Wenn die Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer beschränkt wird mit dem Ziel, die Gelegenheit zum Glücksspiel zu vermindern, muss die Beschränkung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allerdings in jedem Fall dem Anliegen gerecht werden, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Placanica u.a., a.a.O., Rn. 53.

Ob die nationale Regelung tatsächlich den genannten Anforderungen - an denen sich durch die Urteile des EuGH vom 8. September 2009, C-42/07 - Liga Portuguesa, und vom 6. Oktober 2009, C-153/08, jeweils Juris, nichts geändert hat - entspricht, ist von dem nationalen Gericht zu prüfen.

Vgl. erneut EuGH, Urteil vom 6. März 2007,

Placanica u.a., a.a.O., Rn. 58.

Vorliegend spricht alles dafür, dass die in den Blick zu nehmenden Regelungen des deutschen Rechts den dargestellten Maßstäben genügen. Dabei kann der Senat offen lassen, ob der EuGH die Forderung nach einer kohärenten und systematischen Begrenzung der Wetttätigkeit auf den gesamten Bereich des Glücksspiels, den monopolisierten Bereich oder nur auf den jeweils betroffenen einzelnen Glücksspielsektor - hier die Sportwetten - bezieht.

Vgl. dazu nur Beschluss des 13. Senats vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 - mit zahlreichen Nachweisen zu den unterschiedlichen Auffassungen.

Für eine sektorielle, wenn nicht sogar isoliert auf die einzelnen Maßnahmen bezogene Prüfung nun die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 04. März 2010 in den verb. Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07 und C-410/07 -, Markus Stoss u.a. - Rn. 42 ff.

Denn selbst wenn sämtliche Glücksspielsektoren in den Blick zu nehmen sind, ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Vorschriften des GlüStV und des dazu erlassenen nordrheinwestfälischen Ausführungsgesetzes dem Anliegen gerecht werden, das Glücksspiel systematisch und kohärent zu begrenzen. Aus dem Erfordernis einer kohärenten und systematischen Regelung folgt zur Überzeugung des Senats nicht, dass der Gesetzgeber gehalten ist, für alle Bereiche des Glücksspiels eine einheitliche, im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung zu schaffen. Insbesondere ist der Gesetzgeber unter Kohärenzgesichtspunkten nicht verpflichtet, für alle Glücksspielbereiche einen "Staatsvorbehalt" zu statuieren.

Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi, a.a.O., Rn. 72 ff.

Er kann den Glückspielmarkt vielmehr differenziert ausgestalteten Normen unterwerfen, die den Besonderheiten der verschiedenen Glücksspielarten Rechnung tragen. Dabei ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich auch gestattet, neu hinzukommende Glücksspielangebote, die zu einer wesentlichen Erweiterung der Glücksspielmöglichkeiten und erheblichen zusätzlichen Gefahren führen, stärkeren Begrenzungen zu unterwerfen als das bereits vorhandene Glücksspielangebot, um auf diese Art und Weise eine hinreichende Kanalisierung des Glücksspielbetriebs sicher zu stellen.

Vgl. dazu auch BayVGH, Beschluss vom

16. September 2008 - 10 CS 08.1909 -, a.a.O., Rn. 54.

Insbesondere der EuGH stellt in ständiger Rechtsprechung - namentlich in allen hier einschlägigen Entscheidungen - die Bedeutung nationaler Traditionen und Wertevorstellungen gerade im Bereich des Glückspiels heraus. Dementsprechend ist das britische Verbot von Lotterien unbeanstandet geblieben, obwohl in Großbritannien im Hinblick auf Sportwetten ausgesprochen liberale Regelungen existieren.

Urteil des EuGH vom 24. März 1994, C-275/92, Schindler; vgl. dazu auch Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi, a.a.O., Rn. 70.

Die Grenzen des gesetzgeberischen Spielraums sind erst dann überschritten, wenn die gesetzliche Regelung einzelner Glücksspielbereiche für sich genommen nicht erforderlich und geeignet ist oder die differenzierte Regelung verschiedener Glücksspielsektoren nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze nicht hinreichend sachlich gerechtfertigt ist. Die Merkmale "kohärent" und "systematisch" erweisen sich damit in der Sache (zugleich) als Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes.

Vgl. zu dessen Geltung im Europarecht etwa Oppermann, Europarecht, 2. Aufl., Rn. 490 und 492; Streinz, EUV/EGV, 2003, GR-Charta Art. 20, Rn. 6 ff.

Nach summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass die hier in den Blick zu nehmenden gesetzlichen Regelungen die aufgezeigten Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht überschreiten. Soweit der Sektor der Pferdewetten angesprochen wird, ist darauf hinzuweisen, dass auch das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I Seite 335, 393), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I Seite 2407, 2149), Regelungen zur Beschränkung des Spielbetriebs enthält. Es sieht etwa im Rahmen der Erteilung der erforderlichen Erlaubnis Beschränkungen und Auflagen zu den Örtlichkeiten der Wettannahme und zu den Personen vor, die Wetten annehmen und vermitteln dürfen (§ 2 Abs. 2 Rennwett- und Lotteriegesetz). Auch ist in Rechnung zu stellen, dass die Pferdewetten ein Marktsegment bilden, das auf Grund seiner geringen Popularität in Deutschland und des hieraus folgenden geringen Umsatzniveaus (0,5 % des Gesamtumsatzes der Glücksspielanbieter) nicht mit dem erheblichen Suchtpotential sonstiger Sportwetten zu vergleichen sein dürfte.

Vgl. dazu auch Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission der europäischen Gemeinschaften vom 20. Mai 2008, Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866, ZfWG 2008, Seite 173 (184), unter 97; ferner: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/

07 -, a.a.O., Rn. 65.

Zwar mögen die Umsätze bei Pferdesportwetten gegenwärtig etwa genauso hoch sein wie der - deutlich rückläufige - Gesamtumsatz des staatlichen Sportwettenmonopols. Hieraus lässt sich aber nicht folgern, dass eine Liberalisierung der anderen, monopolisierten Sportwettenbereiche keine erhebliche Ausweitung der Glückspielmöglichkeiten und der damit verbundenen Gefahren mit sich brächte. Besteht indes diese Gefahr, hat der Gesetzgeber - wie bereits ausgeführt - grundsätzlich die Möglichkeit, hinzukommende Glücksspielangebote stärker zu reglementieren als bereits vorhandene. Das Kohärenzgebot verlangt nicht, dass alle bereits bestehenden privaten Sportwettenangebote ungeachtet jeglicher Bestandsschutzerwägungen in das staatliche Sportwettenmonopol überführt werden.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 -, a.a.O., Rn. 60.

Auch die gewerberechtlichen Regelungen des Glücksspiels an Spielautomaten dürften dem Erfordernis einer systematischen und kohärenten Begrenzung der Glücksspielaktivitäten genügen. Die Vorschriften für diesen Glücksspielbereich sind ebenfalls maßgeblich durch das gesetzgeberische Anliegen bestimmt, die Gelegenheiten zum Spiel zu begrenzen. Der Gesetzgeber differenziert zwischen Spielautomaten, die lediglich in einer Spielbank (§ 33 h Nr. 1 GewO) betrieben werden dürfen, und solchen, die namentlich in Spielhallen und Gaststätten aufgestellt sind. Die Spielgeräte außerhalb von Spielbanken unterliegen für ihre technische Zulassung bestimmten Einschränkungen, die u.a. die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33 e Abs. 1 Satz 1 GewO). Die Zulassung darf nur erteilt werden, wenn die Spielgeräte bestimmte Anforderungen erfüllen. Diese betreffen unter anderem den Höchsteinsatz und den Höchstgewinn, das Verhältnis der Anzahl der gewonnenen Spiele zur Anzahl der verlorenen Spiele, und das Verhältnis des Einsatzes zum Gewinn bei einer bestimmten Anzahl von Spielen (§ 33 f Abs. 1 Nr. 3 GewO). Nach der § 33 f Abs. 1 GewO konkretisierenden Spielverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Januar 2006, BGBl. I Seite 280, ist der Verlust pro Stunde auf 80 Euro begrenzt (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Spielverordnung), wobei dieser bei langfristiger Betrachtung auf höchstens 33 Euro fallen muss (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) Spielverordnung). Der Gewinn pro Stunde darf 500 Euro nicht übersteigen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 Spielverordnung). Darüber hinaus sind noch weitere Beschränkungen für diese Spielautomaten angeordnet, wie etwa der fünfminütige Stillstand der Geräte nach einer Stunde Laufzeit (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 Spielverordnung). Daneben enthält die Spielverordnung weitere Maßnahmen zur Gewährleistung des Spielerschutzes wie z.B. das Verbot von Jackpotsystemen (§ 9 Abs. 2 Spielverordnung) und die Verpflichtung der Betreiber, Warnhinweise anzubringen und Spieler auf Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen (§ 6 Abs. 4 Spielverordnung). Die auf die Begrenzung von Spielmöglichkeiten ausgerichtete Regelungskonzeption ist durch die Änderung der Spielverordnung zum 1. Januar 2006 hinsichtlich der höchstzulässigen Zahl von Spielgeräten in einer Spielhalle, der Mindestquadratmeterzahl, der Mindestspieldauer sowie der Verlustgrenze und die damit verbundenen Lockerungen nicht aufgegeben worden. Dies wird auch dadurch belegt, dass gleichzeitig wichtige Neuregelungen zum Spielerschutz geschaffen wurden, so etwa die bereits erwähnten Vorschriften über das Verbot von Jackpotsystemen, die Anbringung von Warnhinweisen und Hinweisen auf Beratungsmöglichkeiten sowie über das Verbot der unter Spielerschutzaspekten besonders problematischen Fun-Games. Ferner ist in den Blick zu nehmen, dass auch in dem Bereich der von der Spielverordnung erfassten Spiele Internetangebote nicht erlaubt, sondern nur stationär an bestimmten Orten aufgestellte Spielgeräte (vgl. §§ 1 f. Spielverordnung) zulässig sind. Unabhängig davon wäre es dem Gesetzgeber angesichts der vorhandenen Angebotsstruktur kaum möglich, insoweit noch ein Monopol durchzusetzen.

Die gesetzliche Regelung für TV-Gewinnspiele rechtfertigt gleichfalls keine andere Beurteilung. Soweit es sich nicht um Geschicklichkeitsspiele handelt, sind diese Gewinnspiele entweder wegen des geringfügigen Spieleinsatzes keine Glücksspiele (vgl. § 8 a Abs. 1 Satz 5 Rundfunkstaatsvertrag) oder aber es greift das Verbot des § 284 StGB.

Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Betrieb von Spielbanken, deren Zahl in Nordrhein-Westfalen auf vier beschränkt ist und die nur von Personen des öffentlichen Rechts oder durch solche juristische Personen des privaten Rechts betrieben werden dürfen, deren Anteile überwiegend dem Land Nordrhein-Westfalen gehören (vgl. §§ 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 Spielbankgesetz NRW).

Ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot ergibt sich unter dem Gesichtspunkt eines Wertungswiderspruchs auch nicht daraus, dass § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Werbung für staatlich veranstaltetes Glückspiel - in engen Grenzen - erlauben. In der Rechtsprechung des EuGH ist anerkannt, dass "eine Politik der kontrollierten Expansion im Glückspielsektor durchaus mit dem Ziel in Einklang stehen (kann), Spieler, die als solchen verbotenen Tätigkeiten geheimer Spiele oder Wetten nachgehen, dazu zu veranlassen, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Zur Erreichung dieses Zieles ist es erforderlich, dass die zugelassenen Veranstalter eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit bereitstellen, was als solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken mit sich bringen kann."

EuGH, Urteil vom 3. Juni 2010 - C-258/08 - Ladbrokes -, Rn. 25 m.w.N. auf die Rechtsprechung des EuGH.

Der Einwand, das durch den GlüStV und das nordrheinwestfälische Ausführungsgesetz vorgesehene Staatsmonopol sei in Wirklichkeit nicht realisiert, trifft schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Eine Veranstaltung von Sportwetten auf Grund von DDR-Erlaubnissen ist in Nordrhein-Westfalen nach wie vor nicht zulässig.

Vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 8. November 2004 - 4 B 1270/04 -, Juris, - sowie Beschluss vom 9. Januar 2007 - 4 B 1498/06 -; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 -, Juris.

Abgesehen davon handelt es sich bei den im Jahr 1990 nach dem Gewerberecht der DDR erteilten Erlaubnissen um Sonderfälle, die aufgrund einer Übergangsrechtslage entstanden sind und die - weil es sich nur noch um drei Erlaubnisse handelt - auch faktisch nicht dazu geeignet sind, das dem Glückspielstaatsvertrag und den Glückspielgesetzen der Länder zugrunde liegende Ordnungskonzept durchgreifend in Frage zu stellen.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 - a.a.O., Rn. 60; OVG Bremen, Beschluss vom 11. März 2010 - 1 B 314/09 -, Juris, Rn. 49; auch Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 04. März 2010 in der Rechtssache C-46/08 - Carmen Media Group Ltd - Rn. 67 ff.

Den Anforderungen der Lindman-Entscheidung an die Untersuchung der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen,

EuGH, Urteil vom 13. November 2003, C-42/02, Lindman, Juris,

ist nach Auffassung des Senats in Nordrhein-Westfalen schon im Hinblick auf die Untersuchung von Meyer/Hayer (Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Eine Untersuchung von Spielern aus Versorgungseinrichtungen, Mai 2005) genügt, die u.a. für das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW durchgeführt worden ist.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 13 B 1799/06 -.

Auch der EuGH geht in seiner jüngeren Rechtsprechung davon aus, dass Monopole insoweit grundsätzlich diesen Anforderungen gerecht werden.

EuGH, Urteil vom 03. Juni 2010 - C-203/08 -, (Betfair), Rn. 30 ff.

Bei summarischer Prüfung ist auch nicht festzustellen, dass das Sportwettenmonopol gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt. Eine solche Vermutung findet in der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH ohnehin keine Stütze. Jedenfalls im Hinblick auf Art. 106 Abs. 2 AEUV (vormals Art. 86 Abs. 2 EG) dürften die dieses Monopol begründenden Vorschriften nicht zu beanstanden sein.

Vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 S 1110/07 -, sowie BayVGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.774 -, jeweils a.a.O.; vgl. ferner Fremuth, Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher Glücksspielmonopole mit dem EG-Wettbewerbsrecht

illustriert am Entwurf eines Glücksspielstaatsvertrages vom 13.12.2006, EuZW 2007, 565; EuGH, Urteil vom 03. Juni 2010 - Rs 203/08 -, (Betfair), Rn. 30 ff.

Die hierzu vertretene Ansicht, die Schaffung eines Sportwettenmonopols sei unverhältnismäßig, teilt der Senat nicht. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie zu Art. 49 und 56 AEUV (vormals Art. 43 und 49 EG).

Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV (vormals 234 EG) ist jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzverfahrens kein Raum.

Vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR 2428/06, NJW 2007, 1521, Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rdn 164, Dörr, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., EVR Rdn 127, jeweils m.w.N.

b) Die danach vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Suspensivinteresse des Antragstellers hinter die öffentlichen Interessen zurücktritt, die für die Vollziehung der aller Voraussicht nach rechtmäßigen Ordnungsverfügung streiten. Mit Blick auf die mangelnde Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren hält der Senat bereits die abstrakte Gefährlichkeit der Tätigkeit des Antragstellers,

vgl. zu den von der Sportwettenvermittlung ausgehenden Gefahren näher Senatsbeschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -, Juris,

für ausreichend, um einen Vorrang des Vollzugsinteresses zu bejahen.

Vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2006 - 1 BvR 138/05 - (entgegen dem Beschluss vom 27. April 2005 - 1 BvR 223/05 -); Beschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 ff.

Unabhängig davon geht von der Sportwettenvermittlung durch den Antragsteller auch eine konkrete Gefahr aus. Eine solche konkrete Gefahr begründet bereits der Umstand, dass der Antragsteller mit seiner Geschäftstätigkeit gegen das nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV, § 14 Abs. 1 Satz 2 GlüStV AG NRW bestehende verwaltungsrechtliche Verbot der Vermittlung unerlaubter Sportwetten verstößt.

BVerfG, Beschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 -, a. a. O.

Im Übrigen liegt auch unter dem Gesichtspunkt der Spielsucht und ihrer Folgen eine konkrete Gefahr vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.