LAG Hamm, Urteil vom 08.11.2006 - 10 Sa 1053/06
Fundstelle
openJur 2011, 42277
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 Ca 238/06
  • nachfolgend: Az. 7 AZR 90/07 Urteil teilweise aufgehoben

Auch wenn im allgemeinen die Teilnahme von erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern an einer Grundlagenschulung im Betriebsverfassungsrecht ohne nähere Darlegung eines aktuellen betriebsbezogenen Anlasses als erforderlich angesehen werden kann, kann bei einer Schulungsmaßnahme, die im letzten Halbjahr der Amtszeit stattfindet, auf eine konkretere Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme nicht verzichtet werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 11.05.2006 - 3 Ca 238/06 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche des Klägers für die Zeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.

Der am 12.05.1953 geborene Kläger ist seit dem 15.07.1990 bei der Beklagten als technischer Angestellter mit einem Stundenlohn von 18,08 € brutto und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden beschäftigt. Das monatliche Durchschnittsentgelt des Klägers liegt bei 2.752,66 € brutto.

Seit der Betriebsratswahl vom 14.03.2002 ist der Kläger Mitglied des neu gewählten, neunköpfigen Betriebsrates bei der Beklagten. Die konstituierende Sitzung des Betriebsrats fand am 20.03.2002 statt.

In der Zeit vom 05.10. bis zum 10.10.2003 nahm der Kläger an einem Seminar mit dem Thema "Interessenvertretung und Handlungsmöglichkeiten gemäß Betriebsverfassungsgesetz (BR I)" teil. Auf den Themenplan des Seminars vom 05.10. bis 10.10.2003 (Bl. 104 d.A.) wird Bezug genommen.

Am 08.01.2004 nahm der Kläger an einem vom DGB NRW Bildungswerk e.V. veranstalteten Tagesseminar "Aktuelle Rechtsprechung zum Kündigungsschutz" teil. Auf diesem Seminar wurde u.a. auch das Thema "Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Kündigungen gemäß § 102 BetrVG" besprochen (Bl. 96 ff.d.A.).

Aufgrund eines Betriebsratsbeschlusses vom 19.11.2003 wurde der Kläger in der Zeit vom 15.02. bis zum 20.02.2004 zu einem Wochenseminar "Organisation und Planung der Betriebsratsarbeit - Grundstufe" entsandt (Bl. 93 ff., 99 f.d.A.).

Schließlich nahm der Kläger am 16.06.2004 aufgrund eines Betriebsratsbeschlusses vom 04.06.2004 an einem Tagesseminar "Überblick über die aktuelle Gesetzgebung im Kündigungs-, Befristungs- und Abfindungsrecht ab dem 01. Januar 2004" (Bl. 86 ff.d.A.) teil.

Am 03.02.2005 fasste der Betriebsrat den Beschluss, den Kläger und das weitere Betriebsratsmitglied Kolb zu dem Wochenseminar "BR II (Teil 1)" vom 10.04.2005 bis zum 15.04.2005 und zu dem Wochenseminar "BR II (Teil 2)" vom 16.10. bis 21.10.2005 zu entsenden. Ob der Betriebsratsbeschluss vom 03.02.2005 ordnungsgemäß zustande gekommen ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 17.02.2005 (Bl. 27 d.A.) wurde die Beklagte über den Entsendebeschluss vom 03.02.2005 unterrichtet.

Neben dem Betriebsratsmitglied K4xx nahm auch der Kläger an der Schulungsmaßnahme "BR II (Teil 1)" vom 10.04. bis 15.04.2005, die sich im Wesentlichen mit Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates in sozialen Angelegenheiten (Themenplan Bl. 81 d.A.) befasste, teil. Die Beklagte übernahm insoweit die entstehenden Seminarkosten und zahlte auch das Arbeitsentgelt für den Kläger in der Zeit vom 10.04. bis 15.04.2005.

Nachdem der Betriebsrat die Beklagte mit Schreiben vom 16.08.2005 (Bl. 26 d.A.) erneut über den Betriebsratsbeschluss vom 03.02.2005 unterrichtet und die Teilnahmedaten des Klägers für das Seminar vom 16.10. bis zum 21.10.2005 mitgeteilt hatte, machte die Beklagte, die inzwischen über eine neue Geschäftsführung verfügte, mit Schreiben vom 26.08.2005 (Bl. 23 d.A.) geltend, die Teilnahme des Klägers an der Schulungsveranstaltung vom 16.10. bis 21.10.2005 sei aufgrund der erneuten Betriebsratswahl im März 2006 nicht mehr erforderlich. Auf seiner Betriebsratssitzung vom 15.09.2005 bestätigte daraufhin der Betriebsrat den bereits am 03.02.2005 gefassten Beschluss über die Seminarteilnahme des Klägers und des Betriebsratsmitglieds K4xx. Mit Schreiben vom 22.09.2005 (Bl. 22 d.A.) teilte der Betriebsrat der Beklagten ferner mit, dass die Seminare vom 10.04. bis zum 15.04.2005 und vom 16.10. bis 21.10.2005 als Einheit anzusehen seien, es handele sich um Aufbauseminare; es werde als sehr sinnvoll angesehen, beide Betriebsratsmitglieder an dem Aufbauseminar teilnehmen zu lassen, um vorhandene Kenntnisse entsprechend vertiefen zu können und auszuweiten.

Die Beklagte bat den Betriebsrat daraufhin mit Schreiben vom 10.10.2005 (Bl. 21 d.A.) um Zusendung der Seminarpläne, um die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme überprüfen zu können.

Mit Schreiben vom 11.10.2005 (Bl. 20 d.A.) wies der Betriebsrat zusätzlich darauf hin, dass es sich bei dem Seminar vom 16.10. bis 21.10.2005 um ein Grundlagenseminar handele, auf dem Kenntnisse vermittelt würden, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich seien. Beide Betriebsratsmitglieder seien rechtzeitig für beide Seminare angemeldet worden.

Die Beklagte bestand mit Schreiben vom 13.10.2005 auf der Vorlage aussagekräftiger Seminarunterlagen.

Der Kläger nahm anschließend in der Zeit vom 16.10. bis 21.10.2005 an dem vom DGB NRW Bildungswerk e.V. veranstalteten Seminar "BR II (Teil 2)" teil. Nach dem Themenplan (Bl. 24 d.A.), auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, waren Schwerpunkte des Seminars die Mitwirkungsrechte in personellen Angelegenheiten nach den §§ 99 bis 105 BetrVG.

Die Beklagte zahlte wegen der Seminarteilnahme des Klägers in der Zeit vom 16.10. bis 21.10.2005 das Arbeitsentgelt in Höhe von unstreitigen 632,80 € brutto durch eine im November 2005 vorgenommene Korrekturabrechnung nicht an den Kläger aus.

Ferner wurde aufgrund einer Betriebsvereinbarung vom 03.12.2004 (Bl. 141 f.d.A.) wegen fünf Fehltage ein Stundenabzug von 2,5 Stunden vom Arbeitszeitkonto des Klägers vorgenommen.

Der Kläger erhob daraufhin am 01.02.2006 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht.

Unter Vorlage der Betriebsratsbeschlüsse vom 03.02.2005 (Bl. 30 ff.d.A.) und vom 15.09.2005 (Bl. 17 ff.d.A.) hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Schulungsteilnahme des Klägers beruhe auf jeweils ordnungsgemäß zustande gekommenen Betriebsratsbeschlüssen.

Ferner hat er die Auffassung vertreten, die Teilnahme des Klägers an der Schulungsveranstaltung vom 16.10. bis 21.10.2005 sei mit den dort vermittelten Kenntnissen nach den Verhältnissen des Betriebsrats aktuell erforderlich gewesen. Das fragliche Blockseminar richte sich als Aufbauseminar an alle Teilnehmer, die bereits das Seminar "BR I (Teil 1)" besucht hätten. Die interessierten Betriebsräte hätten sich verbindlich für zwei Seminare anmelden müssen, deren Teile jeweils als Einheit anzusehen seien. Das Seminar "BR II" sei ein seit Jahren anerkanntes Seminar, das immer als 14-Tages-Seminar durchgeführt worden sei. Auf Wunsch der Mitglieder der IG Metall Gevelsberg-Hattingen sei für die Teilnehmer aus diesem Bereich bei gleichem Teilnehmerkreis der Seminarinhalt inzwischen auf zwei einzelne Wochenseminare aufgeteilt worden, um die betriebliche Abwesenheit auf jeweils eine Woche zu reduzieren. Das Seminar werde durch die Bildungsregion nur einmal pro Kalenderjahr angeboten. Komme es zu einer Terminkollision, so sei die Teilnahme erst wieder im folgenden Jahr möglich.

Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auch nicht zu einem Stundenabzug von insgesamt 2,5 Stunden wegen angeblicher fünf Fehltage berechtigt gewesen. Er habe zu Recht an dem streitigen Wochenseminar teilgenommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 632,80 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, 2,5 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 45,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat das ordnungsgemäße Zustandekommen der Betriebsratsbeschlüsse vom 03.02.2005 und 15.09.2005 bestritten und darauf hingewiesen, dass das Protokoll vom 03.02.2005 nicht unterschrieben sei. Ferner werde eine rechtzeitige Ladung der Betriebsratsmitglieder bestritten.

Darüber hinaus hat die Beklagte die Auffassung vertreten, die Teilnahme des Klägers an der Schulungsveranstaltung vom 16.10. bis 21.10.2005 sei nicht - mehr - erforderlich gewesen. Der Kläger habe die Erforderlichkeit seiner Schulungsteilnahme näher begründen müssen. Ein Vergleich der Seminarinhalte der Veranstaltungen "BR II (Teil 1)" und "BR II (Teil 2)" zeige, dass es sich gerade nicht um inhaltlich zusammenhängende Seminare handele. Aus der Teilnahme des Klägers an der Schulungsveranstaltung vom 10.04. bis 15.04.2005 ergebe sich keine Notwendigkeit für die Teilnahme auch an der Veranstaltung vom 16.10. bis 21.10.2005.

Darüber hinaus habe der Kläger an zahlreichen personellen Einzelmaßnahmen mitgewirkt und bereits insoweit die Arbeit des Betriebsrates in personellen Angelegenheiten kennengelernt. Während seiner Amtszeit habe er mehrere Seminare besucht, in denen er umfangreiche Kenntnisse zur Betriebsratsarbeit, auch in personellen Angelegenheiten, habe erlangen können. Bereits auf dem Seminar vom 05.10. bis 10.10.2003 seien die Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei personellen Einzelmaßnahmen, insbesondere vor Ausspruch von Kündigungen, besprochen worden. Das Gleiche gelte für das Tagesseminar vom 08.01.2004. Insoweit habe es näherer Ausführungen des Klägers bedurft, weshalb er weiteren Schulungsbedarf gehabt habe.

Schließlich stehe dem Kläger auch die begehrte Stundengutschrift nicht zu. Der Kläger habe in der Zeit vom 16.10. bis 21.10.2005 unberechtigt gefehlt. Im Übrigen müsse das Arbeitszeitkonto, weil der Betriebsrat die zugrunde liegende Betriebsvereinbarung zum Jahresende 2005 gekündigt habe, aufgelöst werden. Auch der hilfsweise verfolgte Zahlungsanspruch bestehe nicht.

Durch Urteil vom 11.05.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme wenige Monate vor Ende der Amtszeit des Betriebsrates nicht ausreichend nachgewiesen. Die Amtszeit des Betriebsrates habe spätestens im März 2006 geendet. Eine Notwendigkeit der Teilnahme an beiden Teilen des Seminars "BR II" bestehe nicht zwingend. Eine getrennte Anmeldung sei möglich, dies ergebe sich bereits aus den unterschiedlichen Seminarnummern. Wegen fehlender Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme bestehe auch kein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Stundengutschrift.

Gegen das dem Kläger am 26.05.2006 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Kläger, der bei der am 17.05.2006 im Betrieb der Beklagten stattgefundenen Betriebsratsneuwahl erneut in den Betriebsrat gewählt worden ist, am 23.06.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 21.07.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, dass seine Teilnahme an der Schulungsveranstaltung vom 16.10. bis zum 21.10.2005 erforderlich gewesen sei. Bei dieser Schulungsmaßnahme habe es sich um den zweiten Teil des einheitlichen Grundlagenseminars "BR II" gehandelt. Insoweit sei eine verbindliche Anmeldung für beide Seminare erforderlich gewesen.

Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Teilnahme des Klägers an der streitigen Schulungsveranstaltung kurz vor Ende der Amtszeit gelegen habe. Die Amtszeit des Betriebsrates habe nicht im März 2006 geendet, sondern erst im Mai 2006. Erst am 17.05.2006 habe die Neuwahl des Betriebsrates stattgefunden. Die Amtszeit des alten Betriebsrates sei erst am 17.05.2006 zu Ende gegangen. Damit hätten zwischen der Schulungsteilnahme und dem Ende der Amtszeit sieben Monate gelegen.

Die Beklagte könne auch die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme des Klägers nicht bestreiten. Gegenstand der Schulungsmaßnahme seien Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates in personellen Angelegenheiten gewesen. Dabei handele es sich um die Vermittlung von Grundlagenwissen für Betriebsräte.

Die Beklagte könne sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass derartiges Grundlagenwissen dem Kläger auf dem Wochenseminar vom 05.10. bis 10.10.2003 oder auf dem Tagesseminar vom 08.01.2004 vermittelt worden sei. Bei dem Seminar "BR II" handele es sich um ein Aufbauseminar, das auf dem Seminar "BR I", an dem der Kläger in der Zeit vom 05.10. bis 10.10.2003 teilgenommen habe, aufbaue. Schon daraus ergebe sich, dass das Seminar BR II Kenntnisse vermittele, die im Seminar "BR I" noch nicht vermittelt worden seien. Auf dem Seminar "BR I" würden nur wenige Grundzüge der Mitbestimmung nach § 102 BetrVG vermittelt. Diese Kenntnisse würden im zweiten Teil des Seminars "BR II" vertieft. Auf diesem Seminar würden insbesondere die Systematik des § 102 BetrVG, Anhörungsverfahren, Beschlussfassung des Betriebsrats, Widerspruch, vorläufige Weiterbeschäftigung etc. behandelt. Auch bei dem Tagesseminar vom 08.01.2004 hätten nicht die Grundzüge der Systematik des § 102 BetrVG im Mittelpunkt gestanden.

Schließlich könne auch nicht darauf verwiesen werden, dass der Kläger aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Betriebsrat über ausreichende Kenntnisse verfüge. Der Kläger sei erstmalig im Jahre 2002 in den Betriebsrat gewählt worden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bochum vom 11.05.2006 - 3 Ca 238/06 - die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger 632,80 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. 2,5 Stunden auf das Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben,

hilfsweise zu 2.

an den Kläger 45,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist nach wie vor der Auffassung, der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, dass seine Teilnahme an der Schulungsveranstaltung vom 16.10. bis 21.10.2005 erforderlich gewesen sei.

Eine Schulung des Klägers in der Zeit vom 16.10. bis zum 21.10.2005 sei schon deshalb nicht mehr erforderlich gewesen, weil diese Schulungsmaßnahme kurz vor Ende der Amtszeit des Betriebsrats stattgefunden habe. Die Amtszeit des Betriebsrats sei im Oktober 2005 zu 90 % vorüber gewesen. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Amtszeit des alten Betriebsrates erst mit der Betriebsratsneuwahl am 17.05.2006 geendet habe. Der Zeitpunkt der Neuwahl sei für das Ende der Amtszeit des Betriebsrates nicht entscheidend. Die Amtszeit des alten Betriebsrats habe unstreitig am 20.03.2002 begonnen. Sie habe nach § 21 Satz 1 BetrVG mithin nach Ablauf von vier Jahren am 20.03.2006 geendet. Zwischen dem Zeitpunkt der streitigen Schulungsmaßnahme und dem Ende der Amtszeit hätten somit kaum fünf Monate gelegen. Bei diesem Zeitraum handele es sich um einen überschaubaren Zeitraum, für den sich regelmäßig absehen lasse, welche Aufgaben auf den Betriebsrat bis zum Ablauf seiner Amtszeit noch zukommen würden und inwieweit zur Wahrnehmung seiner Aufgaben noch Schulungsbedarf bestanden habe.

Der Kläger sei im Oktober 2005 durch vorherige einschlägige Schulungsmaßnahmen vorgebildet und aufgrund seiner mehrjährigen Zugehörigkeit zum Betriebsrat mit den immer wiederkehrenden Routineaufgaben eines Betriebsratsmitglieds bestens vertraut gewesen. Dies ergebe sich einerseits aus den vorangegangenen Schulungsveranstaltungen, an denen der Kläger teilgenommen habe. Darüber hinaus sei er als Betriebsratsmitglied im Sommer 2003 bei der Anhörung zu ca. 20 beabsichtigten betriebsbedingten Kündigungen ebenso beteiligt gewesen wie im Mai 2004, als die Beklagte gegen den Widerstand des Betriebsrats 15 Leiharbeitnehmer habe beschäftigen wollen. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der streitigen Schulungsmaßnahme über ausreichendes Schulungs- und Erfahrungswissen verfügt.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ist die Beklagte weiter der Auffassung, dass sich die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme auch nicht daraus ergebe, dass das streitige Schulungsseminar mit dem Seminar vom 10.04. bis 15.04.2005 untrennbar verbunden gewesen wäre. Eine rechtlich zwingende Verknüpfung zwischen den beiden Seminarteilen gebe es nicht.

Schließlich werde weiter bestritten, dass die Betriebsratsbeschlüsse vom 03.02.2005 und 15.09.2005 ordnungsgemäß zustande gekommen seien.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die Berufungskammer geht zu Gunsten des Klägers aus, dass die Berufung des Klägers insgesamt zulässig ist. Zwar enthält die Berufungsbegründung keine Auseinandersetzung mit der Abweisung auch des geltend gemachten Anspruches auf Gewährung einer Stundengutschrift von 2,5 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers. Dieser Anspruch erscheint jedoch abhängig vom Zahlungsanspruch des Klägers, der nur bei Erforderlichkeit der Teilnahme des Klägers an der Schulungsmaßnahme vom 16.10. bis 21.10.2005 begründet ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.03.1977 - AP BGB § 630 Nr. 12 unter III. 1. der Gründe; BAG, Urteil vom 02.04.1987 - AP BGB § 626 Nr. 96 unter B. I. 1. der Gründe m.w.N.).

I.

Der Zahlungsanspruch des Klägers ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage des Klägers auf Zahlung seines Arbeitsentgelts für die Zeit der Seminarteilnahme vom 16.10. bis 21.10.2005 abgewiesen.

Der Zahlungsanspruch ergibt sich nicht aus den §§ 40 Abs. 1, 37 Abs. 2 und 6 BetrVG i.V.m. § 611 BGB. Hiernach hat der Arbeitgeber u.a. die Vergütung für das Betriebsratsmitglied fortzuzahlen für den Zeitraum der Teilnahme an einer erforderlichen Schulungsmaßnahme nach § 37 Abs. 6 BetrVG, bei der Kenntnisse vermittelt werden, die sich auf die Arbeit des Betriebsrats beziehen.

Neben dem ordnungsgemäßen Zustandekommen eines Betriebsratsbeschlusses, ein Betriebsratsmitglied zu einer Schulungsveranstaltung zu entsenden, ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung, dass in der Schulungsveranstaltung Kenntnisse vermittelt worden sind, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. An einer derartigen Erforderlichkeit fehlt es, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat. Auch mit dem Berufungsvorbringen ist es dem Kläger nicht gelungen, die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme ausreichend konkret darzulegen.

1. Für die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds zum Besuch einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG bedarf es ebenso wie für die Entstehung eines entsprechenden Entgeltsanspruches nach § 37 Abs. 2 BetrVG einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung durch den Betriebsrat, der Träger des Schulungsanspruchs nach § 37 Abs. 6 BetrVG ist (BAG, Beschluss vom 06.11.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 5; BAG, Beschluss vom 27.09.1974 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 18; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 37 Rz. 161 m.w.N.).

An einem derartigen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss über die Entsendung des Klägers zu der streitigen Schulungsmaßnahme vom 16.10. bis 21.10.2005 fehlt es vorliegend nicht. Der Kläger hat durch Vorlage entsprechender Betriebsratsunterlagen nachgewiesen, dass ein ordnungsgemäß gefasster Betriebsratsbeschluss vom 03.02.2005 bzw. vom 15.09.2005 über seine Entsendung zu der Schulungsveranstaltung vom 16.10. bis 21.10.2005 vorliegt.

Die Beklagte kann insoweit nicht rügen, dass das Protokoll vom 03.02.2005 nicht unterschrieben sei. Richtig ist zwar, dass die vorgelegte Ablichtung über die Beschlussfassung des Betriebsrats vom 03.02.2005 (Bl. 30 d.A.) direkt nicht unterschriebene ist. Dies ergibt sich aber daraus, dass bei der vorgelegten Ablichtung andere Tagesordnungspunkte abgedeckt worden sind. Der Kläger hat aber die entsprechenden Unterschriften unter das Betriebsratsprotokoll vom 03.02.2005 dennoch vorgelegt (Bl. 29 d.A.). Darüber hinaus ist das gesamte handschriftlich gefertigte Protokoll vom 15.09.2005 vorgelegt worden (Bl. 211 ff.d.A.). Auch dieses Protokoll ist am Ende unterzeichnet worden (Bl. 217 d.A.).

Ferner geht die Rüge der Beklagten fehl, der Betriebsrat sei zu den Betriebsratssitzungen vom 03.02.2005 und 15.09.2005 nicht rechtzeitig eingeladen worden. Sowohl die Einladungen vom 31.01.2005 (Bl. 33 d.A.) wie vom 14.09.2005 (Bl. 18 d.A.) sind vom Kläger in das vorliegende Verfahren eingeführt worden. Diese Einladungen entsprechen den Anforderungen des § 29 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, der Betriebsrat sei zu den Sitzungen vom 03.02.2005 und 15.09.2005 nicht rechtzeitig eingeladen worden. Eine Einladungsfrist und eine bestimmte Form der Einladung ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Die Ladung muss lediglich so rechtzeitig ergehen, dass die Betriebsratsmitglieder sich auf die Sitzung einrichten und notwendige Vorbereitungen treffen können (vgl. Fitting, a.a.O., § 29 Rz. 44). Diese Voraussetzungen liegen vor. Zudem hat kein Betriebsratsmitglied geltend gemacht, die Einladungen seien nicht rechtzeitig erfolgt. Damit wäre ein etwaiger Formmangel geheilt.

Soweit die Beklagte die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrates im Berufungsverfahren weiter bestreitet, ist dieses Bestreiten unbeachtlich. Legt nämlich der Betriebsrat die Einhaltung der Voraussetzungen für einen wirksamen Beschluss des Gremiums im Einzelnen unter Beifügung von Unterlagen dar, kann der Arbeitgeber dies nicht mehr pauschal mit Nichtwissen bestreiten (BAG, Beschluss vom 09.12.2003 - AP BetrVG 1972 § 33 Nr. 1 m.w.N.). Die Beklagte hätte deshalb im vorliegenden Fall im Einzelnen darlegen müssen, in welchen einzelnen Punkten die Beschlussfassung des Betriebsrats und weshalb die Behauptungen des Klägers insoweit unrichtig sein sollen. Daran fehlt es.

2. Auch mit der Berufung ist es dem Kläger nicht gelungen, die Erforderlichkeit der Teilnahme an der streitigen Schulungsveranstaltung "BR II (Teil 2)" vom 16.10. bis 21.10.2005 ausreichend konkret darzustellen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Schulungsveranstaltungen dann für die Betriebsratsarbeit erforderlich, wenn der Betriebsrat sie unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigte, um seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu können. Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung eines aktuellen, betriebsbezogenen Anlasses, um annehmen zu können, dass die auf der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (BAG, Beschluss vom 09.10.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 4 ; BAG, Beschluss vom 06.11.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 6 ; BAG, Beschluss vom 27.09.1974 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 18 ; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67 ; BAG, Urteil vom 15.02.1995 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 106; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 140, 141 f.; DKK/Wedde, BetrVG, 10. Aufl., § 37 Rz. 92 ff.; Weber, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 37 Rz. 156 f.; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 16 m.w.N). Für die Frage, ob eine sachgerechte Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben die Schulung gerade des zu der Schulungsveranstaltung entsandten Betriebsratsmitglieds erforderlich machte, ist darauf abzustellen, ob nach den aktuellen Verhältnissen des einzelnen Betriebes Fragen anstehen oder in absehbarer Zukunft anstehen werden, die der Beteiligung des Betriebsrates unterliegen und für die im Hinblick auf den Wissensstand des Betriebsrates und unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung im Betriebsrat eine Schulung gerade dieses Betriebsratsmitglieds geboten erscheint.

Einer konkreten Darlegung der Erforderlichkeit des aktuellen Schulungsbedarfs bedarf es allerdings dann nicht, wenn es sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht oder im allgemeinen Arbeitsrecht für ein erstmals gewähltes Betriebsratsmitglied handelt. Kenntnisse des Betriebsverfassungsgesetzes als der gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit des Betriebsrates sind unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit (BAG, Beschluss vom 21.11.1978 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 35; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; BAG, Beschluss vom 20.12.1995 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 143 f.; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 164 ff.; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 95 f.; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 17 m.w.N.). Die Vermittlung von Grundkenntnissen des allgemeinen Arbeitsrechts ist stets, ohne einen aktualitätsbezogenen Anlass, als eine erforderliche Kenntnisvermittlung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG anzusehen (BAG, Beschluss vom 15.05.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 144; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 166; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 96; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 17).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds zu einer Schulung erforderlich ist, handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffes, der dem Betriebsrat einen gewissen Beurteilungsspielraum offen lässt. Dies gilt insbesondere für den Inhalt der Veranstaltung als auch für deren Dauer (BAG, Beschluss vom 15.05.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67 unter I. 1. a) der Gründe; BAG, Beschluss vom 15.01.1997 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 unter B. 2. der Gründe; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 174; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 195; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 127; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rz. 16).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte auch die Berufungskammer nicht davon ausgehen, dass die Teilnahme des Klägers an dem Seminar vom 16.10. bis 21.10.2005 erforderlich gewesen ist.

aa) In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist zwar anerkannt, dass die Vermittlung von Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht für erstmals fungierende Betriebsratsmitglieder grundsätzlich erforderlich ist. Insoweit kann bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern auf eine nähere Darlegung der Schulungsbedürftigkeit verzichtet werden. Bei aller Verschiedenheit der Betriebe und der betrieblichen Interessenvertretungen ist nämlich im allgemeinen davon auszugehen, dass der Betriebsrat grundlegende Kenntnisse im Betriebsverfassungsrecht alsbald oder doch jedenfalls aufgrund typischer Fallgestaltungen demnächst zur Wahrnehmung gesetzlich zugewiesener Aufgaben benötigt. Dieses Grundlagenwissen im Betriebsverfassungsrecht ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit (BAG, Beschluss vom 06.11.1973 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 5; BAG, Beschluss vom 27.09.1974- AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 18; BAG, Beschluss vom 21.11.1978 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 35; BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 143; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 Rz. 17; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 164; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 95; Richardi/Thüsing, BetrVG, 10. Aufl., § 37 Rz. 91).

Der Kläger war im Jahre 2002 erstmals in den bei der Beklagten gebildeten Betriebsrat gewählt worden. An einer Schulungsmaßnahme über Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten, wie sie auf der Wochenschulung vom 16.10. bis 21.10.2005 vermittelt worden sind, hat der Kläger bislang nicht teilgenommen. Auch der zweite Teil des Seminars "BR II" vermittelte allgemeine Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts, über die jedes Betriebsratsmitglied zur ordnungsgemäßen Ausübung seines Amtes verfügen muss. Insoweit erübrigt sich grundsätzlich ein Nachweis des von der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte geforderten konkreten betriebsbezogenen Anlasses. Die Kenntnisse des Betriebsverfassungsrechts, insbesondere auch in personellen Angelegenheiten nach den §§ 99 ff. BetrVG, als der gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit des Betriebsrates ist unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit. Hierzu gehört grundsätzlich auch die Teilnahme an einem Seminar "Betriebsverfassungsrecht II", in dem regelmäßig Grundkenntnisse über die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in sozialen und in personellen Angelegenheiten vermittelt werden.

bb) Dennoch konnte auch nach Auffassung der Berufungskammer im vorliegenden Fall auf eine konkretere Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme durch den Kläger nicht verzichtet werden. Es kann nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass im vorliegenden Fall die Schulungsteilnahme des Klägers erst im letzten halben Jahr der Amtszeit des Betriebsrats stattgefunden hat und der Kläger - jedenfalls zum Zeitpunkt der Schulungsteilnahme - bereits über einschlägiges Erfahrungswissen bei der Mitbestimmung des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten zurückgreifen konnte.

Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte können Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht regelmäßig auch durch langjährige Tätigkeit im Betriebsrat erworben werden. Sollte das im Einzelfall nicht zutreffen, muss der jeweilige Antragsteller - hier der Kläger - die dafür sprechenden Umstände näher darlegen (BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; LAG Köln, Beschluss vom 02.09.1999 - AiB 2000, 359; LAG Köln, Beschluss vom 09.06.2000 - ARSt 2001, 18 = PersV 2001, 423; Fitting, a.a.O., § 37 Rz. 164; Weber, a.a.O., § 37 Rz. 166; Richardi/Thüsing, a.a.O., § 37 Rz. 91; weitergehend: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.01.2000 - AiB 2000, 287; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 96).

Insbesondere muss ein Betriebsratsmitglied, sofern es kurz vor dem Ende der Amtszeit an einer Schulungsveranstaltung teilnehmen will, näher darlegen, aufgrund welcher besonderen Umstände des Einzelfalles eine solche Festlegung des Zeitpunktes der Schulungsteilnahme durch den Betriebsrat noch pflichtgemäßem Ermessen entsprochen hat. Bei einer Schulungsveranstaltung kurz vor Ende der Amtsperiode hat der Betriebsrat zu prüfen, ob das Betriebsratsmitglied die auf der Schulung vermittelten Kenntnisse noch während seiner Amtszeit in die Betriebsratsarbeit einbringen kann. Insoweit bedarf es einer konkreteren Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme (BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; BAG, Beschluss vom 09.09.1992 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 86; BAG, Urteil vom 28.08.1996 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 117; LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.1991 - DB 1992, 636; Richardi/Thüsing, a.a.O., § 37 Rz. 117; einschränkend: DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rz. 112; Däubler, Handbuch Schulung und Fortbildung, 5. Aufl., Rz. 167 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles konnte auf eine konkretere Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme durch den Kläger nicht verzichtet werden. Allein der Umstand, dass auf der Schulungsveranstaltung vom 16.10. bis 21.10.2005 allgemeine Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts vermittelt worden sind, reicht zur Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme im vorliegenden Fall nicht aus. Die Mitbestimmung in persönlichen Angelegenheiten nach den §§ 99 ff., 102 BetrVG war nämlich - mindestens zum Teil - bereits Gegenstand der Schulungsmaßnahmen vom 05.10. bis 10.10.2003 und auch Gegenstand des Tagesseminars vom 08.01.2004, an dem der Kläger teilgenommen hat. Darüber hinaus hat der Kläger als Betriebsratsmitglied an zahlreichen Anhörungsverfahren über Kündigungen und auch über Einstellungen von Mitarbeitern im Betrieb der Beklagten teilgenommen. Die Beklagte hat vorliegend unwidersprochen vorgetragen, dass der Kläger im Jahre 2002 an der Anhörung zu ca. 20 betriebsbedingten Kündigungen mitgewirkt hat, ebenso an Einstellungen von 15 Leiharbeitnehmern im Mai 2004. Im Termin vor der Berufungskammer hat die Beklagte darüber hinaus unwidersprochen vorgetragen, dass sie in der Zeit nach Abschluss der streitigen Schulungsmaßnahme, mithin ab Oktober 2005 bis zur Beendigung der Amtszeit des Betriebsrats keine Entlassungen, aber auch keine Einstellungen und Versetzungen vorgenommen hat. Der Kläger hat demgegenüber trotz konkreter Befragung durch die Berufungskammer im Termin vom 08.11.2006 keine konkreten Angaben darüber gemacht, worin etwaige Defizite hinsichtlich seiner Kenntnisse bei der Mitbestimmung des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten bestanden haben könnten. Aus welchen Gründen im Oktober 2005 noch ein konkreter Schulungsbedarf hinsichtlich der Mitbestimmung des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten bestanden hat, hätte aber vom Kläger allein in Anbetracht des Umstandes, dass im Frühjahr 2006 die Amtszeit des Betriebsrats zu Ende gehen würde, näher dargelegt werden müssen. Zwar unterscheidet sich der vorliegende Fall von den übrigen von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen, in denen die jeweilige Schulungsmaßnahme wenige Wochen oder gar Tage vor Ende der Amtszeit des Betriebsrats stattfand. Unabhängig von der Frage, ob die Amtszeit des Betriebsrats im vorliegenden Fall im März 2006 geendet hat (§ 21 Satz 1 BetrVG), oder aber erst mit der Neuwahl des Betriebsrats am 17.05.2006, hat zwischen dem Ende der Schulung und der Betriebsratsneuwahl ein Zeitraum von höchstens sieben Monaten gelegen. Auch das ist "überschaubarer" Zeitraum im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschluss vom 07.06.1989 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67), der den Kläger nach Auffassung der Berufungskammer zur näheren Darlegung der konkreten Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme verpflichtete.

An einer solchen näheren Darlegung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme des Klägers, der zum Zeitpunkt des Schulungsbeginns dem Betriebsrat bereits ca. 3,5 Jahre als ordentliches Mitglied angehört hat, fehlt es.

cc) Schließlich kann die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme auch nicht mit der Einheit der Seminare "BR II (Teil 1)" und "BR II (Teil 2)" begründet werden. Aus welchen Gründen lediglich eine einheitliche Anmeldung zu beiden Seminarteilen möglich gewesen sein soll, ist vom Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Hierauf hat bereits das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil hingewiesen. Auf beiden Seminaren sind unterschiedliche Themen behandelt worden, nämlich Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten sowie die Mitbestimmung des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten. Beide Seminare sind jedenfalls nicht derart miteinander verzahnt, dass sie voneinander abhängen würden. Der Hinweis des Seminarveranstalters darauf, dass die Teilnehmer sich verbindlich für beide Seminarteile anmelden müssten, bezieht sich ersichtlich darauf, dass in beiden Seminarteilen allgemeine Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts vermittelt worden sind. Eine untrennbare Verbindung zwischen den beiden Seminarteilen vermag auch die Berufungskammer nicht zu erblicken.

II.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Stundengutschrift von 2,5 Stunden auf das Arbeitszeitkonto des Klägers abgewiesen.

1. Die Klage ist zwar mit dem insoweit gestellten Antrag zulässig. Der Streitgegenstand ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Die Berufungskammer geht davon aus, dass die Beklagte auch für den Kläger - noch - ein Zeitkonto führt, in dem PlusStunden gutgeschrieben sowie Negativ-Buchungen vorgenommen werden. Die vom Kläger begehrte Gutschrift soll auf diesem Konto erfolgen (BAG, Urteil vom 14.08.2002 - AP EntgeltFG § 2 Nr. 10; BAG, Urteil vom 05.11.2003 - AP EntgeltFG § 4 Nr. 65; BAG, Urteil vom 28.01.2004 - AP EntgeltFG § 3 Nr. 21).

2. Der Anspruch des Klägers, seinem Arbeitszeitkonto 2,5 Stunden gutzuschreiben, ist jedoch unbegründet. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Auch dieses Begehren des Klägers setzt voraus, dass er in der Zeit vom 16.10. bis 21.10.2005 zu Recht an der streitigen Schulungsveranstaltung teilgenommen hat und seine Schulungsteilnahme erforderlich gewesen ist. Hieran fehlt es jedoch, wie die vorstehenden Ausführungen ergeben.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 63 GKG.

Die Berufungskammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der vorliegenden Rechtssache nach § 72 Abs. 2 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Schierbaum Heitmeier Thiele