SG Münster, Beschluss vom 02.04.2007 - S 5 AS 55/07 ER
Fundstelle
openJur 2011, 51991
  • Rkr:
Tenor

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren 100,- EUR zur Anschaffung von Gardinen zu zahlen.

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller darlehnsweise bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren 170,- EUR zur Anschaffung einer Matratze zu zahlen.

3. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Gründe

I. Der Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II, die zuletzt mit Bescheid vom 05.02.2007 für den Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.07.2007 in Höhe von monatlich 839,80 EUR bewilligt worden waren. Hierbei hatte die Antragsgegnerin Kosten der Unterkunft in Höhe von 462,80 EUR berücksichtigt, die Regelleistung in Höhe von 345,- EUR sowie einen befristeten Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 32,- EUR.

Seine derzeitige Wohnung bewohnt der Antragsteller seit dem 01.02.2007, nachdem er sich im Rahmen einer Räumungsklage vergleichsweise zur Räumung seiner bisherigen Wohnung verpflichtet hatte. Die jetzige Wohnung hat eine Wohnfläche von 73 m² und ist nach Auffassung der Antragsgegnerin für eine Einzelperson unangemessen groß. Da die Summe aus Grundmiete und Nebenkosten geringfügig über den Höchstgrenzen des kommunalen Trägers für die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft liege, wurden dem Antragsteller Leistungen für die Kaution und Umzugskosten mit Bescheid vom 19.12.2006 abgelehnt. Einem entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter dem Az.: S 3 AS 1/07 ER vor dem Sozialgericht Münster wurde nicht entsprochen. Das Verfahren befindet sich derzeit zur Entscheidung über die Beschwerde des Antragstellers bei dem LSG NW. Da die für den Antragsteller verantwortlichen Sachbearbeiter bei dem Antragsteller mehrfach depressive Äußerungen vernommen hatten und man von Seiten der Antragsgegnerin die Notwendigkeit einer Stabilisierung der Situation sehe, entschied sich die Antragsgegnerin, die geringfügige Überschreitung der angemessenen Kaltmiete zu akzeptieren und dem Antragsteller für die Mietkaution und Umzugskosten Leistungen zu gewähren. Der Antragsteller erhielt am 20.02.2007 50,- EUR für die Wohnungsrenovierung und am 27.02.2007 40,- EUR zur Anschaffung einer Küchenarbeitsplatte, dieses darlehnsweise.

Am 30.01.2007 hatte der Antragsteller eine einmalige Beihilfe zur Erstausstattung der Wohnung beantragt mit der Begründung, er benötige einen Wohnzimmerschrank, zwei Stühle und Esstisch, Gardinen für Badezimmer, Schlafzimmer und Küche. Ferner benötige er eine neue Matratze bezüglich seines Bandscheibenvorfalls, ein ärztliches Attest liege bereits vor. Wie bekannt sei, sei es ihm nicht möglich, die Anschaffungen aus eigener Kraft zu tätigen, es stünden ihm keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung. Zur Not beantrage er die Gewährung eines Darlehns für die Anschaffung der Gegenstände. Mit Bescheid vom 08.02.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2007 wegen Gewährung von Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung wurde der Antrag des Antragstellers abgelehnt. Auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden wird Bezug genommen. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller am 08.03.2007 vor dem Sozialgericht Münster unter dem Az.: S 5 AS 56/07 Klage erhoben. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Nachdem der Antragsteller zunächst mit Schreiben vom 17.01.2007 seinen Antrag hinsichtlich der Bandscheibenmatratze zurückgenommen hatte, beantragte er unter dem 28.02.2007 erneut die Gewährung eines Darlehns zur Anschaffung einer solchen Matratze, nachdem die Krankenkasse wohl die Übernahme der Kosten abgelehnt hatte. Mit Schreiben vom 07.03.2007 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, der Antrag könne nur als Antrag auf Gewährung eines Darlehns für den Kauf einer regulären Matratze gewertet werden. Diese Kosten seien in der Regelleistung enthalten. Nach den Richtlinien belaufe sich der Betrag zur Anschaffung einer Matratze auf 82,50 EUR. Der Antragsteller wurde aufgefordert, durch Vorlage geeigneter Belege nachzuweisen, aus welchen Gründen er im Monat 3/07 nicht die Mittel zur Verfügung habe, um den Bedarf für den Kauf einer Matratze zum Preis von 82,50 EUR zu tätigen.

Mit Schriftsatz vom 08.03.2007 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel, ihm Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung sowie für die Übernahme der Kosten für eine bandscheibengerechte Matratze als Vorschuss bzw. als Darlehn zu erhalten.

Seines Erachtens sei es menschenunwürdig, dass er sich in seiner eigenen Wohnung nicht frei bewegen könne, da ständig die Nachbarn der gegenüberliegenden Häuser seine Wohnung einsehen könnten. Durch fehlende Gardinen, die die Antragsgegnerin nicht bewillige, fühle er sich in seiner Intimsphäre gestört. Angesichts der Fenstergröße errechne er einen Betrag von ca. 204,20 EUR Gardinenstoff zuzüglich 40,- EUR bis 50,- EUR für das Nähen. Die Fenster in der Wohnung hätten folgende Größe: 2,6 m x 1,38 m Schlafzimmer; 1,47 m x 1,36 m Arbeitsraum; 1,45 m x 1,36 m Küche; 3,32 m x 1,62 m Wohnzimmer; 1,08 m x 2,22 m Balkontür. Für das Bad habe er zu keinerzeit Gardinen beantragt.

Seit dem Umzug schlafe er auf dem Sofa. Zwar verfüge er über ein Bett, die dazugehörige Matratze sei jedoch etwa zehn Jahre alt und nicht bandscheibengerecht. Durch die nicht bandscheibengerechte Schlafgelegenheit habe er ständig Rückenschmerzen und sei in ständiger orthopädischer Behandlung. Inzwischen erhalte er Schlaf- und Schmerztabletten. Zur Vermeidung weiterer gesundheitlicher Schäden sei eine bandscheibengerechte Matratze dringend erforderlich. Der Antragsteller macht seine Angaben durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft.

Die Antragsgegnerin hält den Antrag für unbegründet. Es sei beabsichtigt, den Antrag auf zusätzliche Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB II für den Kauf einer Matratze abzulehnen. Bereits einen Tag, nachdem der Antragsteller einen Bedarf für eine gesundheitlich dringend notwendige Matratze angezeigt habe, habe er Teile der Regelleistung für die Einrichtung eines Telefonanschlusses verwendet. Er habe am 01.03.2007 90,09 EUR an die Firma I überwiesen als Kosten der Einrichtung für einen Telefonanschluss. Der Antragsteller verfüge jedoch über einen Mobilfunkanschluss. Damit habe er zum Ausdruck gebracht, dass die Deckung des Bedarfs an einer Matratze für ihn nicht die höchste Priorität habe. Auch hinsichtlich des Bedarfs an Gardinen habe er diesem geringere Priorität zugeordnet. Zudem sei sie, die Antragsgegnerin, der Auffassung, dass der Bedarf zur Anschaffung von Gardinen aus der Regelleistung gedeckt werden könne.

Das Gericht hat die den Antragsteller betreffenden Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, Band II ab Blatt 185, sowie die Streitakte des Sozialgerichts Münster zum Az.: S 5 AS 56/07 beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die beigezogenen Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten vorbereitenden Schriftsätze. Diese sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

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