VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21.10.2009 - 7 K 49/08
Fundstelle
openJur 2011, 70273
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der am 00. Juni 0000 geborene Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Approbation als Arzt.

Die ehemalige Lebensgefährtin des Klägers, Frau B., entband im Oktober 2004 ein gesundes Kind, dessen Vater der Kläger ist. Dieser betrieb als Internist eine mittlerweile veräußerte Praxis in C. . Derzeit ist er weiterhin als Arzt tätig. Er nimmt verschiedene Praxisvertretungen wahr.

Am 7. Januar 2005 erstattete Frau B. Strafanzeige gegen den Kläger und warf diesem vor, versucht zu haben, ihre Schwangerschaft abzubrechen. Hiervon habe sie am 12. Mai 2004 erfahren. An diesem Tag habe sie mit dem Kläger, der zuvor versucht habe, sie zur Abtreibung des gemeinsamen Kindes zu bewegen, Geschlechtsverkehr gehabt. Im Anschluss daran habe sie eine Tablette in ihrem Bett gefunden. Der Kläger habe ihr erklärt, es handele sich um das Präparat Cytotec 200.

Dieses - insbesondere zur Behandlung von Magenbeschwerden verabreichte Präparat - kann bei Bestehen einer Schwangerschaft Uteruskontraktionen und Blutungen hervorrufen und eine Fehlgeburt bewirken. Frau B. erklärte in ihrer Strafanzeige, der in Cytotec 200 enthaltene Wirkstoff werde auch zur Einleitung von Geburten vaginal verabreicht. Ferner gab sie an, der Kläger habe ihr gegenüber eingeräumt, ihr bereits am 8. Mai 2004 heimlich ein Schlafmittel verabreicht zu haben, das er in einer Flasche Cola aufgelöst habe. Weiter habe er zugegeben, ihr am 10. Mai 2004 heimlich das Medikament Cytotec 200 in ihren Kaffee gemischt zu haben. So habe er versucht, einen Abbruch der Schwangerschaft zu bewirken. Frau B. ließ unter anderem eine am 13. Mai 2004 genommene Probe ihres Urins untersuchen. Ausweislich des Untersuchungsberichtes des Klinikums der Q. -Universität N. vom 8. Juli 2004 wies diese Probe zweifelsfrei den in Cytotec 200 enthaltenen Wirkstoff Misoprostol auf. Ferner wurde im Gutachten ausgeführt, die einen Tag nach Applikation der Tablette im Urin nachgewiesene Konzentration des Wirkstoffs Misoprostol sei plausibel. Weiter schilderte Frau B., sie habe am 11. Mai 2004 Schmerzen im Unterleib gehabt und sich daher zu ihrer Gynäkologin begeben. Am 13. Mai 2004 seien bei ihr Blutungen aufgetreten. Daher habe sie erneut ihre Gynäkologin aufgesucht und sich im Anschluss (bis zum 17. Mai 2004) in stationäre Behandlung begeben müssen. An diesem Tag habe sie auch Rückstände von Tabletten in ihrer Thermoskanne festgestellt.

Frau B. gab im Rahmen des Ermittlungsverfahrens an, sie habe die Strafanzeige gegen den Kläger erst mehrere Monate nach der Tat erstattet, da für sie zunächst die Sorge um ihr zu früh geborenes und dann erkranktes Kind im Vordergrund gestanden habe. Zudem habe der Kläger Druck auf sie ausgeübt. Ferner erklärte sie, sie habe die aufgefundene Tablette, die Colaflasche und die Thermoskanne nach dem Eingeständnis des Klägers vorsorglich aufgehoben.

Ausweislich eines weiteren vom Klinikum der Q. -Universität N. erstatteten Gutachtens vom 23. Juni 2005 handelte es sich bei der im Bett von Frau B. gefundenen Tablette eindeutig um das Medikament Cytotec 200. Auch die Anhaftungen in der Thermoskanne seien eindeutig Rückstände des Wirkstoffs Misoprostol.

Am 14. März 2006 stellte die Staatsanwaltschaft C. das gegen den Kläger anhängige Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO ein. Grund hierfür war insbesondere das Bestreiten der Vorwürfe durch den Kläger sowie eine im Widerspruch zur Strafanzeige von Frau B. stehende Aussage ihrer Gynäkologin. Nach dieser habe Frau B. im Rahmen eines Praxisbesuchs bereits am 11. Mai 2004 - und nicht erst nach dem 12. Mai 2004 - erklärt, dass der Kläger ihr das Medikament Cytotec 200 habe verabreichen wollen.

Frau B. legte Beschwerde gegen die Einstellung des Strafverfahrens ein. Dabei führte sie aus, der Kläger habe sie unmittelbar, nachdem sie ihn über das Bestehen der Schwangerschaft informiert habe, auf die Möglichkeit eines medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs hingewiesen. Dass der Kläger ihr das Medikament Cytotec 200 verabreicht habe, habe sie jedoch erst am 12. Mai 2004 erfahren. Daraufhin nahm die Staatsanwaltschaft C. die Ermittlungen am 9. Mai 2006 wieder auf. Bei erneuter Vernehmung gab Frau B. an, der Kläger sei im in Rede stehenden Zeitraum ihr Hausarzt gewesen und habe im Zusammenhang mit der Schwangerschaft eine Ultraschalluntersuchung bei ihr durchgeführt.

Der Kläger beantragte im Strafbefehlsverfahren verurteilt zu werden, um eine öffentliche Hauptverhandlung zu vermeiden. Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 8. August 2007 (Az.: 00 Cs 0 Js 00/00 - 00/00) setzte das Amtsgericht C. gegen ihn eine Freiheitsstrafe von elf Monaten fest und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Dem Kläger wurde im Strafbefehl zur Last gelegt, durch zwei selbständige Handlungen

a) versucht zu haben eine Schwangerschaft abzubrechen und dabei gegen den Willen der Schwangeren gehandelt zu haben und

b) eine andere Person durch Beibringung von gesundheitsschädlichen Stoffen an der Gesundheit geschädigt zu haben.

Im Einzelnen wurden der Verurteilung folgende Feststellungen zu Grunde gelegt:

1) Am 10.05.2004 hielten Sie sich in der Wohnung der seit wenigen Wochen schwangeren Zeugin B. (…) auf. Sie tranken dort mit der Zeugin Kaffee, der sich in einer Thermoskanne befand. Diesen hatten Sie zuvor heimlich mit einer nicht näher bekannten Menge des Präparats Cytotec versehen. Bei diesem Mittel handelt es sich um ein Medikament mit dem Wirkstoff Prostaglandin, das geeignet ist, einen Abort herbeizuführen. Durch den Genuss des mit dem Mittel versehenen Kaffees durch die Zeugin B. wollten Sie erreichen, dass diese die Leibesfrucht verliert, obwohl Ihnen bekannt war, dass die Zeugin mit einem solchen Vorgehen keinesfalls einverstanden war, sondern vielmehr das Kind austragen wollte. Aufgrund des Genusses des mit dem Cytotec versehenen Kaffees litt die Zeugin B. am Folgetag unter akuten Beschwerden im Unterleib und musste deswegen die Ärztin (…) in C. aufsuchen.

Am 12.05.2004 hielten Sie sich erneut in der Wohnung der Zeugin B. an der angegebenen Adresse auf. Dort kam es zwischen ihnen zu geschlechtlichen Handlungen, in deren Verlauf Sie in dem Bestreben, den Abgang der Leibesfrucht der Zeugin B. herbeizuführen, eine weitere Tablette Cytotec 200 in deren Scheide einführten. Aufgrund dieser Handlung kam es am Morgen des 13.05.2004 zu starken Blutungen aus der Scheide, so dass die Zeugin wiederum die Ärztin (…) aufsuchte. Diese veranlasste die sofortige stationäre Aufnahme der Zeugin in das Marienhospital in Witten. Dort hielt sich die Zeugin B. bis zum 17.05.2004 auf, ohne dass es zum Abgang der Leibesfrucht kam.

Aus den Ermittlungsakten ist überdies ersichtlich, dass gegen den Kläger im Jahr 2004 von der Staatsanwaltschaft C. ein weiteres Ermittlungsverfahren (Az.: 00 Js 000/00) eingeleitet worden ist. Ihm wurde vorgeworfen, jemanden für die Ausführung eines Tötungsdeliktes gesucht zu haben. Das Verfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung - StPO - eingestellt. Ein weiteres gegen den Kläger geführtes polizeiliches Ermittlungsverfahren betraf den Vorwurf einer sexuellen Nötigung unter Ausnutzung seiner ärztlichen Tätigkeit. Eine Verurteilung erfolgte nicht.

Nach Anhörung des Klägers widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 7. Dezember 2007 die Approbation des Klägers als Arzt. Ferner forderte sie den Kläger auf, seine Approbationsurkunde innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheides auszuhändigen. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe sich durch die ihm in seiner Verurteilung vorgeworfenen Verhaltensweisen als unwürdig zur Ausübung des Arztberufes erwiesen. Die im Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen dürften zur Grundlage der behördlichen Beurteilung gemacht werden, da keine gewichtigen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Feststellungen bestünden. Durch das zugrunde gelegte Verhalten besitze der Kläger objektiv das zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Vertrauen und Ansehen nicht mehr. Ferner seien die Taten im sachlichen Zusammenhang mit der ärztlichen Berufsausübung als auch unter Ausnutzung der besonderen Vertrauensbeziehung zu Frau B. als seiner Patientin begangen worden. Der Kläger habe bei Planung und Ausführung der Taten sein ärztliches Fachwissen über das verwendete Medikament eingesetzt. Ferner sei davon auszugehen, dass er sich das Medikament unter Ausnutzung seiner Stellung als Arzt beschafft habe. Frau B. habe in nachvollziehbarer Weise ausgesagt, der Kläger sei ihr Hausarzt gewesen und habe im Zusammenhang mit der Schwangerschaft eine Ultraschalluntersuchung bei ihr durchgeführt. Der

Kläger habe diesen Aussagen nicht widersprochen. Darauf, ob der Kläger zudem auch unzuverlässig sei - hierfür spreche, dass dem Strafbefehl zwei eigenständige Taten zugrunde lägen - komme es angesichts der festgestellten Unwürdigkeit nicht an. Der Widerruf der Approbation sei angesichts der Schwere der Taten auch verhältnismäßig. Individuelle Umstände des Klägers könnten im Falle der Feststellung einer Unwürdigkeit keine Berücksichtigung finden. Schließlich habe der Kläger nach Abschluss des Widerrufsverfahrens die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation zu stellen und gegebenenfalls könne er eine Erlaubnis zur erneuten Ausübung des ärztlichen Berufes erhalten.

Der Kläger hat am 4. Januar 2008 Klage erhoben.

Zur Begründung führt er aus, der Strafbefehl dürfe nicht zur Grundlage der behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung seiner Persönlichkeit gemacht werden. Dem Strafbefehl sei keine justizförmige Beweisaufnahme vorausgegangen. Wie bereits im Rahmen des Strafverfahrens mitgeteilt, habe er den Strafbefehl lediglich akzeptiert, um ein Bekanntwerden der Tatvorwürfe in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Inhaltlich sei der Strafbefehl unrichtig. Frau B. habe die Strafanzeige zu einem Zeitpunkt erstattet, als ihr gedroht habe, mit gegen ihn erhobenen Unterhaltsansprüchen zu scheitern. Ebenfalls sei erstaunlich, dass Frau B. den Zusammenhang mit dem Präparat Cytotec 200 bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt hergestellt und Beweismittel asserviert habe. Darüber hinaus sei nicht geklärt, ob das vaginale Einführen der Tablette und/oder das Verabreichen der Substanz über Kaffee geeignet sei, den nachträglich im Urin von Frau B. ermittelten Substanzspiegel zu rechtfertigen. Ferner werde bestritten, dass Cytotec 200 in gelöstem Zustand einen Schwangerschaftsabbruch bewirken könne. Insoweit ergebe sich aus einer Mitteilung der Pfitzer Pharma GmbH - diese stellt das Präparat Cytotec her - vom 16. April 2007, dass Cytotec dosisunabhängig in wässrigen Lösungen instabil sei und in Wasser nicht aufgelöst werden dürfe. Es sei nicht plausibel, dass er mit einem untauglichen Mittel versucht haben solle, einen Schwangerschaftsabbruch hervorzurufen. Weiter lasse das ihm vorgeworfene Verhalten weder auf seine Unzuverlässigkeit noch auf seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs schließen. Eine Unzuverlässigkeit sei nicht gegeben, da er zuvor strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei. Auch in berufsrechtlicher Hinsicht sei er bislang nicht negativ aufgefallen. Er habe zeitweilig eine geschlechtliche Beziehung zu Frau B. unterhalten, sei dann eine neue Partnerschaft eingegangen und habe eine Heirat geplant. In dieser Situation habe ihn Frau B. über das Bestehen der Schwangerschaft informiert. Die Ereignisse hätten daher - wenn sie sich wie angenommen abgespielt hätten - „situativsingulären" Charakter. Eine Berufsunwürdigkeit bestehe ebenfalls nicht. Die vorgeworfenen Taten seien nicht unter Ausnutzung des besonderen Vertrauensverhältnisses zu einem Patienten oder im Zusammenhang mit der ärztlichen Berufsausübung erfolgt. Es habe kein ständiges hausärztliches Betreuungsverhältnis zu Frau B. bestanden. Diese habe sich lediglich in akuten allgemeinmedizinischen Erkrankungsfällen an ihn - den Kläger - gewandt, um beispielsweise eine Überweisung zu einem Facharzt zu erhalten. Bei den vorgeworfenen Taten habe nicht das Arzt-Patienten-Verhältnis, sondern das private Verhältnis im Vordergrund gestanden. Auch sei ihm bei der Planung und Ausführung der vorgeworfenen Taten nicht sein ärztliches Fachwissen über Wirkungen und Nebenwirkungen des Medikaments Cytotec 200 behilflich gewesen. Dieses Medikament sei in seinem Haushalt aufgrund seines Magenleidens ohnehin vorhanden gewesen. Frau B. habe ohne weiteres Zugang zu diesem Präparat gehabt. Auch habe sie sich kurz zuvor bei einer Schwangerschaftsberatungsstelle über die Möglichkeiten eines medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs informiert. Außerhalb des beruflichen Wirkungskreises könne ein schwerwiegendes Fehlverhalten den Entzug einer Approbation nur ausnahmsweise begründen. Ein solcher Ausnahmefall, in dem die Tat das spezifische Vertrauensverhältnis der Patienten und Kollegen in den Berufsstand der Ärzte erschüttern müsse, liege nicht vor. Insbesondere weil der Strafbefehl akzeptiert worden sei, sei das vorgeworfene Verhalten einer breiteren Öffentlichkeit nicht bekannt geworden. Auch bewege sich die Verurteilung im unteren Bereich des Strafrahmens der vorgeworfenen Delikte und die Taten lägen bereits einige Jahre zurück. Der Tatvorwurf enthalte keine Anhaltspunkte dafür, dass es des Widerrufs der Approbation bedürfe, um das Vertrauen in die Ärzteschaft wiederherzustellen. Schließlich sei der Widerruf der Approbation unverhältnismäßig. Er habe zwischenzeitlich seine ärztliche Praxis aufgegeben und bemühe sich derzeit um neue berufliche Perspektiven. Er habe seine Ehefrau sowie sein Kind zu versorgen. Auch für qualifizierte Tätigkeiten außerhalb des Arztberufes in niedergelassener Praxis sei er auf die ärztliche Berufserlaubnis angewiesen, zumal er über keinerlei weitere Ausbildung verfüge.

Der Kläger beantragt,

den Widerrufsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Kläger habe sich als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen. Ferner seien die Behauptungen, dass Frau B. auch ohne Zutun des Klägers Zugang zu dem Medikament Cytotec 200 gehabt und auch über einschlägige Kenntnisse hinsichtlich eines medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs verfügt habe, rein spekulativ. Der Kläger habe in einem Arzt-Patienten-Verhältnis zu Frau B. gestanden. Jedenfalls aber sei ein Arzt, der Medikamente in berufsbedingter Kenntnis über deren schädliche Wirkungsweise heimlich verabreiche, um einen Schwangerschaftsabbruch zu bewirken, seines Berufes unwürdig. Ein derartiges Verhalten widerspreche dem Berufsbild Arzt und dem Ansehen, das dieser Beruf genieße. Schließlich könne Cytotec bei entsprechender Dosierung auch in gelöstem Zustand einen Schwangerschaftsabbruch bewirken. Dies werde zunächst durch einen Vermerk der Staatsanwaltschaft C. vom 12. Februar 2007 über ein Gespräch mit einem Arzt des rechtsmedizinischen Instituts Essen bestätigt. Zudem ergebe sich aus einer Information des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information, dass die Einnahme von Cytotec 200 regelmäßig zusammen mit ausreichend Flüssigkeit erfolgen solle.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie den der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft C. (Az.: 00 Cs 0 Js 00/00- 00/00) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Der Widerruf findet seine Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Bundesärzteordnung - BÄO -. Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn ein Arzt sich nachträglich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes ergibt. Der Kläger hat sich eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem jedenfalls seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes folgt.

Eine Unwürdigkeit, den Heilberuf auszuüben, liegt vor, wenn der Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötig ist.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 9. Januar 1991 - 3 B 75/90 -, NJW 1991, 1557; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen - OVG NRW -, Urteil vom 29. November 1994 - 5 A 503/92 -, m.w.N.

Erforderlich ist ein schwerwiegendes Fehlverhalten eines Arztes, das bei Würdigung aller Umstände seine weitere Berufsausübung zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung als untragbar erscheinen lässt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. November 1992 - 3 B 87/92 -, NJW 1993, 806.

Die Kammer schließt die Unwürdigkeit des Klägers aus den Sachverhalten, die der rechtskräftigen Verurteilung des Amtsgerichts C. vom 8. August 2007 wegen versuchten Schwangerschaftsabbruchs und gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zugrunde liegen. Diese durfte sie zur Grundlage ihrer Beurteilung machen. Im Approbationswiderrufsverfahren besteht für die Verwaltungsgerichte grundsätzlich keine Veranlassung, die in einem rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen erneut zu überprüfen, wenn der Arzt den Strafbefehl in Kenntnis der möglichen berufsrechtlichen Konsequenzen akzeptiert hat, indem er gegen diesen nicht rechtzeitig Einspruch eingelegt hat oder den eingelegten Einspruch zurückgenommen hat. Zwar ist ein Strafbefehl kein in einem ordentlichen Strafverfahren ergehendes Urteil, sondern eine in einem besonders geregelten summarischen Verfahren getroffene Entscheidung. Er ergeht jedoch auf Grund einer tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch das Gericht, enthält einen strafrechtlichen Schuldspruch, setzt eine strafrechtliche Rechtsfolge gegen den Beschuldigten fest und erlangt gemäß § 410 Abs. 3 StPO die Wirkung eines rechtskräftigen Strafurteils. Daher können die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen im Zusammenhang mit dem Widerruf der ärztlichen Approbation regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden; etwas anderes gilt nur dann, wenn sich gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2002 - 3 C 37/01 -, NJW 2003, 913 und Urteil vom 13. Dezember 1994 - 1 C 31/92 -, BVerwGE 97, 245.

Nach diesen Maßstäben geht die Kammer von der Richtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Feststellungen aus.

Zunächst hat der Kläger die Verurteilung im Strafbefehlsverfahren selbst beantragt und den Strafbefehl anschließend akzeptiert. Er hat dies nach seinen Angaben getan, um das Bekanntwerden der Tatvorwürfe in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Der Kammer ist bewusst, dass ein öffentliches Strafverfahren gegen einen Arzt regelmäßig geeignet ist, dessen Ruf zu gefährden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich - wie hier - um Körperverletzungsdelikte auf der Grundlage einer persönlichen Beziehung des Arztes handelt. Eine solche öffentliche Verhandlung muss der Betreffende aber - wie jeder andere Beschuldigte auch - hinnehmen, wenn er den Vorwürfen mit den im Strafverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln wie z.B. einer Beweisaufnahme entgegentreten will. Es ist auch davon auszugehen, dass dem Kläger die möglichen berufsrechtlichen Konsequenzen eines solchen Strafbefehls zum damaligen Zeitpunkt bekannt waren, denn er war bereits im strafrechtlichen Verfahren anwaltlich vertreten.

Die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen sind auch anhand der zugrundeliegenden Ermittlungen nachvollziehbar. Der Kläger hat dem nichts entgegengesetzt, was der Kammer Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit des Sachverhalts geben könnte, der der Verurteilung zugrundegelegt worden ist. Soweit seinem Vorbringen zu entnehmen ist, er habe die in Rede stehenden Taten nicht begangen, gründet er dies nicht etwa auf konkrete, auf eine Beweiserhebung zielende Umstände, sondern auf seine These, er sei lediglich das Opfer einer von Frau B. geplanten Intrige geworden. Mit dieser Behauptung, dass das Geschehen auch einen ganz anderen Hintergrund haben könnte, legt der Kläger keine tatsächlichen Anhaltspunkte dar, die den Sachverhalt der Anklage erschüttern. Tatsächlich ist im Urin der Zeugin B. das von ihr angegebene Medikament Cytotec 200 nachgewiesen worden. Auch die von der Zeugin zur Überprüfung gegebene Thermoskanne enthielt ausweislich des Gutachtens der Q. -Universität N. Rückstände dieses Präparates, ebenso wie es sich bei der (beschädigten) Tablette um Cytotec 200 handelt. Die Zeugin ist darüber hinaus mit Blutungen unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit der von ihr vorgetragenen Zuführung von Cytotec 200 in stationärer Behandlung gewesen. Es ist nicht ansatzweise nachvollziehbar, dass Frau B. sich das in ihrem Urin nachgewiesene Medikament Cytotec 200 selbst zugeführt haben und so das Leben und die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes sowie ihre eigene Gesundheit in erheblicher Weise gefährdet haben soll. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger ihr - dies ist unbestritten - klar zu verstehen gegeben hat, das Kind nicht als eigenes zu akzeptieren. Der Zeugin muss vor diesem Hintergrund bewusst gewesen sein, dass sie selbst - abgesehen von finanziellen Verpflichtungen - die volle Verantwortung für das Kind tragen werde. Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme, sie habe bewusst eine Schädigung der Leibesfrucht in Kauf nehmen wollen, fern. Aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren ist ersichtlich, dass das Verhalten der Zeugin B. während der Schwangerschaft und auch nach der Geburt ihres Kindes durchgehend von großer Sorge um dessen Gesundheit und Leben geprägt war. Die Zeugin hat sogar durch Vorlage sämtlicher ärztlicher Unterlagen nachgewiesen, dass die Konsultation bei Dr. V., den sie mit dem Kläger aufgesucht hat, wegen des dort geäußerten Verdachts, das Kind könne eine Behinderung haben, sie zu einer Nachuntersuchung in einem Krankenhaus veranlasst hat (s. Untersuchungsbericht des Privatdozenten Dr. T. vom 2. Juni 2004, Strafakten Bl. 124). Aus diesen erheblichen Sorgen, die durch das Verhalten des Klägers mit verursacht waren, erklärt sich auch, warum sie die Strafanzeige gegen den Kläger erst mehrere Monate nach der Tat erstattet hat. Die Zeugin wollte verständlicherweise zunächst die Geburt des Kindes abwarten, um weitere Belastungen zu vermeiden. Die Tatsache, dass sie die aufgefundene Tablette, die Thermoskanne und die Colaflasche aufbewahrt hat, nachdem sie durch den Kläger von den Geschehnissen erfahren hatte, stützt die Richtigkeit ihrer Angaben und stellt diese - entgegen den Ausführungen des Klägers - nicht in frage.

Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Strafbefehls ergeben sich auch nicht aus dem Einwand des Klägers, das Präparat Cytotec 200 sei bei Verabreichen in gelöstem Zustand nicht geeignet, einen Schwangerschaftsabbruch zu bewirken. Es sei nicht plausibel, dass er versucht haben solle, einen Schwangerschaftsabbruch unter Verwendung eines offensichtlich untauglichen Mittels zu bewirken. Dieser Argumentation ist nicht zu folgen. Auch hier handelt es sich nicht um tatsächliche Angaben, die geeignet sind, den zugrundegelegten Geschehensablauf zu erschüttern, sondern um Thesen, die der Kläger aufstellt. Jedenfalls ergeben sich die vom Kläger gezogenen Schlussfolgerungen nicht aus der Mitteilung der Pfitzer Pharma GmbH vom 16. April 2007, nach der Cytotec dosisunabhängig in wässrigen Lösungen instabil sei und in Wasser nicht aufgelöst werden dürfe. Vielmehr sprechen verschiedene Angaben dafür, dass das Medikament Cytotec 200 auch in Flüssigkeit gelöst einen Schwangerschaftsabbruch bewirken kann. Ausweislich eines Vermerks der Staatsanwaltschaft C. vom 12. Februar 2007 hat ein Arzt des Rechtsmedizinischen Instituts Essen dies bestätigt. Ebenfalls gestützt wird dies durch eine Information des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information zum Präparat Cytotec 200, nach der die Einnahme des Medikaments mit ausreichend Flüssigkeit erfolgen soll. Die auch vom Kläger vorgelegte Information dieses Instituts (Gerichtsakte, Bl. 88 ff.) weist eine Schwangerschaft eindeutig als Kontraindikation aus, das Medikament ist danach geeignet, eine Schwangerschaft zu gefährden oder eine Fehlgeburt zu verursachen. Nichts anderes ergibt sich aus den schriftlichen Informationen der Organisation Pro Familia, die im Ermittlungsverfahren vorgelegen haben.

Hinreichende Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit des Strafbefehls ergeben sich schließlich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, im Rahmen des Strafverfahrens sei nicht geklärt worden, ob das vaginale Einführen der in Rede stehenden Tablette und/oder das Verabreichen der Präparats Cytotec über Kaffee geeignet sei, die nachträglich im Urin von Frau B. ermittelte Konzentration des in Cytotec enthaltenen Wirkstoffs zu rechtfertigen. Die Kammer hat keinen Anlass, dieser Frage nachzugehen, da die Fragestellung von vornherein nicht geeignet ist, den Sachverhalt des Strafbefehls zu erschüttern.

Durfte die Kammer nach alledem davon ausgehen, dass sich die dem Kläger zur Last gelegten Vorgänge so abgespielt haben, wie aus dem Strafbefehl ersichtlich, liegt bereits hierin ein schwerwiegendes Fehlverhalten. Die Öffentlichkeit besitzt das für die Ausübung des ärztlichen Berufes unabdingbar erforderliche Vertrauen nicht mehr, wenn ein Arzt mehrmals heimlich und gegen den Willen einer Frau versucht hat, eine Abtreibung durchzuführen und hierdurch zudem eine schwere Körperverletzung gegenüber der Schwangeren begangen hat. Darauf, ob der Kläger über die im Strafbefehl genannten Handlungen hinaus einen weiteren Versuch unternommen hat, die Schwangerschaft der Frau B. abzubrechen, indem er ein Schlafmittel in ihre Colaflasche gemischt hat, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an. Die Ungeeignetheit des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt sich dabei aus dieser Tat unabhängig davon, ob sie - wie er vorträgt - situativ begründet war. Der Kläger hat dadurch bewiesen, dass er - wenn auch im Ausnahmefall - bereit ist, die unbedingte berufliche Verpflichtung zum Schutz von Leben und Gesundheit zugunsten persönlicher Interessen in ihr Gegenteil zu verkehren.

Ferner ist unerheblich, dass der Kläger die Taten nicht im Rahmen der Behandlung eines Patienten begangen hat. Der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO erstreckt sich nicht nur auf das Verhalten eines Arztes bei der Behandlung von Patienten, also auf den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit. Er erfasst darüber hinaus alle berufsbezogenen, d. h. mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit in nahem Zusammenhang stehenden Handlungen und Unterlassungen, und abhängig von der Schwere des Deliktes, auch Straftaten außerhalb des beruflichen Wirkungskreises.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 1997 - 13 A 2587/94 -; BVerwG, Beschluss vom 28. August 1995 - 3 B 7/95 -, NVwZ-RR 1996, 477.

Daher kann offen bleiben, ob der Kläger die Taten in Zusammenhang mit der ärztlichen Berufsausübung begangen hat. Auch wenn dies nicht der Fall wäre, hätte er sich durch sie der Ausübung des Arztberufs als unwürdig erwiesen. Liegt eine Straftat außerhalb des beruflichen Wirkungskreises vor, ist Voraussetzung für das Bestehen der Unwürdigkeit, dass die Tat wegen ihrer Art und der näheren Umstände ihrer Verwirklichung auf charakterliche Mängel des Arztes schließen lässt, die einer ärztlichen Tätigkeit entgegenstehen.

Vgl. Verwaltungsgericht - VG - Braunschweig, Urteil vom 12. September 2007 - 1 A 364/06 -; juris.

Das ist hier der Fall. Der Kläger hat Straftaten von erheblichem Gewicht begangen, die - wie dargelegt - den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit berühren. Hierdurch hat er sich in besonderem Maße als unwürdig erwiesen, weil er sich zur Tatbegehung

zum einen eines medizinischen Mittels, nämlich des Medikaments Cytotec 200 bedient, desweiteren seine spezifischen Kenntnisse als Arzt ausgenutzt und schließlich seine Pflicht zum Schutz der menschlichen Gesundheit und des Lebens in grober Weise seinen eigenen Interessen untergeordnet hat. Er hat sich sein medizinisches Wissen um die Wirkungsweise und insbesondere die Kontraindikation des eingesetzten Präparats zu Nutze gemacht. Dies gilt auch für sein spezielles Wissen über die verschiedenen Möglichkeiten, das Medikament Cytotec 200 zu verabreichen (oral oder vaginal). Dass auch ein Nicht-Mediziner sich dieses Wissen aneignen kann, ändert hieran nichts. Ob der Kläger sich das rezeptpflichtige Medikament zudem unter Ausnutzung seiner ärztlichen Stellung verschafft hat oder ob es sich ohnehin in seinem privaten Besitz befand, kann unter diesen Umständen ebenfalls dahinstehen. Die Art der begangenen Delikte sowie die näheren Umstände ihrer Verwirklichung lassen den Schluss darauf zu, dass beim Kläger ein charakterlicher Mangel vorliegt, der - gerade wegen der Ausnutzung seiner medizinischen Kenntnisse zur Tatbegehung - den Eigenschaften entgegen steht, die zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderlich sind. Dass dieses Verhalten den Pflichten eines Arztes konträr zuwiderläuft, ist bereits ausgeführt. Durch sein Verhalten hat der Kläger sein eigenes berufsbezogenes Ansehen und hierdurch auch das Ansehen des ärztlichen Berufsstandes in Mitleidenschaft gezogen. Das einem Arzt allgemein entgegen gebrachte Mindestmaß an Vertrauen - insbesondere auch in die persönliche Integrität - hat er zerrüttet.

Die Frage, ob das Verhalten des Klägers bekannt geworden und nach außen gedrungen ist, ist für die Feststellung der Unwürdigkeit ohne Bedeutung. Entscheidend ist lediglich, dass das Verhalten - wie hier - objektiv geeignet ist, einen Ansehens- oder Vertrauensverlust in die Ärzteschaft bei der Öffentlichkeit zu begründen.

Vgl. VG München, Urteil vom 16. Oktober 2007 - M 16 K 06.4847 -, juris.

Sofern es zur Annahme einer Unwürdigkeit zudem erforderlich sein sollte, dass von dem betroffenen Arzt prognostisch eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgehen muss, um den erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit zu rechtfertigen,

vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 28. August 2007 - 1 BvR 1098/07 -, juris,

hält die Kammer diese Voraussetzung im Fall des Klägers für gegeben. Dadurch, dass er mehrfach und planvoll angesetzt hat, um ein ungeborenes Leben zu töten und dabei eine Körperverletzung der Mutter jedenfalls billigend in Kauf genommen hat, offenbart er die Neigung, eigene Interessen mit gegen die Gesundheit anderer gerichteter Mittel durchzusetzen. Er hat dadurch bewiesen, dass er bereit ist, die berufliche Ethik außer acht zu lassen, um eigene Ziele zu erreichen. Dass er diese Haltung künftig aufgeben wird, ist nicht zu erwarten, zumal der Kläger bis heute keine Einsicht in das Unrecht seines Tuns gezeigt hat, sondern nach wie vor versucht, das Opfer in schlechtes Licht zu rücken. Zusammenfassend rechtfertigt ein solches Verhalten die Prognose, dass vom Kläger auch in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht.

Der Bewertung des Klägers als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes steht auch nicht entgegen, dass sich seine strafrechtliche Verurteilung im unteren Bereich des Strafrahmens der ihm vorgeworfenen Delikte bewegt und die Vollstreckung seiner Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Insoweit kann dahinstehen, ob die Prognose des Strafrichters über das künftige Verhalten des Betroffenen - diese kommt in der Strafzumessung und in der Entscheidung über die Aussetzung der Strafe zur Bewährung zum Ausdruck -, berufsrechtlich im Rahmen der Feststellung der Unwürdigkeit überhaupt eine Rolle spielen kann.

Verneinend: VG München, Urteil vom 16. Oktober 2007 - M 16 K 06.4847 -, juris.

Denn selbst wenn man dies mit Blick auf die prognostische Betrachtungsweise des Bundesverfassungsgericht annimmt,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2007 - 1 BvR 1098/07-, juris,

unterscheidet sich die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der Unwürdigkeit eines Arztes wesentlich von der strafrechtlichen Prognose. Für die Höhe des Strafmaßes und die Aussetzung einer Strafe zur Bewährung sind eine Vielzahl von Kriterien heranzuziehen, von denen die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten nur eines ist (vgl. §§ 46, 56 des Strafgesetzbuches - StGB -). Die verhängte Strafe lässt vor diesem Hintergrund nicht ohne weiteres den Schluss darauf zu, dass der Strafrichter die Einschätzung der Kammer, der Kläger weise charakterliche Mängel auf, aufgrund derer künftig Gefahren für von ihm zu behandelnde Patienten bestehen, nicht teilt. Selbst wenn dies jedoch der Fall wäre, wäre diese Bewertung des Strafrichters für das vorliegende Verfahren unerheblich. Die Behörde und das Verwaltungsgericht haben zur Entscheidung über die Frage, ob der Betreffende aufgrund der ihm vorgeworfenen Straftat für die Ausübung des Arztberufes unwürdig ist, eine eigene Beurteilung der Persönlichkeit vorzunehmen.

Letztlich führt der Einwand des Klägers, die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten lägen schon lange Zeit zurück, nicht dazu, dass der Widerruf der Approbation als rechtswidrig anzusehen ist. Der Zeitablauf ist im Rahmen der Entscheidung über den Widerruf der Approbation lediglich ein Faktor einer umfassenden Wertung, dem je nach Lage des Falles eine mehr oder weniger große Bedeutung zukommen kann.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2009 - 13 A 1178/09 -.

Das dem Kläger vorzuwerfende Fehlverhalten ist so schwerwiegend, dass allein der Zeitablauf seit den entsprechenden Handlungen nicht ausschlaggebend sein kann, um von dem Widerruf einer Approbation abzusehen, zumal der Zeitablauf seit der rechtskräftigen Verurteilung auf das vom Kläger eingelegte Rechtsmittel zurückzuführen ist. Entsprechendes gilt mit Blick auf das Vorbringen des Klägers, er sei - abgesehen von der in Rede stehenden Verurteilung - strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten und auch in berufsrechtlicher Hinsicht nicht negativ aufgefallen.

Für die Berücksichtigung weiterer persönlicher Umstände, wie einer drohenden Arbeitslosigkeit, eines relativ hohen Lebensalters oder der Vermögenssituation der Familie, ist angesichts der Einschätzung des Klägers als unwürdig zum Ausüben des Arztberufes kein Raum.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. April 2009 - 13 A 9/08 -; Beschluss vom 17. Februar 2009 - 13 A 2907/08 -.

Deshalb ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 1998 - 3 B 95/97 -, NJW 1999, 3425; OVG NRW, Beschluss vom 2. April 2009 - 13 A 9/08 -.

Nach Vorstehendem bestand für die Kammer keine Veranlassung, den in der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte enthaltenen Hinweisen auf weitere Ermittlungsverfahren, die gegen den Kläger anhängig waren, nachzugehen und die entsprechenden Vorgänge heranzuziehen, weil der dem Strafbefehl zugrundeliegende Sachverhalt seine Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufs dartut.

Ist der Kläger demnach als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes anzusehen, so kann dahin gestellt bleiben, ob er sich - wofür einiges spricht - zudem als unzuverlässig erwiesen hat, denn allein die Unwürdigkeit rechtfertigt den Widerruf.

Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. Mai 1993 - 7 K 761/92 -.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.

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