VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19.08.2009 - 1 K 3760/07
Fundstelle
openJur 2011, 68395
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am 00.00.0000 geborene Kläger steht als Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) beim Polizeipräsidium F. im Dienst des Beklagten. Er begehrt Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung von Altersteilzeit.

Durch Erlass vom 7. Oktober 2002 (24 - 1.66 - 33/02) teilte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen den nachgeordneten Behörden folgendes mit:

„... hat die Landesregierung in der Kabinettsitzung am 1. Oktober 2002 beschlossen:

Gemäß § 78d Abs. 3 LBG NRW wird in der Landesverwaltung ab sofort von der Anwendung der Altersteilzeit abgesehen.

Bis zum 1. Juni 2002 gestellte Anträge auf Altersteilzeit ...

Ausgenommen von Nummer 1 sind Anträge auf Bewilligung von Altersteilzeit

von Lehrerinnen und Lehrern an öffentlichen Schulen und Studienseminaren

sowie

in Fällen, in denen bei Freiwerden des Stellenanteils ein fälliger kw- Vermerk vorhanden ist und realisiert wird.

Die Regelung ist auf 5 Jahre begrenzt."

Die Richtlinien des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen für die Haushalts- und Wirtschaftsführung im Jahr 2004, die das Innenministerium durch Erlass vom 2. März 2004 in seinem Geschäftsbereich mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung bekannt machte, sahen folgendes vor:

„4.2.1 ... Bei den Beamtinnen und Beamten wird entsprechend dem Kabinettbeschluss vom 30.09.2002 ATZ - zur Vermeidung von Arbeitsengpässen - nur noch in folgenden Bereichen gewährt:

für Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen und Studienseminaren

in Fällen, in denen bei Freiwerden des Stellenanteils ein fälliger kw- Vermerk in der betroffenen Laufbahngruppe vorhanden ist und realisiert wird; - ggf. auch kapitel- oder einzelplanübergreifend. Als fällige kw-Vermerke gelten dabei nicht solche aufgrund der Arbeitszeiterhöhung."

Die Richtlinien des Finanzministeriums für die Haushalts- und Wirtschaftsführung im Jahr 2007, die das Innenministerium durch Erlass vom 16. Februar 2007 in seinem Geschäftsbereich mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung bekannt machte, enthalten folgende Passage:

„9.2 Altersteilzeit (ATZ)

... Bei den Beamtinnen und Beamten gelten bis zu einem neuen Kabinettbeschluss die Regelungen der Nr. 4.2 der HWf 2004 fort."

Der an alle Polizeibehörden gerichtete Erlass des Innenministeriums vom 19. September 2007 (45.1 - 26.00.09 PEM) enthält u. a. folgende Passage:

„Mit dem Haushaltsentwurf 2008 wurden 841 kw-Vermerke gestrichen, die mit Planstellen aus dem Polizeivollzugsbereich realisiert werden sollten. Damit ist sichergestellt, dass eine kw-Realisierung mit Planstellen oder Stellen für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte ausgeschlossen ist. Diese nachhaltige Stärkung des operativen Bereiches der Polizei hat in Bezug auf die Anreizsysteme die Folge, dass sie von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten nicht in Anspruch genommen werden können. Dies ergibt sich zwingend aus dem Zweck der Anreize, die Realisierung bestehender kw-Vermerke zu beschleunigen. Anträge von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten sind demzufolge abzulehnen..."

Durch Erlass vom 17. Oktober 2007 (45.2 - 26.04.01 - R) teilte das Innenministerium den Polizeibehörden folgendes mit:

„Das Finanzministerium hat durch die Richtlinien zur Haushalts- und Wirtschaftsführung (HWf) seit 2004 fortlaufend klargestellt, dass der Kabinettbeschluss fortgilt. Einen entsprechenden Hinweis enthalten auch die HWf des Jahres 2007 (Anlage 1a Zf. C 9.2 unter Verweis auf Nr. 4.2 der HWf 2004). Dass die in dem Kabinettbeschluss genannten Ausnahmen für die Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten der Polizeibehörden nicht zur Anwendung kommen, ist unstreitig. Eine neue Rechtslage ist daher ab dem 01.10.2007 nicht entstanden.

...

Die Gewährung von Altersteilzeit für Polizeivollzugsbeamtinnen und - beamte ist daher nicht möglich."

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2007, eingegangen an demselben Tag, beantragte der Kläger Altersteilzeit im Blockmodell mit Beginn des 55. Lebensjahres bis zum Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand (Ende des Monats, in dem das 62. Lebensjahr vollendet wird). Durch Bescheid vom 8. November 2007 lehnte das Polizeipräsidium F. den Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, das Finanzministerium habe durch die Richtlinien zur Haushalts- und Wirtschaftsführung seit 2004 fortlaufend klargestellt, dass der Kabinettbeschluss betreffend die Nichtgewährung von Altersteilzeit weiter Gültigkeit habe. Eine neue Rechtslage sei ab dem 1. Oktober 2007 nicht entstanden. Die inzwischen mit dem Personaleinsatzmanagement neu geschaffenen Möglichkeiten der Altersteilzeit träfen auf den Polizeibereich nicht zu, weil der Haushaltsplanentwurf 2008 im Interesse der nachhaltigen Stärkung des operativen Bereichs der Polizei die Streichung der 841 kw- Vermerke aus dem Polizeibereich vorsehe.

Am 10. Dezember 2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er stellt klar, dass die Altersteilzeit nicht mit dem Beginn, sondern mit der Vollendung des 55. Lebensjahres beginnen solle, und trägt vor, maßgeblich für die Entscheidung sei vorliegend der Zeitpunkt seiner Antragstellung am 12. Oktober 2007. Ihm dürfe eine verfestigte Anspruchsposition nicht dadurch genommen werden, dass die gesetzliche Lücke zwischen Antragstellung und Bescheidung geschlossen werde. Bei rechtmäßigem Vorgehen hätte seinem Antrag stattgegeben werden müssen. Aus einer rechtswidrigen Ablehnung dürfe ihm kein Nachteil erwachsen. Der Grundsatz der Folgenbeseitigung erfordere ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Antragstellung.

Der Ablehnungsbescheid vom 8. November 2007 sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die zuständige Personalvertretung - ebenso wie bei den Erlassen des Innenministeriums vom 7. Oktober 2002 und 17. Oktober 2007 - nicht beteiligt worden sei. Die entgegen § 72 LPVG unterbliebene Beteiligung des Personalrats sei auch unter Würdigung von §§ 45, 46 VwVfG relevant im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides.

Bei Antragstellung habe eine Ausschlussregelung gemäß § 78d Abs. 3 LBG a. F. nicht gegolten. Diese Vorschrift sei verfassungswidrig, weil sie es der Exekutive überlasse, bestimmte Beamtengruppen von der Altersteilzeit auszuschließen. Abgesehen davon sei zwischen dem Auslaufen des Erlasses vom 7. Oktober 2002 nach fünf Jahren und dem Erlass vom 17. Oktober 2007 eine Lücke entstanden, in der eine Ausschlussregelung nicht existiert habe. Der Erlass vom 19. September 2007 habe diese Lücke nicht geschlossen, weil er sich nur zu den PEM-Anreizen und nicht zur allgemeinen Altersteilzeit verhalte. Die Richtlinien zur Haushalts- und Wirtschaftsführung hätten die Lücke auch nicht schließen können, weil das Finanzministerium nicht die oberste Dienstbehörde für die Polizeibeamten sei.

Mangels wirksamer Ausschlussregelung nach § 78d Abs. 3 LBG a. F. habe der Beklagte den Tatbestand des § 78d Abs. 1 LBG a. F. prüfen und sodann Ermessen ausüben müssen. Dringende dienstliche Belange stünden der Bewilligung von Altersteilzeit in seinem Fall nicht entgegen. Er sei nicht mehr in einer Spezialeinheit tätig und nehme lediglich die Stellung eines „normalen Sachbearbeiters" in einem Kriminalkommissariat wahr. Er sei deshalb ersetzbar, zumal seine letzten drei dienstlichen Beurteilungen durchschnittlich ausgefallen seien.

Nach den Maßstäben der belastungsbezogenen Kräfteverteilung unter den Kreispolizeibehörden bestehe beim Polizeipräsidium F. ein Personalüberhang, der im Umfang von fünf Beamten abgebaut werden müsse. Die Bewilligung von Altersteilzeit führe allenfalls zu den regelmäßigen Belastungen der betroffenen Behörden und keinesfalls zu über das Normalmaß hinausgehenden Nachteilen. Beim Polizeipräsidium F. seien es nur 10 Antragsteller und landesweit etwa 100 Antragsteller. Im Übrigen nutze der Beklagte nicht alle Möglichkeiten, um die zur Verfügung stehenden Personalressourcen auszuschöpfen. So würden Anträge auf vorzeitige Zurruhesetzung nach § 192 Abs. 4 LBG a. F. positiv beschieden und Anträge auf Dienstverlängerung nach § 192 Abs. 2 LBG a. F. würden abgelehnt. Der vom Beklagten geltend gemachte Personalengpass sei deshalb „hausgemacht".

Der Ablehnungsbescheid vom 8. November 2007 lasse eine Ermessensausübung überhaupt nicht erkennen. Die im gerichtlichen Verfahren nachgeschobenen Ermessensüberlegungen seien fehlerhaft. Der Beklagte sei von einem unzutreffenden Tätigkeitsbereich des Klägers ausgegangen und habe sich zu Unrecht durch Verwaltungsvorschriften gebunden gefühlt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums F. vom 8. November 2007 zu verpflichten, über den Antrag auf Gewährung von Altersteilzeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, für die Entscheidung über die vorliegende Verpflichtungsklage komme es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Mit dem Erlass des Innenministeriums vom 17. Oktober 2007 bestehe eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, die den Anforderungen des § 78d Abs. 3 LBG a. F. genüge. Gehe man davon aus, dass dieser Erlass zu spät ergangen sei, folge bereits aus dem Erlass vom 19. September 2007, dass Polizeibeamte Altersteilzeit nicht in Anspruch nehmen könnten.

Der Bewilligung von Altersteilzeit stehe der dringende dienstliche Belang entgegen, die Arbeitskraft der vorhandenen Beamten voll auszuschöpfen. Die angespannte Haushaltslage des Landes Nordrhein-Westfalen gestatte es derzeit und in absehbarer Zukunft nicht, die durch Altersteilzeit im Blockmodell frei werdenden Stellen neu zu besetzen. Andererseits müssten diese Stellen zur Aufgabenerfüllung in jedem Fall besetzt bleiben, um eine sachgemäße und reibungslose Erfüllung der Verwaltungsaufgaben sicherzustellen. Die aus der Gewährung von Altersteilzeit resultierenden Personalengpässe würden in erheblichem Umfang Mehrarbeit für das übrige Personal nach sich ziehen. Die Belastungen gingen über solche, die regelmäßig und generell als typischerweise diesen Anreizsystemen immanent angesehen werden könnten, hinaus. Die Beihilfe-, Besoldungs- und Pensionslasten würden nicht nur einzelfallbezogen ansteigen, sondern das kumulierte fiskalische Interesse daran, die Kosten für die im öffentlichen Dienst Beschäftigten gering zu halten, vereiteln und das finanzielle Budget weit übersteigen.

Der Kläger übe eine Tätigkeit aus, die in dieser Form nicht durch eine Ersatzkraft ausgeübt werden könne. Er nehme seine Aufgaben als Ermittlungsbeamter seit Jahren mit guten Arbeitsergebnissen wahr. Auf ihn könne gerade wegen seiner enormen dienstlichen Erfahrung, die er in jahrelanger Arbeit auch in Fachkommissariaten angesammelt habe, nicht verzichtet werden. Im Jahr 2008 würden dem Polizeipräsidium F. lediglich 26 Polizeikommissare z. A. - statt bis zu 100 in früheren Jahren - im Rahmen des Nachersatzes zugewiesen, die überwiegend gerade von der Fachhochschule kämen und auf längere Sicht nicht in der Lage seien, die Aufgaben des Klägers zu erfüllen. Die personelle Auslastung des Polizeipräsidiums F. liege zum Stand 1. September 2008 (jährlicher Nachersatztermin) bei 93,3 %. Außerdem seien 2002 zahlreiche Bewilligungen von Altersteilzeit ausgesprochen worden, deren Freistellungsphase sich überwiegend in den Jahren 2010ff auswirken werde. 20 Altersteilzeitbewilligungen seien zurückgenommen worden; einige dieser Rücknahmen seien durch das erkennende Gericht aufgehoben worden (Urteile vom 20. April 2005 - 1 K 4320/04 und 1 K 4516/04 - nrwe).

Wenn auch der Erlass des Innenministeriums vom 19. September 2007 den Anforderungen des § 78d Abs. 3 a. F. nicht genügen sollte, könnte im Rahmen der eigenen anzustellenden Ermessenserwägungen, die entsprechend ergänzt würden, aus denselben Gründen ebenfalls keine Altersteilzeit gewährt werden. Die gleichen Erwägungen, die der Beklagte zu den dringenden dienstlichen Belangen angestellt habe, hätten den Beklagten spätestens im Rahmen der Ermessensentscheidung zur Ablehnung bewogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Personalakte des Klägers und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten.

Gründe

Die zulässige Neubescheidungsklage ist unbegründet (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung von Altersteilzeit aus § 78d LBG a. F./§ 65 LBG n. F.

Nach § 78d Abs. 1 Satz 1 LBG/§ 65 Abs. 1 Satz 1 LBG kann einem Beamten mit Dienstbezügen auf Antrag, der sich auf die Zeit bis zum Beginn des Ruhestandes erstrecken muss, Teilzeitbeschäftigung als Altersteilzeit mit der Hälfte der in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeit durchschnittlich zu leistenden Arbeitszeit bewilligt werden, wenn

der Beamte das 55. Lebensjahr vollendet hat,

die Altersteilzeitbeschäftigung vor dem 1. Januar 2010/31. Dezember 2012 beginnt und

dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen.

Nach § 78d Abs. 3 Satz 1 LBG a. F./§ 65 Abs. 3 Satz 1 LBG kann die oberste Dienstbehörde von der Anwendung der Vorschrift ganz absehen oder sie auf bestimmte Verwaltungsbereiche oder Beamtengruppen beschränken.

Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Altersteilzeit erfüllt nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Klarstellung, dass die Altersteilzeit erst mit Vollendung des 55. Lebensjahres beginnen soll, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 78d Abs. 1 Satz 1 Nr: 1 und 2 LBG a. F./§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 LBG. Ob die Voraussetzung gemäß Nr. 3 der Vorschrift erfüllt ist, bedarf ebensowenig der abschließenden Klärung wie die personalvertretungsrechtliche Bewertung des Ablehnungsbescheides vom 8. November 2007. Denn ein Anspruch auf Gewährung von Altersteilzeit und ein Anspruch auf Neubescheidung des Antrags vom 12. Oktober 2007 sind wegen einer Regelung im Sinne von § 78d Abs. 3 Satz 1 LBG a. F./§ 65 Abs. 3 Satz 1 LBG ausgeschlossen.

Ob die unterbliebene Beteiligung des örtlichen Personalrats und der daraus eventuell abzuleitende Verstoß gegen § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 LPVG Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des ablehnenden Bescheides vom 8. November 2007 hat, kann offen bleiben. Entweder folgt die Irrelevanz eines derartigen Fehlers aus § 46 VwVfG in direkter oder analoger Anwendung

so VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Oktober 2008 - 2 K 5826/07 - ; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 22. August 2002 - 1 B 1423/02 - juris,

oder es ist davon auszugehen, dass der Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Aufhebung des Ablehnungsbescheides hat. Aus dem eventuellen personalvertretungsrechtlichen Mangel folgt jedenfalls kein - über ein Anfechtungsbegehren hinausgehender - Anspruch auf Neubescheidung.

Der Anspruch auf Neubescheidung ist wegen einer Regelung des Innenministeriums gemäß § 78d Abs. 3 Satz 1 LBG a. F./ § 65 Abs. 3 Satz 1 LBG ausgeschlossen. Eine solche Regelung besteht seit Oktober 2002 ununterbrochen bis zu dem spätestens für die rechtliche Bewertung als maßgeblich in Betracht zu ziehenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.

§ 78d Abs. 3 LBG a. F. ist eine verfassungsgemäße Grundlage für den ursprünglichen Erlass des Innenministeriums vom 7. Oktober 2002. Dies hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen

Beschluss vom 29. Oktober 2008 - 6 A 3277/05 - nrwe; Urteil vom 10. November 2004 - 1 A 3477/03 - juris; vgl. Beschluss vom 18. Mai 2006 - 6 A 3283/04 - nrwe; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 29. April 2004 - 2 C 21.03 - juris, und 2 C 22.03 - RiA 2005, 99;

ausdrücklich festgestellt. Daran ist auch für die im Wesentlichen gleich lautende Nachfolgevorschrift des § 65 Abs. 3 LBG und unter Berücksichtigung der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung festzuhalten.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 u. a. - DÖV 2009, 636 = NWVBl. 2009, 300, juris, und vom 18. Mai 2009 - 2 C 67.08 - juris: Die dort zur Höchstaltersgrenze im Laufbahnrecht aufgestellten Grundsätze sind auf den vorliegenden Rechtsbereich der Ausgestaltung eines bestehenden Beamtenverhältnisses nicht übertragbar.

Mit dem Erlass vom 7. Oktober 2002 hat das Innenministerium von der Ermächtigung des § 78d Abs. 3 LBG a. F. inhaltlich fehlerfrei Gebrauch gemacht.

OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - 6 A 3277/05 - nrwe.

Ob dieser Erlass der Mitbestimmung (vgl. die für Einzelmaßnahmen konzipierte Vorschrift des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 LPVG a. F.) oder der Mitwirkung (vgl. § 73 Nr. 1 LPVG für kollektive Maßnahmen) des Hauptpersonalrats bedurft hätte, kann dahinstehen. Denn ein eventueller personalvertretungsrechtlicher Mangel der generellen Maßnahme, hier des für weite Teile des Geschäftsbereichs geltenden Erlasses des Innenministeriums, würde jedenfalls nicht auf die darauf aufbauenden Einzelakte durchschlagen.

Inhaltlich erweist sich der Erlass vom 7. Oktober 2002 als rechtmäßig. Er entspricht dem Zweck der gesetzlichen Grundlage und die in ihm vorgesehenen Ausnahmen knüpfen an sachlich gerechtfertigte Gründe - wie insbesondere die Realisierung von kw-Vermerken - an.

OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - 6 A 3277/05 - nrwe; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Oktober 2008 - 2 K 5826/07 - ; VG Minden, Urteil vom 10. September 2008 - 10 K 202/08 - nrwe.

Die somit im Hinblick auf die Anwendung im Einzelfall durch das Polizeipräsidium F. beanstandungsfreie Regelung des Erlasses vom 7. Oktober 2002, die ursprünglich auf fünf Jahre befristet war, besteht bis heute ununterbrochen fort. Unproblematisch ist dies für die Zeit ab dem 17. Oktober 2007. Unter diesem Datum hat das Innenministerium eine dem Erlass vom 7. Oktober 2002 entsprechende eindeutige Regelung getroffen. Aber auch für die Zeit bis zum 16. Oktober 2007 hat eine Regelung gemäß § 78d Abs. 3 Satz 1 LBG a. F. fortbestanden.

Denn das Innenministerium hat sich die Richtlinien des Finanzministeriums für die Haushalts- und Wirtschaftsführung 2004 und 2007, die die Gewährung von Altersteilzeit für die meisten Landesbeamten und damit insbesondere für die Polizeivollzugsbeamten mit eindeutigen Formulierungen ausschließen, zu eigen gemacht. Mit den Erlassen vom 2. März 2004 und 16. Februar 2007 hat das Innenministerium diese Regelungen des Finanzministeriums in seinem Geschäftsbereich bekannt gemacht mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung. Die ausdrückliche Bitte um Beachtung bedeutet, dass das Innenministerium die vom Finanzministerium konzipierten Regelungen in seinen Willen aufgenommen und den nachgeordneten Behörden des eigenen Geschäftsbereichs verbindlich auferlegt hat. Damit liegt eine eigene Regelung des Innenministeriums als oberste Dienstbehörde der Polizeivollzugsbeamten im Sinne von § 78d Abs. 3 Satz 1 LBG a. F. vor. Dieses Zueigenmachen wird bestätigt durch den Wortlaut des Erlasses des Innenministeriums vom 17. Oktober 2007, der die Richtlinien des Finanzministeriums in diesem Zusammenhang ausdrücklich anführt und daraus die Schlussfolgerung zieht, dass eine neue Rechtslage seit dem 1. Oktober 2007 nicht entstanden ist. Angesichts dieses Befundes kommt es auf die Bedeutung des Erlasses des Innenministeriums vom 19. September 2007, der eine generell sehr restriktive Linie in Bezug auf vorzeitige Beendigungstatbestände des aktiven Beamtenverhältnisses im Polizeivollzug erkennen läßt, nicht mehr an.

Durch die Verfügungen vom 5. April 2004 und 2. April 2007 hat die Bezirksregierung E. die Erlasse des Innenministeriums vom 2. März 2004 und 16. Februar 2007 den Kreispolizeibehörden und damit auch dem Polizeipräsidium F. bekannt gemacht.

Der Charakter des Erlasses vom 7. Oktober 2002 und der nachfolgenden Erlasse des Innenministeriums als Verwaltungsvorschriften kann ein Entfallen der Regelung gemäß § 78d Abs. 3 Satz 1 LBG a. F./§ 65 Abs. 3 Satz 1 LBG oder eine Ausnahme davon nicht rechtfertigen. Verwaltungsvorschriften sind nicht wie Rechtsnormen auszulegen und anzuwenden; vielmehr ist die auf den Verwaltungsvorschriften aufbauende Verwaltungspraxis letztlich maßgeblich. Eine relevante Verwaltungspraxis, die zu Gunsten des Klägers von den Erlassen des Innenministeriums abweicht, lässt sich jedoch nicht feststellen. Im Bereich des Polizeipräsidiums F. gab es eine solche Verwaltungspraxis im Jahr 2007 nicht; dies hat der Beklagte im Schriftsatz vom 12. August 2009 unwidersprochen vorgetragen und durch die 16 gleichlautenden Ablehnungsbescheide vom 8. November 2007 bestätigt. Wenn es außerhalb des Polizeipräsidiums F. im Geschäftsbereich des Innenministeriums eine abweichende Verwaltungspraxis im Jahr 2007 gegeben haben sollte, wäre dies gegen den Willen des Innenministeriums als Autor der Verwaltungsvorschriften geschehen, wie sich insbesondere dem Erlass vom 17. Oktober 2007 entnehmen lässt. Eine derartige vom Willen des Autors der Verwaltungsvorschriften abweichende Verwaltungspraxis könnte die durch die Erlasse des Innenministeriums getroffene Regelung nicht derogieren.

Verwaltungsvorschriften müssen grundsätzlich offen sein für atypische Ausnahmen; aber auch dieser Aspekt, der in anderen Rechtsbereichen die Möglichkeit abweichender Ermessensentscheidungen für einzelne Ausnahmefälle eröffnet, greift hier nicht zu Gunsten des Klägers ein. § 78d Abs. 3 LBG a. F./§ 65 Abs. 3 LBG sieht eine generelle Regelung durch die oberste Dienstbehörde vor, die nicht offen ist für Ausnahmen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Mai 2004 - 6 A 3962/02 - nrwe; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Oktober 2001 - 1 K 4154/00 -.

Abgesehen davon liegen bei dem Kläger auch keine Ausnahmegesichtspunkte vor, die eine Ermessenausübung zu seinen Gunsten in diesem Einzelfall rechtfertigen könnten.

Ist somit von einem durchgängigen Vorliegen einer wirksamen Regelung gemäß § 78d Abs. 3 Satz 1 LBG a. F./§ 65 Abs. 3 Satz 1 LBG seit Oktober 2002 bis derzeit auszugehen, bedarf die Frage keiner Klärung mehr, auf welchen Zeitpunkt für die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens abzustellen ist. Alle in Betracht kommenden Zeitpunkte liegen innerhalb der Geltungsdauer der vom Innenministerium getroffenen Regelung: Antragstellung am 12. Oktober 2007, Bescheiderteilung (8. November 2007 bzw. einige Tage später bei Zustellung), Beginn der Arbeitsphase der Altersteilzeit (Juni 2007), Beginn der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell und die mündliche Verhandlung vom 19. August 2009.

Vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 2 C 48.07 - DÖD 2009, 157, 159; Urteile vom 29. April 2004 - 2 C 21.03 - BVerwGE 120, 382, juris, und 2 C 22.03, RiA 2005, 99, 100; OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - 6 A 3277/05 -, nrwe; Urteil vom 10. November 2004 - 1 A 3477/03 - juris; VG E. , Urteil vom 27. Oktober 2008 - 2 K 5826/07 -; VG Minden, Urteil vom 10. September 2008 - 10 K 202/08 - nrwe.

Einer der Ausnahmefälle des Erlasses vom 7. Oktober 2002 und der nachfolgenden Regelungen (z. B. Lehrerbereich oder kw-Stellen- Erwirtschaftung) liegt bei Polizeivollzugsbeamten nicht vor.

Vgl. zur Rechtmäßigkeit der Abgrenzung der Ausnahmen: OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - 6 A 3277/05 - nrwe.

Der Fall des Klägers wird deshalb von der Regelung gemäß § 78d Abs. 3 Satz 1 LBG a. F./§ 65 Abs. 3 Satz 1 LBG erfasst. Ein Anspruch auf Neubescheidung ist damit ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.