OLG Hamm, Urteil vom 16.02.2007 - 20 U 219/06
Fundstelle
openJur 2011, 48772
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 O 608/05
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.08.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages erbringt.

Gründe

I.

Der Kläger macht Ansprüche wegen einer behaupteten Invalidität auf Grund einer Nierenschädigung nach einem Unfall vom 08.05.1999 geltend.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Unfallversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen - seit Änderung im Jahre 1999, Bl. 8 d. A. - die AUB 94 und die besonderen Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel zu Grunde (Bl. 8/13/). Die Invaliditätsgrundsumme beträgt 42.438 € mit einer vereinbarten Progression von 500%.

Am 08.05.1999 erlitt der Kläger einen Verkehrsunfall, bei dem er sich diverse Verletzungen zuzog. Mit Schadensanzeige vom 26.05.1999 zeigte der Kläger der Beklagten den Unfall an. Mit Schreiben vom 06.07.1999 wies die Beklagte den Kläger auf die Voraussetzungen, insb. auf die einzuhaltenden Fristen für die Zahlung einer Invaliditätsentschädigung hin und zeigte ihm die Konsequenzen bei Nichteinhaltung auf.

Unter Vorlage eines Arztberichtes vom 05.07.1999, in dem unter anderem eine Rückenprellung diagnostiziert wurde, machte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 22.09.2000 Invaliditätsleistungen auf der Grundlage einer von ihm selbst verfassten Aufstellung vom 24.08.2000 geltend. Der Kläger führte dabei Schäden am rechten Oberschenkel, an der rechten Hand, an der linken Schulter, des linken Ellenbogens und der linken Hand auf.

Nach Einholung eines fachchirurgischen Gutachtens des Klinikums E vom 14.10.2000 regulierte die Beklagte gemäß Schreiben vom 06.11.2000 die Unfallfolgen nach einem Invaliditätsgrad von 31,5% (1/4 Armwert links; 1/5 Armwert rechts) und zahlte 18.248,01 €.

Mit Anwaltsschreiben vom 21.11.2000 begehrte der Kläger eine Neubemessung der Invalidität vor Ablauf von drei Jahren. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 23.11.2000 dahingehend, dass "zum Ende des dritten Unfalljahres erneut ein Gutachten eingeholt werden soll. Wir werden entsprechendes veranlassen und zu gegebener Zeit auf die Angelegenheit zurückkommen".

Nach Eingang des Folgeberichts vom 03.05.2002 forderte die Beklagte mit Schreiben vom 17.06.2002 ein neues Gutachten bei den Städtischen Kliniken E an.

In einem Arztbericht vom 22.06.2002 bescheinigte der Facharzt für Urologie C2 dem Kläger das Bestehen einer rechtsseitigen Niereninsuffizienz bereits seit dem 1. Quartal 2001, die auf den Unfall vom 08.05.1999 zurückgeführt werden könnte (vgl. Bl. 16 d. A.).

Die Städtischen Kliniken E (Dr. X) legten das von der Beklagten angeforderte Gutachten unter dem 31.03.2003 in Form eines Kurzgutachtens vor. Darin werden die Unfallfolgen mit jeweils ¼ Armwert eingeschätzt. Weiter heißt es u. a.:

"Insgesamt findet sich eine Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention aufgrund einer funktionell nicht beeinträchtigten linken Niere. Zur definitiven Abklärung eines Unfallzusammenhanges und der Feststellung des genauen Ausmaßes der Niereninsuffizienz regen wir eine internistischnephrologische bzw. urologische Fachuntersuchung an. Das ausführliche unfallchirurgische Gutachten wird in Kürze folgen".

Auf der Grundlage des Gutachtens regulierte die Beklagte die Unfallfolgen mit insgesamt 35 % (jeweils ¼ Armwert) und zahlte weitere 2.970,99 € aus.

Mit Schreiben vom 23.04.2003 legte der Kläger gegen die Abrechnung "Einspruch" ein, verlangte die Berücksichtigung einer aus seiner Sicht unfallbedingten Schädigung seiner Niere und die Einholung eines weiteren Gutachtens hierzu.

Mit Schreiben vom 28.04.2003 beauftragte die Beklagte Dr. X von den Städtischen Kliniken E mit der Anfertigung eines internistischnephrologischen Gutachtens und erinnerte an die Fertigung des ausführlichen unfallchirurgischen Gutachtens. Da hierauf keine Reaktion erfolgte, beauftragte die Beklagte mit Schreiben vom 16.12.2003 das Universitätsklinikum N (N) mit der Durchführung einer internistischnephrologischen Begutachtung und informierte den Kläger hiervon. Das N legte - nach Durchführung einer körperlichen Untersuchung des Klägers am 06.05.2004 - das Gutachten unter dem 24.11.2004 vor (Bl. 19 ff. d. A.), das unter dem 14.01.2005 ergänzt wurde (Bl. 30 d. A.)

Mit Schreiben vom 20.10.2005 übersandte die Beklagte dem Kläger das Gutachten und die Ergänzung und teilte ihm unter Hinweis auf das nichteindeutige Gutachtenergebnis mit, dass "die Unfallangelegenheit vom 08.05.1999 damit als abgeschlossen" betrachtet werde (Bl. 21 d. A.). Die Ablehnung wiederholte sie mit Schreiben vom 18.11.2005.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei wegen seiner rechtsseitigen Niereninsuffizienz zur weiteren Invaliditätszahlung verpflichtet. Die bei ihm vorliegende Nierenschädigung sei allein auf den Unfall vom 08.05.1999 zurückzuführen, zumindest sei diese mitursächlich. Vor dem Unfall sei eine Nierenschädigung nicht diagnostiziert worden. Die unstreitige Rückenprellung habe zu einem Nierentrauma geführt, dieses zu der nunmehr vorliegenden Nierenschädigung. Der Vorbehalt der Neubemessung sei fristgerecht geltend gemacht worden. Der Beklagten sei es verwehrt, sich auf den Ablauf der Dreijahresfrist zu berufen. Im Übrigen liege eine fristgerechte ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität vor, da der Arztbericht vom 05.07.1999 eine Rückenprellung diagnostiziere, die zu der Niereninsuffizienz geführt habe. Auch der Bericht des Urologen C2 vom 22.06.2002 genüge diesen Anforderungen. Dass diese ärztliche Feststellung der Beklagten eventuell nicht vor Fristablauf zugegangen sei, sei unschädlich. Schließlich sei die Berufung auf die Fristversäumung von Seiten der Beklagten treuwidrig, weil die Beklagte es durch ihr Schreiben vom 23.11.2000 übernommen habe, vor Ablauf der Dreijahresfrist die ärztlichen Feststellungen treffen zu lassen.

Der Kläger hat beantragt,

1). festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versicherungsleistungen aus der Unfallversicherung auf der Grundlage der vereinbarten progressiven Invaliditätsstaffel wegen eines unfallbedingten rechtzeitigen Nierentraumas bzw. einer unfallbedingten rechtsseitigen Niereninsuffizienz gewähren,

2.) ferner die Beklagte zu verurteilen an ihn 315,90 € nebst Zinsen zuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage gerügt. Des Weiteren hat sie die Unfallbedingtheit der Nierenschädigung bestritten. Es sei noch nicht einmal ein Erstkörperschaden, wie ein Nierentrauma, vorhanden gewesen. Im Übrigen sei keine fristgerechte ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität in Bezug auf die Niereninsuffizienz ersichtlich. Die Berufung auf die Fristversäumung sei auch nicht treuwidrig.

Das Landgericht hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage bejaht, die Klage aber als unbegründet abgewiesen. Es fehle eine fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität des Klägers. Diese habe bis zum 08.11.2000 vorgelegen haben müssen. Auch habe der Kläger seinen Invaliditätsanspruch nicht fristgerecht geltend gemacht. Die Beklagte könne sich auf die Fristversäumung berufen. Die Beklagte habe keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen der Kläger den Eindruck hätte gewinnen können, die Beklagte werde das Fehlen der Anspruchsvoraussetzung nicht geltend machen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter:

Das Landgericht habe die Frist zur ärztlichen Feststellung falsch ermittelt. Vorliegend sei die Frist erst am 08.02.2001 abgelaufen, nicht bereits am 08.11.2000.

Es werde nicht verkannt, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt eine schriftliche ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität der Nierenschädigung nicht vorliege. Diese sei erstmals in dem Bericht des Urologen C2 schriftlich festgehalten. Die ärztliche Feststellung sei aber bereits im 1. Quartal 2001 getroffen worden.

Dessen ungeachtet sei die Berufung der Beklagten auf eine evtl. Fristversäumung treuwidrig. Der Kläger habe rechtzeitig am 21.11.2000 den Vorbehalt der Neubemessung ausgeübt. Es würde dem Sinn und Zweck des Versicherungsschutzes in der Unfallversicherung widersprechen, wenn der Versicherungsnehmer mit dem Vorbehalt lediglich eine Überprüfung des Invaliditätsgrades der im Zeitpunkt des Ausübung des Rechts bereits bekannten unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen erreichen könnte.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung einer - weiteren - Invaliditätsentschädigung wegen der von ihm behaupteten unfallbedingten Nierenschädigung nicht zu. Die von ihm daraus hergeleitete Invalidität ist weder fristgerecht eingetreten noch ärztlich festgestellt worden, zumindest nicht fristgerecht.

1.) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sie vorliegend - in Abweichung der Fristen der AUB 88 bzw. 94 - zumindest im Prozess vereinbart haben, dass die unfallbedingten Folgeschäden (Invalidität/Teilinvalidität) innerhalb von 18 Monaten vom Unfalltag an gerechnet eingetreten sein und vor Ablauf von weiteren 3 Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht worden sein müssten (vgl. Schreiben der Beklagten vom 06.07.1999, Bl. 53 d. A. und Parteienvortrag Bl. 51, 56, 111, 143 d. A.). Demzufolge beträgt die Frist für den Eintritt der Invalidität 18 Monate und zur ärztlichen Feststellung unfallbedingter Invalidität und zu deren Geltendmachung 21 Monate.

2.) Aus der ärztlichen Feststellung - zunächst unabhängig von der Einhaltung der Frist - müssen sich die vom Arzt angenommene Ursache der Invalidität und die Art ihrer Auswirkung auf die Gesundheit des Versicherten ergeben (BGH, Urteil vom 6. November 1996, Az: IV ZR 215/95, r+s 1997, 84). Darüber hinaus muss die ärztliche Feststellung die Aussage enthalten, dass das Unfallereignis für den Dauerschaden ursächlich ist; die Möglichkeit der Kausalität reicht nicht (Senat, Urteil vom 02.02.2001 - Az: 20 U 176/00, NVersZ 2001, 315; OLG Frankfurt, Urteil vom 12. Januar 2000, Az: 7 U 33/99, r+s 2003, 29; OLG Celle, Urteil vom 27. September 2001, Az: 8 U 2/01, r+s 2002, 260). Auch muss die Feststellung eine Aussage zur Invalidität zumindest dem Grunde nach treffen (BGH Urteil vom 6. November 1996, Az: IV ZR 215/95, r+s 1997, 84).

Das Vorliegen einer ärztlichen Feststellung der dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit aufgrund eines Unfalles ist Anspruchsvoraussetzung und stets zu fordern; ohne entsprechende ärztliche Feststellung ist dem Versicherungsnehmer stets eine Invaliditätsentschädigung zu versagen. Es ist unerheblich, ob eine ärztliche Feststellung überhaupt fristgerecht möglich gewesen wäre oder ob ein Arzt - gleich aus welchen Gründen - eine entsprechende Feststellung verweigert (OLG Koblenz, Beschluss vom 23. März 2001, Az: 10 W 88/01, VersR 2002, 430; Urteil vom 27. 8. 1999 - 10 U 1848/98, NVersZ 2000, 174). Bei Fehlen einer ärztlichen Feststellung ist ein Entschuldigungsbeweis nicht möglich (vgl. BGH - Urteil vom 23.02.2005 - IV ZR 273/03 - VersR 2005, 639, RdNr. 17 und zuletzt VersR 2006, 911; Senat VersR 2004, 187).

Zur Wahrung der Frist genügt nicht eine ärztliche Feststellung, die irgendeine Invalidität bescheinigt. Es müssen alle körperlichen Symptome angegeben werden, auf welche die Invalidität gestützt wird, soweit diese nicht miteinander im Zusammenhang stehen (Senat NJW-RR 1997, 983; Senat NVersZ 2000, 478; OLG Brandenburg, Urteil vom 12.07.2006, 2 U 24/06). Die ärztliche Feststellung muss fristgerecht schriftlich oder elektronisch fixiert sein. Es genügt z. B. nicht, das der Arzt als Zeuge rückblickend aussagt, er sei bereits innerhalb der Frist von einem unfallbedingten Dauerschaden ausgegangen. Denn damit würde die Feststellung erst mit der Zeugenaussage aus der Vorstellungswelt des Arztes heraus nach außen dringen (eingehend Senat VersR 2004, 187 m.w.N). Liegt bis zum Ende der mündlichen Verhandlung überhaupt keine ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität vor (also auch keine verfristete), ist die Klage auch dann abzuweisen, wenn sich der Versicherer auf die Verspätung einer etwaigen Feststellung nicht berufen könnte (Senat MDR 2006, 1045 = NJOZ 2006, 1402).

3.) Unter Anwendung des vorstehend dargelegten Maßstabes gilt vorliegend folgendes:

a) Der Senat kann bereits nicht nachvollziehen, warum der Kläger die Auffassung vertritt, die jetzt geltend gemachte Invalidität sei fristgerecht, also hier bis November 2000 (18 Monate) eingetreten. Denn nach eigenem Vortrag will er erstmals im 1. Quartal 2001 entsprechende Nierenbeschwerden verspürt (und sich erst dann zum Arzt begeben) haben.

b) Der Kläger greift die Feststellungen des Landgerichts, wonach eine fristgerechte (bis zum 08.02.2001) ärztliche schriftliche Feststellung der nunmehr geltend gemachten Niereninsuffizienzinvalidität nicht ersichtlich ist, nur insoweit an, als er sich auf die Bescheinigung des Urologen C2 vom 22.06.2002 (Bl. 16 d. A.) beruft. Diese Argumentation verhilft der Berufung jedoch nicht zum Erfolg.

Zwar könnte man aus der genannten Bescheinigung (noch) eine unfallbedingte Nierenschädigung herleiten. Die Bescheinigung enthält aber keinerlei Aussagen zu einer evtl. unfallbedingten Invalidität im Sinne einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Davon abgesehen liegt die schriftliche Fixierung am 22.06.2002 außerhalb der Frist. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Bescheinigung auch die Erklärung enthalte, der Kläger habe sich wegen der Diagnose bereits seit dem 1. Quartal 2001 in Behandlung befunden, so hilft auch das dem Kläger nicht weiter. Diese nachträgliche (rückblickende) schriftliche Fixierung reicht zur Einhaltung der Frist nicht aus (s.o). Dass diese Feststellung anderweitig fixiert worden ist (z. B. in der Patientenakte), trägt der Kläger nicht vor. Im Übrigen kann die Erklärung "seit dem ersten Quartal 2001" auch bedeuten "seit dem 31.03.2001" und nicht zwingend "vor dem 08.02.2001", und somit außerhalb der Frist.

c) Dessen ungeachtet liegt - ausweislich der eingereichten ärztlichen Unterlagen - bislang überhaupt keine ärztliche Feststellung in Bezug auf die vom Kläger jetzt geltend gemachte Niereninsuffizienzinvalidität vor:

- Mit den (fristgerechten) Feststellungen in Bezug auf die Arme kann der Kläger die Einhaltung der Fristen für die damit (in medizinischer Hinsicht) nicht im Zusammenhang stehende Nierenschädigung nicht begründen (s.o.).

- Die Feststellung "Rückenprellung" im Bericht des D-Hospitals vom 05.07.1999 (Bl. 14 d. A.) ist unzureichend.

- Das Gutachten Dr. C vom 14.10.2000 enthält - soweit hier von Belang - auch nur den Hinweis auf eine "Rückenprellung".

- Der Entlassungsbericht der Städtischen Kliniken E vom 20.01.2000, der Folgebericht vom 03.05.2002 und die Nierenwerttabelle vom 19.02.2001 enthalten hierüber keine Aussage.

- Im Gutachten der Städtischen Kliniken E vom 31.03.2003 wird lediglich eine "Rückenprellung mit fraglicher Kontusion der rechten Niere" beschrieben (Bl. 29 ALB). Weiterhin wird eine "vorbestehende und allmählich fortgeschrittene Niereninsuffizienz der rechten Niere" beschrieben, der Unfallzusammenhang sei "abzuklären".

- Das Gutachten des N vom 24.11.2004 (Bl. 19 ff. d. A.) und das Ergänzungsgutachten vom 14.01.2005 (Bl. 30 d. A.) lassen die Feststellung der erforderlichen eindeutigen unfallbedingten Invalidität vermissen, eine Unfallbedingtheit wird darin - bei zusammenfassender Würdigung - lediglich für möglich gehalten. Denn darin heißt es u. a.:

""Unsere fachurologische Untersuchung ergab sonographisch auf der rechten Seite eine nicht mehr abgrenzbare rechte Niere. Offenbar hat sich hier eine Schrumpfniere entwickelt…..Zusammenfassend ist aus urologischer Sicht nicht ausgeschlossen, dass durch den Unfall…auch ein stumpfes Nierentrauma rechts eingetreten ist………Es kann aber letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Erhöhung der Nierenwerte…….um eine unfallunabhängige Co-Morbidität……., handelt. Im Zweifel muss aber nach unserer Auffassung von einer Verschlechterung der rechtsseitigen Nierenfunktion durch den Unfall ausgegangen werden" (Bl. 27/28 d. A.).

"Wie schon ausführlich im Gutachten diskutiert, ist der Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Nierenfunktionsstörung aufgrund der Schrumpfnierenentwicklung rechts nicht ganz eindeutig. Geht man von einer unfallbedingten Verschlechterung der Nierenfunktion aus, so wird die zum gutachterlichen Untersuchungszeitpunkt gesehene Funktionseinschränkung mit der MdE von 30 % bewertet. Die Bewertung schließt ein, dass der Patient schon vor dem Unfall wegen einer arteriellen Hypertonie behandelt wurde, so dass nach gutachterlicher Auffassung hierdurch eine Vorschädigung angenommen werden muss. Im Zweifel müsste hier noch ein nephrologisches Zusatzgutachten angefordert werden" (Bl. 30 d. A.).

d) Die Berufung des Klägers auf die 3-Jahres-Frist des § 11 Abs. 4 AUB führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn es geht nicht um - der Höhe nach zu bewertenden - Spätfolgen der rechtzeitig festgestellten (und entschädigten) unfallbedingten Invalidität an den Armen, sondern um neue Unfallfolgen, für die zunächst die formellen Vorsetzungen des § 7 Abs. I AUB vorliegen müssen (s.o.). Etwas anderes geht auch nicht aus der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des BGH, r+s 2005, 299 hervor (worauf die Beklagte zutreffend hinweist).

4.) Da bislang keine ärztliche Feststellung einer unfallbedingten Niereninsuffizienzinvalidität vorliegt, bedarf es eines Eingehens auf die Frage, ob sich die Beklagte mit der Berufung auf die Versäumung der Frist treuwidrig verhält, nicht (s.o, Senat MDR 2006, 1045 = NJOZ 2006, 1402).

5.) Obwohl es darauf nicht mehr ankommt, weist der Senat ergänzend daraufhin, dass das Verhalten der Beklagten nicht als treuwidrig zu bewerten ist.

a) Ein Versicherer handelt u.a. dann treuwidrig, wenn er sich auf die fehlende rechtzeitige ärztliche Feststellung beruft, wenn er in Kenntnis des Fristablaufes vom Versicherungsnehmer mit körperlich oder seelischen Unannehmlichkeiten verbundene Untersuchungen verlangt, ohne auf den Fristablauf hinzuweisen (BGH VersR 1978, 1036; OLG Naumburg NOJZ 2005, 2272) oder wenn er seine Bereitschaft erklärt, zum Ablauf des dritten Unfalljahres eine dann bestehende Invalidität zu entschädigen (Senat VersR 2000, 962) oder trotz unzureichender ärztlicher Atteste sich bereit erklärt, zum Ablauf des dritten Unfalljahres einen weiteren Arztbericht anzufordern, um die Höhe des Invaliditätsgrades zu überprüfen, ohne deutlich zu machen, hierauf nur aus Kulanz bereit zu sein (Senat NVersZ 2000, 84; OLG Frankfurt NVersZ 2002, 70). Entsprechendes gilt, wenn ein unveränderlicher Gesundheitsschaden tatsächlich vor Fristablauf in einem ärztlichen Bericht erwähnt worden ist (z. B. Entfernung der Gallenblase), eine daraus folgende Invalidität aber nicht ausdrücklich fristgerecht ärztlich festgestellt wurde. Darüber hinaus kann sich die Berufung auf den Fristablauf als rechtsmissbräuchlich darstellen, wenn dem Versicherer bereits vor Fristablauf ein Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers hinsichtlich der zu wahrenden Fristen deutlich wird, er aber gleichwohl eine solche Belehrung unterlässt (BGH VersR 2005, 639; BGH VersR 2006, 352; Senat NVersZ 1999, 567). Nicht ausreichend ist, dass der Versicherer nach Fristablauf in eine Sachprüfung eintritt, denn dann würde man dem Versicherer die Prüfung der Möglichkeit einer Kulanzleistung nehmen, was kaum im Interesse der Versichertengemeinschaft liegen dürfte (Senat VersR 1992, 1255; OLG Saarbrücken r+s 2003, 340).

b) Vorliegend sind in Anwendung der oben dargelegten Grundsätze zwei Ansätze zur Prüfung der Treuwidrigkeit heranziehen, die aber letztlich nicht durchgreifen:

aa) Mit der Bereitschaft der Beklagten, zum Ablauf des dritten Unfalljahres ein Gutachten einzuholen (Bl. 13 d. A.) hat die Beklagte zumindest in Bezug auf die hier streitigen Unfallfolgen keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Diese "Bereitschaft" brauchte zum einen überhaupt nicht erklärt zu werden, da der Versicherer hierzu verpflichtet ist (vgl. § 11 Abs. 4 AUB 94). Zum anderen bezog sich die Bereitschaft der Beklagten erkennbar allein auf die bis dahin erkannten und auch so vom Kläger gemäß seiner Aufstellung vom 24.08.2000 geltend gemachten Unfallfolgen. Diese Bereitschaft setzte die Beklagte dann auch durch Einholung des Gutachtens vom 31.03.2003, durch welches die Beklagte offensichtlich erstmals von der Nierenschädigung erfuhr (vgl. Bl. 30 d. A. "Bemerkung"), um, und zwar erheblich nach Ablauf der relevanten Fristen.

bb) Aus dem Umstand, dass die Beklagte sich - ebenfalls außerhalb der Frist - bereit erklärte, das weitere Gutachten des N vom 24.11.2004 in Bezug über die behauptete Nierenschädigung einzuholen, kann der Kläger keine Rechte herleiten. Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass die hierzu erforderliche körperliche Untersuchung den Kläger nicht sonderlich belastet hat (S. 11 des Urteils). Diesen Feststellungen ist der Kläger nicht entgegengetreten.

6.) Aufgrund des Fehlens der formellen Anspruchsvoraussetzungen kam es nicht mehr darauf an, ob die Nierenschädigung auf den Unfall zurückzuführen ist, zu einer Invalidität geführt hat und ob vorbestehende Krankheiten oder eine vorbestehende Invalidität hieran mitgewirkt haben (§§ 7 Abs. 3, 8 AUB).

7.) Da die Beklagte keine weitere Invaliditätsentschädigung schuldete, steht dem Kläger die unter dem Gesichtspunkt des Verzuges geltend gemachte anteilige Rechtsanwaltsvergütung nicht zu.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1,708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO).