LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.01.2006 - L 4 RJ 126/04
Fundstelle
openJur 2011, 41717
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. S 12 RJ 90/04
  • nachfolgend: Az. B 4 R 29/06 R
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.11.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden auch im zweiten Rechtszug nicht erstattet. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Altersruhegeld (ARG) unter Berücksichtigung von Beitragszeiten für eine Beschäftigung im Ghetto Moghilev in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1944.

Die am 1930 in T (T1, T2) geborene Klägerin ist Jüdin. Der Ort T liegt in Transsylvanien und gehört seit 1920 zu Rumänien. Im Sommer 1941 lebte die Klägerin mit ihren Eltern in T. 1964 wanderte sie von Rumänien nach Israel aus und erwarb die israelische Staatsangehörigkeit.

Mit Bescheid des Regierungspräsidenten Köln vom 20.03.1968 erhielt die Klägerin eine Entschädigung wegen Freiheitsentziehung von Oktober 1941 bis März 1944 nach § 43 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). In der eidlichen Erklärung vom 24.10.1967 hatte sie angeben: "Etwa im Oktober 1941 kamen wir in das AL Moghilew in Transnistrien an. Ich musste ein vorgeschriebenes Judenkennzeichen anlegen und ständig tragen, lebte in haftähnlichen und menschenunwürdigen Bedingungen und wurde in jeder Hinsicht diskriminiert und gedemütigt. Ich litt oft unter Hunger und Kälte und machte verschiedene Krankheiten durch. Im März 1944 wurde ich befreit und kehrte nach T2 zurück."

Im Dezember 1990 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung von Versicherungszeiten. Sie gab im Fragebogen über zurückgelegte Beschäftigungszeiten in Rumänien an, sie habe in der Zeit vom 09.05.1954 - 10.04.1964 eine Tätigkeit als Schneiderin ausgeübt. Im Fragebogen zu den Ersatzzeiten trug sie ein, dass sie sich von Oktober 1941 bis März 1955 in Mogilev/Transnistrien in Haft befunden und von Oktober 1941 bis März 1944 einen Judenstern getragen habe (28.05.1991). Des weiteren erklärte die Klägerin im Antrag auf Anerkennung von Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG), dass sie von Geburt bis 1941 und von 1944 bis 1964 in T1 gewohnt habe, für die Zeit 1941 bis 1944 gab sie als Anschrift "NS-Verfolgung" an. Sie habe in der Zeit von 1937 bis 1941 und von 1944 bis 1948 die Schule besucht. Unter dem 15.09.1991 erklärte die Klägerin, dass sie in T1 geboren sei und dort ausgenommen von den Verfolgungsjahren gelebt habe. Durch Bescheid vom 24.11.1993 merkte die Beklagte für die Klägerin 144 Monate Beitragszeit, 25 Monate Ersatzzeit, 9 Monate Anrechnungszeit und 28 Monate Berücksichtigungszeit für die Zeit vom 01.01.1945 bis 10.04.1964 vor. Die Beklagte ging davon aus, dass die Klägerin dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehörte. Von dem im Bescheid vom 08.07.1994 bewilligten Recht auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach § 22 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) für die Zeit vom 01.01.1987 - 31.12.1989 machte die Klägerin innerhalb der Frist keinen Gebrauch. Den Antrag auf freiwillige Beitragsnachentrichtung nach § 1233 Reichsversicherungsordnung (RVO) nahm die Klägerin 1994 zurück.

1993 beantragte die Klägerin bei der Claims Conference Leistungen aus dem Artikel 2 Fund. Sie gab an, sie habe von Oktober 1941 bis März 1944 im Ghetto in Moghilev/Transnistrien gelebt. Bei Kriegsausbruch habe sie mit ihren Eltern in T1 gelebt. Sie sei zusammen mit ihren Eltern im Zuge der antijüdischen Verfolgungsmaßnahmen im Herbst 1941 deportiert wurden. Im Oktober 1941 seien sie in das Ghetto Moghilev/Transnistrien, gekommen. Sie habe ein vorgeschriebenes Judenkennzeichen anlegen und ständig tragen müssen, in haftähnlichen und menschenunwürdigen Bedingungen gelebt und sei diskriminiert und gedemütigt worden. Sie habe an Hunger, Kälte und Krankheiten gelitten. Im März 1944 sei sie befreit worden und nach T1 zurückkehrt. Mit Schreiben vom 14.01.2000 lehnte die Claims Conference den Antrag ab. Das von der Klägerin im Antrag geschilderte Verfolgungsschicksal entspreche nicht den bekannten historischen Tatsachen. Deshalb könne das in dem Antrag an den Artikel 2 Fund geschilderte Verfolgungsschicksal nicht als nachgewiesen angesehen werden. Einen Antrag nach dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG) stellte die Klägerin nicht.

Im Juli 2003 beantragte die Klägerin auf der Grundlage des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto und zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 20.06.2002 (BGBl. I S. 2074 - ZRBG -) die Gewährung einer Rente u.a. unter Anerkennung von im Ghetto zurückgelegten Zeiten. Sie trug vor, sie sei Verfolgte nach § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) und sei während der Verfolgungszeit in einem Ghetto abhängig gegen Entgelt beschäftigt gewesen. Nach Auswertung der Entschädigungsakte lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.08.2003 den Antrag auf Bewilligung einer Rente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des ZRBG ab. Das ZRBG finde keine Anwendung für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto, welches sich auf dem Gebiet des Deutschen Reiches (Stand 31.12.1937) oder eines mit dem ehemaligen Deutschen Reich verbündeten Staates befunden habe. Der Ort Moghilev habe in Transnistrien gelegen, das im maßgeblichen Zeitraum dem rumänischen Staatsgebiet angegliedert gewesen sei.

Hiergegen legte die Klägerin mit der Begründung Widerspruch ein, dass es sich beim Gebiet Transnistrien um ein vom "Deutschen Reich besetztes Gebiet" im Sinne des ZRBG handele. Unter "Besetzung durch das Deutsche Reich" sei das Tätigwerden von Hoheitsträgern des Deutschen Reiches in den Gebieten zu verstehen, in denen die Gebietshoheit auf diese Hoheitsträger ganz oder teilweise übergegangen sei. Das Dnjestr-Bug-Gebiet, bezeichnet als Transnistrien, sei als Territorium der UdSSR völkerrechtswidrig besetzt worden. Es sei nicht rumänisches Staatsgebiet geworden. Durch den Vertrag von Tighina vom 30.08.1941 sei lediglich bestimmt worden, dass dieses Gebiet unter rumänischer Kontrolle stehe. Transnistrien sei weiterhin unter deutscher Oberhoheit Besatzungsland gewesen. Aus der für Transnistrien verbliebenen Oberhoheit folge, dass die Verwaltung dieses Gebietes durch Rumänien eher rudimentär gewesen sei. Die Ghettos, Lager und Konzentrationslager in Transnistrien seien von Rumänen oder Deutschen bewacht wurden. Die im Bug-Dnjestr-Gebiet stationierten Einheiten der SS und der Einsatztruppen hätten regelmäßig Umsiedlungsaktionen, d.h. Mordaktionen und Aushebungen, in Transnistrien durchgeführt. Wegen des Nichtvorhandenseins der rumänischen Gebietshoheit über Transnistrien sei es auch möglich gewesen, dass das Sonderkommando R (SkR) der Volksdeutschen Mittelstelle (VOMI) und der volksdeutsche Selbstschutz ungehindert von rumänischen Stellen Juden in Transnistrien deportieren und ermorden konnten. Der Vertrag von Tighina, der dem Deutschen Reich die Gebietshoheit über Transnistrien belasse habe, und die tatsächliche Nutzung dieser Gebietshoheit (Liquidierung der dort lebenden rumänischen Juden) beweise, dass Transnistrien ein "vom Deutschen Reich besetztes Gebiet" im Sinne von § 1 ZRBG gewesen sei.

Am 20.04.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Rumänien sei im Zweiten Weltkrieg ein mit dem deutschen Reich verbündeter Staat gewesen. Die in Transnistrien errichteten Ghettos hätten der Aufsicht der rumänischen Verwaltungsbehörden in Transnistrien unterstanden. Das ZRBG finde daher keine Anwendung für Verfolgte, die sich in einem Getto aufgehalten hätten, das sich auf rumänischem Staatsgebiet bzw. in einem unter rumänischer Verwaltungshoheit stehendem Gebiet befunden habe. Transnistrien habe auch auf Grund des Vertrages von Tighina nicht zu einem gemeinsamen deutschrumänischen Besatzungsgebiet gehört. Rumänien sei laut dieses Vertrages in Transnistrien für die Sicherung, Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung zuständig gewesen.

Am 12.05.2004 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Die Klägerin hat vorgetragen, bei der Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetztes Gebiet" im Sinne von § 1 ZRBG komme es weder auf das Verhalten der rumänischen Behörden, noch auf den Sprachgebrauch in den rumänischen und deutschen Dokumenten, sondern allein auf das Verhalten der deutschen Seite, die Möglichkeiten, die sie in Transnistrien hatte, und auf das tatsächliche Agieren der deutschen Stellen an. Aus dem Vertrag von Tighina gehe nicht hervor, ob das Gebiet von Transnistrien vorläufig oder endgültig der rumänischen Verwaltung unterstellt werden sollte. Während die rumänische Regierung den Vertrag als endgültig angesehen habe, sei von deutscher Seite der provisorische Charakter der Vereinbarung betont worden. Trotz des Vertrages von Tighina habe Rumänien Transnistrien völkerrechtlich nicht als sein Staatsgebiet angesehen, Rumänien habe im außenpolitischen Verkehr Transnistrien nie als rumänisches Staatsgebiet deklariert. Das rumänische Gesetzesdekret vom 19.08.1941 über die Übernahme der Verwaltung von Transnistrien sei vom Deutschen Reich nicht erwünscht gewesen. In Ansehung des Vertrages von Tighina, der den deutschen Stellen weitgehende Einflussmöglichkeiten auf die Verwaltung des Gebietes Transnistrien eröffnet habe, und dem von deutscher Seite nicht erwünschten Gesetzesdekret vom 19.08.1941 müsse Transnistrien als ein unter deutscher Oberhoheit stehendes Besatzungsgebiet angesehen werden. Die Verwaltung Transnistriens durch Rumänien sei eher rudimentär gewesen. Neben den im Vertrag von Tighina erwähnten deutschen (militärischen) Dienststellen und Truppenteilen sowie den landwirtschaftlichen Beratern hätten deutsche Hoheitsträger unmittelbar und mittelbar Aktivitäten in Transnistrien entfaltet. Nach dem Abzug der Einsatztruppe D in die Ost-Ukraine sei in Transnistrien das SkR gegründet wurden. Das SkR habe der VOMI unterstanden, die seit 1941 als Hauptamt dem Apparat der SS eingegliedert gewesen sei. Das SkR habe im deutschen Siedlungsgebiet und dessen Randregionen in Transnistrien, sowie in den nördlichen Regionen Transnistriens, also außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches, Mordaktionen gegen Juden durchgeführt. Die rumänischtransnistrische Verwaltung sei gegen solche Mordbrennereien nicht eingeschritten. Das Handeln des SkR habe den Zielen der deutschen Kriegsführung entsprochen. Deutsche Zivilkräfte hätten in Transnistrien Uniform getragen, deutsche Militärs hätten sich an der Ermordung transnistrischer Juden aktiv beteiligt. Verbrechen an den Juden seien in Transnistrien von den Angehörigen des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), der VOMI, des SkR und des Selbstschutzes, also von deutschen Hoheitsträgern, verübt worden, ohne das die rumänischen Behörden eingeschritten seien. Auch die Einführung der von der Reichskreditkasse emittierten Reichskreditkartenscheine (RKKS) als gesetzliches Zahlungsmittel in Transnistrien spreche für eine deutsche Oberhoheit. Die Zahlungsmittel hätten deutsche Hoheitszeichen getragen. Rumänien hätte technisch die Möglichkeit gehabt, in Transnistrien eine Regionalwährung mit rumänischer Aufschrift und rumänischen Hoheitszeichen einzuführen, dies aber unterlassen. Es habe schon 1941 einen Briefmarkensatz aufgelegt, der auf die nicht zugelassene Lei-Währung ausgeben worden sei. Die Bezüge der Beamten seien in Lei-Währung ausgewiesen worden. Ihre in Transnistrien ausgeübte Ghetto-Beschäftigung sei nach den Erklärungen im Antragsverfahren aus eigenem Willensentschluss aufgenommen worden. Der Umstand, dass diese Tatsachen erstmalig im ZRBG-Verfahren mitgeteilt wurden seien, spreche nicht gegen die Freiwilligkeit der Arbeitsaufnahme im Sinne eines im Rahmen des ZRBG anzuerkennenden Beschäftigungsverhältnisses. Denn gegenüber anderen Stellen sei es bisher nicht darauf angekommen, die Beschäftigungsaufnahme selbst und deren Freiwilligkeit darzustellen. Die Beschäftigung sei auch entgeltlich erfolgt. Insoweit verweise sie auf die Verordnung Nr. 23 vom 11.11.1941.

Mit Urteil vom 11.11.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das am 29.11.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.12.2004 Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihr Begehren weiter. Sie trägt ergänzend vor, das ZRBG sei ein Gesetz mit entschädigungsrechtlichem Charakter. Deshalb sei die Sichtweise des BEG bei der Beantwortung der Frage, welche Gebiete in das ZRBG einbezogen seien, maßgebend. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Ghetto-Verbringung in Transnistrien als von deutscher Hand veranlasst angesehen und demzufolge eine Entschädigung nach dem BEG gewährt worden sei, andererseits aber den Verfolgten in den Ghettos Transnistriens eine Leistung nach dem ZRBG verweigert werde, die den Verfolgten aus Ghettos in anderen Gebieten, die auf deutsche Veranlassung errichtet worden seien, zustehe. Rumänien sei spätestens seit dem 29.05.1940 außen- und innenpolitisch vom Deutschen Reich abhängig gewesen. Insoweit verweise sie auf die Ausführungen von Lupal in RzW 1977, S. 41 ff, der dargelegt habe, dass Rumänien, wenn es sich den Forderungen des Deutschen Reiches nicht gebeugt hätte, eine deutsche Besetzung, wie in Jugoslawien geschehen, hätte befürchten müssen. Rumänien habe die Souveränität in allen die Interessen des Deutschen Reiches berührenden inneren und äußeren Angelegenheiten verloren. Transnistrien sei durch eine von Hitler durchaus gebilligte, völkerrechtlich jedoch nicht zu beachtende Vereinbarung der zuständigen militärischen Befehlshaber Rumänien zur Verwaltung gegeben worden. Rumänien habe sich als Koalitionspartner vollständig dem deutschen Führungsanspruch unterworfen und sei für die Dauer des Krieges mit der Verwaltung eines Gebietes belehnt worden. Art. 42 Haager Landkriegsordnung (HLK) könne zur Definition des Begriffs "besetztes Gebiet" in § 1 ZRBG nicht herangezogen werden. Art. 42 HLK beziehe sich nur auf Gebiete, die sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befinden. Nach Einführung der Zivilverwaltung in den von der Deutschen Wehrmacht eroberten Gebieten, wie z. B. dem Generalgouvernement und den Reichskommissariaten, hätten sich diese Gebiete nicht tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres, sondern in der Gewalt der deutschen Zivilverwaltung, des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei befunden. Transnistrien unterscheide sich vom Generalgouvernement und den unter deutscher Zivilverwaltung stehenden Gebieten lediglich dadurch, dass die Zivilverwaltung unter deutscher Oberaufsicht von den Rumänen durchgeführt worden sei. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG erfordere nicht, dass die Gebiete für die gesamte Zeitdauer militärisch besetzt gewesen seien. Sie habe sich in der Zeit von September 1941 bis März 1944 im Moghilev aufgehalten. Sie habe landwirtschaftliche Arbeiten ausgeführt. Sie habe diese Arbeiten aus eigenem Willensentschluss aufgenommen. Im Sommer habe die Arbeit hauptsächlich aus Feldarbeiten bestanden, im Winter habe sie in der Tierhaltung gearbeitet. Der Glaubhaftmachung der Arbeit in der Kolchose stehe nicht entgegen, dass sie diese Arbeit in den bisherigen Anträgen und im Entschädigungsverfahren nicht erwähnt habe. Sie habe entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Verordnung vom 11.11.1943 Lebensmittel im Wert von 1,00 Mark/Tag erhalten. Es handele sich nicht um eine echte Sachbezugsgewährung, sondern um eine Entgeltumwandlung. Jeder Arbeitstag sei mit 1,00 Mark bewertet worden und in diesem Wert hätten die Arbeiter Lebensmittel erhalten. Auch setze das ZRBG das Entstehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht voraus. Insoweit könne der Entscheidung des Bundessozialgericht (BSG) vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03, nicht gefolgt werden. Wenn das BSG die tatsächlich nur verfolgungsbedingt erfolgte Sachbezugsgewährung für eine entgeltliche Beschäftigung nicht ausreichen lasse, mache es sich einer typisch verfolgungsbedingten, von den Verfolgungsinstitutionen mit Bedacht gewählten Benachteiligung beschäftigter Ghettobewohner zum Maßstab für die Auslegung eines Wiedergutmachungsgesetzes. Das BSG habe die Entgeltproblematik des ZRBG nicht auf Grundlage des Gerechtigkeitsempfindens, sondern auf der Grundlage der äußerst ideenreichen Willkürmodule der hitleristischen und sonstigen örtlichen Statthalter geprüft. Die Höhe des gewährten Entgelts, umgewandelt in Sachbezüge, sei nicht zu niedrig. Auch führe allein der Entgeltanspruch dazu, dass sie für den Bereich der Rentenversicherung so zu stellen sei, als sei ihr das Monatsentgelt tatsächlich ausgezahlt worden. In der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2006 hat die Klägerin einen Schriftsatz zu den Akten gereicht, in dem sie die Einholung eines geschichtswissenschaftlichen Gutachtens zur Frage, ob Transnistrien zu den "vom Deutschen Reich besetzten Gebieten" im Sinne von § 1 Abs. 1 S.1 Nr. 2 ZRBG gehört, beantragt und 24 Fragen, die dem Sachverständigen zu stellen seien, vorformuliert hat.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.11.2004 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 21.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2004 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG für im Ghetto Moghilev-Podolski zurückgelegte Zeiten einer Beschäftigung von Oktober 1941 bis März 1944 eine Regelaltersrente zu gewähren, hilfsweise, ihr persönliches Erscheinen anzuordnen hilfsweise, Beweis zu erheben durch die Einholung eines völkerrechtlich/geschichtswissenschaftlichen Gutachtens zu den Fragen, die in dem in der Anlage vorgelegten Schriftsatz enthalten sind, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die ab 1945 anerkannten Zeiten seien nach dem FRG anerkannt wurden. Diese Zeiten könnten nicht zur Zahlbarmachung einer Altersrente führen, da nur Zeiten nach § 15 FRG vorhanden seien. Die Voraussetzungen des § 18 WGSVG lägen nicht vor. Eine Zahlbarstellung durch eine Nachentrichtung von Beiträgen nach § 22 WGSVG sei nicht erfolgt.

Der Senat hat Vökl, "Transnistrien und Odessa (1941-1944)", Regensburg 1996; Broszat, "Das 3. Reich und die rumänische Judenpolitik", in Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte, München 1958 S. 102 ff.; Weber, "Die Bukowina im Zweiten Weltkrieg", Hamburg 1972; Zach, "Rumänien", in Benz, Dimension des Völkermordes S. 383 ff., München 1996; Korber, "Deportiert, Jüdische Überlebensschicksale aus Rumänien 1941 – 1944", Konstanz; Gosztony, "Hitlers Fremde Armeen", Düsseldorf 1976; Absolon, "Deutschland und Rumänien im zweiten Weltkrieg", in Sammlung wehrrechtlicher Gutachten und Vorschriften, Heft 7, S. 86 ff.; die Stichwörter "Transnistrien" und "Timisoara" in Jäckel/Longerich/Schoeps, Enceklopedie des Holocaust; das Stichwort "Transnistrien" aus Wikipedia der freien Enceklopädie, das Stichwort "Timisoara" in Spector/Wigoder, Encyclopedia of the Jewish Life; den Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania, 2004; Gold, "Geschichte der Juden in der Bukowina II"; Ancel, "Transnistria 1941 - 1944, The Romanien Mass Murder Campaig", Volumme I, Tel Aviv 2003 und Auszüge aus dem Kriegstagebuch der 6. Armee, Abteilung Oberquartiermeister beigezogen.

Des weiteren hat der Senat die Entschädigungsakten der Klägerin, der Eltern der Klägerin, von Frau T und Herrn T1, Frau M, Frau A und Frau B beigezogen und eine Auskunft des Bundesarchivs - Militärarchiv - eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten und der beigezogenen Entschädigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von ARG zu. Zwar erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung eines ARG nach § 35 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), da sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit nach § 50 SGB VI erfüllt hat. Wegen ihres Auslandswohnsitzes (§ 110 Abs. 2 SGB VI) und des Fehlens von Bundesgebiets-Beitragszeiten (§§ 113 Abs. 1 S. 2, 271 SGB VI) bzw. gleichgestellter Zeiten steht der Klägerin kein Anspruch auf monatliche Zahlung eines ARG gegenüber der Beklagten zu.

Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten nach § 110 Abs. 2 SGB VI nur insoweit eine Rente (sog. Auslandsrente), als die Vorschriften der §§ 110 ff, 272 SGB VI oder zwischen- bzw. überstaatliches Recht die Entstehung von Zahlungsansprüchen zulassen. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Israel und somit ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland. Die Entstehung eines monatlichen Rentenanspruchs für eine Berechtigte mit Wohnsitz im Ausland setzt nach § 113 Abs. 1 S. 1 SGB VI das Vorliegen von Bundesgebiets-Beitragszeiten voraus. Bundesgebiets-Beitragszeiten sind Beitragszeiten, für die Beiträge nach Bundesrecht nach dem 8. Mai 1945 gezahlt worden sind und die diesen im Fünften Kapitel SGB VI gleichgestellten Beitragszeiten (§§ 113 Abs. 1 S. 2, 271 SGB VI). Bei den im Vormerkungsbescheid vom 24.11.1993 anerkannten Pflichtbeitragszeiten für die Zeit ab dem 01.01.1945 handelt es sich nicht um Bundesgebiets-Beitragszeiten im Sinne von § 113 Abs. 1 S. 2 SGB VI, sondern um Beitragszeiten nach § 15 FRG. Dahinstehen kann, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 272 SGB VI erfüllt. Denn nach § 272 SGB VI kann aus den Entgeltpunkten von Beitragszeiten nach dem FRG eine Auslandsrente nur in dem Umfang erbracht werden, in dem Entgeltpunkte für Bundesgebiets-Beitragszeiten vorhanden sind. Entgeltpunkte für Bundesgebiets-Beitragszeiten liegen nicht vor. Die Klägerin hat auch keine freiwilligen Beiträge nach Bundesrecht nach dem 08.04.1945 geleistet. Sie hat von dem ihr eingeräumten Nachentrichtungsrecht keinen Gebrauch gemacht. Die Vorschriften der §§ 18, 19 WGSVG greifen zu Gunsten der Klägerin nicht ein, da sie sich in den Gebieten, die in den beiden Vorschriften aufgeführt sind, nicht aufgehalten hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich ein Zahlungsanspruch auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG ableiten. Danach gelten für die Erbringung von Leistungen ins Ausland Beiträge für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto für eine Beschäftigung im Bundesgebiet als gezahlt. § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG ordnet somit an, dass sog. "Ghetto-Beitragszeiten" als fiktive Bundesgebiets-Beitragszeiten im Sinne von § 113 Abs. 1 S. 2 SGB VI gelten. Bei der Klägerin liegen keine sog. Ghetto-Beitragszeiten für die Zeit von Oktober 1941 bis März 1944 vor. Denn es sind weder die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZRBG noch die des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG erfüllt.

Nach § 1 Abs. 1 gilt das ZRBG für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt wurde (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1) und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war (§ 1 Abs.1 Satz 1 Nr. 2).

Dahinstehen kann, ob die Klägerin zum Kreis der Berechtigten nach dem ZRBG gehört (siehe hierzu LSG NRW, Urteil vom 13.01.2006, - L 4 RJ 113/04 -) und sich in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1944 in Moghilev/Transnistrien aufhielt.

Selbst wenn als wahr unterstellt wird, dass sich die Klägerin in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1944 in Moghilev aufhielt, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZBRG weder erwiesen noch glaubhaft gemacht. Ein Nachweis für eine ausgeübte Beschäftigung der Klägerin im Ghetto Moghilev liegt nicht vor. Ebenso wenig ist eine Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZRBG von der Klägerin glaubhaft gemacht worden. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht (§§ 3 WGSVG, 4 FRG), wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet danach mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird. Gleichzeitig muss mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Dabei sind gewisse noch verbleibende Zweifel unbeachtlich. Als Mittel der Glaubhaftmachung kommen neben der eidesstattlichen Versicherung alle Mittel in Betracht, die geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit der Tatsache in ausreichendem Maße darzutun. Dabei sind ausgesprochen naheliegende, der Lebenserfahrung entsprechende Umstände zu berücksichtigen. Bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten muss das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten sein, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Tatsache spricht (LSG NRW, Urteil vom 28.10.2005, - L 13 R 47/05 -).

Die Angaben der Klägerin im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren genügen nicht zur Glaubhaftmachung einer Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZRBG. Die Klägerin hat im Rentenantrag aus 2003 lediglich pauschal angegeben, dass sie eine Beschäftigung in einem Ghetto ausgeübt habe. Pauschale Angaben über die Ausübung irgendeiner Beschäftigung während des Aufenthalts in einem Ghetto reichen zur Glaubhaftmachung einer Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG nicht aus. Es existiert kein Grundsatz, dass es sich bei einer Beschäftigung während des Aufenthalts in einem Ghetto in der Regel um eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene und gegen Entgelt ausgeübte Beschäftigung handelt. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Bei der Auslegung der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG verwandten Begriffe "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen" und "gegen Entgelt ausgeübt" ist auf die Kriterien der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage der versicherungsrechtlichen Einordnung und Abgrenzung von Zwangsarbeit zu versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in einem Ghetto abzustellen (vgl. Urteile vom 14.07.1999,- B 13 RJ 75/98 R - und - B 13 RJ 61/98 R -). Denn das ZRBG knüpft nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, erkennbar an die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto an. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über die von der Ghetto-Rechtsprechung Begünstigten hinaus ist vom Gesetzgeber ersichtlich nicht beabsichtigt gewesen (siehe auch LSG NRW, Urteil vom 24.08.2005, - L 8 RJ 49/03 -). Die in § 1 ZRBG genannten Kriterien folgen der Rechtsprechung des BSG und verdeutlichen die Abgrenzung zu "unfreien" Beschäftigungsverhältnissen, insbesondere zur nichtversicherten Zwangsarbeit (BSG, Urteil vom 7.10.2004, - B 13 RJ 59/03 R -).

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des ZRBG nicht beabsichtigt, Beschäftigungen in einem Ghetto in der gesetzlichen Rentenversicherung mit versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gleichzustellen, unabhängig davon, ob die Beschäftigung im Einzelfall die Kriterien eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erfüllte. Ein solcher Wille des Gesetzgebers lässt sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8583) nicht entnehmen. Das zentrale Problem, das durch das Gesetz gelöst werden sollte, war die Zahlbarmachung von Renten für Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in einem Ghetto für Berechtigte mit einem Auslandswohnsitz, ohne dass die Berechtigten Vorleistungen im Form von Nachentrichtungen erbringen müssen bzw. ihnen eine fehlende Beitragsabführung oder das Verstreichen von Nachentrichtungsrechten vorgehalten werden kann. Dies ist der im Allgemeinen Teil des Gesetzesentwurfs vorangestellten Problemdarstellung zu entnehmen, in der ausgeführt wird, dass die auf einer Beschäftigung in einem Ghetto beruhenden Rente vielfach aus auslandsrentenrechtlichen Gründen nicht ausgezahlt werden kann, insbesondere weil Bundesgebiets-Beitragszeiten nicht im erforderlichen Umfang vorliegen. Im Allgemeinen Teil wird zwar ausgeführt, dass mit dem ZRBG von bestimmten Grundsätzen des Rentenrechts sowohl im Bereich der Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten als auch der Erbringung von Leistungen daraus ins Ausland abgewichen wird. Die Verwendung des Ausdrucks "Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten", könnte ein Hinweis dafür sein, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Bestimmungen des SGB VI im Fünften Titel des Zweiten Abschnitts des Zweiten Unterabschnitts des Zweiten Kapitels, zu denen unter der Überschrift "Rentenrechtliche Zeiten" auch der Begriff der Beitragszeit in § 55 SGB VI zählt, zu ergänzen.

Jedoch wird in der Begründung zu § 1 Abs. 2 ZRBG ausgeführt, dass die Bestimmungen des ZRBG eine Ergänzung der rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG darstellen. In der Gesetzesbegründung ( BTDrucks. 14/8602, S. 6) wird ferner darauf hingewiesen, dass das WGSVG, dessen Teil III zugunsten von Verfolgten zusätzliche Regelungen zu den allgemein anzuwendenden Vorschriften des SGB VI trifft, anzuwenden ist. Die Annahme einer die Rentenversicherungspflicht begründenden Beschäftigung ohne die Merkmale einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sieht das SGB VI nicht vor, sofern nicht Ausnahmevorschriften dies ausdrücklich anordnen (siehe zur RVO, BSG, Urteil vom 14.07.1998, - B 13 RJ 75/98 R - ). Allgemeine Zielsetzung des WGSVG ist es, das Recht der Wiedergutmachung so zu verbessern, dass den Sozialversicherten ein voller Ausgleich des Schadens ermöglicht wird, den sie durch Verfolgungsmaßnahmen in ihren Ansprüchen und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung erlitten haben. Dabei wird eine Beschäftigung, die nicht die Anforderungen an eine versicherungspflichtige Beschäftigung erfüllt, im Rahmen des WGSVG nicht als fiktive Beitragszeit bzw. Beschäftigungszeit nach § 14 Abs. 2 WGSVG, sondern allenfalls im Rahmen einer Verfolgungsersatzzeit berücksichtigt (BSG, Urteil vom 04.10.1979, - 1 RA 95/78 -). Des weiteren ist der Gesetzesbegründung zu § 2 ZRBG (BT Drucks. 14/18602, S. 6) zu entnehmen, dass der Gesetzgeber für die Berechnung der aus den sog. "Ghetto-Beitragszeiten" zu leistenden Rente, also nicht für die Entstehung der Rentenstammrechts, eine Beitragszahlung für eine nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtige Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets - für die Ermittlung der Höhe der Entgeltpunkte eine fiktive Beitragszahlung - unterstellte und nur für die Erbringung von Leistungen aus den "Ghetto-Beitragszeiten" ins Ausland diese als Bundesgebiets-Beitragszeiten ansah. Durch diese Gleichstellung soll der Export der Rente nach den allgemeingültigen Grundsätzen des im SGB VI geregelten Auslandsrentenrechts ermöglicht werden. Deshalb kann der Gesetzesbegründung nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, dass Beschäftigungen von Verfolgten in einem Ghetto, die nach den Bestimmungen des SGB VI, des WGSVG oder des FRG keine versicherungspflichtigen Beschäftigungen darstellen, nunmehr als Beitragszeiten in die gesetzliche Rentenversicherung mit einbezogen werden sollten. Vielmehr beschränkte sich der Wille des Gesetzgebers darauf, Berechtigte, die nach den Vorschriften des SGB VI, des WGSVG oder des FRG während der Verfolgungsmaßnahmen berücksichtigungsfähige Versicherungszeiten durch eine Beschäftigung im Ghetto erworben hatten, den Erhalt von Leistungen aufgrund dieser Zeiten zu erleichtern (siehe auch LSG NRW, Urteil vom 13.01.2006, - L 4 RJ 113/04 -). Dies ergibt sich auch aus den Redebeiträgen der Parlamentarier und der Parlamentarischen Staatssekretärin Mascher bei der 3. Beratung des Gesetzesentwurfes (Anlage 11 des Plenarprotokolls 14/233 vom 25.04.2002 S. 23253, 23279 ff), die übereinstimmend ausgeführt haben, dass durch das ZRBG insoweit eine Rechtslücke geschlossen werden soll, als die Zahlung einer Rente aus den Zeiten einer Beschäftigung in einem Ghetto, die nach der Rechtsprechung des BSG als versicherungspflichtige und damit eine Beitragszeit begründende Beschäftigung zu werten ist, sichergestellt werden soll.

Das ZRBG geht davon aus, dass es sich bei den Anspruchsberechtigten um sog. "unfreie" Personen handelt, da es einen zwangsweisen Aufenthalt der Verfolgten, also den Aufenthalt aufgrund eines öffentlichrechtlichen Gewaltverhältnisses in einem Ghetto voraussetzt. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG ist bei einer "unfreien" Person für die Frage, ob sie im Einzelfall eine Beschäftigung im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses oder eines unfreien Beschäftigungsverhältnis ausübte, nicht auf die sonstigen Lebensumstände, unter denen die Beschäftigte leben musste, abzustellen. Vielmehr ist das Beschäftigungsverhältnis als solches und für sich zu untersuchen, ob es "frei" war (BSG, Urteil vom 06.04.1960, - 2 RU 40/58 -; Urteil vom 17.03.1993, - 8 RknU 1/91 -; Urteil vom 18.06.1997, - 5 RJ 20/96 -; Urteil vom 14.07.1999, - B 13 RJ 61/98 -). Die Beschäftigte muss aus eigenem Willen ein konkretes Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnis eingegangen sein, tatsächlich die von ihr auf der Grundlage des mit dem Arbeitgeber geschlossenen Vertrages geforderte Arbeit geleistet haben und ihr dafür im Austausch eine den Umständen nach angemessene Gegenleistung als Bar- oder Sachlohn gewährt worden sein (LSG NW, Urteil vom 23.10.2000, - L 3 RJ 60/99 -). Daher setzt die Glaubhaftmachung einer Beschäftigung nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZRBG voraus, dass ein hinsichtlich seines Inhalts und zeitlichen Verlaufs sowie auch nach der tatsächlichen Entlohnung ein hinreichend konturiertes und konkretisiertes Beschäftigungsverhältnis die überwiegend wahrscheinlichste Sachverhaltsvariante darstellt.

Die Klägerin gab im Rentenverfahren zunächst pauschal an, dass sie in einem Ghetto eine Beschäftigung ausgeübt habe. Sie gab weder an, an welchem Ort das Ghetto bestand, noch beschrieb sie die Art, den Umfang, die zeitliche Dauer und Form der Entlohnung des Beschäftigungsverhältnisses. Im Widerspruchsverfahren konkretisierte sie ihren Vortrag dahingehend, dass sie im Ghetto Moghilev/Transnistrien beschäftigt gewesen sei. Durch die Antragstellung im anschließenden Gerichtsverfahren legte sie konkludent dar, dass sie in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1944 im Ghetto Moghilev beschäftigt gewesen sei, und konkretisierte somit den zeitlichen Verlauf des Beschäftigungsverhältnisses. Nähere Angaben über die Umstände der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses, den Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses sowie die Art und den Umfang der Entlohnung erfolgten im erstinstanzlichen Verfahren nicht. Die Einlassungen der Klägerin beschränkten sich auf die allgemeine Darlegung, dass aufgrund der existierenden Erlebnisberichte von Überlebenden, der Verordnung Nr. 23 vom 11.11.1941 und der Literatur das Bestehen von freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisse in den Ghettos in Transnistrien nicht ausgeschlossen werden könne, sondern solche bestanden hätten. Diese allgemeinen Einlassungen genügen allein nicht zur Glaubhaftmachung eines Beschäftigungsverhältnisses im Einzelfall. Auch der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren, dass sie aus eigenem Willensentschluss landwirtschaftliche Arbeiten in einer Kolchose, im Sommer hauptsächlich Feldarbeiten und im Winter Arbeiten in der Viehhaltung, verrichtet habe und entsprechend den Vorgaben in der Verordnung Nr. 23 vom 11.11.1941 Lebensmittelgutscheine erhalten habe, genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung eines hinsichtlich seines Inhalts und zeitlichen Verlaufs sowie auch der tatsächlichen Entlohnung hinreichend konturierten und konkretisierten Beschäftigungsverhältnisses und begründet damit nicht die überwiegende Möglichkeit einer freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigung. Denn die Art der von der Klägerin nach eigenen Angaben verrichteten Arbeit - der Arbeit in einer Kolchose - sowie die Form der Entlohnung - der Erhalt von Lebensmittelgutscheinen - entsprechen dem in der Verordnung Nr. 23 vom 11.11.1941 geregelten Arbeitseinsatz von Juden in Transnistrien. Die Bestimmungen dieser Verordnung schließen eine Beschäftigung von Juden im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Gewaltverhältnisses in Form einer Dienstverpflichtung, also eines unfreien Beschäftigungsverhältnisses, nicht aus, sondern lassen dies auch als "gute Möglichkeit" erscheinen. In der Verordnung des Oberkommandos des Heeres, Abteilung des Zivilgouverneurs von Transnistrien, Nr. 23 vom 11.11.1941 heißt es u.a.:

"Art. 1 Alle Juden, die aus den Kampfzonen der Front nach Transnistrien gekommen sind, sowie die Juden aus Transnistrien, die aus den gleichen Erwägungen aus den verschiedenen Centren gebracht wurden oder in Zukunft verbracht werden, sind den durch die gegenwärtige Verordnung festgesetzten Regeln unterworfen.

Art. 5 Die Juden einer Gemeinde bilden eine Kolonie; der Rayonvorsteher ernennt aus der Mitte der Gemeindemitglieder den Chef der Kolonie, der diese zu verwalten hat. Der Chef der Kolonie wird von Gruppenführern unterstützt. Jeder Koloniechef bildet Gruppen aus je 20 Juden. Die Gruppenführer sind für die Anwesenheit aller Gruppenmitglieder verantwortlich. Er sorgt für den guten Zustand der Gruppe und bringt jedes Vergehen eines Gruppenmitgliedes den Behörden zur Kenntnis. Der Chef der Kolonie und die Gruppenführer sind für die Anwesenheit aller Juden in der Kolonie sowie für die Durchführung der in der Verwaltung und der Gendarmerie erlassenen Verordnungen verantwortlich.

Art. 6. Der Chef der Kolonie ist verpflichtet, Listen aller Gewerbetreibenden und aller arbeitsfähigen Mitglieder der Kolonie aufzustellen. Auf Grund der vom Chef der Kolonie aufzustellenden Listen hat der Bürgermeister die Listen in der Kolonie und in der Gemeinde folgendermaßen zu organisieren: Die Gewerbetreibenden müssen jede Arbeit gemäß ihrem Gewerbe leisten. Die Vertreter der freien Berufe werden den Gemeindebehörden zur Verfügung gestellt und nach Bedarf eingesetzt. Die Arbeiter stehen dem Bürgermeister zur Verfügung und werden für Arbeiten verwendet, die für die Kolonie, für das Bürgermeisteramt oder für das allgemeine Interesse erforderlich sind. Sie werden für landwirtschaftliche Arbeiten, zur Ausbesserung von Straßen und Brücken zum Holzfällen im Walde und zum Transport von anderen Materialien herangezogen. Als Entgelt für geleistete Arbeit enthält jeder Arbeiter einen Lebensmittelbon im Wert eines Arbeitstages; für einfache Arbeiten ist der Arbeitstag mit einer Mark pro Tag und der qualifizierte, gewerbliche Arbeiter mit zwei Mark pro Tag festgesetzt. Die Gendarmeriestellen haben die jüdischen Kolonien ständig zu inspizieren und kontrollieren und das Ergebnis der vorgesetzten Behörden zur Kenntnis zu bringen.

Art. 7. Verwendung der Juden zur Arbeit in einer anderen Gemeinde erfolgt nur mit Bewilligung des Präfekten; das Verbringen von Spezialisten von einem Bezirk in einen anderen erfordert die Bewilligung des Verwaltungs- und Arbeitsleiters des Gouvernementes ...

Art. 9. Die jüdischen Spezialisten werden mit Bewilligung des Gouvernementes für alle industriellen Arbeiten im Wiederaufbau der im Kriege zerstörten Industrie, für den Betrieb von Fabriken und sonstiges sich als notwendig erweisenden Gelegenheiten eingesetzt ..."

(zitiert nach Gold, S. 49)

Die Verordnung sah u.a. eine Erfassung aller arbeitsfähigen Juden sowie eine Dienstverpflichtung der jüdischen Arbeiter durch den jeweiligen Bürgermeister für Arbeitseinsätze, die im Interesse der jüdischen Kolonie, des Bürgermeisteramtes und im allgemeinen Interesse waren, vor. Insoweit verweist der Senat auch auf die Ausführungen des Historikers Ancel (S. 64), wonach es bei dem in der Verordnung verwandten Begriff "Arbeiten im öffentlichen Interesse" um einen Euphemismus für Zwangsarbeit ("forced labor") handelte und die Juden durch die Verordnung Nr. 23 vom rumänischen Staat versklavt ("enslaved") worden waren. Zu den in der Verordnung genannten Arbeiten zählten auch landwirtschaftliche Arbeiten, wie sie die Klägerin verrichtete, so dass die Art der verrichteten Arbeit die Ausübung der Beschäftigung aufgrund einer Dienstverpflichtung nicht ausschließt. Ebenso lässt sich aus dem Erhalt eines Lebensmittelbons nicht zwingend schließen, dass es sich um eine "freiwillige" und versicherungspflichtige Beschäftigung handelte. Denn die Heranziehung zu einer Beschäftigung in Form einer Dienstverpflichtung schließt den Erhalt einer Entschädigung, die dazu noch der Aufrechterhaltung des Leistungsvermögens dient, nicht aus. Weitere Angaben der Klägerin über die Beschäftigung, welche den Schluss nahe legen, dass die Ausübung einer Beschäftigung aufgrund eines konkreten Arbeitsvertrages gegenüber der Alternative einer Dienstverpflichtung am relativ wahrscheinlichsten ist, sind im Verfahren nicht erfolgt. Die pauschale Angabe der Klägerin, sie habe die Arbeit freiwillig aufgenommen, ohne konkrete Darlegung der Umstände, genügt nicht. Auch die Angaben der Klägerin in den beigezogenen Akten sind nicht geeignet, die Ausübung einer Beschäftigung aufgrund eines Arbeitsvertrages als die überwiegende Sachverhaltsvariante erscheinen zu lassen. Im 1990 eingeleiteten Vormerkungsverfahren unterlies die Klägerin Angaben über die Aufnahme einer Beschäftigung vor 1954. Sie gab zum Zeitraum von Oktober 1941 bis März 1944 lediglich an, dass sie eine "NS-Verfolgung" erlitten habe. Die Entschädigungsakte der Klägerin und die Unterlagen der Claims Conference sind ebenfalls unergiebig, sie enthalten keine Angaben der Klägerin oder Dritter über die Ausübung einer Beschäftigung durch die Klägerin im Ghetto Moghilev. Die Erklärungen der Klägerin in diesen Unterlagen beschränken sich auf die Darlegung, dass sie im Oktober 1941 mit ihren Eltern aus T1 nach Moghilev deportiert worden sei und sie sich dort bis März 1944 aufgehalten habe. Dabei bezeichnete die Klägerin im Entschädigungsverfahren den Ort Moghilev nicht als Ghetto, sondern als "AL", also als Arbeitslager. Die Charakterisierung des Ortes Moghilev als Arbeitslager sowie der Lebensbedingungen als haftähnlich und menschenunwürdig durch die Klägerin im Entschädigungsverfahren sprechen aber eher gegen die Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit der Arbeit. Die Eltern der Klägerin gaben in ihren eigenen Entschädigungsverfahren an, dass sie während des Aufenthaltes in Moghilev Zwangsarbeit verrichtet haben, eine Beschäftigung ihrer Tochter erwähnten sie nicht.

Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG sind ebenfalls nicht gegeben. Im streitbefangenen Zeitraum erstreckt sich der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG nicht auf den Ort Moghilev. Der Ort Moghilev befindet in einem Gebiet, das in der Zeit vom Sommer 1941 bis 1944 als Transnistrien bezeichnet wurde. Transnistrien umfasst als geographischer Begriff das Territorium zwischen den Flüssen Dnjestr und Südlicher Bug (südlicher Teil der West-Ukraine) und wird im Süden durch das Schwarze Meer und im Norden durch das Gebiet jenseits von Moghilev-Podolsk begrenzt. Im Zeitraum von September 1941 bis Mitte März 1944 war Transnistrien im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG weder in das Deutsche Reich eingliedert noch vom Deutschen Reich besetzt.

Nach Auswertung der beigezogenen Dokumente und Literatur stellen sich für den Senat die Verhältnisse in der südlichen Ukraine nach dem Einmarsch der verbündeten deutschrumänischen Truppen wie folgt dar:

Als Teil der Ukraine gehörte Transnistrien 1941 zum Staatsgebiet der UdSSR. Anfang Juli 1941 marschierten die verbündeten deutschrumänischen Truppen, die Armeegruppe Antonescu, (4. rumänische, 11. deutsche und 3. rumänische Armee) in die südliche Ukraine ein und eroberten weite Teile. Formeller Oberbefehlshaber war der rumänische Staatschef Marschall Antonescu. Am 18.07.1941 wurde die einheitliche Befehlsführung aufgehoben. Die 4. rumänische Armee schied aus dem Verband aus und unterstand nunmehr dem rumänischen Generalstab. Die 11. deutsche Armee und 3. rumänische Armee wurden direkt der deutschen Heeresgruppe Süd unterstellt.

Die eroberten sowjetischen Gebiete wurden zunächst provisorisch von deutschen Militärbehörden verwaltet. Die Gebiete Bukowina und Bessarabien annektierte Rumänien. Die Gebiete östlich des Flusses Bug gehörten zum "Reichskomissiariat Ukraine", dessen Verwaltung dem Minister für die besetzten Gebiete Rosenberg in Berlin unterstand. Am 19.08.1941 unterstellte der rumänische Staatschef, Marschall Antonescu, das als Transnistrien bezeichnete Gebiet durch einseitige Erklärung der rumänischen Zivilverwaltung und setzte als Gouverneur (Gubernator) Professor Alexianu ein. In dem Gesetzesdekret vom 19.08.1941 heißt es u.a.:

"Dekret zur Übernahme der Verwaltung Transnistriens durch Rumänien"

Wir, General Antonescu, Oberbefehlshaber der Wehrmacht, befehlen:

Art. 1 Das besetzte Territorium zwischen Dnjestr und Bug, dessen Grenze, wie auf anliegender Karte angezeichnet ist, im Norden die Linie Nord Mogilev-Nord Zmerinka bildet, wird unter rumänische Verwaltung gestellt (mit Ausnahme der Region Odessa).

Art. 2 Wir ernennen Univ. Prof. Georg Alexianu zu unserem Bevollmächtigten für diese Provinz und statten ihn mit Vollmachten aus.

Art. 3 Unser Bevollmächtigter wird durch Ordonnanzen alle zur Durchführung der Verwaltung und zur Fortsetzung der Tätigkeit auf allen Gebieten notwendigen Maßnahmen in Übereinstimmung mit den gegebenen Instruktionen ergreifen ...

Art. 5 Die für diese Provinz ernannten Beamten werden wie folgt entlohnt: a) mit doppeltem Gehalt in Lei und b) einer Unterhaltsbewilligung im Höchstwerte des doppelten Gehaltes in Lei

Art. 6 Die RM ist die einzige Verkehrsmünze in diesem Gebiet ...

Art. 8 Unser Bevollmächtigter erhält Befehle direkt von uns und dem Ministerpräsidenten."

(zitiert nach Vökl, S. 435).

Am 30.08.1941 unterzeichneten die beiden militärischen Oberkommandos des Deutschen Reiches und Rumäniens eine Vereinbarung über die Sicherung, Verwaltung und Wirtschaftsauswertung der Gebiete Dnjestr und Bug (Transnistrien) und Bug und Dnjepr (Bug-Dnjepr-Gebiet), - Vertrag von Tighina -. Rumänien übernahm die Sicherung , Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung des Gebietes bis zum Bug, für das weiter ostwärts bis zum Dnjepr gelegene Gebiet die militärische Absicherung. Die Wehrmacht behielt sich einige für die Kriegsführung wichtige Positionen vor, sie betrafen insbesondere die Sicherung der Transportwege und die landwirtschaftliche Nutzung. Weitere Punkte betrafen die Juden, die Grenzbewachung und die Aufteilung der Kriegsbeute. Im dem Vertrag von Tighina heißt es u. a.:

" 1. Festlegung der Verantwortung: Es sind verantwortlich: a) in Transnistrien: Rumänien für die Sicherung und Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung, über Verkehrs- und Nachrichtenwesen siehe Ziffer 3. Über die vom Staatsführer an Marschall Antonescu vorgeschlagene Nordgrenze ist die Entscheidung des Führers auf diplomatischem Wege herbeizuführen.

b) im Bug-Dnjepr-Gebiet: Deutschland für Verwaltung und Wirtschaftsausnutzung, Rumänien für die Sicherung.

Rumänische Sicherungstruppen: Stärke und Gliederung der rumänischen Sicherungstruppen werden so bemessen, dass die vorgesehenen Aufgaben erfüllt werden können. Voraussichtlich werden hierzu eingesetzt ...

Über die taktische Unterstellung der rumänischen Sicherungstruppen im Bug-Dnjepr-Gebiet erfolgt eine Sondervereinbarung. Grundsätzlich sollen jedoch die rumänischen Truppen dort unter dem Befehl des rumänischen Korps - Kdos - eingesetzt werden, mit Ausnahme von Notfällen, in denen die örtlichen deutschen Dienststellen die nächsten rumänischen Truppen unmittelbar anfordern können. Das Heranziehen der Zivilbevölkerung in Transnistrien zum Sicherheits- und Ordnungsdienst unter Aufsicht der rumänischen Truppen ist erwünscht; die Organe dieses zivilen Ordnungsdienstes sollen jedoch möglichst nicht bewaffnet sein.

Bei den rumänischen Kommando-Behörden verbleiben wie bisher "Deutsche Verbindungskommandos" (D.V.K.), die der deutschen Heeresmission unterstellt bleiben.

2. Verkehrs- und Nachrichtenwesen in Transnistrien:

a) Eisenbahn und Binnenschifffahrt: Beide Verkehrsmittel stehen in erster Linie für die gemeinsamen Operationstruppen und für die Besatzungstruppen zur Verfügung und werden von einer deutschen Transportkommandantur verwaltet. Wiederherstellung und Verwaltung beider Verkehrsmittel ist Sache deutscher militärischer Dienststellen, die Teile des Eisenbahnnetzes verantwortlich an den Chef des rumänischen Eisenbahnwesens abgeben können. Die rumänischen Dienststellen unterstützen die deutschen Dienststellen bei Bau und Unterhaltung der Eisenbahnen. In Odessa wird für Transnistrien eine "Deutsche Transportkommandantur " eingerichtet, der zur Wahrung der rumänischen Interessen ein rumänisches Verbindungskommando beigegeben wird. Alleintransporte bedürfen der Anmeldung bei der deutschen Transportkommandantur. Deutscherseits werden folgende Strecken in Betrieb genommen: Balzer-Odessa, die Gleis nach Gleis auf Normalspur umgenagelt wird, Odessa-Vosnesensk (Breitspur), Balta-Golta (Breitspur)). Die Wiederherstellung (Normalspur) der Strecken ... durch den Chef des rumänischen Eisenbahnwesens ist erwünscht.

b) Seetransporte: Seetransporte auf dem Schwarzen Meer vereinbaren die verbündeten Marinen Deutschland und Rumänien unmittelbar.

c) Straßen und Brücken: Straßen und Brücken werden von rumänischen Dienststellen unterhalten ...

d) Fernsprechverbindungen: Die Fernsprechverbindungen werden grundsätzlich von rumänischen Dienststellen instand gesetzt und betrieben ... Für die.Nachrichtenbelange in Transnistrien steht der Nachrichtenführer der deutschen Heeresmission zur Verfügung ...

e) Die Sicherung der Verkehrswege und Nachrichtenverbindungen aller Art ist Sache der Rumänischen Besatzungstruppen.

4. Verwaltungs- und Wirtschaftsausnutzung in Transnistrien Die Verwaltung in Transnistrien wird durch einen rumänischen Chef der Verwaltung eingerichtet und geleitet; er ist - im Interesse der gemeinsamen Kriegsführung - in entscheidenden Fragen an die Weisungen des militärischen Oberbefehlshabers in Transnistrien gebunden. Dem Chef der rumänischen Verwaltung in Transnistrien wird auf seine Bitte ein höherer deutscher Kriegsverwaltungsbeamter zur Beratung und Unterstützung zugeteilt. Die wirtschaftliche Ausnutzung von Transnistrien ist Sache der rumänischen Dienststellen. Zur Wahrung der Belange der gemeinsamen Kriegsführung wird eine "Verbindungsstelle der deutschen Wehrmacht in Odessa" eingerichtet, deren Aufgaben sind:

a) Betreuung der deutschen Truppen in Transnistrien, hierfür werden "Deutsche Wehrmachts- Standort-Kommandanturen" - ... - neben dem Bahnhofskommandanturen eingerichtet.

b) die für die wirtschaftliche Ausnutzung verantwortlichen rumänischen Dienststellen bei der Erfassung und Verteilung der hierfür die gemeinsamen Operationen notwendigen Mittel zu unterstützen und gemeinsam die für die Kriegsführung notwendigen Mitteln gemäß nachstehenden Richtlinien festzulegen: Die Vorräte aller Art werden gemeinsam festgestellt. Die Rumänischen Besatzungstruppen, die Verwaltung und die Bevölkerung erhalten ihren Anteil. Der Überschuss wird für gemeinsame Operationen zur Verfügung gestellt. Falls es die operativen Interessen erfordern, haben die Belange der operativen Truppe den Vorzug gegenüber den Forderungen der Besatzungstruppe, Verwaltung und der Bevölkerung ...

7. Abschub von Juden aus Transnistrien Abschub der Juden über den Bug ist zur Zeit nicht möglich. Sie müssen daher im Konzentrationslager zusammengefasst und zur Arbeit eingesetzt werden, bis nach Abschluss der Operationen ein Abschub nach Osten möglich ist.

8. Die vereinbarte rumänische Grenzsperrlinie verbleibt am Dnjestr. Die Absperrung der Ost- und Nordgrenze von Osttransnistrien übernimmt Heeresgruppe Süd ..." (zitiert nach Völkl, S. 436 ff).

Im September 1941 wurde die Nordgrenze Transnistriens entsprechend den rumänischen Wünschen festgelegt. Nach der Eroberung Odessas im Herbst 1941 wurde das Gebiet von Odessa Transnistrien zugeordnet. Transnistrien wurde nicht in das rumänische Staatsgebiet eingegliedert, sondern wurde von Rumänien wirtschaftlich und währungsmäßig als eigenes Territorium behandelt. Am Dnjestr entstand die Staatsgrenze Rumäniens mit Pass- und Zollkontrolle, der Personen- und Warenverkehr unterlag einer Kontrolle, Aus- und Einreise sowie Aus – und Einfuhr waren genehmigungspflichtig. Im Norden und Osten entstand gegenüber den der deutschen Besatzungshoheit unterstehenden Gebieten eine Außengrenze. Als Währung wurde nicht der rumänische Lei , sondern der RKKS als offizielles Zahlungsmittel eingeführt. Der Etat Transnistriens wurde von der rumänischen Regierung vom rumänischen Staatshaushalt getrennt aufgestellt. Die rumänische Regierung bildete einen gemeinsamen Ministerausschuss, der ab Januar 1942 für Angelegenheiten der eroberten Gebiete Bessarabien, Bukowina und Transnistrien zuständig war. Der Gouverneur von Transnistrien hatte das Recht, an den Sitzungen der rumänischen Regierung teilzunehmen. Die bisher geltenden Gesetze blieben in Kraft und wurden zunehmend durch Dekrete und Verordnungen der neuen Verwaltung ersetzt. Die rumänische Regierung erließ durch Dekrete mit Gesetzeskraft Gesetze für Transnistrien, wie z. B. in der Verordnung vom 11.11.1941, in der es u.a. heißt:

" ...kraft der Generalermächtigung, die durch Dekretgesetz Nr. 1, am 19. August 1941 zu Tighina erlassen, gegeben wurde, ordnen wir , Jon Antonescu, Marshall von Rumänien, Oberbefehlshaber des Heeres durch Prof. Gh Alexianu Zivilgouverneur, wie folgt an: ...".

Der Gouverneur bildete eine aus Direktoren bestehende Landesregierung. Transnistrien wurde in 13 Bezirke unterteilt, diese wiederum in Kreise eingeteilt. Bei den Direktoren, Präfekten, Prätoren, beim höheren Verwaltungsstab der Stadt Odessa und bei den Rayon-Bürgermeistern handelte es sich um rumänische Staatsangehörige. Die Präfekten waren in der Regel rumänische Offiziere im Obristenrang. Die rumänische Regierung entsandte ca. 4.000 Staatsangehörige zur Verwaltung von Transnistrien. Diese erhielten zwei Gehälter, in Lei und RKKS. Die in Transnistrien stationierten rumänischen Truppen, deren Aufgabe u.a. die Unterstützung der Zivilverwaltung war, unterstanden dem rumänischen Generalstab in Bukarest. Neben dem rumänischen Heer wurden rumänische Polizeiverbände als Sicherheits- und Exekutivorgane in Transnistrien eingesetzt. Das Gerichtswesen lag bei der rumänischen Militärgerichtsbarkeit. Rumänisch war Amtssprache, an den Amtsgebäuden wurden rumänische Staatssymbole verwendet, der rumänischen Nationalfeiertag wurde als gesetzlicher Feiertag eingeführt. Es wurde eine Rumänisierung der Kultur eingeleitet. 1942 und 1943 besuchte der rumänische Staatschef auf einer Inspektionsreise Transnistrien.

Die Wehrmacht war mit Sicherungs- und Etappentruppen und sonstigen rückwärtigen Einrichtungen sowie mit Kampf-Verbänden der Luftwaffe, Staffeln und Gruppen verschiedener Geschwader in Transnistrien vertreten. Die meisten Einheiten und Dienststellen des Heeres und der Luftwaffe lagen in Odessa. Zu den rumänischen Kommandostellen traten deutsche Verbindungskommandos. Die Einheiten und Dienststellen der Wehrmacht unterstanden dem Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien", der bis zum 30.09.1942 der Heeresgruppe Süd und ab dem 01.10.1942 der "Deutschen Heersmission in Rumänien" bzw. ab Januar 1943 dem "deutschen General beim Oberkommando der rumänischen Wehrmacht" unterstand. In der Dienstanweisung für den Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien" vom 03.09.1941 heißt es u.a.:

" 1.)

... Er übt gemäß ... Wehrmachtsbefugnisse gegenüber allen deutschen militärischen Dienststellen für den unter rumänischer Verwaltung stehenden Teil des Operationsgebietes zwischen Dnjestr und Bug (Transnistrien) aus

... 2) Der Chef der "Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht" fasst die von deutschen militärischen Dienststellen in Transnistrien zu erfüllenden Aufgaben zusammen. Er betreut die deutschen Truppen in Transnistrien und unterstützt die für die wirtschaftliche Ausnutzung von Transnistrien verantwortlichen rumänischen Dienststellen bei Erfassung und Verteilung der für die gemeinsamen Operationen notwendigen Mittel nach den zwischen dem OKH und dem kgl. Rumänischen Großen Generalstab getroffenen Vereinbarungen ..."

Am 21.11.1943 schuf die Deutsche Wehrmacht ein zentrales Kommando "Befehlshaber der deutschen Truppen in Transnistrien", das direkt dem Oberkommando der Wehrmacht unterstand. Im Befehl zur Einsetzung des Befehlshabers der Deutschen Truppen in Transnistrien vom 27.11.1943 heißt es u.a.:

" ... In allen Angelegenheiten, die die rumänischen Interessen berühren und die nicht mit dem rumänischen Gouverneur unmittelbar geregelt werden können, holt der Befehlshaber der deutschen Truppen in Transnistrien die Entscheidung des Chefs OKW über den Deutschen General beim Oberkommando der Rumänischen Wehrmacht ein. In diesem Falle stellt der Deutschen General beim Oberkommando der Rumänischen Wehrmacht gemäss seiner Dienstanweisung das Einvernehmen mit den rumänischen Zentralstellen her und trifft im Auftrag des Chefs OKW selbständig die notwendigen Entscheidungen ...

Aufgaben des Befehlshabers der deutschen Truppen in Transnistrien: 3. Wahrnehmung der Aufgaben eines territorialen Befehlshabers aller Teile der Deutschen Wehrmacht und sämtlicher in ihrem Interesse tätigen Organisationen

4. Wahrnehmung der Aufgaben des bisherigen Verbindungsstabes der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien

5. Wahrnehmung der Interessen der Heeresgruppe A und Süd sowie der Luftwaffe und Kriegsmarine und der im Wehrmachtinteresse tätigen Organisationen gegenüber den örtlichen rumänischen Dienststellen ...

6. Ausnutzung des Landes im Einvernehmen mit dem rumänischen Gouverneur von Transnistrien zur Unterstützung der Versorgung der Heeresgruppe A und Süd ... "

Für die landwirtschaftliche Nutzung bestand die Dienststelle des "Deutschen landwirtschaftlichen Beraters" beim Gubernator, der deutsche landwirtschaftliche Experten im Range von Sonderoffizieren der deutschen Wehrmacht zu den einzelnen rumänischen Präfekten entsandte. 1942 wurde in Odessa ein deutsches Konsulat eröffnet.

Für die Betreuung der volksdeutschen Siedlungen in Transnistrien (ca 130.000 Volksdeutsche in 228 Dörfern und neun Stadtbezirken Odessas) wurde von dem Kommando der VOMI, die dem Reichsführer-SS in seiner Eigenschaft als "Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums" unterstand, das SkR gebildet. Das SkR setzte sich überwiegend aus SS-Angehörigen zusammen, seine Führung stammte nicht aus den Reihen der einheimischen Volksdeutschen. Anfang 1942 wurden die Volksdeutschen aufgrund der Vereinbarungen mit dem rumänischen Gouverneur weitgehend aus dem Zuständigkeitsbereich der rumänischen Verwaltung herausgelöst und der VOMI unterstellt (Verträge vom 12.12.1941 und vom 14/30.08.1942). Die rumänischen Präfekten hatten die durch die VOMI eingesetzten Bürgermeister und Lehrer zu bestätigen, die VOMI behielt sich das Schul- und Kulturwesen vor, ebenso die Einziehung der Steuern, die zu einem ermäßigten Satz pauschal an die rumänischen Behörden abzuführen waren. Andere Pflichtablieferungen gingen an die Wehrmacht. Den rumänischen Behörden verblieb die Gerichtsbarkeit im allgemeinen Zivilrecht, bei Verhaftungen bestand eine Hinweispflicht gegenüber der VOMI. Die VOMI baute einen bewaffneten volksdeutschen Selbstschutz ( ca. 8.000 Mann) auf, der nur ihr unterstand und der rumänischen Gerichtshoheit entzogen war. Er unterstand politisch und disziplinarisch der SS- und Polizeigerichtsbarkeit.

Nach dem Einmarsch der deutschrumänischen Truppen waren in den eroberten Gebieten Bukowina, Bessarabien und Transnistrien Einsatzkommandos der Einsatzgruppe D unter Führung des SS-Gruppenführers Ohlendorf vom Beginn des Russlandfeldzuges, dem 20.06.1941, bis zum 31.10.1941 eingesetzt. Die Einsatzkommandos waren neben rumänischen Einheiten an der systematischen Ermordung der jüdische Bevölkerung der eroberten Gebiete beteiligt. Nach dem Abzug der Einsatzgruppe D war das SkR mit den dazu gehörigen Bereichskommandos sowie der von ihnen aufgestellte Selbstschutz an den Verfolgungsmaßnahmen gegen Juden, teilweise in Absprache mit den rumänischen Stellen, beteiligt, u.a. nahmen sie systematische Erschießungen von Juden im Umkreis volksdeutscher Siedlungen vor. Deutsche Zivilkräfte, die im Besatzungsgebiet Uniform tragen durften, und deutsche Militärs waren an der Ermordung von Juden in Lagern Transnistriens beteiligt.

Unabhängig von den Aktionen der Einsatzgruppe D waren rumänische Truppen und Polizeieinheiten an der Verhaftung und Erschießungen von Juden beteiligt. Nach der Eroberung Odessas ermordete die rumänische Armee innerhalb einer Woche 30.000 - 40.000 ortsansässige Juden und deportierte die überlebenden Juden in Zusammenarbeit mit deutschen Stellen in Lager im Distrikt Golta. Zwischen Dezember 1941 und Februar 1942 wurden in der Provinz Golta ortsansässige und deportierte Juden unter direkter Leitung des Präfekten Isopescu ermordet. Die rumänischen Behörden deportierten in der Zeit von Herbst 1941 bis Herbst 1942 Juden aus Bessarabien, der Bukowina und der nördlichen Moldauregion (ca 180.000 Personen) nach Transnistrien. Ziel der Deportationen war die Verbringung der Juden in das Gebiet jenseits des Bug, in dem das Deutsche Reich die Besatzungshoheit ausübte. Die deutschen Stellen verweigerten die Übernahme der deportierten Juden in ihren Zuständigkeitsbereich. Die Deportationen wurden am 13.10.1942 eingestellt. Die in Transnistrien ansässigen, dorthin geflüchteten oder aus der Bukowina /Bessarabien deportierten Juden wurden in geschlossenen und offenen Ghettos oder Lagern festgehalten oder in bestimmten Orten angesiedelt. Für die Versorgung der Juden mit dem Lebensnotwendigen - Unterkunft, Nahrung, medizinische Betreuung - waren keine Vorkehrungen getroffen. Die Juden litten unter Hunger, katastrophalen hygienischen Zuständen, Seuchen, Kälte und einer ständigen Bedrohung. Die Lager und Ghettos unterlagen der Zuständigkeit des rumänischen Gouverneurs und der örtlichen rumänischen Behörden. Dem Inspekteur der rumänischen Polizei oblag die Beaufsichtigung der jüdischen Lager und Ghettos. Der Status der einheimischen und deportierten Juden wurde durch die Verordnung des Oberkommandos des Heeres, Abteilung des Zivilgouverneurs von Transnistrien, Nr. 23 vom 11.11.1941 geregelt. Ende 1942 hörte die systematische Ermordung von Juden auf; es stabilisierte sich die Lage. Die rumänische Regierung ließ materielle Hilfe für die Juden aus Rumänien und dem Ausland zu. Deutsche Firmen, Wehrmachtseinheiten, Bauabteilungen der Organisation Todt und andere deutsche Dienststellen zogen Juden aus den Lagern und Ghettos als Arbeitskräfte heran.

Nach dem erfolgreichen Vorrücken der russischen Armee während der Sommeroffensive 1943 begann die rumänische Regierung im letzten Quartal 1943 Evakuierungsmaßnahmen in Transnistrien einzuleiten. Am 29.01.1944 übernahm der rumänische General Potopenu auf Befehl Antonescus die Zivilverwaltung. Im Februar 1944 drangen russische Panzerverbände in Nord-Transnistrien ein. Im März 1944 gab Rumänien das verbliebene Süd-Transnistrien auf. Am 15.03.1944 wurde die Befehlsführung der 6. Armee der Heeresgruppe A auf den gesamten Raum Süd-Transnistrien ausgedehnt und die rumänische Verwaltung von der deutschen Militärverwaltung übernommen (18.03.1944). Im Kriegstagebuch der 6. Armee, Abteilung Oberquartiermeister aus März 1944 ist vermerkt:

"15.3 ...

a.). Die rumänische Verwaltung wird Zug um Zug von der deutschen Militärverwaltung übernommen ...

16.3 ...

3.) die Übernahme von Transnistrien ist nur als vorübergehende Maßnahme gedacht. Transnistrien geht, sobald es die Lage wider erlaubt, wieder in rumänische Hände über. Es ist weiterhin als Bestandteil des rumänischen Staatsgebietes zu betrachten ...

18.3 Zur Durchführung der Verwaltung wird bei AOK 6 die Abteilung VII (Mil.-Verw.) eingerichtet ...

19.3

a) Korück 593 meldet die Übernahme der rumänischen Verwaltung Transnistrien."

Der Ort Moghilev wurde am 16.03.1944 von sowjetischen Truppen besetzt, seit dem 10.04.1944 war das gesamte Gebiet Transnistrien von den sowjetischen Truppen zurückerobert.

Ausgehend von den dargestellten Verhältnissen wurde das Gebiet Transnistrien weder in das Deutsche Reich noch in das rumänische Staatsgebiet eingegliedert. Eine Eingliederung liegt vor, wenn ein zunächst fremdes Staatsgebiet dem eigenen Staatsgebiet durch Rechtsakt (Gesetz, Erlass) angegliedert wird (Annektion). Weder das Deutsche Reich noch Rumänien haben nach der Eroberung das Gebiet Transnistrien durch Rechtsakt in das eigene Staatsgebiet einbezogen. Insoweit sind die Ausführungen der Klägerin zutreffend, dass Rumänien im völkerrechtlichen Verkehr Transnistrien nicht als Bestandteil des eigenen Staatsgebietes ansah. Rumänien behandelte Transnistrien wirtschaftlich und währungsmäßig nicht als eigenes Territorium und baute eine gesonderte Verwaltung auf. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass eine Besetzung Transnistriens durch Rumänien auszuschließen und eine Besetzung durch das Deutsche Reich anzunehmen ist. Denn im Gegensatz zur Annektion wird bei einer Besetzung/Okkupation das eroberte Staatsgebiet eines fremden Staates nicht in das eigene Staatsgebiet einverleibt. Nach Art. 42 der HLK vom 18.10.1907 (RGBl 1910,107) gilt ein Gebiet als besetzt, wenn es sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befindet. Die Besetzung erstreckt sich nur auf die Gebiete, wo diese Gewalt hergestellt ist und ausgeübt werden kann. Für eine Besetzung im völkerrechtlichen Sinne ist daher charakteristisch, dass der besetzende Staat vorläufig die tatsächliche Gewalt über ein fremdes Staatsgebiet ausübt. Die Staatsgewalt des besetzten Staates erlischt nicht automatisch, sie wird nur für die Dauer der Besetzung entweder vollkommen oder zum Teil suspendiert. Die Staatsgewalt des besetzten Staates tritt soweit zurück, wie der Besetzer die Regelungsgewalt an sich zieht. Die Besatzungsmacht nimmt die Gebietshoheit über ein fremdes Territorium, aber nicht die Personalhoheit über die Einwohner des eroberten Gebiets in Anspruch (BGH, Urteil vom 13.04.1960, - IV ZR 279/50 -; BGH, Urteil vom 18.03.1959, - IV ZR 263/58; BSG, Urteil vom 16.12.1997, - 4 RA 63/96 -).

Entgegen der Auffassung der Klägerin war Transnistrien im streitbefangenen Zeitraum, die Zeit von Oktober 1941 bis Mitte März 1944, nicht im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG vom Deutschen Reich besetzt. Der Begriff "vom Deutschen Reich besetzt" ist im ZRBG nicht näher definiert. Zur Auslegung dieses Begriffes ist der in Art. 42 HLK definierte Begriff der Besetzung heranzuziehen. Denn die HLK ist zum einen nach Beitritt des Deutschen Kaiserreiches zu diesem völkerrechtlichen Vertrag als Reichsrecht verkündet worden und stellt zum anderen als Völkergewohnheitsrecht eine allgemeine Regel des Völkerrechts dar. Als allgemeine Regel des Völkerrechts ist die HLK nach Art. 25 Grundgesetz (GG) Bestandteil des Bundesrechts. Die Rechtsprechung knüpft auch bei der Auslegung des Begriffes der "von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiete" in § 7 Abs. 1 Nr. 3 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bzw. des Begriffes "militärische Besetzung" in § 5 Abs. 1 Ziffer d BVG an Art. 42 HLK an. Für die Annahme einer Besetzung nach Art. 42 HLK fordert die Rechtsprechung die Errichtung und faktische Durchsetzung einer Besatzungsmacht auf dem Gebiet eines fremden Staates. Die Besatzungsmacht muss sowohl nach ihren eigenen Erklärungen als auch tatsächlich Herrschaftsgewalt ausüben (BSG, Urteil vom 24.11.1977, - 9 RV 98/76 -; Urteil vom 28.5.1995, - 9 RV 29/95 -). Die Herrschaft muss effektiv sein (BSG, Urteil vom 25.06.1965, - 11 RV 1248/60 - ). Dies entspricht den Anforderungen an eine Besetzung in der völkerrechtlichen Literatur, wonach nach der HLK ein Gebiet als besetzt gilt, wenn der fremde Staat über ein militärisch erobertes Gebiet die Gebietshoheit bzw. eine der Gebietshoheit ähnliche Zwangsgewalt ausübt; er muss die oberste Gewalt übernommen haben. (Schlochhauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Erster Band , Stichwort: "Besetzung, Kriegerische"; Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Zweiter Band, Kriegsrecht, 2. Aufl, S.124 ff; Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 6. Aufl., Rdnr. 1861 ff; Schmoller/Maier/Tobler; Handbuch des Besatzungsrecht; 1957, § 24 a, S. 20 f.). Unter Gebietshoheit ist das Recht, auf dem besetzten Gebiet gegenüber den Bewohnern Akte der Staatsgewalt zu setzen, z. B. Gesetze zu erlassen, Steuern zu erheben, zu verstehen (Berber, a.a.O; § 25 S.129 ff; Seidl-Hohenveldern, a.a.O., Rdnr. 818 ff). Eine Besetzung nach Art. 42 HLK, die nicht auf einer konkreten vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Gebietsherrn und der Besatzungsmacht, sondern auf der faktischen Innehabung der tatsächlichen Gewalt durch den besetzenden Staat beruht, endet entweder durch den Verlust der tatsächlichen Gewalt der Besatzungsmacht oder mit dem Ende des Kriegszustandes (vgl. Berber, a.a.O; 2. Aufl., § 25 S. 124 ff (125,127)). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für den Begriff der Besetzung im Sinne des Art. 42 HLK unerheblich, ob der Krieg auf Seiten des okkupierenden oder okkupierten Staats in legaler oder illegaler Weise begonnen worden ist oder in welcher Form die Besatzungsgewalt ausgeübt wird. Der besetzende Staat kann im okkupierten Gebiet sowohl eine Militärverwaltung wie auch eine Zivilverwaltung einsetzen (Berber, a.a.O., § 25 S. 128). Das Anknüpfen an Art. 42 HLK bei der Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetzt" entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der unterstellt, dass ein Ghetto in den eingegliederten und besetzten Gebieten in besonderem Maße der hoheitlichen Gewalt des Deutschen Reiches ausgesetzt war und es nicht darauf ankommt, in welchem vom Deutschen Reich beherrschten Gebiet die Beitragszeiten zurückgelegt worden sind (BT-Drucksache 14/8583 S.6). Die Ausübung von hoheitlicher Gewalt entspricht dem Begriff der Gebietshoheit.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war Transnistrien vom Deutschen Reich im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG nicht besetzt (siehe auch SG Düsseldorf, Urteil vom 11.02.2005, - S 10 RJ 205/04 -; SG Hamburg, Urteil vom 09.09.2003, - S 26 RJ 1253/03 -). Das Deutsche Reich übte in Transnistrien gegenüber der Bevölkerung keine Gebietshoheit aus und nahm auch keine Herrschaftsgewalt in Anspruch. In der Zeit zumindest von September 1941 bis Mitte März 1944 nahm Rumänien auf der Grundlage des Dekretes vom 19.08.1941 und des Vertrages von Tighina vom 30.08.1941 die Besatzungsgewalt, d.h. die Gebietshoheit, in Transnistrien in Anspruch und übte sie aus. Weder übten das deutsche Reich und Rumänien die Gebietshoheit gemeinsam aus noch verwaltete oder besetzte Rumänien Transnistrien für das Deutsche Reich. Insoweit folgt der Senat nicht der vom Historiker Prof. Dr. C vertretenen Auffassung, auf die sich die Klägerin beruft, dass die juristische Form der Okkupation zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich unklar blieb, de facto beide Staaten die Herrschaft ausübten (C in Benz/Houwink ten Cate/Otto, Die Bürokratie der Okkupation, S. 11ff (16)) bzw. das Gebiet von Rumänien verwaltet wurde und unter deutscher Oberherrschaft Besatzungsland war (C in Isak Weißglas, Steinbruch am Bug, S. 91 ff (95)), wobei Prof. Dr. C seine Bewertung der Verhältnisse nicht näher begründet.

Im Sommer 1941 eroberten die deutschrumänischen Truppen Teile des sowjetischen Staatsgebiet gemeinsam und es wurde das eroberte Gebiet zunächst provisorisch von deutschen Militärbehörden verwaltet. Anschließend annektierte Rumänien die eroberten Gebiete von Bessarabien und der Bukowina und das Bug-Dnjepr-Gebiet wurde vom Deutschen Reich als Teil des Reichskommissariats Ukraine verwaltet. Durch die einseitige Erklärung vom 19.08.1941 unterstellte der rumänische Staatschef Antonescu das Gebiet Transnistrien der rumänischen Zivilverwaltung und gab den Willen kund, dass Rumänien die gesetzmäßige Gewalt übernimmt. Dies ergibt sich insbesondere aus Art. 1, 3 und Art. 8 des Dekretes, wonach der vom rumänischen Staatschef eingesetzte Bevollmächtigte direkt dem rumänischen Staatschef Antonescu und dem Ministerpräsidenten unterstellt war und der Bevollmächtigte alle notwendigen Maßnahmen zur Durchführung der Verwaltung in Übereinstimmung mit den von der rumänischen Regierung gegebenen Instruktionen ergreifen soll. Der Wille, die Gebietshoheit in Transnistrien in eigenem Namen, also im Namen Rumäniens auszuüben, wird auch deutlich aus der Äußerung von Staatschef Antonescu gegenüber Gouverneur Alexianu bei der Regierungssitzung vom 16.12.1941, wonach dieser dem Gouverneur Alexianu befahl, "dort zu regieren, als ob Rumänien diese Gebiete seit 2 Millionen Jahren beherrsche. Was später geschieht, werden wir sehen ..." ( wiedergebenen in Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania S. 46; Ancel, S. 24).

Rumänien übte die von ihm in Anspruch genommene Territorialhoheit effektiv aus. Durch den Vertrag von Tighina vom 30.08.1941 teilten Rumänien und das Deutsche Reich ihre Kompetenzen im Gebiet Transnistrien und im angrenzenden Bug-Dnjepr-Gebiet auf. Das Deutsche Reich erkannte in diesem Vertrag die rumänische Verwaltung von Transnistrien, also die Ausübung der Gebietshoheit durch Rumänien, an ( Ziffer 1a ) und übernahm die Ausübung der Gebietshoheit im östlich angrenzenden Bug-Dnjepr-Gebiet (Ziffer 1b). Ein Wille der deutschen Armee oder deutschen Regierung, in Transnistrien eigene Besatzungsgewalt auszuüben, ergibt sich nicht aus dem Vertragstext. Die Sicherung des Gebietes Transnistrien sollte ausschließlich durch rumänische Truppen gewährleistet werden, diese Truppen werden in Ziffer 3 e) des Vertrages als Besatzungstruppen bezeichnet. Die in Transnistrien stationierten rumänischen Truppen waren nicht dem territorialen Oberbefehlshaber der deutschen Einheiten und Dienststellen in Transnistrien, dem Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien, unterstellt, sondern dem rumänischen Generalstab in Bukarest. Die Deutsche Wehrmacht behielt sich im Vertrag von Tighina nur Kompetenzen hinsichtlich der Sicherung der Versorgung (Abführen von landwirtschaftlichen Erträgen zur Versorgung der deutschrumänischen Truppen), der Nachschubwege (Kompetenzen deutscher Stellen im Bereich des Verkehrs- und Nachrichtenwesen) und der Stationierung von Truppenteilen vor. Die vorbehaltenen Kompetenzen sind nicht Ausdruck eines territorialen Anspruchs, sondern sie dienten den strategischen Zielen der gemeinsamen Kriegsführung und der Sicherung der Durchführung des Ostfeldzugs. Dies ergibt sich auch aus den im Verfahren beigezogenen Dienstanweisungen für den territorialen Befehlshaber der deutschen Truppenteile und Dienststellen in Transnistrien. Soweit in § 4 des Vertrags von Tighina geregelt war, dass der rumänische Chef der Verwaltung im Interesse der gemeinsamen Kriegsführung in entscheidenden Fragen an die Weisungen des militärischen Oberfehlschabers in Transnistrien gebunden war, ist den beigezogenen Dienstanweisungen für den Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien zu entnehmen, dass diesem die Funktion eines territorialen Befehlshabers aller in Transnistrien stationierten deutschen Einheiten und Dienststellen übertragen wurde. Die Übernahme der obersten Gewalt in Transnistrien bzw. die Übertragung von Verwaltungsfunktionen gegenüber der Bevölkerung von Transnistrien war nicht Gegenstand der Dienstanweisungen. Ebenso ergibt sich aus den Dienstanweisungen nicht, dass das Deutsche Reich von einem Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen dem Chef der Verbindungsstelle der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien und dem rumänischen Zivilgouverneur ausging, vielmehr sollte der Chef der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien bei für die Kriegsführung erforderlichen Maßnahmen das Einvernehmen mit dem Gouverneur bzw. der rumänischen Regierung herstellen. Erst Mitte März 1944, als Rumänien Transnistrien militärisch aufgegeben, d. h. die tatsächliche Gewalt verloren hatte, installierte das Deutsche Reich eine deutsche Militärverwaltung für Transnistrien und reklamierte die Ausübung der obersten Gewalt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht auch die fehlende Regelung des zukünftigen staatsrechtlichen Status von Transnistrien im Vertrag von Tighina nicht gegen den Willen Rumäniens, die oberste Gewalt in diesem Gebiet im eigenen Namen auszuüben. Der Vertrag von Tighina hatte zwar nur provisorischen Charakter. Für eine kriegerische Besetzung ist aber charakteristisch, dass es sich um einen vorläufigen Zustand handelt. Denn die Dauer einer kriegerischen Besetzung hängt vom Kriegsverlauf ab, da sie entscheidend von der tatsächlichen Innehabung der Gewalt geprägt ist. Auch kann sich der Besatzungsstatus eines Gebietes durch vertragliche Vereinbarungen von verbündeten Staaten im Laufe einer Besetzung ändern. Aus den im Verfahren beigezogenen Dienstanweisungen der deutschen Wehrmacht ergibt sich, dass das Deutsche Reich Transnistrien der rumänischen Interessensphäre zuordnete und als Bestandteil des rumänischen Staatsgebietes betrachtete. Dies ist insbesondere den Eintragungen im Kriegtagebuch der 6. Armee vom 15./16.03.1944 zu entnehmen, wonach die Übernahme von Transnistrien von der rumänischen Verwaltung in die deutsche Militärverwaltung nur als vorübergehende Maßnahme gedacht war und Transnistrien auch nach Übernahme der Verwaltung als Bestandteil des rumänischen Staatsgebiets betrachtet wurde.

Rumänien verwaltete oder besetzte Transnistrien auch nicht für das Deutsche Reich. Der Senat schließt sich nach Auswertung der beigezogenen Dokumente und der Literatur der Rechtsprechung der Zivilgerichte und Verwaltungsgerichte zum Verhältnis zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich während des Zweiten Weltkriegs an, wonach es sich bei Rumänien nicht um einen "Marionettenstaat", sondern um einen souveränen Staat mit eigener Entscheidungsfreiheit handelte. Rumänien war während des Zweiten Weltkrieges ein weitgehend autonom agierender Bündnispartner des Deutschen Reiches, der zu keiner Zeit durch das Deutsche Reich militärisch besetzt war oder von diesem direkt seinem politischen Willen unterworfen wurde. Die in Rumänien stationierten Truppen der deutschen Wehrmacht waren nicht als Besatzungsmacht, sondern als verbündete Streitkräfte mit dem Einverständnis der rumänischen Regierung ins Land gekommen, um die rumänischen Ölverkommen gegen dritte Staaten zu sichern und den Angriff auf die Sowjetunion vorzubereiten. Rumänien zählte zwar zum Einflussbereich (Interessensphäre) des Deutschen Reiches, war aber nicht dem unmittelbaren Einflussbereich der deutschen Staatsführung in dem Sinne unterworfen, dass die deutsche Staatsführung unmittelbaren Einfluss auf die rumänische Staatsführung in dem Maße ausübte, dass diese sich beugen musste und demzufolge die von der deutschen Staatsführung gewünschten Maßnahmen als deren gefügiges Werkzeug anordnete und durchführte (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.06.1975,- III C 81.70 - m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 22.07.1978, - III C 56/77 -). Insbesondere in der Innenpolitik, auch auf dem Gebiet der Judenpolitik, war Rumänien nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte, der sich der Senat nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen anschließt, während der gesamten Dauer des Zweiten Weltkrieges ein vom Deutschen Reich unabhängiger und in seiner Willensentscheidung freier Staat (siehe Zusammenfassung: BVerwG, Urteil vom 13.06.1975, - III C 81.70 - m.w.N.). Auch im Hinblick auf die von Rechtsanwalt Dr. Lupal in der RzW 1977, 41 ff vertretenen Auffassung der völligen außen- und innenpolitischen Abhängigkeit Rumäniens vom Deutschen Reich, insbesondere in der Judenpolitik, seit dem 29.05.1940, sah das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, seine eigene Wertung der historischen Vorgänge und der daraus folgenden rechtlichen Beurteilung zu ändern (BVerwG, Urteil vom 22.06.1978, - III C 56.77- ), da Rechtsanwalt P seine Auffassung auf keine anderen historischen Tatsachen stützte, sondern nur auf eine andere Beurteilung.

Rumänien hatte in Transnistrien die judikative, legislative und exekutive Gewalt gegenüber der Bevölkerung inne und übte diese auch im eigenem Namen durch eigene Staatsangehörige in leitenden Positionen aus. Dabei war die Ausübung der Gebietshoheit über die volksdeutsche Minderheit, einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen mit dem Deutschen Reich vom 12.12.1941 und 14/30.08.1942 beschränkt. Abmachungen zu Gunsten der im Gebiet des Vertragsgegners lebenden Staatsangehörigen und ihren politischen Organisationen sowie zugunsten volkszugehöriger Minderheiten hinsichtlich der Einräumung einer besonderen Rechtstellung sind übliche Gegenstände völkerrechtlicher Verträge (BVerwG, Urteil vom 08.02.1968, - III C 16.67 -) und begründen keine vertragliche Übertragung von Besatzungsmacht.

Die Tatsache, dass Transnistrien zum gemeinsamen rückwärtigen Operationsgebiet der deutschrumänischen Armeeeinheiten gehörte und im Vertrag von Tighina der Deutschen Wehrmacht in Transnistrien Kompetenzen hinsichtlich der Sicherung der Versorgung (Abführen von landwirtschaftlichen Erträgen zur Versorgung der deutschrumänischen Truppen), Sicherung der Nachschubwege (Kompetenzen deutscher Stellen im Bereich des Verkehrs- und Nachrichtenwesens) und Stationierung von Truppenteilen eingeräumt waren, hat nicht zwangsläufig zur Folge, dass die Deutsche Wehrmacht oder die deutsche Regierung Besatzungsgewalt in Transnistrien effektiv ausübte. Truppenstationierungen, die Errichtung von deutschen Wehrmachtverbindungsstellen auf fremden Staatsgebiet sowie die Unterstellung fremder Truppen unter deutschen Oberbefehl sind nicht mit einer Besetzung gleichzustellen. Solche Maßnahmen sind nicht als Zeichen der Entmachtung - vorliegend Rumäniens -, sondern als Folgeerscheinungen eines Bündnisses oder gemeinsamer militärischer Operationen zu beurteilen (BVerwG, Urteil 13.06.1975, - III C 81.70 -; Urteil vom 08.02.1968, - III C 16.67 -). Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Deutsche Reich allein durch die Anwesenheit von militärischem Personal sowie des SkR einen erheblichen tatsächlichen Einfluss in Transnistrien hatte. Grundlage der Aktivitäten deutscher Hoheitsträger in Transnistrien waren aber vertragliche Vereinbarungen mit Rumänien. Für die Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetzt" ist nicht das Ausmaß des tatsächlichen Einflusses entscheidend, sondern ob das Deutsche Reich den Willen zur Ausübung der Besatzungsmacht hatte. Ein solcher Wille ist aus den beigezogenen Dokumenten und Literatur nicht erkennbar. Auch die Beteiligung von deutschen Hoheitsträgern, insbesondere des SkR und des Selbstschutzes an der Ermordung von Juden nach September 1941 in Transnistrien sowie die Tatsache, dass deutsche Firmen, Wehrmachtseinheiten, Bauabteilungen der Organisation Todt und andere deutsche Dienststellen Juden aus Transnistrien zum Arbeitseinsatz heranzogen, lässt nicht den Rückschluss auf die Ausübung von Gebietshoheit durch die deutsche Regierung in Transnistrien zu. Denn insbesondere aus dem Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania, (S.42 ff,(75,79,80,82)) ergibt sich , dass die rumänischen Hoheitsträger die deutschen Aktivitäten in Transnistrien unterstützen, förderten und diese ihrem Willen entsprachen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt aus der Tatsache, dass im Entschädigungsrecht anerkannt ist, dass es sich bei der Deportation von Juden aus der Bukowina/Bessarabien und Rumänien nach Transnistrien und dem Aufenthalt in einem Ghetto in Transnistrien um eine von den Deutschen im Sinne des § 43 BEG veranlasste Verfolgungsmaßnahme handelte (Beschluss der Länderkonferenz vom 22/23.06.1960, RzW 1960, 355; OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969,- 4 U (WG) 17/68 - , RzW 1969,475; OLG München, Urteil vom 31.07.1957, - 9 WEG 243/53 - , RzW 1957, 307) nicht zwangsläufig, dass sich der Anwendungsbereich des ZRBG auf Transnistrien erstreckt. Die Bejahung einer von den Deutschen veranlassten Judenverfolgung in Transnistrien nach § 43 BEG ist nicht mit dem Begriff "vom Deutschen Reich besetzt" gleichzusetzen. Nach § 43 BEG wird nicht jede Verfolgungsmaßnahme eines ausländischen Staates nach dem BEG entschädigt, sondern nur eine Freiheitsentziehung durch einen fremden Staat unter Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze auf Veranlassung des Deutschen Reiches. Dabei ist nach § 43 Abs. 3 BEG ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen einer Freiheitsentziehung nach § 43 Abs. 1 BEG gleichgestellt. Ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen wird angenommen, wenn die Verfolgte erheblichen und laufend streng überwachten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit unterworfen war und nach den sonstigen sich ergebenden Bedingungen ein Leben führen musste, das dem eines Häftlings sehr nahe kam (OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969, - 4 U(WG) 17/68 - m.w.N.). Der Aufenthalt der Juden in den Ghettos Transnistriens, insbesondere in Moghilev, wurde von der Zivilrechtsprechung als Leben unter haftähnlichen Bedingungen im Sinne von § 43 Abs. 3 BEG beurteilt (OLG Zweibrücken, Urteil vom 30.04.1969, - 4 U(WG) 17/68 - ; OLG München, Urteil vom 31.07.1957, - 9 WEG 243/53 - ). Auch aus den im Verfahren beigezogenen Unterlagen, insbesondere dem Abschlussbericht der internationalen Kommission über den Holocaust in Rumänien, ergibt sich, dass die rumänische Regierung für die gegen Juden in Transnistrien ergriffenen Maßnahmen verantwortlich war und eine eigenständige Judenpolitik verfolgte. Die Veranlassung und Mitwirkung deutscher Stellen an der Judenverfolgung in Transnistrien ist zwar der Grund für die Einstandspflicht des deutschen Staates nach dem BEG, obwohl Rumänien nach der entschädigungsrechtlichen Rechtsprechung während des Zweiten Weltkriegs ein souveräner Staat war. Denn die Einstandspflicht der Bundesrepublik nach § 43 BEG wird im Entschädigungsrecht auch für Freiheitsentziehungen von Juden durch ausländische Staaten angenommen, die von souveränen Staaten gegen ihre eigenen Staatsbürger in ihrem eigenen Staatsgebiet gerichtet waren, wie z. B. Maßnahmen der ungarischen Regierung gegen Juden ab 1941, Maßnahmen der rumänischen Regierung in "Altrumänien" und Maßnahmen der bulgarischen Regierung. Für den Eintritt der entschädigensrechtlichen Einstandspflicht ist aber die Innehabung der Gebietshoheit nicht erforderlich.

Auch die Einführung des RKKS anstelle der rumänischen Währung als Währung in Transnistrien begründet nicht die Annahme der Ausübung der obersten Gewalt durch das Deutsche Reich in Transnistrien. Für eine kriegerische Besetzung im Sinne des Völkerrechts ist nicht erforderlich, dass der besetzende Staat seine eigene Landeswährung im Besatzungsgebiet einführt. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass sowohl die Internationale Historikerkommission wie auch der Historiker Ancel die von den rumänischen Stellen verfügte Pflicht der deportierten Juden zum Umtausch der rumänischen Währung Lei in Rubel und von Rubel in RKKS, insbesondere der vom rumänischen Gouverneur verfügte Umtauschkurs von Rubel in RKKS, als Maßnahme zur Beraubung der jüdischen Bevölkerung bewerten (Final Report of the International Commission on the Holocaust in Romania, S.44; Ancel S.30).

Der Einwand der fehlenden Bundesgebiets-Beitragszeiten wird auch nicht durch die Regelungen des deutschisraelischen Sozialversicherungsabkommens beseitigt. Die in diesem Abkommen geregelte Inländergleichstellung (Art. 3) führt nur dazu, dass für die im Ausland lebenden Deutschen maßgeblichen Vorschriften für israelische Staatsangehörige anwendbar sind (Art. 3 Abs. 2). Diese Regelungen setzen aber für die Zahlung einer sog. Auslandsrente neben FRG-Zeiten nach § 272 SGB VI auch Bundesgebiets-Beitragszeiten voraus. Die vereinbarte Gebietsgleichstellung führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis (Art. 4). Denn nach den vertraglichen Regelungen bleiben die deutschen Rechtsvorschriften über Geldleistungen aus Versicherungszeiten, die nicht nach Bundesrecht zurückgelegt sind, unberührt (siehe zum inhaltlich identischen deutschamerikanischen Sozialversicherungsabkommen, BSG, Urteil vom 10.04.2003, - B 4 RA 43/02 R -).

Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zur mündlichen Verhandlung nach § 111 Sozialgerichtsgesetz (SGG) war nicht geboten. Denn der Klägerin ist im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung rechtliches Gehör gewährt wurden, da sie im Verfahren durch eine mit der Sachmaterie und dem Verfahrensrecht vertraute Bevollmächtigte vertreten war. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens war nicht zur weiteren Sachaufklärung erforderlich. Die Klägerin hatte im schriftlichen Verfahren ausreichend Gelegenheit, die aus ihrer Sicht maßgeblichen Tatsachen vorzutragen und Beweismittel anzubieten, auch nach dem Hinweis des Senats, dass das Vorliegen einer freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigung zu prüfen ist. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin unter Zuhilfenahme ihrer Bevollmächtigten nicht in der Lage war, zur Sachverhaltsaufklärung im schriftlichen Verfahren beizutragen. Die Anordnung des persönlichen Escheinens war auch zur Durchführung einer Parteivernehmung nicht erforderlich. Eine Parteivernehmung ist im sozialgerichtlichen Verfahren weder auf Antrag noch von Amts wegen zulässig (BSG, Beschluss vom 18.02.2003, - B 11 AL 273/02 B -; Beschluss vom 24.11.1990, - 1 BA 45/90 -; Beschluss vom 10.02.1998, - B 2 U 2/98 B -).

Weitere Ermittlungen von Amts wegen sind ebenfalls nicht geboten. Der Sachverhalt ist hinreichend geklärt. Unter Berücksichtigung der vom Senat vertretenen Auslegung des Begriffs "vom Deutschen Reich besetztes Gebiet" und der Auswertung der beigezogenen Dokumente, insbesondere des Vertrages von Tighina, und den Abhandlungen mehrerer Historiker über die Verhältnisse in Transnistrien verfügt der Senat über eigene Sachkunde, um Feststellungen über die Verhältnisse in Transnistrien zu treffen und ihre rechtliche Relevanz zu beurteilen. Der Senat hat sich daher nicht gedrängt gefühlt, entsprechend dem Beweisantrag der Klägerin ein völkerrechtlich/geschichtswissenschaftliches Gutachten zu den von der Klägerin vorformulierten Fragen 1 - 9 einzuholen. Soweit die Klägerin beantragt, ein völkerrechtlich/geschichtswissenschaftliches Gutachten einzuholen zu den Fragen, ob auf der Grundlage der Vereinbarung von Tighina davon auszugehen ist, dass das Gebiet von Transnistrien allein durch rumänische Truppen im Sinne der HLK besetzt war (Frage 1) und ob Transnistrien zumindest ein "vom Deutschen Reich beherrschtes Gebiet" (vgl. BT-Drs 14/8823, Seite 4, rechte Spalte unten) war, wenn es ein ausschließlich von Rumänien besetztes Gebiet war (Frage 6), ist der Beweisantrag überdies unzulässig. Der Beweisantrag dient insoweit nicht zur Feststellung bestimmter Tatsachen, sondern ist auf eine rechtliche Schlussfolgerung - nämlich die Auslegung eines Vertrages und dessen Subsumtion unter einer völkerrechtliche Vorschrift - sowie auf die Auslegung des Willens des Gesetzgebers gerichtet. Diese rechtliche Wertung obliegt dem Gericht. Auch handelt es sich nicht um einen Beweisantrag nach §§ 202 SGG, 293 ZPO zur Feststellung des Inhalts ausländischen Rechts. Des weiteren ist die Einholung eines geschichtswissenschaftlichen Gutachtens zu den vorformulierten Fragen 10 bis 24 nicht geeignet, Tatsachen festzustellen, die für die Prüfung der Frage, ob Transnistrien ein vom Deutschen Reich besetztes Gebiet im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG war bzw. die Klägerin aus eigenem Willensentschluss eine entgeltliche Tätigkeit ausübte, erforderlich sind. Die Fragen 10 bis 24 zielen auf die Feststellung der Lebensverhältnisse der Juden, insbesondere der rechtlichen Vorgaben für die Beschäftigungen, der Organisation und die Durchführung von Beschäftigungen in den Ghettos in Transnistrien ab. Inwieweit solche Feststellungen geeignet sein sollen, die Frage, ob Transnistrien vom Deutschen Reich besetzt war, zu klären, ist dem Senat nicht ersichtlich. Historische Erkenntnisse über die Bedingungen des Arbeitseinsatzes von Juden in Ghettos sind bei der Frage, ob die Ausübung einer freiwilligen und entgeltlichen Beschäftigung im Einzelfall glaubhaft gemacht ist, mit zu berücksichtigen, sie ersetzen aber nicht den Vortrag einer Beteiligten über die Begründung und Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses im Einzelfall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.