VG Köln, Urteil vom 20.03.2009 - 27 K 183/08
Fundstelle
openJur 2011, 63953
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist der Sohn des am 08. Januar 2006 verstorbenen F. S. . Am 09. Januar 2006 unterrichtete der Beklagte den Kläger telefonisch vom Tod seines Vaters. Einen Tag später, am 10. Januar 2006, meldete sich der Kläger telefonisch bei dem Beklagten und teilte mit, dass er sich um die Bestattung seines Vaters nicht kümmern werde, weil sein Vater nie Unterhalt gezahlt habe. Daraufhin beauftragte der Beklagte noch am selben Tag ein Bestattungsunternehmen mit der Einäscherung des Verstorbenen und der anonymen Urnenbeisetzung. Das Bestattungsunternehmen stellte hierfür einschließlich der städtischen Gebühren 2.299,77 Euro in Rechnung.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2006 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Inanspruchnahme wegen dieser Bestattungskosten an und wies zugleich auf die Möglichkeit hin, dass die Bestattungskosten durch den örtlich zuständigen Sozialhilfeträger gemäß § 74 SGB XII übernommen werden könnten. Darauf ließ der Kläger über einen Anwalt mitteilen, er sei nicht bereit, die Bestattungskosten zu übernehmen. Er habe die Erbschaft ausgeschlagen. Seine Eltern hätten sich getrennt, als er 2 ½ Jahre alt gewesen sei. Der Vater habe sich seitdem nicht mehr für ihn interessiert und insbesondere auch keinerlei Unterhaltsleistungen erbracht.

Mit Leistungsbescheid vom 20. August 2007 forderte der Beklagte den Kläger zur Erstattung der Bestattungskosten in Höhe von 2.261,97 Euro (2.299,77 Euro abzüglich 37,80 Euro, die beim Verstorbenen in bar sichergestellt worden waren) sowie zur Zahlung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 131,00 Euro auf. Zur Begründung wurde ausgeführt: Dass der Vater dem Kläger keinen Unterhalt gezahlt habe, sei irrelevant, da das Bestattungsgesetz Nordrhein-Westfalen die Bestattungspflicht ohne Einschränkungen auf die nächsten Angehörigen übertrage. Insbesondere sehe das Gesetz keine dem § 1611 BGB vergleichbare Beschränkung der Bestattungspflicht vor. Ebenso sei für die Abwicklung der Ersatzvornahme bedeutungslos, dass der Kläger die Erbschaft ausgeschlagen habe. Die zivilrechtlichen Bestimmungen über die Erbenstellung sowie darüber, wer die Beerdigungskosten zu tragen habe, beträfen nur das Innenverhältnis zwischen den in Frage kommenden Personen, nicht aber die öffentlichrechtliche Abwicklung der Ersatzvornahme. Die öffentlichrechtliche Pflicht, für die Beerdigung eines Verstorbenen zu sorgen, beruhe auf einem eigenständigen Rechtsgrund. In dem Bescheid wurde zudem erneut auf die Bestimmung des § 74 SGB XII hingewiesen.

Gegen den Bescheid legte der Kläger am 03. September 2007 Widerspruch ein, den die Bezirksregierung Köln mit Widerspruchsbescheid vom 03. Dezember 2007, zugestellt am 08. Dezember 2007, zurückwies.

Der Kläger hat am 08. Januar 2008 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Er sei nicht zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet. Nach § 1615 Abs. 2 BGB habe der Unterhaltsverpflichtete die Bestattungskosten nur zu tragen, soweit eine Bezahlung der Kosten von den Erben nicht zu erreichen sei. Diese Verpflichtung entfalle aber, wenn die Inanspruchnahme gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB grob unbillig sei. Dies sei hier der Fall, weil sein Vater trotz entsprechender Aufforderungen niemals Unterhalt für ihn gezahlt und damit seine Pflichten ihm - dem Kläger gegenüber - in gröblichster Weise verletzt habe. Schriftliche Unterlagen zur Frage der Unterhaltsverpflichtungen seines verstorbenen Vaters habe er jedoch nicht. Nach Auskunft seiner Großmutter seien Unterhaltsansprüche seinerzeit vor dem Amtsgericht Brühl geltend gemacht worden. Sein Vater habe wohl auch zweimal eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Im Übrigen sei die Heranziehung auch deshalb unbillig, weil er - der Kläger - 30 Jahre lang nichts mehr von seinem Vater gehört habe.

Der Kläger beantragt,

1. den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 03. Dezember 2007 aufzuheben;

2. die Kosten der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus: Entgegen der Auffassung der Klägers sei die öffentlichrechtliche Bestattungspflicht von den zivilrechtlichen Bestimmungen des Unterhaltsrechts völlig unabhängig zu sehen. Deswegen sei im vorliegenden Zusammenhang auch die Ausschlagung der Erbschaft rechtlich unbeachtlich. Von der Erhebung der Kosten der Ersatzvornahme könne nicht nach § 14 Abs. 2 KostO NRW abgesehen werden. Eine unbillige Härte im Sinne dieser Bestimmung liege nicht vor. § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW übertrage die Bestattungspflicht - anders als die zivilrechtlichen Bestimmungen - ohne Einschränkungen auf die nächsten Angehörigen. Dies sei darin begründet, dass die öffentlichrechtliche Bestattungspflicht den Angehörigen unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr , nämlich des öffentlichen Interesses an einer kurzfristigen, den Anforderungen der Gesundheitsvorsorge entsprechenden Beseitigung von menschlichen Leichen obliege. Dieser Aspekt sei Billigkeitserwägungen, die über die ordnungsbehördlichen Regelungen hinausgingen nicht zugänglich. Des halb könne auch der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, das die Bestimmungen der §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB zu Bestimmung des Begriffs der "unbilligen Härte" herangezogen habe, nicht gefolgt werden. Dagegen spreche auch, dass die Bestattungspflicht kein Dauerschuldverhältnis begründe, sondern es sich lediglich um eine einmalige begrenzte Zahlungspflicht handele. Sie zu tragen sei den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Die Zahlungspflicht könne deshalb nur in besonderen Ausnahmefällen entfallen, etwa bei schweren Straftaten. Die Verletzung der Unterhaltspflicht zähle hierzu regelmäßig nicht. Im Übrigen bedeute dies nicht, dass der Bestattungspflichtige damit die Kosten der Bestattung in jedem Fall zu tragen habe. Vielmehr könne er sich gemäß § 74 SGB XII an den Träger der Sozialhilfe halten, der die Kosten übernehme, soweit dem Verpflichteten die Tragung nicht zumutbar sei. Hierbei könnten neben wirtschaftlichen Gründen auch persönliche berücksichtigt werden. Es sei auch unerheblich, dass zwischen dem Bestattungspflichtigen und dem Verstorbenen keine familiäre Verbundenheit (mehr) bestanden habe. § 8 BestG NRW ziele darauf ab, auch dort eine würdige Bestattung durch die Angehörigen sicherzustellen, wo es an intakten Familienverhältnissen fehle, da die Angehörigen dem Verstorbenen regelmäßig näher gestanden hätten, als die Allgemeinheit. Im Übrigen habe der Kläger den Vorwurf einer Unterhaltspflichtverletzung nicht näher belegt. Diese setze auch voraus, dass der Verpflichtete im maßgeblichen Zeitraum leistungsfähig gewesen sei. Auch dafür sei nichts ersichtlich und nichts glaubhaft gemacht.

Der Kläger hat eine Erklärung seiner Großmutter vom 30. Dezember 2008 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die als Anfechtungsklage zulässige Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Kostenbescheid des Beklagten vom 20. August 2007 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 03. Dezember 2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Rechtsgrundlage für den Leistungsbescheid, mit dem der Beklagte die Kosten vom Kläger fordert, die ihm von dem Bestattungsunternehmen für die Einäscherung und Bestattung des Vaters des Klägers von dem beauftragten Bestattungsunternehmen in Rechnung gestellt worden sind, ist § 77 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW), wonach für Amtshandlungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz nach näherer Bestimmung einer Kostenordnung von dem Vollstreckungsschuldner oder dem Pflichtigen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden. Zu den Auslagen gehören gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 KostO NRW Beträge, die unter anderem bei der Ersatzvornahme an Beauftragte oder Hilfspersonen zu zahlen sind, sowie Kosten, die der Vollzugsbehörde durch die Ersatzvornahme entstanden sind.

Der Beklagte hat - als Ordnungs- und Vollzugsbehörde - die Bestattung des verstorbenen Vaters des Klägers im Wege der Ersatzvornahme durch ein Bestattungsunternehmen durchführen lassen. Voraussetzung für die Kostenerstattung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW für diese Vollstreckungsmaßnahme ist, dass es sich um eine rechtmäßige Ersatzvornahme handelt. Dies ist hier der Fall.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Feuerbestattung des Verstorbenen im Wege der Ersatzvornahme ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt gemäß § 55 Abs. 2, § 59 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 3, § 64 Satz 2 VwVG NRW lagen im Zeitpunkt der ordnungsbehördlichen Beauftragung des Bestattungsunternehmers am 10. Januar 2006 vor. Nach diesen gesetzlichen Vorgaben können Zwangsmittel auch ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt angewendet werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Vollzugsbehörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt. Das ist hier zu bejahen.

Der Beklagte wäre als örtliche Ordnungsbehörde (vgl. § 4 Abs. 1 OBG NRW, § 8 Abs. 1 BestG NRW) gemäß § 14 Abs. 1 OBG NRW befugt gewesen, dem Kläger die Bestattung des Verstorbenen innerhalb der Bestattungsfrist von 8 Tagen (§ 13 Abs. 3 BestG NRW) aufzugeben. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die § 14 Abs. 1 OBG NRW als Voraussetzung des ordnungsbehördlichen Einschreitens vorsieht, bestand vorliegend. Im Zeitpunkt des Einschreitens lag ein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 1 BestattG NRW vor. Der Kläger war nach dieser Vorschrift als volljähriges Kind des Verstorbenen zu dessen Bestattung verpflichtet. Die sich aus dieser Bestimmung ergebende öffentlichrechtliche Bestattungspflicht ist auch nicht entfallen, weil er das Erbe des Verstorbenen ausgeschlagen hat. Die öffentlichrechtliche, vornehmlich aus Gründen der Gefahrenabwehr bestehende Pflicht, für die Beerdigung eines Verstorbenen zu sorgen, beruht auf einem vom Zivilrecht unabhängigen eigenständigen öffentlichrechtlichen Rechtsgrund und wird von im Zivilrecht wurzelnden Beziehungen nicht berührt. Die zivilrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und darüber, wer die Kosten für die Beerdigung zu tragen hat (etwa § 1968, § 1360 a Abs. 3, § 1615 Abs. 2, § 1615 m BGB) oder auch zivilrechtliche Unterhaltsregelungen beinhalten keine rechtlichen Vorgaben für den Kreis der öffentlichrechtlich Bestattungspflichtigen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1994 -1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283; OVG NRW, Urteil vom 20. Juni 1996 - 19 A 4829/95 -, Beschluss vom 15. Oktober 2001 -19 A 571/00 -, NVwZ 2002, 996.

Die Bestattungspflicht des Klägers ist auch nicht deswegen entfallen, weil der Verstorbene nach Angaben des Klägers seine ihm gegenüber bestehenden Unterhaltspflichten in gröblicher Weise verletzt hat. Es entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung, dass die öffentlichrechtliche Bestattungspflicht nach ihrer Zweckbestimmung grundsätzlich ausnahmslos gilt und ihr grundsätzlich nicht entgegen gehalten werden kann, dass die Durchführung der Bestattung dem Bestattungspflichtigen in Anlehnung an die unterhaltsrechtlichen Bestimmungen in § 1361 Abs. 3, § 1579 und § 1611 BGB wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen zu Lebzeiten als grob unbillig erscheint.

Vgl. etwa Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 - m.w.Nw., juris Rdnr. 5.; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris Rdnr.65; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 S 681/04 -, juris Rdnr. 24; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 01. August 2008 - 8 LB 55/07 -, juris Rdnr. 20; VG Koblenz, Urteil vom 14. Juni 2005 - 6 K 93/05.KO -, juris Rdnr. 24; Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskosten, NVwZ 2002, 917 .

Die Regelung der uneingeschränkten Bestattungspflicht in § 8 Abs. 1 BestG NRW ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere mit dem Grundrecht des Bestattungspflichtigen aus Art. 2 Abs. 1 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Die Bestattungspflicht besteht als öffentlichrechtliche Pflicht in erster Linie aus Gründen der Gefahrenabwehr. Sie soll den Gefahren entgegenwirken, die durch eine nicht rechtzeitige Bestattung einer menschlichen Leiche drohen. Von daher vermag die zuständige Behörde innerhalb der kurz bemessenen Bestattungsfrist des § 13 Abs. 3 BestG NRW keine längeren Nachforschungen hinsichtlich der persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen anzustellen. Sie muss bei der Ermittlung der Bestattungspflichtigen vielmehr auf objektive Maßstäbe zurückgreifen. Zum anderen knüpft die Regelung des § 8 Abs. 1 BestG NRW und die darin festgelegte Rangfolge der bestattungspflichtigen Angehörigen an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegenden Totenfürsorge an. Das Recht und die Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Zudem begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein "Dauerschuldverhältnis" zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der § 1361 Abs. 3, § 1579 und § 1611 BGB in den Blick genommen hat.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 S 681/04 -, juris Rdnr. 24 zu den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen; Stelkens/Cohrs, a.a.O., NVwZ 2002, 917 .

Die Unbedingtheit der Bestattungspflicht ist auch hinsichtlich der daraus resultierenden Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, da dem Bestattungspflichtigen neben den allgemeinen zivilrechtlichen Ausgleichsansprüchen jedenfalls der in § 74 SGB XII (früher der fast wortgleiche § 15 BSHG) geregelte sozialhilferechtliche Anspruch zustehen kann, wonach die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen werden, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Dieser eigenständige sozialhilferechtliche Anspruch fängt in "Härtefällen" die sich aus der Bestattungspflicht ergebende finanzielle Belastung auf, weil die Bestimmung nicht nur den Fall erfasst, dass dem Bestattungspflichtigen die Kostentragungspflicht unzumutbar ist, weil er selbst finanziell nicht zur Kostentragung in der Lage ist. Vielmehr kann sich die Unzumutbarkeit im Sinne der Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen dem Bestattungspflichtigen und dem Verstorbenen ergeben.

Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 - m.w.Nw., juris Rdnr. 8; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris Rdnr.69 f.; VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 S 681/04 -, juris Rdnr. 26; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris Rdnr. 7; Stelkens/Seifert, a.a.O., Seite 1540 und Fußn. 31 m. w. Nw. aus der Rechtsprechung; Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl. 2008, § 74 Rdnr. 35.

Aufgrund dieser Regelung ist sichergestellt, dass der Bestattungspflichtige in Härtefällen nicht endgültig mit den Bestattungskosten belastet wird.

Ob gleichwohl in besonderen Ausnahmefällen die Bestattungspflicht naher Angehöriger entfallen kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Ein solcher Ausnahmefall liegt jedenfalls nur dann vor, wenn eine Verpflichtung des Angehörigen zur Bestattung dessen Menschenwürde beeinträchtigen würde, was nur angenommen werden kann, wenn der Verstorbene nachweislich schwere Straftaten gegen die körperliche Integrität des Bestattungspflichtigen begangen hat. Allein die vom Kläger geltend gemachte Verletzung von Unterhaltspflichten, auch wenn diese zur strafrechtlichen Verurteilung geführt hat, oder die Zerrüttung des familiären Verhältnisses reichen dafür nicht aus.

Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 - m.w.Nw., juris Rdnr. 7; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 01. August 2008 - 8 LB 55/07 -, juris Rdnr. 20; VG Koblenz, Urteil vom 14. Juni 2005 - 6 K 93/05.KO -, juris Rdnr. 24; VG Gießen, Urteil vom 05. April 2000 - 8 E 1777/98 -, juris Rdnr. 34.

Der Kläger ist seiner damit bestehenden Bestattungspflicht nicht nachgekommen. Er hat es - unbestritten - im Telefonat mit dem Mitarbeiter des Beklagten am 10. Januar 2006 abgelehnt, sich um die Bestattung seines verstorbenen Vaters zu kümmern. Daher konnte und musste der Beklagte davon ausgehen, dass er innerhalb der Achttagesfrist des § 13 Abs. 3 BestG NRW die Bestattung des Verstorbenen auf einem Friedhof nicht selbst beauftragen werde. Damit lagen im Zeitpunkt der Anordnung der ordnungsbehördlichen Notbestattung auch die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW vor. Nach dieser Vorschrift hat die örtliche Ordnungsbehörde der Gemeinde des Sterbe- oder Auffindungsortes die Bestattung einer Leiche nur zu veranlassen, soweit die Angehörigen ihrer Bestattungspflicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen.

Die Anordnung der Urnenbestattung des Verstorbenen war im Zeitpunkt der Beauftragung des Bestattungsunternehmens auch zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig (§ 55 Abs. 2 VwVG NRW) und entsprach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Wegen der Achttagesfrist des § 13 Abs. 3 BestattG NRW bestand aus hygienischen Gründen eine besondere Eilbedürftigkeit für die Ordnungsbehörde, ohne vorausgehenden Erlass eines Verwaltungsakts tätig zu werden. Innerhalb dieser gesetzlichen Frist sind Erdbestattungen durchzuführen. Die speziell auf Feuerbestattungen ausgerichtete Vorschrift des § 15 BestG NRW sieht zwar keine ausdrückliche Frist für die Feuerbestattung vor. Der Sinn und Zweck der Bestattungsfrist des § 13 Abs. 3 BestG NRW, die Toten aus Gründen des Gesundheitsschutzes spätestens nach Ablauf von 8 Tagen zu beerdigen, gilt aber in gleicher Weise für die Toten, die im Wege der Feuerbestattung bestattet werden sollen. Auch bei der Feuerbestattung ist demzufolge die Einäscherung der Leiche innerhalb dieser Frist durchzuführen bzw. - wenn dies beispielsweise aus technischen Gründen nicht möglich ist - die Einäscherung durch die Überführung der Leiche an das Krematorium in die Wege zu leiten. Das unverzügliche Einschreiten der Ordnungsbehörde im Wege des Sofortvollzugs ist mithin notwendig, um zu verhindern, dass in den Fällen, in denen - wie hier - die vorrangig bestattungspflichtigen Angehörigen ihrer Bestattungspflicht nicht nachkommen, die gesetzliche Frist für die Bestattung überschritten wird.

Die Voraussetzungen für ein Vorgehen im Sofortvollzug ohne vorausgehenden Verwaltungsakt liegen auch hinsichtlich der anschließenden Beisetzung der Urne vor. Dem kann nach Auffassung der Kammer nicht entscheidend entgegengehalten werden, dass - anders als bei der Einäscherung - bei der Beisetzung der Urne keine besondere Eilbedürftigkeit aus hygienischen Gründen mehr vorliegt.

So aber VG Aachen, Urteil vom 20. August 2007 - 6 K 1554 - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, u. a. Beschluss vom 21. November 2006 - 8 PA 118/06 -, jeweils zitiert nach juris, die insoweit betreffend der Beisetzung der Urne von einer fehlenden gegenwärtigen Gefahr ausgehen.

Zwar sieht dass Bestattungsgesetz eine Frist für die Beisetzung der Urne nicht vor und nach § 40 Abs. 1 der maßgebenden Friedhofssatzung der Stadt Köln wird die Asche - falls keine andere Vereinbarung getroffen wurde - drei Monate nach der Einäscherung beigesetzt. Anderseits ist aber für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Veranlassung der ordnungsbehördlichen Notfallbestattung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW im Wege des Sofortvollzugs vorliegen, grundsätzlich die exante Sicht im Zeitpunkt des Einschreitens der Ordnungsbehörde maßgeblich. Liegen zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anordnung der Bestattung wegen der ausdrücklichen Weigerung der Angehörigen, ihrer Bestattungspflicht nachzukommen, vor, und ist wegen dieser Weigerung und der zu beachtenden Bestattungsfrist des § 13 BestattG NRW die Bestattung eilbedürftig, so ist die zuständige Ordnungsbehörde berechtigt und verpflichtet, im Falle der gewählten Feuerbestattung nicht nur unverzüglich die Einäscherung der Leiche, sondern zugleich auch die Urnenbestattung vornehmen zu lassen, ohne wegen der Beisetzung erneut ordnungsbehördlich gegen den Bestattungspflichtigen vorgehen zu müssen. Für diese Bewertung spricht, dass die Bestattung i. S. d. § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW neben der Einäscherung auch zwingend die Beisetzung der Urne umfasst. Jedenfalls in den Fällen, in denen - wie hier - eine eindeutige Weigerung der Angehörigen vorliegt, ihrer Bestattungspflicht nachzukommen, besteht daher kein Anlass, den einheitlichen Bestattungsvorgang bezüglich der Vollstreckungsvoraussetzungen in unterschiedliche Teilabschnitte zu zerlegen.

Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten sind vom Kläger nicht erhoben worden und auch sonst nicht ersichtlich. Es sind nur Kosten für den notwendigen Mindestaufwand einer Bestattung eingestellt. Diese beruhen teilweise auf den einschlägigen Tarifen der Friedhofsgebührensatzung der Stadt Köln für den Bestattungszeitpunkt sowie auf den Eigenleistungen des Bestattungsunternehmens. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass die vom Bestattungsunternehmen in Rechnung gestellten Beträge unverhältnismäßig sind. Sie entsprechen vielmehr den Kosten vergleichbarer Begräbnisse im Bereich der Stadt Köln im fraglichen Zeitraum.

Die Berechtigung zur Erhebung der Verwaltungsgebühren für die Veranlassung der Bestattung folgt aus § 7 a Abs. 1 Nr. 11 KostO NRW . Die festgesetzte Höhe der Verwaltungsgebühr (131,00 EUR) hält sich im gesetzlich vorgesehenen Rahmen von 25,00 bis 300,00 EUR und ist angesichts des Umfangs des dokumentierten Verwaltungsaufwands (vgl. Blatt 25 des Verwaltungsvorgangs), der der Gebührenbemessung zugrunde gelegt wurde, nicht zu beanstanden.

Der Kläger kann sich gegenüber der rechtmäßigen Heranziehung auch nicht mit Erfolg auf Härtegründe berufen, die den Beklagten nach § 14 Abs. 2 KostO NRW verpflichtet hätten, von der Inrechnungstellung der Kosten für die Bestattung des Vaters gegenüber dem Kläger ganz oder teilweise abzusehen. Zwar hat die Ordnungsbehörde nach der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen von Rechts wegen zu prüfen, ob die Heranziehung des Bestattungspflichtigen im Einzelfall eine unbillige Härte im Sinne von § 14 Abs. 2 KostO NRW bedeuten würde und sie deshalb unter Umständen ganz oder teilweise von der Heranziehung abzusehen hat.

Vgl. etwa Urteile vom 02. Februar 1996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 und vom 17. Juli 1996 - 19 A 2393/96 sowie Beschlüsse vom 15. Oktober 2001 - 19 A 571/00 -, NVwZ 2002, 996 und vom 31. Juli 2006 - 19 E 371/05 -

Die Kammer ist abweichend von dieser Rechtsprechung der Auffassung, dass im Rahmen der vorzunehmenden Prüfung der unbilligen Härte nicht nur die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers oder die Gründe, die in dem familiären Verhältnis des Kostenpflichtigen zum Verstorbenen liegen, sondern auch der sozialhilferechtliche Kostenübernahmeanspruch aus § 74 SGB XII als realisierbare anderweitige Ersatzmöglichkeit zu berücksichtigen ist. Da diese Bestimmung dem Bestattungspflichtigen eine gleichwertige Übernahme der erforderlichen Kosten der Bestattung in den Fällen von finanzieller oder persönlicher Unzumutbarkeit durch den Sozialhilfeträger ermöglicht, besteht keine Notwendigkeit, schon die bestattungsrechtliche Kostentragungspflicht aus Billigkeitsgründen zu verneinen. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs aus § 74 SGB XII einem selbstständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit näher vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird, die unter Umständen schon zu Lebzeiten des Verstorbenen mit Unterhaltsansprüchen gegen die Angehörigen befasst worden ist. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostenlast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet.

Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 - m.w.Nw., juris Rdnr. 8; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris Rdnr.69 f.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris Rdnr. 4.

Ausgehend von diesem Rechtsstandpunkt kam es deshalb im vorliegenden Verfahren auf die vom Kläger geltend gemachten Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen sowie seine Verhaltensweise ihm gegenüber in der Kinder- und Jugendzeit nicht an. Diese war auch von dem Beklagten im Rahmen seiner Entscheidung nicht zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der Abweichung des Urteils von der bisherigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. etwa Urteile vom 02. Februar 1996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 und vom 17. Juli 1996 - 19 A 2393/96 sowie Beschlüsse vom 15. Oktober 2001 - 19 A 571/00 -, NVwZ 2002, 996 und vom 31. Juli 2006 - 19 E 371/05 -) zuzulassen. Die im Kern entscheidungserhebliche Frage, ob die vom Kläger verteidigungsweise geltend gemachten Unterhaltspflichtverletzungen des Verstorbenen mit Blick auf den sozialhilferechtlichen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten gemäß § 74 SGB X II weiterhin entsprechend der vorziertierten Rechtssprechung des Oberverwaltungsgerichts in Verfahren der vorliegenden Art betreffend die Heranziehung zu den Kosten einer Bestattung im Wege der Ersatzvornahme zu beachten sind, ist klärungsbedürftig.