VG Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2006 - 20 K 4941/05
Fundstelle
openJur 2011, 43936
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 15.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005 verpflichtet, dem Kläger von ihm bis zum 28.12.2004 geleistete Beiträge in Höhe von 32.371,76 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2005 zu erstatten.

Die Klage im Óbrigen wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten zu 87% und dem Kläger zu 13% auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Kläger aber nur gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages.

Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Beiträgen.

Der Kläger ist seit dem 23.06.06 in I (G) als Rechtsanwalt zugelassen. Zuvor war er in E wohnhaft, betrieb dort eine Anwaltskanzlei und war seit Mai 1998 Mitglied des beklagten Versorgungswerks.

Im September 2004 versandte der Beklagte an seine Mitglieder ein Rundschreiben, in dem er auf das zum 01.01. 05 in Kraft tretende Alterseinkünftegesetz und die damit verbundenen steuerlichen Veränderungen hinwies. Zugleich führte der Beklagte aus, es sei absehbar, dass die in § 34 Abs. 1 seiner Satzung enthaltene Regelung zur Beitragserstattung geändert werde. Seinem Rundschreiben legte der Beklagte ein fünfseitiges Informationsblatt über das "Alterseinkünftegesetz und seine Folgen" bei. Darin führte der Beklagte unter

II. Anpassungsbedarf der Satzung im Hinblick auf das ab 01.01.2005 wirksam werdende Alterseinkünftegesetz

III.

aus:

"Zur Gewährleistung einer steuerlichen Absetzbarkeit der Mitgliedsbeiträge zum Versorgungswerk ist absehbar, daß die bisherige Regelung der Beitragserstattung in § 34 Abs. 1 geändert werden muß. Die steuerliche Absetzbarkeit erfordert es, daß Leistungen des Versorgungswerkes nicht kapitalisierbar sind. Es ist daher damit zu rechnen, daß noch vor Jahresende eine Satzungsänderung herbeigeführt werden muß, die die Möglichkeit einer Beitragserstattung gänzlich aufhebt oder zumindest aber wesentlich einschränkt.

Wer daher in den verbleibenden Monaten bis zum Inkrafttreten einer solchen Satzungsänderung die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Lande Nordrhein- Westfalen bereits zurückgegeben hat oder noch zurückgeben wird mit der Absicht, eine Beitragserstattung in Anspruch nehmen zu wollen, der sollte dieses unverzüglich bei Beendigung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragen, damit dann noch eine Erstattung von 60 % der geleisteten bzw. noch zu leistenden Beiträge möglich ist."

Daraufhin wandte sich der Kläger schriftlich an den Beklagten und legte dar, dass für ihn nicht erkennbar sei, weshalb das Alterseinkünftegesetz einen derartigen Eingriff in die bestehende Vermögens- und Vorsorgeplanung der Mitglieder erzwingen würde. Sofern die Satzung ein Kapitalwahlrecht ausschließen müsse, damit die Beiträge als Sonderaufwendungen für die Altersvorsorge vom Einkommen abgezogen werden könnten, bedürfe es nicht der Abschaffung des Rechtsanspruchs auf die Erstattung von Beiträgen, da es sich dabei nicht um eine Kapitalisierung der Beiträge handele. Die in § 34 Abs. 1 der Satzung vorgesehene Möglichkeit der Erstattung von Beiträgen nach Beendigung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk nach Erreichen von 59 mit Beiträgen belegten Monaten sei keine derart vom Leistungskatalog der gesetzlichen Rentenversicherung abweichende Leistung, dass die Vergleichbarkeit im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 a S. 2 EStG in der Fassung des Alterseinkünftegesetzes in Frage gestellt würde. In seinem Schreiben bat der Kläger den Beklagten ferner um kurzfristige Übersendung der Stellungnahme, die Beschlussvorlage für die entsprechende Satzungsänderung und die Mitteilung, wann die Änderung der Satzung durch die Vertreterversammlung beschlossen werden solle.

In einem weiteren Schreiben an den Beklagten von November 2004 erklärte er außerdem, mangels klarer Äußerung des Beklagten davon auszugehen, dass die Satzungsanpassung nicht vor dem 01.01.05 erfolge. Der Kläger beantragte zugleich, ihm umgehend das vorgesehene Datum zu benennen. Um entscheiden zu können, ob er kurzfristig seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Land NRW zurückgebe, damit er noch die Beitragserstattung nach dem geltenden Recht in Anspruch nehmen könne, beantragte er ferner die Mitteilung, wie hoch der Erstattungsanspruch nach dem Stand der bis zum 31.10.04 geleisteten Beiträge wäre. Der Kläger forderte den Beklagten zur umgehenden Auskunft spätestens bis zum 03.12.04 auf. Ferner forderte er ihn auf, die Beschlussvorlagen für alle vorgesehenen Satzungsänderungen, die ab 2005 oder früher in Kraft treten sollen, ebenfalls spätestens zu dem genannten Termin sowie den Wortlaut sämtlicher Satzungsänderungen direkt nach erfolgter Beschlussfassung zu übersenden, damit eine zielgerichtete Reaktion noch vor Inkrafttreten der Änderungen möglich sei. Er habe bereits mehrmals um diesbezügliche Information gebeten, die jedoch ausgeblieben sei.

Mit Schreiben vom 29.11.04 äußerte sich der Beklage wie folgt: Entgegen der Ansicht des Klägers sei die bisherige Möglichkeit einer Beitragserstattung in § 34 Abs. 1 der Satzung schädlich für die künftige steuerliche Absetzbarkeit von Rentenbeiträgen gewesen. Die vom Kläger angesprochene Frage einer Rückwirkung der Regelung greife nicht, da das Recht zur Beitragserstattung erst bei Rückgabe der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Land NRW gegeben sei. Dies bedeute, dass bei Beendigung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk bis zum Jahresende die Beitragserstattung noch nach der bisherigen Regelung erfolgen könne. Diejenigen Mitglieder, die erst künftig die Zulassung in NRW beenden würden, hätten nach Inkrafttreten der Neuregelung keine Erstattungsmöglichkeit mehr. Durch die Änderung des Erstattungsrechts werde den Mitgliedern kein Nachteil zugefügt, weil diese eine Rentenanwartschaft auf Grundlage der zurückgelegten Beitragszeiten behalten würden. Zum Stand des Änderungsverfahrens teilte der Beklagte mit, dass die Vertreterversammlung inzwischen den Beschluss gefasst habe, die Erstattungsmöglichkeit gänzlich aufzuheben. Die entsprechende Satzungsänderung werde demnächst im Justizministerialblatt veröffentlicht. Ferner bezifferte der Beklagte den Erstattungsbetrag auf 30.909,26 EUR, dem eine unverfallbare Anwartschaft auf Altersrente in Höhe von 471,27 EUR gegenüber stünde.

Mit Schreiben vom 06.12.04 rügte der Kläger, dass ihm trotz seiner ausdrücklichen Bitte bislang nicht der Wortlaut der voraussichtlich in Kraft tretenden Satzungsänderungen übermittelt worden sei. Er könne dieses Verhalten nicht nachvollziehen. Nach § 40 der Satzung obliege dem Beklagten die Aufklärung seiner Mitglieder über deren Rechte und Pflichten. Dieser Informationspflicht habe der Beklagte nicht genügt. Es seien zahlreiche weitere Satzungsänderungen denkbar, deren Kenntnis unabdingbare Voraussetzung für eine eigenverantwortliche Entscheidung sei. Der Kläger forderte deshalb erneut, ihn über den Wortlaut sämtlicher bisher beschlossener oder voraussichtlich noch zu beschließender Satzungsänderungen, die zum 01.01.05 oder früher in Kraft träten, zu informieren und das voraussichtliche Datum der Beschlussfassung anzugeben. Auf Basis der bisherigen Rechtslage beabsichtige er, einen Erstattungsantrag nach § 34 Abs. 1 der Satzung zu stellen. Er forderte den Beklagten auf, umgehend zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für eine Erstattung von 60% der geleisteten Beiträge gegeben sei, wenn er seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft noch im Dezember 2004 zurückgebe, den Widerruf der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer dem Beklagen noch im Dezember 2004 übersende, gleichzeitig einen Antrag auf erneute Zulassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt stelle und entweder gleichzeitig oder binnen 6 Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft den Erstattungsantrag stelle. Der Kläger bat anderenfalls um Erläuterung, weshalb die Voraussetzungen für einen wirksamen Erstattungsantrag nicht vorlägen und welches Vorgehen angesichts der bis zum Jahreswechsel noch verbliebenden Zeit zulässig sei und zum Ziel führen könne.

Ebenfalls mit Schreiben vom 06.12.04 teilte der Beklagte mit, dass gemäß der am 01.12.04 erfolgten Veröffentlichung im Justizministerialblatt die Möglichkeit der Beitragserstattung aufgehoben worden sei. Der Beklagte werde bei allen Beendigungen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Jahr 2004 die bisherige Erstattungsmöglichkeit anwenden, da nur die Beitragserstattung von Beitragszahlungen im kommenden Jahr steuerschädlich wäre. Insoweit könne ein Mitglied bei Beendigung der Zulassung der Mitgliedschaft noch im Laufe des Monats Dezember innerhalb der bisherigen sechsmonatigen Antragsfrist alternativ entscheiden, ob es die Beitragserstattung, eine Fortsetzung der Mitgliedschaft oder ein Ruhen der Anwartschaft beantragen wolle. Was eine erneute Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Land NRW betreffe, so spiele es dafür keine Rolle, ob eine Wiederzulassung noch in diesem Jahr oder erst im nächsten Jahr erfolge.

Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass er nunmehr auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichten und zugleich einen erneuten Antrag auf Zulassung stellen wolle und den Beklagten in diesem Zusammenhang um die Abgabe verschiedener Bestätigungen und Auskünfte gebeten hatte, teilte der Beklagte durch Schreiben vom 15.12.04 mit, dass seine Absicht, Beitragserstattungen auch dann noch zuzulassen, wenn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Laufe des Monats Dezember 2004 ende, sich als nicht durchführbar erwiesen habe. Da die Satzungsänderung bereits zum 01.12.04 bekannt gemacht worden und zu diesem Zeitpunkt wirksam geworden sei, entfalle die Erstattungsmöglichkeit.

Mit Schreiben vom 15.12.04 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er nunmehr wie vorgesehen auf seine Rechte aus der Zulassung verzichten und einen Erstattungsantrag stellen werde. Er gehe davon aus, dass sein Vorgehen keinen Nachteil in Bezug auf seine mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten im Vergleich zu einer ununterbrochenen Mitgliedschaft mit sich bringe. Der Kläger forderte den Beklagten zur umgehenden Stellungnahme zu allen von ihm in diesem Zusammenhang aufgeworfenen rechtlichen Aspekten auf.

Durch Mitgliederrundschreiben vom 16.12.04 wandte sich der Beklagte an alle Mitglieder und wies darauf hin, dass die bisherige Möglichkeit der Beitragserstattung durch die am 01.12.04 in Kraft getretene Satzungsänderung entfallen sei. Wessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nebst Mitgliedschaft im Versorgungswerk ab diesem Zeitpunkt ende, der könne von der bisherigen Erstattungsmöglichkeit keinen Gebrauch mehr machen.

Nachfolgend verzichtete der Kläger auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit Wirkung zum 28.12.04 und teilte dies dem Beklagten mit. Ferner forderte er den Beklagten dazu auf, kurzfristig mitzuteilen, wie viele Personen bisher auf die Rechte aus der Zulassung zu Rechtsanwaltschaft verzichtet hätten und hierdurch aus dem Versorgungswerk ausgeschieden seien, wie viele Personen bisher einen Antrag nach § 34 Abs. 1 der Satzung gestellt hätten und wie viele dieser Personen jeweils eine Funktion in einem der Organe des Beklagten gegenwärtig oder früher - auch als stellvertretendes Mitglied - übernommen hätten.

Mit einer Eingabe vom gleichen Tage wandte sich der Kläger zudem an das Finanzministerium des Landes NRW als Aufsichtsbehörde.

Am 03.01.05 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin wieder zur Rechtsanwaltschaft zugelassen.

Mit Anfang Januar 2005 forderte der Kläger den Beklagten zur Erteilung von verschiedenen rechtlichen Auskünften auf. Nachdem der Beklagte ihm die erbetenen rechtlichen Auskünfte bis dahin nicht erteilt hatte, forderte der Kläger ihn mit Schreiben vom 24.01.05 auf, bis zum 29.01.05 zu bestätigen, dass er binnen 6 Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft die Möglichkeit habe, einen Antrag auf Erstattung nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 der Satzung a.F. oder einen Antrag auf freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft nach § 13 Abs. 2 der Satzung zu stellen und dass er mit Beginn der neuen Mitgliedschaft wieder alle Rechte der Satzung in Anspruch nehmen könne. Für den Fall, dass der Beklagte eine solche Bestätigung nicht abgebe, wolle er bitte bestätigen, dass er nach einer entsprechenden Aufforderung den Kläger so stellen werde, als wäre der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit Wirkung zum Ablauf des 30.11.04, alternativ zum 31.10.04, wirksam geworden und die neue Zulassung mit Wirkung ab 01.12.04 erfolgt, sodass er binnen 6 Monaten nach fiktiver Beendigung der Mitgliedschaft entscheiden könne, ob die Mitgliedschaft fortgesetzt oder die Erstattung nach § 34 Abs. 1 der Satzung a.F. in Anspruch genommen werde. Anderenfalls wolle der Beklagte bitte die Gründe einer Ablehnung schriftlich darlegen.

Mit Bescheid vom 15.02.05 stellte der Beklagte fest, dass die Mitgliedschaft des Klägers am 28.12.04 geendet habe. Er stellte ferner fest, dass eine beitragsfreie Anwartschaft auf Altersrente und Hinterbliebenenrente für die Zeit vom 01.01.05 bis 02.01.05 bestanden habe.

In einer vom Beklagten unter dem 23.02.05 gegenüber dem Finanzministerium abgegebenen Stellungnahme vertrat der Beklagte den Standpunkt, dass dem Kläger zwar mangels Kenntnis fälschlicherweise mitgeteilt worden sei, ein Erstattungsantrag könne bis zum Ende des Jahres gestellt werden, dass dem Kläger jedoch insoweit kein Schaden entstanden sei, weil der zu erstattende Betrag nicht verloren sei, sondern im Rahmen der Versorgungsanwartschaft weiterhin zur Verfügung stehe. Auch die durch Wiederzulassung entstandenen Kosten könnten als Schaden nicht geltend gemacht werden, weil dem Kläger bei Rückgabe seiner Zulassung bekannt gewesen sei, dass die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung infolge der Satzungsänderung nicht mehr vorgelegen hätten.

Mit Schreiben vom 14.03.05 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 15.02.05 über das Bestehen einer beitragsfreien Versorgungsanwartschaft. Der Kläger führte aus, dass der Bescheid nicht habe erlassen werden dürfen, weil nach der Satzung die Möglichkeit bestehe, binnen 6 Monaten nach dem Ausscheiden einen Antrag auf freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft nach § 13 Abs. 2 der Satzung zu stellen. Zudem sei er der Ansicht, dass er aufgrund der schriftlichen Zusicherung des Versorgungswerks in den Schreiben vom 29.11.04 und vom 06.12.04 die Möglichkeit habe, anstelle des Antrags nach § 13 Abs. 2 binnen 6 Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft auch einen Erstattungsantrag nach § 34 Abs. 1 a.F. der Satzung stellen zu können. Die Formulierung des Tenors lege nahe, dass aufgrund der Mitgliedschaft bis zum 28.12.04 erworbene Rechte nicht Gegenstand des Bescheides seien bzw. sein sollten. Die Feststellung einer beitragsfreien Anwartschaft für die Zeit vom 01.01.05 bis 02.01.05 habe jedoch keinen Sinn. Telefonisch sei ihm mitgeteilt worden, dass der Bescheid durchaus die bis zum 28.12.04 erworbenen Rechte verbindlich feststelle und dass mit Bestandskraft dieses Bescheides unabhängig von der Frage, ob die Satzungsänderung wirksam sei, ein Erstattungsantrag nicht mehr möglich sei. Faktisch handele es sich somit um einen vorgezogenen Bescheid über die Ablehnung eines noch gar nicht gestellten Erstattungsantrags. Dies habe der Beklagte gegenüber dem Finanzministerium auch bestätigt, weil in der Stellungnahme vom 23.02.05 behauptet werde, der Bescheid sei erlassen worden, um die Möglichkeit zu eröffnen, frühzeitig den Rechtsweg einschlagen zu können, obwohl die 6-Monatsfrist noch nicht abgelaufen sei.

Der Beklagte nahm daraufhin mit Schreiben vom 04.04.05 wie folgt Stellung: Der Bescheid sei rechtmäßig erlassen worden. Er besage lediglich, dass die durch Zulassung am 11.08.98 begründete Mitgliedschaft ab dem besagten Zeitpunkt geendet habe. Durch Erlass dieses Bescheides werde das Recht des Klägers, innerhalb von 6 Monaten ab Rückgabe der Zulassung die Fortsetzung der Mitgliedschaft oder die Überleitung der Beiträge an ein anderes Versorgungswerk zu beantragen, nicht verwirkt. Solange aber der Kläger eine Fortsetzung der Mitgliedschaft innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht erklärt habe, sei die Mitgliedschaft nicht fortgesetzt, sodass der Bescheid über das Bestehen einer beitragsfreien Rentenanwartschaft rechtmäßig sei. Klarstellend sei darauf hinzuweisen, dass es dem Kläger selbstverständlich freistehe, zum Ablauf der 6- Monats-Frist, beginnend ab dem 28.12.04, einen Antrag auf Fortsetzung der Mitgliedschaft zu stellen. Dies gelte unabhängig davon, dass der Kläger durch die zwischenzeitlich erfolgte Wiederzulassung in jedem Fall eine neue Mitgliedschaft im Versorgungswerk erworben habe.

Mit Schreiben vom 11.05.05 bestätigte der Beklagte unter Bezugnahme auf ein mit dem Kläger geführtes Telefonat erneut, dass durch den Bescheid das Recht gemäß § 13 Abs. 2, die Fortsetzung der Mitgliedschaft innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach dem Ausscheiden zu beantragen, nicht verwirkt werde. Es werde jedoch nochmals darauf hingewiesen, dass es aufgrund der Satzungsänderung nicht mehr möglich sei, einen Antrag auf Erstattung von 60% der bis zum Ausscheiden geleisteten Beiträge zu stellen. Deshalb stelle sich die Frage, ob einem solchen Antrag die Bestandskraft des Bescheides vom 15.02.95 entgegengehalten werden könne, überhaupt nicht.

Mit Schreiben vom 26.05.05 beantragte der Kläger die Erstattung von 60% der bis zum 28.12.2004 geleisteten Beiträge nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 S. 1 der Satzung a.F. Zugleich forderte er von dem Beklagten für den Fall, dass dieser den Antrag ablehnen sollte, ihn - den Kläger - so zu stellen, als sei der Widerruf der Zulassung zum 30.11.04 wirksam geworden und die erneute Zulassung am 01.12.04 erfolgt. Ferner stellte der Kläger mit Schreiben vom 13.06.06 hilfsweise einen Antrag auf freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft vom 28.12.04 bis 03.01.05.

Mit Bescheid vom 15.07.05, der eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht enthielt, wies der Beklagte den Antrag auf Erstattung von 60% der geleisteten Beiträge zurück. Durch weiteren Bescheid vom 25.07.05 stellte der Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 03.01.05 Pflichtmitglied des Beklagten sei und setzte ab diesem Zeitpunkt den Regelbeitrag fest.

Den gegen den Bescheid vom 15.07.05 erhobenen Widerspruch, sowie die Widersprüche gegen den Bescheid vom 15.02.05 über das Bestehen einer beitragsfreien Rentenanwartschaft und gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.07.05 wies der Beklagte aufgrund des in der Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 20.09.05 gefassten Beschlusses durch Widerspruchbescheid vom 13.10.05 - zugestellt am 17.10.05 - als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 14.11.05 Klage erhoben, mit der er vorrangig die Erstattung von 60% der von ihm geleisteten Beiträge sowie die Aufhebung des Bescheides vom 15.02.05 begehrt.

Er trägt vor: Die Satzungsänderung verstoße gegen höherrangiges Landesrecht und sei deshalb unwirksam. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 RAVG NRW habe das Versorgungswerk nach Maßgabe der Satzung auf Antrag u.a. die Leistung "Erstattung von Beiträgen" zu erbringen. Die ersatzlose Abschaffung des § 34 Abs. 1 a.F. in der Satzung verstoße gegen diese Bestimmung, da die genannte gesetzliche Regelung nicht zugleich abgeschafft worden sei, sondern fortbestehe, obwohl der Gesetzgeber zwischenzeitlich bereits Änderungen anderer Bestimmungen des RAVG NRW vorgenommen habe. Dass die in § 8 Abs. 1 RAVG NRW aufgezählten Leistungen nach Maßgabe der Satzung zu erbringen seien, ändere daran nichts, da damit nur das "wie" und nicht das "ob " der Leistungserbringung der Satzungsautonomie des Beklagten unterstellt werde. Der Gesetzgeber habe somit Pflichtleistungen des Beklagten statuiert und ihn ermächtigt, den Umfang des Erstattungsanspruchs durch Satzung zu regeln. Aus § 8 Abs. 2 RAVG NW, der als "kann"-Vorschrift ausgestaltet sei, folge, dass lediglich Rehabilitationsmaßnahmen und Sterbegeld fakultative Leistungen, die in § 8 Abs. 1 RAVG NW genannten Leistungen hingegen Pflichtleistungen seien. Dass die Satzungsänderung trotz der Verstöße gegen höherrangiges Recht vom Finanzministerium genehmigt worden sei, ändere nichts an der Unwirksamkeit und damit Unbeachtlichkeit der Änderung.

Die Satzungsänderung sei ferner in rechtsstaatswidriger Weise zustande gekommen und daher unwirksam. Entgegen der Darstellung des Beklagten sei durch das Sonderrundschreiben von Ende September 2004 unzweideutig der Eindruck erweckt worden, eine eventuelle Änderung der Satzungsbestimmung über die Erstattung von Beiträgen werde erst ab dem 01.01.05 wirksam. Es sei unter keinen Umständen damit zu rechnen gewesen, dass die Satzungsbestimmung, die seit vielen Jahren bestanden habe, ersatzlos abgeschafft werden würde, ohne die Mitglieder zuvor rechtzeitig auf das Datum der Inkraftsetzung hinzuweisen, zumal die Satzungsänderung offensichtlich gravierende finanzielle Auswirkungen gehabt habe. Unter diesen Umstände habe unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten der Satzungsgeber das Inkrafttreten erst zum 01.01.05 - zeitgleich mit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung, der die Satzung habe angepasst werden sollen - bestimmen dürfen. Zumindest hätte der Beklagte alle Mitglieder rechtzeitig davon in Kenntnis setzen müssen, dass die Satzungsänderung früher in Kraft treten würde. Eine solche Information habe der Beklagte pflichtwidrig unterlassen. Stattdessen habe er durch sein Rundschreiben vom 27.09.04 den Eindruck erweckt, die Satzungsänderung werde nicht vor dem 01.01.05 in Kraft treten. Nach telefonischer Auskunft von Frau M, einer Mitarbeiterin des Beklagten, sei eine zunächst vorgesehene Übergangsregelung in der Vertreterversammlung vom 25.04.05 nicht beschlossen worden, weil man der Ansicht gewesen sei, "dass dadurch der ohnehin schon eingetretene Schaden noch größer werden würde". Dies verdeutliche, dass der Beklagte sein rechtsfehlerhaftes Handeln nicht habe publik werden lassen wollen. Der Beklagte sei mehrfach aufgefordert worden, dem Kläger die Einladungsschreiben und Tagesordnungen sowie die handschriftlichen und die endgültigen Protokolle der Vertreterversammlungen vom 12.10.04 und vom 25.04.05 abschriftlich zur Verfügung zu stellen, hilfsweise, ein entsprechendes Einsichtsrecht zu gewähren und die Anfertigung von Kopien aus diesen Unterlagen zu ermöglichen, weil sich hieraus wichtige Anhaltspunkte für das Zustandekommen der Satzungsänderung ergeben könnten. Dies werde vom Beklagten rechtswidrig verweigert.

Die Satzungsänderung sei auch deshalb rechtswidrig, weil es in jedem Fall unzulässig gewesen sei, die Abschaffung der Erstattungsmöglichkeit nicht zum Ende eines Monats, sondern in einem laufenden Monat in Kraft gesetzt zu haben. Dies ergebe sich aus § 33 Abs. 1, 30 Abs. 1 der Satzung, wonach die Beiträge Monatsbeiträge seien und aus § 33 Abs. 3 der Satzung, wonach die Beitragspflicht von Mitgliedern, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung aus dem Versorgungswerk ausschieden, mit dem jeweiligen Monatsende ende. Somit habe auch die Satzung, welche die Erstattung der monatlich zu leistenden Beiträge geregelt habe, nur zum Ende eines Monats abgeschafft werden dürfen.

Soweit ihm - dem Kläger - erstmals im Widerspruchsbescheid vorgeworfen werde, er betreibe mit seinem Begehren Rechts- und Gestaltungsmissbrauch, sei dem entgegenzuhalten, dass alleinige Voraussetzung für den Erstattungsanspruch das Ende der Mitgliedschaft im Versorgungswerk sei. Weder die Absicht, künftig keine anwaltliche Tätigkeit mehr auszuüben, noch eine bestimmte Dauer der Zeit ohne Zulassung gehörten nach dem eindeutigen Wortlaut zu den Anspruchsvoraussetzungen. Wenn der Satzungsgeber die "ernsthafte Beendigung der anwaltlichen Tätigkeit" oder eine bestimmte Mindestdauer der Zeit ohne Zulassung zur weiteren Bedingung hätte erheben wollen, hätte er dies entsprechend normieren müssen und können. Im Übrigen hätte es dem Beklagten oblegen, ihn - den Kläger - spätestens nach seiner Anfrage vom 29.11.04 auf den angeblichen Gestaltungsmissbrauch hinzuweisen. Stattdessen habe er in seinem Antwortschreiben vom selben Tag sogar noch die Zusicherung gegeben, dass der vom Kläger beabsichtigte Weg zielführend sei. Der Vorwurf des Beklagten, die Beendigung zum Jahreswechsel mit sofortiger Neuzulassung im Jahr 2005 gewählt zu haben, gehe ins Leere, weil er - der Kläger - anders regiert hätte, wenn der Beklagte rechtzeitig mitgeteilt hätte, dass der zeitliche Abstand zwischen Rückgabe der Zulassung und Neuzulassung seines Erachtens nach größer sein müsse. Außerdem habe der Beklagte im Schreiben vom 06.12.04 ausdrücklich bestätigt, dass selbst eine erneute Zulassung noch im Jahr 2004 für die Erstattung unschädlich wäre. Auch die Rechtsanwaltskammer habe ursprünglich keine Bedenken gegen die vorgesehene Vorgehensweise zur Sicherung des Erstattungsanspruchs gehabt. Die Zulässigkeit eines unmittelbar nach einem Widerruf der Zulassung gestellten neuen Zulassungsantrags sei auch durch einen entsprechenden Vorstandsbeschluss der Rechtsanwaltskammer vom 15.12.04 bestätigt worden. Schließlich könne es nicht rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Einführung des Alterseinkünftegesetzes zum Anlass genommen werde, mit legitimen Mitteln die Vorsorgeplanung zusätzlich in die eigene Hand zu nehmen, anstatt darauf zu vertrauen, dass die bestehenden sozialen Sicherungssysteme trotz der zunehmenden Strukturprobleme weiter wie bisher funktionierten. Außerdem werde die Erstattung der Beiträge mit dem Verlust der bis dahin erworbenen Anwartschaften "erkauft", sodass es keineswegs um das Erschleichen eines persönlichen Vorteils gehe. In dem Verzicht auf die Zulassung und dem Antrag auf erneute Zulassung seien auch keine Willenserklärungen zu sehen, die sich in ihren Rechtsfolgen gegenseitig aufheben würden. Wenn dies so wäre, dann hätte der Beklagte den Bescheid vom 15.02.05 nicht erlassen dürfen, der zwischen der beendeten Mitgliedschaft und der neu begonnenen Mitgliedschaft klar trenne. Der Beklagte habe schließlich trotz ausdrücklicher Aufforderung bisher nicht mitgeteilt, wie viele Personen aufgrund Verzichts auf ihre Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ihre Mitgliedschaft beim Beklagten beendet hätten, wie viele Personen eine Erstattungsantrag nach § 34 Abs. 1 der Satzung a.F. gestellt hätten und wie viele dieser Personen jeweils eine Funktion in einem der Organe des Beklagten gegenwärtig oder früher - auch als stellvertretendes Mitglied - übernommen hätten.

Selbst wenn die Satzungsänderung wirksam sein sollte, ergebe sich ein Anspruch auf Erstattung, weil der Beklagte mit dem Schreiben vom 29.11.04 ausdrücklich und eindeutig die Zusicherung erteilt habe, dass er bei einer Beendigung der Mitgliedschaft bis zum Jahresende 2004 Beitragserstattungen noch nach der bisherigen Regelung vornehmen werde. Ferner habe der Beklagte im Schreiben vom 06.12.04 bestätigt, dass eine nur ganz kurzzeitige Unterbrechung der Mitgliedschaft zum Zweck der Erhaltung der Erstattungsmöglichkeit unschädlich sei. Eine Rückname dieser Zusicherung sei nach § 48 Abs. 2 VwVfG NRW ausgeschlossen. Auch § 38 Abs. 3 VwVfG NRW könne keine Anwendung finden, weil die Zusicherung gerade für den Fall der feststehenden Änderung der Rechtslage erteilt worden sei. In der Mitteilung des Beklagten vom 15.12.04 könne zudem keine Rücknahme der Zusicherung gesehen werden. Selbst wenn dies anders zu beurteilen sein sollte, so habe er - der Kläger - unzweifelhaft mit seinem Schreiben vom gleichen Tage und mit Schreiben vom 20.12.04 hiergegen Widerspruch erhoben.

Rechtsgrundlage für den durch den ersten Hilfsantrag geltend gemachten Anspruch sei der verwaltungsrechtliche Herstellungsanspruch analog dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch im sozialrechtlichen Versichertenverhältnis. Dass der Kläger als Rechtsanwalt nicht Mitglied der BfA, sondern Pflichtmitglied im Versorgungswerk sei, könne nicht dazu führen, ihm einen entsprechenden Herstellungsanspruch zu versagen. Er - der Kläger - habe nicht nur Anspruch auf eine Geldleistung im Wege des Amtshaftungsverfahrens, sondern könne verlangen, dass ihm in umfassender Weise die mitgliedschaftliche Position verschafft werde, die er ohne die unzutreffenden Auskünfte des Beklagten bei richtiger und rechtzeitiger Auskunft haben würde. Zumindest ergebe sich der Anspruch aus einer analogen Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. aus den Rechtsgedanken der §§ 242, 162 BGB und aus einem Folgenbeseitigungsanspruch. Der zweite - äußerst hilfsweise gestellte - Hilfsantrag habe die Feststellung eines hinreichend konkretisierten Rechtsverhältnisses zum Gegenstand. An dieser Feststellung bestehe auch ein berechtigtes Interesse.

Ferner habe der Beklagte keinen Bescheid erlassen dürfen, in dem festgestellt werde, dass die Mitgliedschaft im Versorgungswerk am 28.12.04 geendet habe, weil nach § 13 Abs. 2 S. 1 der Satzung die Möglichkeit bestehe, binnen sechs Monaten nach dem Ausscheiden einen Antrag auf freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft zu stellen, sodass bei Stellung dieses Antrags die Mitgliedschaft nicht als unterbrochen gelte und die Frist bei Erlass des Bescheides noch nicht abgelaufen gewesen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005 zu verpflichten, dem Kläger von ihm bis zum 28.12.2004 geleistete Beiträge in Höhe von 32.371,76 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005 zu erstatten,

2.

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005 zu verpflichten, den Kläger hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten als Mitglied des Beklagten so zu stellen, als sei die Mitgliedschaft mit Wirkung zum 30.11.2004 beendet, der Antrag auf Erstattung von 60% der bis dahin geleisteten Beiträge in Höhe von 31.821,86, binnen sechs Monaten nach Beendigung der fiktiven Mitgliedschaft rechtzeitig gestellt, eine neue Mitgliedschaft mit Wirkung ab dem 01.12.2004 begründet und die zum 28.12.2004 beendete Mitgliedschaft ununterbrochen fortgesetzt worden und den Beklagten zu verpflichten, den Betrag von 31.821,86 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005 zu zahlen,

äußerst hilfsweise,

festzustellen, dass das Recht des Klägers auf Beitragserstattung fortbesteht, sodass er nach einer künftigen Beendigung seiner Mitgliedschaft binnen sechs Monaten gegenüber dem Beklagten einen statthaften Antrag auf Erstattung von 60% der bis zur Beendigung der Mitgliedschaft geleisteten Beiträge (ohne Nachversicherungsbeiträge) stellen kann,

3. den Bescheid des Beklagten vom 15.02.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005 aufzuheben.

4.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, der nordrheinwestfälische Gesetzgeber habe dem Satzungsgeber insgesamt die Rechtssetzungskompetenz dazu überlassen, ob überhaupt Beitragserstattungen erfolgen sollten. Der Satzungsgeber sei daher berechtigt gewesen, die fragliche Satzungsregelung des § 34 Abs. 1 a.F. ersatzlos zu streichen. Die Satzungsänderung sei zum 01.12.04 in Kraft getreten. Sie sei rechtskonform erfolgt. Im Übrigen sei der Anspruch auf Erstattung von 60% der Beitragszahlungen entsprechend § 34 Abs. 1 a.F. treuwidrig gestellt. Der Kläger habe die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in den letzten Dezembertagen ausschließlich deshalb zurückgegeben, um den seiner Ansicht nach bestehenden Erstattungsanspruch geltend zu machen. In dieser Vorgehensweise, insbesondere in der Stellung des Erstattungsantrags, sei ein Gestaltungsmissbrauch zu sehen. Ein etwa auf das Schreiben des Beklagten vom 06.12.04 gestütztes Vertrauen des Klägers darauf, die Erstattungsmöglichkeit in Anspruch nehmen zu können, sei durch das weitere Schreiben vom 15.12.04 zerstört worden. Soweit es sich bei dem Schreiben vom 06.12.04 um eine Zusicherung im Sinne von § 38 VwVfG gehandelt habe, sei diese durch das Schreiben vom 15.12.04 zurückgenommen worden. Die Rücknahme der Zusicherung habe der Kläger bislang nicht angefochten. Die mangels Rechtsmittelbelehrung maßgebliche Jahresfrist sei inzwischen verstrichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat überwiegend Erfolg.

Der Hauptantrag zu 1. ist zulässig und ganz überwiegend begründet; lediglich hinsichtlich der geltend gemachten Zinsforderung ist er teilweise unbegründet. Der Hauptantrag zu 2. hingegen ist unzulässig.

Die mit dem Hauptantrag zu 1. angegriffene Entscheidung des Beklagten, die Erstattung von 60 v.H. der geleisteten Beiträge abzulehnen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Erstattung seiner Beiträge in dem begehrten Umfang.

Dieser Anspruch beruht auf § 34 Abs. 1 der Satzung des Beklagten in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.04.1997 - JMBl 1997, 111 - (§ 34 Abs. 1 SRV a.F.). Nach dieser Vorschrift sind, wenn die Mitgliedschaft endet, dem bisherigen Mitglied - vorbehaltlich des § 13 Abs. 2 - auf Antrag, der binnen 6 Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft gestellt sein muss, 60 v. H. der bisher geleisteten Beiträge zu erstatten. (S.1) Von der Erstattung sind Nachversicherungsbeiträge ausgeschlossen (S.2).

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist § 34 Abs. 1 SRV a.F. noch in Kraft. Diese Regelung ist nicht durch Beschluss der Fünften Vertreterversammlung vom 12. Oktober 2004 - genehmigt vom Finanzminister des Landes NRW am 22.10.2004 und verkündet am 01.12.04 im JMBl 2004 Nr. 23 - aufgehoben worden, denn die von der Vertreterversammlung beschlossene Satzungsänderung ist insoweit unwirksam.

Die beschlossene Satzungsänderung ist - jedenfalls soweit sie die Änderung § 15 Abs. 1 Nr. 5 und die Streichung des § 34 Abs. 1 SRV a.F. betrifft - unwirksam, weil sie gegen höherrangiges Recht verstößt.

Zwar steht der Satzungsänderung nicht Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG entgegen, denn die Regelung der Beitragserstattung bei Beendigung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk unterliegt nicht dem Schutz dieser Vorschrift; von den sozialversicherungsrechtlichen Rechtspositionen sind nur die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der Sozialversicherung verfassungsrechtlich als Eigentum garantiert, nicht aber die hierfür entrichteten Beiträge, die Berechnungs- und Bemessungsfaktoren für sozialversicherungsrechtliche Leistungen sind.

vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.11.1986 -1BVR 772/85 u.a.- NJW 1988, 250.

Bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die zwar keine Sozialversicherung im Sinne des § 51 Abs. 1 SGG, aber Teil des Gesamtsystems der Sozialversicherung sind,

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.06.1989 - 9 S 3268/87 - Juris,

gilt nichts anderes. Vielmehr handelt es sich bei der satzungsmäßigen Regelung über die Beitragserstattung bei Beendigung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk um eine Billigkeitsmaßnahme, durch die dem Versicherten das Gefühl erspart werden soll, er habe sein Beiträge "umsonst" geleistet. Ohne ausdrückliche Regelung bestünde kein aus dem Versicherungsverhältnis abzuleitender Rechtsanspruch auf Beitragserstattung; denn das Risiko, bei Nichterfüllung der zeitlichen und sonstigen Voraussetzungen den Versicherungsschutz zu verlieren, gehört zum Wesen der Versicherung. Rechtlich ist daher sowohl eine Voll- oder Teilerstattung als auch der völlige Ausschluss einer Erstattung zulässig,

OVG Saarland, Urteil vom 29.07.1998 - 1 R 387/96 - NJW-RR 1999, 134, Urteil vom 14.04.1997 - 1 R 5/95 - AnwBl. 1998, 164 und nachgehend BVerwG, Beschluss vom 05.08.1997 - 1 B 144/97 - NJW-RR 1998, 784; VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 17.12.1991 - 9 S 915/90 - Juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.1995 - 6 A 10465/94 - DVBl 1996, 1204;

Jedoch verstößt die Satzungsänderung - Streichung des Erstattungsanspruchs - gegen § 8 Ab. 1 Nr. 4 RAVG NW.

Die Vorschrift lautet:

"Das Versorgungswerk erbringt nach Maßgabe der Satzung auf Antrag folgende Leistungen:

.... 4.: Erstattung von Beiträgen;....."

Durch diese Regelung hat der Landesgesetzgeber eine Verpflichtung des Versorgungswerks statuiert, unter den in der Satzung bestimmten Voraussetzungen Beiträge zu erstatten.

Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich bei dieser gesetzlichen Bestimmung nicht um eine fakultative Leistung, deren Aufnahme in den Leistungskatalog in das Belieben des Satzungsgebers gestellt ist.

Vielmehr ergibt eine systematische, teleologische, historische und am Wortlaut der Vorschrift orientierte Auslegung, dass das beklagte Versorgungswerk lediglich ermächtigt ist, die Voraussetzungen und den Umfang der Leistungsart "Erstattung" durch Satzung zu regeln, nicht aber die Leistungsart "Erstattung" gänzlich abschaffen darf.

Der Wortlaut der Regelung erlaubt allerdings beide Sichtweisen. Die Formulierung "erbringt", die auf etwas Feststehendes zu verweisen scheint, dürfte zwar eher auf eine Verpflichtung zur Aufnahme dieser Leistung in den Leistungskatalog der Satzung hindeuten. Da aber vom Gesetzgeber zugleich angeordnet wird, dass die Leistung "nach Maßgabe der Satzung" erbracht wird, liegt hierin eine Einschränkung, die auch ein Sinnverständnis zulässt, wonach die Satzung bestimmt, ob überhaupt eine derartige Leistung in den Leistungskatalog aufgenommen wird.

Auch die Auslegung nach Sinn und Zweck erlaubt keinen eindeutigen Rückschluss auf den Norminhalt. Zweck der Schaffung eines Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung war es, dem Rechtsanwalt und seiner Familie durch Schaffung einer berufsständischen Pflichtversorgung die Existenzangst vor dem Invaliditätsfall zu nehmen und ihm einen wirtschaftlich gesicherten Lebensabend zu garantieren. Dabei sollte den Mitgliedern ein Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen gewährt werden.

Vgl. Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 14.05.1984, LT Drucks. 9/ 3431, S. 1.

Für die Erreichung dieses Ziels war und ist die Leistungsart "Erstattung von Beiträgen" nicht zwingend notwendig. Wenngleich die Erstattung von Beiträgen zu den Versorgungsleistungen gehört, so war es doch - wie bereits oben dargestellt - von Verfassungs wegen nicht geboten, bei Beendigung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk einen Erstattungsanspruch einzuräumen, weil das Risiko, bei Nichterfüllung der zeitlichen und sonstigen Voraussetzungen den Versicherungsschutz zu verlieren, zum Wesen der Versicherung gehört. In einem Rechtsanwaltsversorgungsgesetz müssen nur die wesentlichen Grundentscheidungen getroffen werden, wie insbesondere die Wahl des Versicherungssystems,

OVG Saarland, Urteil vom 14.04.1997 a.a.O.

Wenn der Gesetzgeber sich vor diesem Hintergrund für die Aufnahme in den "Katalog der möglichen Leistungen" entschieden hat,

vgl. Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 14.05.1984, LT Drucks. 9/ 3431, zu § 8, S. 15,

so mag dies eher dafür sprechen, dass er dem Satzungsgeber die Erstattung von Beiträgen ermöglichen, ihn zur Schaffung einer solchen Versorgungsleistung hingegen nicht verpflichten wollte. Andererseits war der Gesetzgeber jedenfalls nicht daran gehindert, die Erstattung von Beiträgen - als Teil einer umfassenden Absicherung der Rechtsanwälte - im Gesetz als Pflichtleistung des Versorgungswerks zu statuieren.

Die weiteren Gesetzesmaterialien deuten eher darauf hin, dass durch die Formulierung "Katalog der möglichen Leistungen" nicht auf die Freiwilligkeit der Leistungen hingewiesen werden sollte, sondern dass der Gesetzgeber, durch diese Formulierung nur verdeutlichen wollte, dass er in § 8 der Satzung alle in Betracht kommenden Leistungsarten abschließend aufgezählt hat und dass er die Schaffung weiterer Leistungsarten durch den Satzungsgeber ausschließen wollte. sollten. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die gleichfalls in § 8 Abs. 1 RAVG NW unmittelbar vor der Leistungsart "Erstattung" genannten Leistungsarten "Altersrente" (Nr. 1), "Berufsunfähigkeitsrente" (Nr. 2) und Hinterbliebenenrente (Nr. 3) - welche die tragenden Säulen einer Versorgung im Alter bzw. bei Berufsunfähigkeit darstellen-, nur als "mögliche Leistungen" in das Belieben des Satzungsgebers stellen wollte.

In den Erläuterungen zu § 1 des Gesetzesentwurfs wird ausdrücklich ausgeführt:

"Auf die Leistungen aus der Rechtsanwaltsversorgung (Absatz 2) besteht ein subjektiver Rechtsanspruch. Die Art der Leistungen regelt diese Gesetz; die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungen werden durch die Satzung bestimmt."

Demgemäß wird ein Rechtsanspruch auf die Versorgungsleistungen statuiert, zu denen eben auch gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 RAVG NW die Erstattung von Beiträgen gehört, wobei die Art der Leistung - Beitragserstattung - durch das Gesetz, Voraussetzung und Umfang der Erstattung hingegen durch die Satzung bestimmt werden.

Schließlich spricht die Systematik des Gesetzes entschieden gegen die Auffassung des Beklagten, bei der in § 8 Abs. 1 Nr. 4 RAVG NW genannten Leistungsart handele es sich um eine Leistung, die vom Satzungsgeber in den Leistungskatalog nicht zwingend aufzunehmen sei.

Zwar heißt es in § 1 Abs. 2 RAVG NW, dass das Versorgungswerk seinen Mitgliedern und sonstigen Leistungsberechtigten Versorgung "nach Maßgabe dieses Gesetzes und der Satzung" leistet, wobei nach § 11 RAVG NW die Angelegenheiten des Versorgungswerks, soweit sie nicht gesetzlich bestimmt sind, durch die Satzung geregelt werden, was insbesondere für die Festsetzung und Zahlungsweise der Beiträge und Leistungen (§ 11 S. 2 Nr.1 RAVG NW) gilt. Hieraus kann indessen nicht geschlossen werden, dass die Festsetzung der Leistungsart "Erstattung" dem Satzungsgeber vorbehalten ist. Entscheidend fällt vielmehr ins Gewicht, dass der Gesetzgeber in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 RAVG NW verschiedene Versorgungsleistungen durch unterschiedliche Formulierungen deutlich erkennbar voneinander abgegrenzt hat, was nur Sinn macht wenn er hiermit zwischen Pflichtleistungen und fakultativen Leistungen unterscheiden wollte.

Während es nämlich in § 8 Abs. 1 RAVG NW heißt, dass das Versorgungswerk Leistungen "erbringt", wird in § 8 Abs. 2 RAVG NW ausgeführt, dass die Satzung Zuschüsse zu Rehabilitationsmaßnahmen und ein Sterbegeld vorsehen "kann". Hätte der Gesetzgeber sämtliche Leistungsarten einheitlich als fakultative Leistungsarten behandeln wollen, so hätte es nahegelegen, alle Leistungsarten in einer nicht nach Absätzen gegliederten Vorschrift nacheinander aufzuzählen und eine einheitliche Formulierung zu wählen. Dass der Gesetzgeber dies nicht getan hat, spricht dafür, dass er in den beiden Absätzen der Norm unterschiedliche Regelungen treffen wollte. Die hierbei gewählten Formulierungen zeigen, dass er eine Differenzierung zwischen von ihm für unerlässlich gehaltenen "Standardleistungen" und fakultativen "Zusatzleistungen" vorgenommen hat. Es wäre zudem nicht einsichtig, warum der Gesetzgeber bei den in Abs. 1 aufgezählten Leistungsarten nochmals zwischen Pflichtleistungen, um die es sich bei der "Altersrente" zweifellos handelt, und nicht pflichtigen Leistungen hätte unterscheiden wollen, ohne dies durch eine entsprechende Formulierung deutlich zu machen.

Die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegen diese Auslegung erhobenen Einwendungen und vorgetragenen Bedenken greifen nicht durch. Insbesondere kann nicht im Hinblick auf das Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz - AltEinkG -) vom 05.07.2004 die vom Landesgesetzeber ursprünglich als Pflichtleistung konzipierte Beitragserstattung nunmehr als fakultative Leistung interpretiert werden. Zwar liegt es so, dass bei der teleologischen Auslegung nicht der Wille des Gesetzgebers im Sinne der subjektiven Auslegung zu ermitteln ist, sondern der objektiv in der Norm zum Ausdruck kommende Zweck, der sich bei älteren Normen im Laufe der Zeit auch geändert haben kann. Kein Gesetz verträgt eine starre Begrenzung seiner Anwendbarkeit auf solche Fälle, die der vom Gesetzgeber ins Auge gefassten Ausgangslage entsprechen; denn es ist nicht toter Buchstabe, sondern lebendig sich entwickelnder Geist, der mit den Lebensverhältnissen fortschreiten und ihnen sinnvoll angepasst weitergelten will, solange dies nicht die Form sprengt, in die er gegossen ist,

BGH, Urteil vom 29.01.1957 - 1 StR 333/56 - BGHSt 10, 157, 159.

Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Rechtsprechung aber "an Gesetz und Recht gebunden". Daraus folgt, dass ein Gericht sich auch nicht durch Auslegung über einen eindeutigen Willen des Gesetzgebers hinwegsetzen darf.

BGH Kartellsenat, Urteil vom 30.06.1966 - KZR 5/65 - BGHZ 46, 74 m.w.N..

Soweit ein Festhalten an der Versorgungsleistung "Erstattung", wie der Beklagte meint, aufgrund der durch Art. 1 Nr. 7 AltEinkG geänderten Fassung von § 10 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG nunmehr zu steuerlichen Nachteilen für alle beitragspflichtigen Mitglieder führen sollte, war dieser Änderung der bundesrechtlichen Rechtslage durch Änderung und Anpassung der landesgesetzlichen Regelung Rechnung zu tragen. Hingegen oblag es nicht dem Satzungsgeber, dem (vermeintlichen) Willen des Landesgesetzgebers vorzugreifen und durch eine Satzungsänderung den Mitgliedern drohende Steuernachteile abzuwehren.

Erweist sich nach alledem der Beschluss der Fünften Vertreterversammlung vom 12. Oktober 2004, soweit dadurch die Leistungsart "Erstattung" in § 15 Abs. 1 Nr. 5 SRV a.F. und die Vorschrift des § 34 Abs. 1 SRV a.F. ersatzlos gestrichen worden ist, als Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Nr. 4 RAVG NW und mithin als unwirksam, so richtet sich der Anspruch des Klägers auf Beitragserstattung weiterhin nach § 34 Abs. 1 S. 1 SRV a.F..

Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm liegen vor: Die Mitgliedschaft wurde durch den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beendet, weil der Kläger hierdurch nicht mehr einer Rechtsanwaltskammer im Lande Nordrhein- Westfalen angehörte und er auch keine Berufsunfähigkeits- oder Altersrente bezog (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 SRV n.F.). Der Kläger hat auch nicht die Fortsetzung der Mitgliedschaft beantragt (§ 13 Abs. 2 SRV). Sein entsprechender, mit Schreiben vom 13.06.05 hilfsweise gestellter Antrag auf freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft stand ungeachtet der Frage, ob er auf diese Weise - nämlich bedingt - wirksam gestellt werden konnte, unter dem Vorbehalt, dass eine Beitragserstattung nach § 34 Abs. 1 SRV a.F. wegen der Satzungsänderung nicht in Betracht kommen würde.

Der Kläger hat schließlich auch den erforderlichen Antrag auf Erstattung binnen sechs Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft gestellt. Dieser Antrag ist nicht unwirksam, etwa weil er rechtsmissbräuchlich wäre.

Beim Rechtsmissbrauch handelt es sich um einen besonderen Fall des Verstoßes gegen Treu und Glauben,

vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1973 - I C 29/72 - Buchholz 451.52 § 19 MuFG Nr. 1 S 1 (5))

Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört im Verwaltungsrecht zu den sog. allgemeinen Grundsätzen,

BVerwG, Urteil vom 14.04.1978 - IV C 6.76 - BVerwGE 55, 337.

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob es sich bei dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung um eine vom Betroffenen zu erhebende Einrede handelt, und ob deren Geltendmachung ihrerseits hier wiederum rechtsmissbräuchlich wäre, weil der Beklagte sich erstmals im Widerspruchsbescheid hierauf berufen hat, während er zuvor die Vorgehensweise des Klägers noch ausdrücklich als zulässig erachtet hat.

Jedenfalls ist ein Verstoß gegen dieses Gebot, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, nicht zu erkennen. Für ein Mitglied, dass aus dem Versorgungswerk ausscheidet, sieht die Regelung des § 34 Abs. 1 SRV a.F. ausdrücklich einen Erstattungsanspruch vor.

Der Beklagte selbst hat in dem dem Kläger im September 2004 zugesandten Informationsschreiben (Das Alterseinkünftegesetz und seine Folgen) unter Ziff. II. ausgeführt:

"Wer daher in den verbleibenden Monaten bis zum Inkrafttreten einer solchen Satzungsänderung die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Lande Nordrhein- Westfalen bereits zurückgegeben hat oder noch zurückgeben wird mit der Absicht, eine Beitragserstattung in Anspruch nehmen zu wollen, der sollte dieses unverzüglich bei Beendigung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragen, damit dann noch eine Erstattung von 60% der geleisteten bzw. noch zu leistenden Beiträge möglich ist."

Ein Missbrauch kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger bei Antragstellung bereits wieder (Pflicht-)Mitglied des Versorgungswerks war, nachdem er erneut zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden war. Denn es ist nicht einsichtig, warum die Geltendmachung von Rechten aus der Beendigung der Mitgliedschaft im Versorgungswerk rechtsmissbräuchlich sein sollte, wenn die Beendigung und der Neuerwerb der Mitgliedschaft ihrerseits nicht rechtsmissbräuchlich sind und nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Eine derartige Rechtsmissbräuchlichkeit von Beendigung und Neuerwerb der Mitgliedschaft des Klägers im beklagten Versorgungswerk lässt sich hier nicht feststellen.

Obwohl zwischen Rückgabe der Zulassung und kurzfristiger Neubeantragung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - welche die Beendigung und den Neuerwerb der Mitgliedschaft im beklagten Versorgungswerk nach sich zogen - nur wenige Tage lagen, so ist doch festzuhalten, dass standesrechtliche Vorschriften einer solchen Vorgehensweise nicht entgegenstanden. Der Beklagte konnte solche Vorschriften jedenfalls nicht benennen. Auch hat die Rechtsanwaltskammer die Neuaufnahme des Klägers ohne Einschränkung und ohne Bedingung vollzogen.

Zudem hat der Beklagte noch im Schreiben vom 06.12.04 ausdrücklich eine Erstattungsmöglichkeit bei Beendigung der Mitgliedschaft und erneuter Zulassung zur Rechtsanwaltschaft anerkannt und hierzu ausgeführt, was eine erneute Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Land NRW betreffe, so spiele es dafür keine Rolle, ob eine Wiederzulassung noch in diesem Jahr oder erst im nächsten Jahr erfolge.

Zu berücksichtigen ist schließlich, dass der Kläger sein Verhalten nicht etwa auf Ausnutzung lediglich rechtlicher Vorteile ausgerichtet hat. Zwar ermöglicht ihm seine Vorgehensweise, in den Genuss einer (evt. steuerfreien) Beitragsrückzahlung zu gelangen. Diese wird indessen mit dem Verlust von 40% der geleisteten Beiträge bzw. dem vollständigen Verlust der Rentenanwartschaft erkauft. Dies bedeutet, dass er sich eine Altersversorgung völlig neu aufbauen muss. Ob er hierfür die Erstattungsbeiträge nutzt (z. B. durch Einzahlung in eine private Rentenversicherung) oder ob er sich mit der im Alter erheblich geringeren Altersvorsorge begnügt, bleibt letztlich seiner Gestaltungsfreiheit überlassen.

Mithin hat der Kläger gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 SRV a.F. Anspruch auf Erstattung von 60 v. H. der bisher geleisteten Beiträge.

Die Forderung des Klägers besteht auch in der geltend gemachten Höhe. Der Berechnung des Klägers (53.952,94 EUR x 60% = 32.371,76 EUR) ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Sie ist aber auch aufgrund eigener Überprüfung zutreffend, da die bis Oktober 2004 geleisteten Beiträge insgesamt 51.515,44 EUR betrugen und der Kläger im November und Dezember 2004 noch 1.521,00 EUR bzw. 916,50 EUR eingezahlt hat, sodass sich der Gesamtbeitrag von 53.952,94 EUR errechnet.

Der Beklagte ist ferner zu Zahlung von Prozesszinsen gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB verpflichtet.

Gemäß der Vorschrift des § 291 S. 1 BGB, die im öffentlichen Recht entsprechend anwendbar ist, wenn das einschlägige Fachgesetz - wie hier - keine gegenteilige Regelung enthält,

BVerwG, Urteil vom 28.06.1995 - 11 C 22/94 - NJW 1995, 3135,

hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Prozesszinsen können im Verwaltungsprozess zudem nicht nur verlangt werden, wenn der Beklagte zur Zahlung eines Geldbetrages verurteilt worden ist. Vielmehr besteht auch dann ein Anspruch auf Prozesszinsen, wenn der Beklagte zum Erlass eines Verwaltungsakts, der die Zahlungspflicht unmittelbar auslöst, verpflichtet worden ist und der Geldbetrag rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann,

BVerwG, Urteil vom 28.05.1998 - 2 C 28/97 - NJW 1998, 3386; OVG Lüneburg, Urteil vom 06.09.2002 - 8 LA 105/02 - Juris.

Das ist hier der Fall. Der Zeitraum, für den dem Gläubiger Prozesszinsen zustehen, beginnt mit der Rechtshängigkeit der Klage. Rechtshängigkeit trat gemäß § 90 Abs. 1 VwGO mit Erhebung der Klage ein. Da gemäß § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung einer Frist, wenn für den Anfang der Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, der Tag nicht mitgerechnet wird, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, beginnt die Verzinsung im vorliegenden Fall am 15.11.05. Nach § 288 Abs. 1 S. 2 BGB, der über § 291 S. 2 BGB Anwendung findet, beträgt der Verzugszinssatz für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Weitergehende Zinsansprüche, welche nach § 288 Abs. 3 BGB unberührt bleiben, bestehen nicht. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet. Werden öffentlichrechtliche Geldforderungen nicht erfüllt, können Verzugszinsen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlagen verlangt werden. Verzug setzt entsprechend § 286 BGB Verschulden voraus; Schäden, die durch eine verspätete Leistung verursacht sind, können grundsätzlich nur nach den Regelungen über die Amtspflichtverletzung beurteilt werden,

BVerwG, Beschluss. v. 04.07.2003 - 7 B 130/02 - Buchholz 428 § 7 a VermG Nr. 5 m.w.N.

Im vorliegenden Falle gibt es keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Verzugszinsen, denn insoweit enthält die Satzung der Beklagten keine Regelungen.

Allerdings kann ein im Verwaltungsrechtsweg durchsetzbarer Anspruch auf Verzugszinsen in analoger Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB dann bestehen, wenn der Schuldner mit einer Geldleistung in Verzug ist, die in einem Austauschverhältnis zur Gegenleistung des anderen Partners eines öffentlichrechtlichen Vertrages steht,

BVerwG, Urteil vom 15.03.1989 - 7 C 42/87 - BVerwGE 81, 312.

Dasselbe gilt, wenn sich der Anspruch auf die Geldleistung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis herleitet, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind,

BVerwG, Urteil vom 21.02.1995 - 1 C 11/93 - BVerwGE 98, 18.

Diese Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht erfüllt. Der Beklagte schließt mit seinen Mitgliedern keine öffentlichrechtlichen Verträge, sondern hat seine Angelegenheiten in Form einer Satzung geregelt. Das zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestehende Rechtsverhältnis in Form einer Mitgliedschaft des Klägers beim Beklagten ist kein gesetzliches Schuldverhältnis, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind. Denn es liegt kein Gegenseitigkeitsverhältnis vor; es ist vielmehr, wie sich an der grundsätzlichen Ausgestaltung als Pflichtmitgliedschaft zeigt, ein Über-Unterordnungsverhältnis gegeben.

Auch § 44 SGB I findet weder unmittelbar noch entsprechende Anwendung,

vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 16.07.2001 - 23 K 7326/99 - Juris zur Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer NRW.

Eine unmittelbare Anwendung scheitert daran, dass der Beklagte kein Leistungsträger im Sinne dieser Vorschrift ist. Eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht, weil nicht erkennbar ist, dass die hier einschlägigen Satzungsregelungen hinsichtlich der Frage von Zinsansprüchen für rückständige Versorgungsleistungen ungewollt lückenhaft geblieben sind. Zudem fehlt es für eine analoge Anwendung auch an der Vergleichbarkeit der betroffenen Leistungsverhältnisse.

Der Hauptantrag zu 2. ist insgesamt unzulässig.

Dem Kläger fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse an einer Aufhebung von Ziffer 1. und 2. des angefochtenen Bescheides.

Das Rechtsschutzinteresse für eine Klage fehlt u.a. dann, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann.

Soweit der Kläger sich gegen die Feststellung wendet, dass die Mitgliedschaft im beklagten Versorgungswerk am 28.12.2004 geendet habe, setzt er sich hiermit in Widerspruch zu seiner eigenen Behauptung, dass die Mitgliedschaft zu diesem Termin geendet habe. Da der Kläger die Beendigung der Mitgliedschaft schriftsätzlich selbst erklärt hat und das Ende der Mitgliedschaft zudem Voraussetzung für den vom Kläger mit dem Hauptantrag zu 1. geltend gemachten Erstattungsanspruch nach § 34 Abs. 1 SRV a.F. ist, möchte er sich bei verständiger Würdigung seines Begehrens nicht gegen die Feststellung der Beendigung als solche wenden, sondern einzig gegen den Zeitpunkt, in dem die Feststellung durch den Beklagten getroffen wurde.

Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage gegen Ziffer 2. des Bescheides vom 15.02.05 ergibt sich ebenfalls daraus, dass nicht erkennbar ist, welchen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil der Kläger aus der Aufhebung über die Feststellung einer beitragsfreien Anwartschaft für die Zeit vom 01.01.05 bis 02.01.05, beschränkt auf die Zeit der Beitragszahlung ohne Zurechnungszeiten, haben sollte. Wie von der Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden ist, kann diese Feststellung keine rechtlichen oder tatsächlichen Auswirkungen auf Ansprüche des Klägers haben, da der Kläger den Pflichtbeitrag für Januar 2005 in voller Höhe gezahlt hat.

Zwar meint der Kläger, dass der Beklagte mit seinem Bescheid auch Ansprüche habe verbindlich regeln wollen, welche vor dem 28.12.04 entstanden seien. Indessen geben die Regelungen des Bescheides vom 15.02.05 hierfür nichts her. Der Wortlaut von Ziff. 1 und 2. des Bescheides ist jeweils eindeutig und wegen des klaren Wortlauts einer Auslegung in dem vom Kläger verstandenen Sinne nicht zugänglich. In diesem Zusammenhang ist unbeachtlich, ob der Beklagte oder dessen Mitarbeiter dem Kläger gegenüber mündlich oder telefonisch irgendwelche Erklärungen zum Sinngehalt der Regelungen abgegeben haben. Entscheidend ist einzig, welcher Erklärungsinhalt sich den schriftlich abgefassten Regelungen bei verständiger Würdigung entnehmen lässt. Ob der Beklagte darüber hinaus weitergehende oder andere Regelungen treffen wollte, ist unbeachtlich, weil diese sich letztlich nicht in dem schriftlichen Bescheid niedergeschlagen haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO soweit der Kläger Vollstreckungsgläubiger ist und auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO, soweit der Beklagte Vollstreckungsgläubiger ist.

Die Berufung war im Hinblick auf den vom Hauptantrag zu 1. erfassten Streitgegenstand (subjektive Rechtsverletzung des Klägers durch die Ablehnung des beantragten Verwaltungsakts) gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat. Durch die Entscheidung wird nämlich die rechtliche Frage aufgeworfen, ob § 8 Abs. 1 Nr. 4 RAVG NW eine pflichtig in den Leistungskatalog des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen aufzunehmende Leistung statuiert. Die klärungsbedürftige Frage hat über den Einzelfall hinaus Auswirkungen und kann in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden.

Zitate21
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte