OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.05.2008 - 6 B 561/08
Fundstelle
openJur 2011, 60218
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 L 161/08
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Aus den in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag über die erlassene einstweilige Anordnung hinaus hätte stattgeben müssen.

Einen Anordnungsanspruch des Antragstellers dahingehend,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die beiden dem Landrat als Kreispolizeibehörde W. für die Monate Februar und März 2008 zugewiesenen Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 10 BBesO mit dem Beigeladenen zu 1. zu besetzen, bis über die Stellenbesetzung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,

hat die Beschwerde nicht glaubhaft gemacht. Sie bemängelt ausschließlich die vermeintlich fehlende Plausibilisierung der dem Antragsteller am 23. Januar 2008 erteilten Neubeurteilung, die der Antragsgegner der angegriffenen Auswahlentscheidung zu Grunde gelegt hat. Der Endbeurteiler hat im Rahmen dieser Neubeurteilung den Beurteilungsvorschlag des Erstbeurteilers unter Berufung auf einen Leistungsvergleich innerhalb der Vergleichsgruppe hinsichtlich der Submerkmale "Leistungsgüte", "Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen" sowie "Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern" auf jeweils drei Punkte herabgesetzt, um einen zuvor gerichtlich festgestellten Plausibilitätsmangel der für den fraglichen Beurteilungszeitraum ursprünglich erteilten Regelbeurteilung zu beheben. Dass die Beseitigung des erkannten Plausibilitätsmangels fehlgeschlagen ist, hat die Beschwerde nicht dargetan.

Die Beschwerde meint, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeurteiler offenbar bei der Bewertung der weit überwiegenden Zahl der Submerkmale den richtigen Beurteilungsmaßstab angewandt habe, während ihm dies bei der Bewertung der drei herabgesetzten Submerkmale angeblich nicht gelungen sei. Dieser Einwand stellt die Plausibilität der Beurteilung vom 23. Januar 2008 nicht in Frage. Nach 9.1 der Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen (BRL Pol) erstellt der Erstbeurteiler den Beurteilungsvorschlag nach eigenen Kenntnissen und Erfahrungen. Auch wenn nach dieser Vorschrift im Vorfeld einer Beurteilungsrunde Gespräche zwischen Vorgesetzten und Erstbeurteilern mit dem Ziel der Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe zulässig und sinnvoll sind, ist der jeweilige Erstbeurteiler an solche Beurteilungsmaßstäbe, die die gleichmäßige Bewertung der in einer Vergleichsgruppe zusammengefassten Beamten gewährleisten sollen, nicht gebunden. Die Bestätigung oder Abänderung von Einzelfeststellungen durch den Endbeurteiler ist daher nicht zwingend darauf zurückzuführen, dass der Erstbeurteiler Beurteilungsmaßstäbe nicht beachtet oder verkannt hat. Nach 9.2 BRL Pol obliegt es allein dem Endbeurteiler, gleiche Beurteilungsmaßstäbe anzuwenden und die festgelegten Richtsätze zu berücksichtigen. Vor der Schlusszeichnung muss es daher - erstmals im Beurteilungsverfahren - zu vergleichenden Betrachtungen kommen, die notwendigerweise die regelmäßig nicht im Blickfeld des Erstbeurteilers liegende Vergleichsgruppe insgesamt erfassen. Diese Betrachtungen können ergeben, dass ein Beamter hinsichtlich einzelner oder aller Einzelfeststellungen im Vergleich zu den übrigen Beamten seiner Vergleichsgruppe vom jeweiligen Erstbeurteiler eine zu gute oder zu schlechte Beurteilung erhalten hat und insoweit eine Abänderung des Beurteilungsvorschlags geboten ist.

Was die in 9.2 BRL Pol geforderte Begründung einer abweichenden Beurteilung angeht, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass diese etwa den Quervergleich mit den Beurteilungen der anderen zur Vergleichsgruppe gehörenden Personen in den Mittelpunkt stellen muss, wenn die Abweichung auf entsprechenden einzelfallübergreifenden Erwägungen und nicht in erster Linie auf einer anderen Bewertung des individuellen Leistungs- und Befähigungsprofils des zu beurteilenden Beamten beruht. Dass die dabei maßgeblichen allgemeinen Erwägungen zwangsläufig zu einer Abstrahierung vom Einzelfall führen und sich wegen ihrer fallübergreifenden Bedeutung ebenso zwangsläufig in ähnlicher oder gleicher Wortwahl auch in den Beurteilungen anderer Beamter wiederfinden, ergibt allein kein zur Rechtswidrigkeit führendes Begründungsdefizit.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2006 - 6 A 1216/04 -.

Dies gilt nicht nur für das Gesamturteil einer Beurteilung, sondern (gerade) auch für die Einzelfeststellungen, da sich für den Beurteiler erst bei einer Betrachtung der Leistungen und Befähigungen der Beamten im Detail ein anschauliches Bild von deren Stärken und Schwächen ergibt und ihm eine Bewertung im Vergleich zu anderen Angehörigen der Vergleichsgruppe ermöglicht.

Die Beurteilung ist auch nicht deshalb widersprüchlich und unplausibel, weil unter Ziffer IV ausgeführt ist,

"KK (I) I. ist mit der ihm eigenen Motivation immer bereit, sich auch über die normale Regelarbeitszeit hinaus im Interesse polizeilicher Aufgabenstellungen zu engagieren. Hierbei erzielt er häufig gute Ermittlungsergebnisse, die in ihrer Konsequenz weitere Straftaten verhindern. Mit dieser Motivation trug KK (I) I. auch zum Gelingen der EK E. bei."

Ein Widerspruch zu der Bewertung des Submerkmals "Leistungsgüte" mit drei Punkten ergibt sich daraus nicht. Eine überdurchschnittliche Einschätzung ist den textlichen Ausführungen unter Ziffer IV der Beurteilung nicht zu entnehmen. Die zur Konkretisierung des Submerkmals gewählte Formulierung "erzielt häufig gute Ermittlungsergebnisse" ist geeignet, eine als durchschnittlich eingestufte Leistung sachgerecht zu erfassen, und lässt Steigerungen zur Beschreibung einer über dem Durchschnitt oder sogar im Spitzenbereich liegenden Leistungsgüte ohne weiteres zu. So könnte beispielsweise eine Bewertung des Submerkmals mit vier oder fünf Punkten denjenigen Beamten vorbehalten sein, die "fast immer" oder sogar "immer" gute oder sogar "sehr gute" Ermittlungsergebnisse erzielen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an den §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 VwGO, wobei der sich daraus ergebende Wert im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der begehrten Entscheidung zu halbieren ist.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).