LG Hagen, Beschluss vom 19.06.2006 - 3 T 291/06
Fundstelle
openJur 2011, 44735
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 1.200,00 €.

Gründe

Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2006 hat der Antragsteller, ein nicht rechtsfähiger Verein, unter Vorlage des Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts I vom

2. September 2005 - AZ: 05-2071904-07 - die Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe von 1.195,89 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen aus 899,30 € seit dem 26.01.2006 auf dem ½-Miteigentumsanteil des Schuldners , , ......1 I, an dem Grundstück G1 5 Flurstück X, verzeichnet im Grundbuch von I Blatt ......2, beantragt.

Mit Zwischenverfügung vom 10.03.2006 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass eine Zwangshypothek zu Gunsten eines nicht rechtsfähigen Vereins nicht eingetragen werden könne. Es fehle an der Parteifähigkeit gemäß § 50 Abs. 2 ZPO. Des weiteren sei § 15 GBV nicht erfüllt. Führe ein nicht rechtfähiger Verein einen Aktivprozess, müsse dieser Prozess von den Mitgliedern zur gesamten Hand geführt werden. Daran fehle es hier. Die neuere Rechtsprechung zur Parteifähigkeit einer BGB-Gesellschaft sei auf den nicht rechtsfähigen Verein nicht übertragbar. Falls binnen vier Wochen keine Berichtigung oder Antragsrücknahme in der Form des § 31 GBO erfolge, müsse der Eintragungsantrag zurückgewiesen werden.

Dieser Zwischenverfügung ist der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. April 2006 entgegen getreten. Er hat geltend gemacht, er sei als nicht rechtsfähiger Verein vergleichbar mit einer BGB-Außengesellschaft, der der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom 29.01.2001 die aktive Parteifähigkeit zuerkannt habe. Inzwischen sei in der Literatur ausdrücklich auch die aktive Parteifähigkeit für den nicht rechtsfähigen Verein anerkannt. Dies sei im Hinblick auf § 54 BGB auch konsequent, der die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft als auf den nicht rechtsfähigen Verein anwendbar erkläre. Der nicht rechtsfähige Verein sei auch eintragungsfähig, sofern er seine Existenz mit den nach § 29 GBO zulässigen Beweismittel nachweisen könne. Es werde um Nachricht gebeten, welcher konkrete Nachweis zur Eintragung der Zwangshypothek gewünscht werde.

Hiergegen hat das Grundbuchamt eingewandt, dass, selbst wenn man unterstelle, dass der nicht rechtsfähige Verein, ähnlich wie die BGB-Gesellschaft, teilweise Rechtsfähigkeit besitze, dieser, ebenso wie die BGB-Gesellschaft, nicht grundbuchfähig sei. Es werde deshalb anheim gestellt, binnen 10 Tagen Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 10.03.2006 einzulegen oder den Antrag in ordnungsgemäßer Form zurückzunehmen.

Mit der Beschwerde vom 27.04.2006 wendet sich der Antragsteller gegen die Zwischenverfügung vom 3. März 2006 unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunkts zur Parteifähigkeit und Eintragungsfähigkeit eines nicht rechtsfähigen Vereins. Insoweit verweist er darauf, dass er mehrere 100 Arbeitnehmer beschäftige, und Seniorenzentren, Kindertages- und sonstige typische AWO-Einrichtungen betreibe. Hierdurch nehme er in umfangreichem Maße am Rechtsverkehr teil und sei deshalb mit der in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes erwähnten BGB-Gesellschaft ohne weiteres vergleichbar.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht - Beschwerdekammer - zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts I vom 10. März 2006 ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

Der Antragsteller kann nicht als Inhaber einer Sicherungshypothek in das Grundbuch von I Blatt ......2 eingetragen werden. Er ist als nicht rechtsfähiger Verein nicht grundbuchfähig. Er kann unter seinem Namen weder als Berechtigter eines beschränkten dinglichen Rechts in das Grundbuch eingetragen werden noch als Grundstückseigentümer.

Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Antragsteller einen Vollstreckungstitel vorgelegt hat, in dem er als Vollstreckungsgläubiger ausgewiesen ist.

Im Grundbuch sind Gesamthandsgemeinschaften unter dem Namen aller Mitglieder einzutragen unter Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses. Dieser Grundsatz gilt auch für den nicht rechtsfähigen Verein.

Zwar kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der neueren Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2001, 1056 ff), soweit sie nach außen am Rechtsverkehr teilnimmt und spezielle Gesichtspunkte nicht entgegenstehen, als Gesamthandgemeinschaft ihrer Gesellschafter eigene Rechte und Pflichten begründen. In diesem Rahmen ist sie rechtsfähig. Dennoch ist sie keine juristische Person. Es bleiben Rechtspositionen übrig, die die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der derzeitigen Rechtslage nicht wie eine eigene Rechtspersönlichkeit einnehmen kann und für die die Beteiligung der Gesellschafter neben der Gesellschaft erforderlich ist. Die Kammer teilt die in der Rechtsprechung überwiegend vertretene Meinung, dass der Annahme der Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts solche speziellen Gesichtspunkte entgegenstehen (vgl. BayObLG RPfleger 2003, 78 ff; LG B RPfleger 2003, 496 f; LG C RPfleger 2004, 283; ebenso Stöber MDR 2001, 544 ff; Demharter RPfleger 2001, 329 ff; Zöller/Vollkommer, 25. A., § 50 Rn. 18). Diese speziellen Gesichtspunkte ergeben sich aus dem Grundbuchrecht. Der Erwerb von dinglichen Rechten an einem Grundstück setzt nach § 873 Abs. 1 BGB neben der Auflassung die Eintragung des Rechts im Grundbuch voraus. Die Eintragung im Grundbuch folgt den grundbuchrechtlichen Bestimmungen. Die Grundbuchordnung und die Grundbuchverfügung enthalten für die Eintragung einer BGB-Gesellschaft keine Vorschriften. Die BGB-Gesellschaft ist keine juristische Person und auch keine Handels- oder Partnerschaftsgesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 b GBV. Lediglich mittelbar lässt sich aus § 15 Abs. 3 S. 1 GBV entnehmen, dass das dingliche Recht den Mitgliedern der Gesellschaft zur gesamten Hand, nicht aber der Gesellschaft selbst zusteht. Im Hinblick auf § 47 GBO ist dabei ein Hinweis auf die gesamthänderische Verbundenheit erforderlich, die durch den Zusatz "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" zum Ausdruck kommt. Eingetragen ist damit nicht die BGB-Gesellschaft. Der auf die gesamthänderische Verbundenheit hinweisende Zusatz ist erforderlich, um eine Beurteilung der Verfügungsbefugnis durch das Grundbuchamt zu ermöglichen (§ 719 Abs. 1 BGB). Bei Berechtigten, bei denen es sich nicht um natürliche Personen handelt, die nach § 15 Abs. 1 b GBV im Grundbuch einzutragen sind, regelt § 32 GBO, wie die Verfügungsbefugnis dem Grundbuchamt nachzuweisen ist. Dies betrifft juristische Personen sowie Handels- und Partnerschaftsgesellschaften. Der Nachweis kann durch ein öffentliches Register geführt werden, dem Handels- oder Partnerschaftsregister. Das Zeugnis des Registergerichts erbringt dabei den Beweis für das Bestehen der Gesellschaft und darüber hinaus für die Vertretungsbefugnis (vgl. BayObLG RPfleger 2003, 79). Ein entsprechender Nachweis des Bestehens oder der Verfügungsbefugnis kann mangels einer Eintragung in einem öffentlichen Register für eine BGB-Gesellschaft nicht geführt werden. Würde die Gesellschaft unter ihren Namen eingetragen, dann könnte die Verfügungsbefugnis nur an eine organschaftliche Vertretung anknüpfen. Dies gilt auch, wenn die Gesellschaft unter dem Namen der Gesellschafter eingetragen würde. Die Vermutung des § 891 BGB würde dann nicht an die einzutragenden Gesellschafter anknüpfen, sondern an die Gesellschaft. Im übrigen würde ein guter Glauben an die Verfügungs- und Vertretungsbefugnis nicht geschützt sein. Eine entsprechende Anwendung der für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften (§§ 124 Abs. 1 HGB, 15 Abs. 1 b BGV) scheitert daran, dass es bei der BGB-Gesellschaft an der Registerpublizität fehlt (vgl. BayObLG RPfleger 2003, 79). Die fehlende Eintragung der BGB-Gesellschaft in ein Register führt zu nicht überwindbaren Problemen hinsichtlich Identität und Vertretungsbefugnis, da die Nachweise über das Bestehen der Gesellschaft und die Vertretungsbefugnis häufig nicht in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO erbracht werden können. Abgesehen davon könnte das Grundbuchamt selbst bei Vorlegen eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages in der Form des § 29 GBO nicht zweifelfrei feststellen, ob die in einem vorgelegten Gesellschaftsvertrag genannte Gesellschaft mit der im Grundbuch eingetragenen namensgleichen BGB-Gesellschaft identisch ist. Auch könnte nie ausgeschlossen werden, dass der Gesellschaftsvertrag inzwischen insbesondere hinsichtlich der Vertretungsbefugnis geändert worden ist. Weder das Grundbuch selbst noch die Grundakten können als Ersatz für ein fehlendes Register dienen. Sowohl für die Gläubiger- als auch für die Schuldnerstellung setzt die Zwangsvollstreckung im Grundbuch bei der BGB-Gesellschaft einen auf die einzelnen Gesellschafter lautenden Titel voraus (vgl. LG C RPfleger 2004, 284; Demharter a.a.O., S. 331). Dieses Ergebnis steht allein im Einklang mit § 15 Abs. 3 GBV, wonach das Eigentum oder ein beschränkt dingliches Recht den Mitgliedern einer BGB-Gesellschaft zur gesamten Hand zusteht, die gemäß § 15 Abs. 1 a GBV auch als Rechtsträger in das Grundbuch einzutragen sind.

Nichts anderes gilt für den nicht rechtsfähigen Verein. Auch dieser ist nicht eintragungsfähig. Es fehlt auch hier an der Registerpublizität. Ein Nachweis der Identität der Rechtsinhaberschaft und der Vertretungsbefugnis lässt sich nicht in der für die Verkehrsfähigkeit im Grundbuchverfahren notwendigen Sicherheit führen.

Nach alledem bestehen durchgreifende Hindernisse den Antragsteller aufgrund des von ihm vorgelegten Titels, des Vollstreckungsbescheids des Amtsgericht I vom 02.09.2005 - 05-2071904-0-7 - im Grundbuch einzutragen.