LG Arnsberg, Beschluss vom 09.02.2007 - 2 Qs 18/07
Fundstelle
openJur 2011, 49183
  • Rkr:

Ein, von dem Verteidiger gestellter Kostenfestsetzungsantrag stellt in der Regel keine sofortige Beschwerde gegen eine fehlerhafte Kostengrundentscheidung dar.

Tenor

lehnt die Kammer eine Entscheidung ab.

Gründe

I.

Durch Urteil des Amtsgerichts Soest vom 12.09.2006 wurde der Betroffene vom Vorwurf einer Verkehrsordnungswidrigkeit freigesprochen. Das Amtsgericht Soest hat weiter tenoriert: " Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse."

Nach der Zustellung der Urteilsausfertigung am 04.12.2006 überreichte der Verteidiger seine "Kostenrechnung bzgl. der Kosten des Verfahrens mit der Bitte um Erstattung" am 06.12.2006.

Nach einer Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht zu dem Kostenerstattungsantrag wurde die Akte der Kammer "zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die nicht getroffene Auslagenentscheidung übersandt."

II.

Eine Entscheidung der Kammer über die von der Verteidigung vorgelegte Kostenrechnung im Zusammenhang mit der Kostenentscheidung des Urteils des Amtsgerichts Soest vom 12.09.2006 ist nicht veranlasst. Insbesondere liegt eine sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung im Sinne von §§ 464 Abs. 3 StPO, 46 OWiG nicht in dem Kostenfestsetzungsantrag vom 05.12.2006 vor.

Nach Auffassung der Kammer kann ein innerhalb der Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. § 311 StPO eingegangener Kostenfestsetzungsantrag nicht als sofortige Beschwerde gegen eine unterbliebene Auslagenentscheidung ausgelegt werden. Voraussetzung für eine Auslegung oder Umdeutung nach § 300 StPO ist es, dass die Bezeichnung des Rechtsmittels fehlt, falsch ist oder unklar bleibt, welches von mehreren Rechtsmitteln eingelegt werden soll (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 300 RdNr. 2 und 3), der Wortlaut der Eingabe also mehrdeutig ist, so dass Zweifel an seinem Sinn oder seiner Zielrichtung auftreten. Weiter ist es erforderlich, dass sich aus der Eingabe selbst ein Anfechtungswille ergibt, also deutlich wird, dass sich der Erklärende mit einer ihn beschwerenden gerichtlichen Entscheidung nicht abfinden will. Maßgebend für die Auslegung ist der Sinngehalt, der sich aus der Gesamtheit der innerhalb der Anfechtungsfrist eingehenden Erklärung ergibt (KG, NStZ-RR 2004, 190). Für die Auslegung des Anfechtungswillen ist im Übrigen die Person des Erklärenden von Bedeutung. Bei Rechtskundigen ist eher als bei Rechtsunkundigen auf den gewählten Wortlaut abzustellen. Einem Rechtsanwalt, der in Strafsachen tätig wird, ist aber regelmäßig bekannt, dass das Festsetzungsverfahren nach § 464 b StPO allein die Aufgabe hat, die Höhe der notwendigen Auslagen zu bestimmen, bzgl. derer eine rechtskräftige gerichtliche Grundentscheidung vorliegt, und dass dieses Verfahren nicht dem Zweck dient, unvollständige Grundentscheidungen des erkennenden Gerichtes zu korrigieren

(vgl. KG Berlin. a. a. O.).

Nach den vorgenannten Grundsätzen kann der Kostenfestsetzungsantrag der Verteidigung nicht als sofortige Beschwerde behandelt werden, weil es an einem Anhaltspunkt dafür fehlt, dass die Verteidigung das Fehlen der Auslagenentscheidung in dem Urteil des Amtsgerichts vom 12.09.2006 überhaupt bemerkt hat. Das KG Berlin hat dazu weiter ausgeführt, § 300 StPO biete keine Handhabe dafür, einem Rechtsanwalt, der übersehen oder verkannt hat, dass die Einlegung eines Rechtsmittels geboten war, aus Billigkeitsgründen von den Folgen dieses Versäumnisses freizustellen. Selbst nach der Übersendung der Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht an den Verteidiger durch Verfügung vom 27.12.2006 hat sich die Verteidigung hinsichtlich eines möglichen - aber nicht ersichtlichen - nicht Anfechtungswillen erklärt.

Vor diesem Hintergrund hält die Kammer ihre bisherige Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 22.02.2000, 2 Qs 38/00) nicht weiter aufrecht.

59821 Arnsberg, den 09.02.2007

Landgericht, 2. Strafkammer - Beschwerdekammer -