LAG Düsseldorf, Urteil vom 31.01.2006 - 6 Sa 1441/05
Fundstelle
openJur 2011, 40425
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 Ca 4544/05

1. Eine Weihnachtsgratifikation mit "Freiwilligkeitsvorbehalt" kann auch dann eindeutig vorliegen, wenn von einem "Widerruf" die Rede ist.

2. Zur Zulässigkeit des Ausschlusses von betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmern.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.09.2005 2 Ca 4544/05 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 2004.

Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in der Zeit vom 04.06.1990 bis zum 28.02.2005 als gewerblicher Mitarbeiter zu einem monatlichen Bruttoverdienst von 2.636,-- € beschäftigt.

Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger sowie weiteren 13 Mitarbeitern - im November 2004 betriebsbedingt zum 30.04.2005 gekündigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete schließlich am 28.02.2005, nachdem der Kläger das Angebot der Beklagten zur vorzeitigen Vertragsbeendigung angenommen hatte.

Der Arbeitsvertrag vom 11.05.1990 lautet unter anderem wie folgt:

3. Sonstige Leistungen

3.1 T. zahlt Urlaubsgeld für die effektiv zu beanspruchenden Urlaubstage in Höhe von 50 % des durchschnittlichen Bruttomonatsgehaltes der letzten drei Monate vor Auszahlung.

3.2 T. gewährt eine Weihnachtsgratifikation von 50 % des monatlichen Durchschnittlohnes währen der letzten drei Monate. Als Stichtag für die Berechnung des monatlichen Durchschnittlohnes gilt der 1. November.

Für die Betriebszugehörigkeit gilt das Kalenderjahr.

Endet das Arbeitsverhältnis durch Kündigung seitens des Arbeitnehmers oder seitens der Firma aus Gründen, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bei Gratifikationen bis einschließlich 50 % des monatlichen Durchschnittlohnes vor dem 01.04. des Folgejahres

oder

bei Gratifikationen in Höhe von einem vollen produktiven Monatslohn vor dem 01.07. des Folgejahres,

dann ist die Weihnachtsgratifikation in voller Höhe zurückzuzahlen, sofern sie DM 200,00 übersteigt. Die gezahlte Weihnachtsgratifikation gilt dann als Lohnvorschuss, der bei der Endabrechnung einbehalten wird.

Die Weihnachtsgratifikation wird freiwillig ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Übernahme einer Verpflichtung für die Zukunft gezahlt. Auf die Zahlung besteht kein Rechtsanspruch, sie steht im Ermessen von T..

3.3 Die betriebliche Altersversorgung wird ausdrücklich ausgeschlossen.

3.4 Bei Inanspruchnahme der Gemeinschaftsverpflegung gewährt T. einen Essensgeldzuschuss von DM 1,50 pro effektivem Arbeitstag.

3.5 Für Kontoführungsgebühren bezahlt T. dem Arbeitnehmer pro Monat DM 2,50 brutto.

3.6 T. gewährt zusätzlich zum Gehalt einen Arbeitgeberanteil für vermögenswirksame Leistungen in Höhe von monatlich DM 52,00.

3.7 Die sonstigen Leistungen gemäß den Ziffern 3.1 bis 3.6 können von T. nach freiem Ermessen widerrufen werden.

In der Folgezeit zahlte die Beklagte an ihre Mitarbeiter Weihnachtsgratifikationen stets mit dem Novembergehalt Ende November. Dabei erfolgten vor der Auszahlung in den Jahren 2001, 2002, 2003 und 2004 Aushänge, die beispielhaft im Jahre 2004 folgenden Wortlaut enthielten:

Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

als Dank für Ihre zuverlässige Mitarbeit erhalten Sie zu Weihnachten 2004 eine freiwillige Zahlung.

Diese Weihnachtsgratifikation wird bezahlt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Übernahme einer Verpflichtung für die Zukunft. Auf diese Leistung besteht kein Rechtsanspruch, auch nicht im Falle wiederholter Zahlung.

Die Berechnung erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie im Jahre 2003.

Von der Weihnachtsgratifikation ist der-/diejenige Mitarbeiter/Mitarbeiterin ausgeschlossen, der/die sich am Auszahlungstag in einem gekündigten Arbeitsverhältnis befindet.

Endet das Arbeitsverhältnis durch Kündigung seitens des Arbeitnehmers oder seitens der Firma vor dem 01.04. des Folgejahres aus Gründen, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin liegen, dann ist die Weihnachtsgratifikation in voller Höhe zurückzuzahlen.

Die gezahlte Weihnachtsgratifikation gilt dann als Vergütungsvorschuss, der bei der Endabrechnung von N. einbehalten wird.

Die Auszahlung der Weihnachtsgratifikation erfolgt mit der November-Abrechnung.

Für Ihren Einsatz bedanken sich

...

Die Beklagte zahlte an ihre Mitarbeiter im November mit der Vergütung für den Monat November eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 60 % eines monatlichen Bruttogehaltes. Ausgenommen wurden die gekündigten Mitarbeiter.

Mit seiner am 01.07.2005 eingerechten Klage verlangt der Kläger auch für sich 1.561,-- € (brutto) als Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2004.

Er hat geltend gemacht, dass die Gratifikation im Arbeitsvertrag zugesagt worden sei und die später aufgestellte Voraussetzung eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelung irrelevant sei. Schließlich verstoße die Nichtzahlung gegen den Aspekt der Gleichbehandlung. Schließlich sei die Regelung unklar, da sie sowohl als freiwillige als auch als widerrufliche Leistung gestaltet sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.561,-- € brutto nebst Zinsen in

Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem

28.02.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, dass ausweislich des Arbeitsvertrages und ausweislich der Aushänge in jedem Jahr deutlich gemacht worden sei, dass es sich bei dem Weihnachtsgeld um eine freiwillige Leistung handle. In 2004, sowie in den vorangegangenen Jahren, sei entschieden worden, dass die Mitarbeiter in einem gekündigten Arbeitsverhältnis keine Gratifikation erhielten. Diese Differenzierung sei auch nicht sachwidrig. Schließlich hätte der Kläger die Gratifikation auch zurückzahlen müssen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 26.09.2005 der Klage stattgegeben und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Vereinbarungen des Arbeitsvertrages unklar gewesen seien, sodass von der strengeren Form des Widerrufsvorbehaltes auszugehen sei. Nach allgemeiner Auffassung sei bei der Formulierung von Gratifikationen auf eindeutige Formulierungen zu achten. Unklar sei dabei die Formulierung freiwillig unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs . Im Streitfall spreche 3.2 von einer freiwilligen Leistung, in Ziffer 3.7 aber werde von einem Widerrufsvorbehalt gesprochen. Derartige Klauseln seien nach allgemeiner Auffassung als Widerrufsvorbehalt auszulegen. Da ein Widerruf für das Jahr 2004 nicht erfolgt sei, habe der Kläger nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf die Sonderleistung.

Gegen das am 13.10.2005 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts wendet sich die Beklagte mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Die Parteien wiederholen im Wesentlichen ihre erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassungen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts vom 26.09.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat darüber hinaus Zweifel daran geäußert, ob die vorliegende Berufung ausreichend begründet worden ist.

Im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.

Gründe

I.

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.09.2005 ist zulässig. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.

2. Die Zweifel des Klägers an der ordnungsgemäßen Begründung der Berufungsschrift im Sinne von § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 522 Abs. 1, 520 Abs.3 Satz 2 Ziff. 2 ZPO teilt die Berufungskammer nicht.

Zwar ist richtig, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sich die Berufungsbegründung im Einzelnen mit dem angefochtenen Urteil auseinander setzten muss.

Danach muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben, oder die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen in dem angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine neue Feststellung gebieten, enthalten. Diese Anforderungen an eine Berufungsbegründung gelten gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren (vgl. ErfK/Koch, 5. Aufl., § 66 ArbGG Rn. 13; Urteil der 14. Kammer vom 25.07.2003, LAGE Nr. 19 zu § 66 ArbGG 1979 m.w.N.). Geht es, was im Streitfall allein in Betracht kommt, um die (sachliche) Rüge eines Rechtsverstoßes, muss in der Berufungsbegründung eine Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen der erstinstanzlichen Entscheidung stattfinden. Erforderlich ist dabei zwar weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen Rügen. Die Begründung muss aber auf den Streitfall zugeschnitten sein und erkennen lassen, in welchen Punkten und aus welchen materiellrechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 15.06.2000, NJW 2001, 228; BAG, Urteil vom 15.08.2002, EzA Nr. 14 zu § 519 ZPO; zum neuen Prozessrecht: BGH, Beschluss vom 26.06.2003, NJW 2003, 2532 f.; BAG, Urteil vom 23.09.2004 6 AZR 567/03 -, unter I 1 der Gründe; LAG Düsseldorf vom 08.11.2004 14 Sa 1250/04). Den vorstehenden Anforderungen wird die Berufungsbegründung gerecht.

Die Beklagte ist in der Berufungsbegründung hinreichend deutlich und umfänglich der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts entgegen getreten, dass die arbeitsvertragliche Vereinbarung widerruflich ausgestaltet sei; vielmehr hat sie geltend gemacht, dass der Arbeitsvertrag und die jährlichen Aushänge einen eindeutigen Freiwilligkeitsvorbehalt beinhalten. Die Beklagte hat sich insoweit zur Begründung darauf berufen, dass die Formulierung in dem Arbeitsvertrag eine freiwillige Leistung beinhalte und damit die Beklagte jedes Jahr neu habe entscheiden können, ob, ob überhaupt und in welcher Höhe und zu welchen Bedingungen sie unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine Zahlung gewähren kann. Dies reicht im Streitfall zur Berufungsbegründung aus.

II.

Die Zulässige Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Entgegen der Auffassung des Klägers hat er keinen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2004. Aufgrund dessen war das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. Zu Recht hat zwar das Arbeitsgericht festgestellt, dass im Streitfall bei Annahme eines Widerrufsvorbehaltes in der einzelvertraglichen Regelung nicht feststellbar ist, dass die Beklagte einen Widerruf insoweit ausgeübt hätte.

2. Dies würde jedoch voraussetzen, dass ein Gratifikationsanspruch für den Kläger ursprünglich entstanden wäre, der hätte widerrufen werden müssen.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und entgegen der Auffassung des Klägers ist die Berufungskammer jedoch der Auffassung, dass die einzelvertragliche Regelung eindeutig und unmissverständlich unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes die Zahlung der Gratifikation unter den Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt hat, so dass ein Anspruch des Klägers gar nicht erst entstanden ist.

a) Die Parteien haben unzweifelhaft mit der einzelvertraglichen Regelung in Ziffer 3.2 des Arbeitsvertrages vom 11.05.1990 nicht etwa ein dreizehntes Monatsgehalt im eigentlichen Sinne vereinbart, das etwa pro rata temporis zu zahlen wäre, sondern eine Sondervergütung (Gratifikation) mit Mischcharakter. Davon wird gesprochen, wenn die vertraglichen Vereinbarungen ausweislich des Vertragsinhalts nicht nur eine Arbeitsleistung in der Vergangenheit belohnen sollen, sondern auch eine Betriebstreue in der Zukunft.

Der Zweck ergibt sich aus den Voraussetzungen, von deren Erfüllung die Leistung der Zusage abhängig gemacht ist. Soll allein die bewiesene Betriebstreue belohnt werden, so kommt dies regelmäßig dadurch zum Ausdruck, dass der Anspruch erst entsteht, wenn der Arbeitnehmer innerhalb des Bezugszeitraums für eine bestimmte Dauer dem Betrieb angehört hat und zu einem bestimmten Stichtag noch Arbeitnehmer ist. Soll auch die zukünftige Betriebstreue belohnt werden, so wird dies zumindest dadurch sichergestellt, dass der Arbeitnehmer am Ende des Bezugszeitraums in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht oder dass er auch nach dem Bezugszeitraum bis zu einem bestimmten Stichtag des folgenden Jahres dem Betrieb angehören muss. Nur wenn die Zahlung zugesagt wird, ohne weitere Voraussetzungen des Anspruchs zu benennen, ist im Zweifel davon auszugehen, dass lediglich eine zusätzliche Vergütung für geleistete Arbeit innerhalb des Bezugszeitraums bezweckt wird (BAG 11.10.1995, NZA 1996, 542; BAG 16.03.1994, NZA 1994, 747, Schaub Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., § 78 Rdnr. 6 m. w. N.).

Im Streitfall haben die Parteien eine Weihnachtsgratifikation vereinbart, in der ausweislich des Arbeitsvertrages nicht nur die Arbeitsleistung und Betriebstreue in der Vergangenheit belohnt wird sondern auch die Betriebstreue in der Zukunft; dies folgt daraus, dass bei Ausscheiden in bestimmten Fällen vor dem 01.04. des Folgejahres bzw. 01.07. des Folgejahres die Weihnachtsgratifikation als Vorschuss zurückzuzahlen ist.

b) Diese Gratifikation mit Mischcharakter haben die Parteien ausweislich des letzten Absatzes von Ziffer 3.2 des Arbeitsvertrages unmissverständlich mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt ausgestattet. Dort ist nämlich festgelegt, dass die Weihnachtsgratifikation freiwillig ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Übernahme einer Verpflichtung für die Zukunft gezahlt (wird). Auf die Zahlung besteht kein Rechtsanspruch, sie steht im Ermessen von T. .

Diese Regelung ist für sich genommen vom Wortlaut und nach ihrem Sinn und Zweck eindeutig und erfasst den Anspruch auf Weihnachtsgratifikation, der in 3.2 der arbeitsvertraglichen Vereinbarung geregelt ist (vgl. für den praktisch gleichen Wortlaut BAG vom 12.01.2000 10 AZR 840/98 NZA 2000, 944).

Dieser Freiwilligkeitsvorbehalt hindert das Entstehen eines vertraglichen Anspruchs und lässt dem Arbeitgeber die Freiheit, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Inhalt eine Gratifikation an welche Arbeitnehmer gezahlt werden soll. Ein Anspruch für ein bestimmtes Jahr entsteht erst entweder mit der vorbehaltlosen Zusage, auch in diesem Jahr eine Gratifikation zahlen zu wollen oder mit der tatsächlichen Zahlung der Gratifikation nach Maßgabe des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (BAG vom 12.01.2000, a. a. O.; BAG vom 06.12.1995 10 AZR 198/95 AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 187).

Anders als bei der Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts kann der Arbeitgeber die Leistung ohne vorherige Ankündigung und ohne Bindung an § 315 BGB einstellen oder die Voraussetzungen für ihre Gewährung ändern. Der Arbeitnehmer, der weiß, dass der Arbeitgeber noch darüber entscheiden muss, ob er überhaupt eine Gratifikation zahlen will, muss auch damit rechnen, dass der Arbeitgeber sie von anderen Voraussetzungen und Bedingungen abhängig macht. Dazu gehört es auch, dass bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern von der Leistung gänzlich ausgenommen werden (BAG vom 12.01.2000, a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich ohne weiteres, dass entgegen der Auffassung des Klägers es der Beklagten unbenommen war, wie zumindest seit 2001 geschehen, den Anspruch des Weihnachtsgeldes davon abhängig zu machen, dass der Mitarbeiter sich am Auszahlungstag in einem gekündigten Arbeitsverhältnis befindet. Der Arbeitgeber ist in der inhaltlichen Ausgestaltung der Sonderzahlung bis zum Auszahlungszeitpunkt frei und dementsprechend auch grundsätzlich berechtigt, die Leistungsgewährung von vorher nicht bekannt gegebenen Gesichtspunkten abhängig zu machen (vgl. LAG Hamm vom 09.06.2005 8 Sa 2403/04 NZA RR 2005, 624/625).

c) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts führt im Streitfall die Unklarheitenregelung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht dazu, dass die Gratifikationszusage als solche anzusehen ist, die nur widerrufen werden kann.

aa) Zwar ist richtig, dass ein Widerrufsvorbehalt einen Anspruch voraussetzt, der widerrufen werden kann, während ein Freiwilligkeitsvorbehalt einen derartigen Anspruch erst gar nicht entstehen lässt.

Ein derartiger Widerrufsvorbehalt, der mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verknüpft worden ist und deshalb zur Unklarheit führen könnte, liegt im Streitfall jedoch nicht vor.

Im Arbeitsvertrag ist nämlich nicht etwa die Gratifikation freiwillig unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs (vgl. insoweit die Formulierung bei Küttner/Kania, Personalhandbuch 2005 Widerrufsvorbehalt/Freiwilligkeitsvorbehalt Rdnr. 11) vereinbart worden. Mag eine Unklarheit noch in Betracht gezogen werden können, wenn Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerruf in einem Satzteil aufgeführt worden sind, so ist dies im Streitfall jedoch anders. In Ziffer 3.2 des Arbeitsvertrages ist ausdrücklich der Freiwilligkeitsvorbehalt aufgeführt und die Tatsache, dass kein Rechtsanspruch auf die Leistung besteht. Erst in Ziffer 3.7 ist aufgeführt, dass die Leistungen gemäß den Ziffern 3.1 bis 3.6 nach freiem Ermessen widerrufen werden können.

Hinsichtlich der sonstigen Leistungen in Ziffer 3.1 (Urlaubsgeld), 3.4 (Essensgeldzuschuss), 3.5 (Kontoführungsgebühren) und 3.6 (Arbeitgeberanteil zu vermögenswirksamen Leistungen) macht dies auch Sinn, weil insoweit eine vorbehaltlose Leistung zugesagt worden ist, die lediglich unter einem Widerruf gestellt worden ist.

Zwar ist in Ziffer 3.7 die Ziffer 3.2 nicht ausdrücklich ausgenommen worden. Aus der eindeutigen und insoweit völlig anders gelagerten Formulierung gegenüber den anderen Ziffern unter Sonstige Leistungen lässt sich jedoch unmissverständlich entnehmen, dass das Weihnachtsgeld eben ohne Rechtsanspruch für die Zukunft entstehen soll. Dies hat die Beklagte auch durch die jährlichen Aushänge noch einmal verdeutlicht.

Bei diesen Gesamtumständen konnte auch unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes der Kläger nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber auf seine Entscheidungsfreiheit verzichten wollte. Allein die Tatsache, dass die Beklagte jährlich tatsächlich eine Weihnachtsgratifikation mit ausdrücklichem Vorbehalt gezahlt hat, lässt gerade nicht den Schluss zu, dass der Arbeitgeber nur noch ein Widerrufsrecht ausüben wollte.

bb) Soweit das Arbeitsgericht allein aus der Tatsache, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt und ein Widerrufsvorbehalt in den vertraglichen Vereinbarungen auftaucht, aufgrund der Widersprüchlichkeit davon ausgeht, dass dann von einem Widerrufsvorbehalt auszugehen ist, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Zwar wird dies von Küttner/Kania in der oben zitierten Fundstelle diskutiert und auch Preis (Der Arbeitsvertrag, 2. Aufl., II V 70, Rdnr. 113) rät dazu, Formulierungen, die eine Leistung unter zwei Arten von Vorbehalten stellen, die sich gegenseitig ausschließen, zu vermeiden. Daraus ist jedoch nicht der Schluss gerechtfertigt, dass ohne weiteres nur von einem Widerrufsvorbehalt auszugehen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Verknüpfung von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt nicht ohne weiteres mit der Folge der Klauselnichtigkeit belegt (vgl. BAG vom 23.10.2002 10 AZR 48/02 NZA 2003, 557; vom 26.03.1997 10 AZR 612/96 NZA 1997, 1007; LAG Düsseldorf vom 30.11.2005 12 Sa 1210/05 n. V. , I 1 der Gründe; LAG Düsseldorf vom 30.08.2005 8 (12) Sa 101/05 n. V., für eine Regelung die im freien Ermessen des Arbeitgebers liegt, jederzeit widerruflich ist und auch nach mehrmaliger Zahlung keinen Rechtsanspruch begründet ).

Auch in der Literatur wird deshalb nicht an der formalistischen Betrachtungsweise auch im Geltungsbereich des neuen Schuldrechts festgehalten, dass bei einer eindeutigen Formulierung alleine die Aufführung von Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsvorbehalt zur Bejahung der Unklarheitenregelung führt (HWK/Thüsing, § 611 BGB, Rdnr. 509; Vossen, Die Jahressondervergütung NZA 2005, Seite 734 m.w.N.).

cc) Jedenfalls hat das für die sogenannten Altfälle zu gelten. Die Vereinbarung des Vorbehalts datiert aus der Zeit vor dem 01.01.2002, so dass selbst wenn man die Klausel für nicht klar erachten würden die dann entstehende Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen wäre, um die unverhältnismäßige Rückwirkung des § 306 Abs. 2 BGB verfassungskonform abzumildern. Um dem Willen und den Interessen der Vertragsparteien angemessen Rechnung zu tragen, wäre zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Widerrufsklausel bekannt gewesen wäre (BAG vom 12.01.2005 5 AZR 364/04 NZA 2005, 465). Danach liegt nahe, dass die Parteien im Hinblick auf die bereits bestehenden Regelungen die Ziffer 3.2 bei der Widerrufsregelung in 3.7 des Arbeitsvertrages nicht mehr aufgeführt hätten. Dies entspräche nämlich der in den Folgejahren durch die jeweiligen Aushänge deutlich gemachten Intensionen des Arbeitgebers. In den Aushängen ist der Widerrufsvorbehalt auch nicht mehr aufgeführt.

2. Der Ausschluss des Klägers in der Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2004 ist auch im Übrigen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Insbesondere ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Zahlung aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Zwar ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillige Leistungen gewährt, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden (BAG vom 26.10.1994 10 AZR 109/93 NZA 1995, 307). Diese Bindung an den Gleichbehandlungsgrundsatz wird auch durch einen in den Vorjahren regelmäßig erklärten Freiwilligkeitsvorbehalt wie im Streitfall für das Jahr der Zahlung nicht ausgeschlossen.

Der Ausschluss des Klägers von der Zahlung der Weihnachtsgratifikation wegen seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Die Differenzierung nach dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einerseits und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor der Zusage oder der Auszahlung der Weihnachtsgratifikation ist nicht sachwidrig oder willkürlich; vielmehr wird Ungleiches seiner Eigenart nach zu recht ungleich behandelt.

Es entspricht nämlich allgemeiner Übung auch und gerade in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen ebenso wie in Einzelarbeitsverträgen dass der Anspruch auf eine Gratifikation oder Sonderzahlung davon abhängig gemacht werden kann, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Stichtag überhaupt oder sogar ungekündigt noch besteht. Eine solche Regelung ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für zulässig erachtet worden. Die Kammer sieht keine Veranlassung von dieser Rechtsprechung abzuweichen (vgl. BAG vom 19.11.1992 10 AZR 264/91 NZA 1993, 353; BAG vom 26.10.1994 10 AZR 109/93 a. a. O.).

Im Streitfall hat die Beklagte unstreitig nur den aufgrund der betriebsbedingten Kündigung ausgeschiedenen Mitarbeitern, die zum Zeitpunkt der Auszahlung des Weihnachtsgeldes bereits gekündigt waren, kein Weihnachtsgeld bezahlt. Damit hat die Beklagte den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt.

b) Es ist auch nicht unbillig gemäß § 242 BGB bzw. nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB unzulässig, sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu berufen, da die Beklagte die Kündigung rechtswirksam aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen hat.

Bei einer Sonderzahlung, die als Belohnung bisheriger Dienste und zugleich in Erwartung zukünftiger Betriebstreue wie hier gezahlt wird, können beide Voraussetzungen als gleichwertig ausgestaltet werden, so dass der Zahlungsanspruch die Erfüllung beider Merkmale voraussetzt. Eine zukunftsbezogene Stichtagsregelung ist aber nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer denkbar. Der Arbeitgeber kann auch die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil die motivierende Wirkung einer Sonderzahlung sich nur bei Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betriebsrat noch oder noch einige Zeit angehören. Bei dieser statthaften Zwecksetzung kommt es auf die Art der Verhinderung der Voraussetzungen nicht an, sofern diese selbst nicht rechtswidrig ist. Davon kann bei einer sozialgerechtfertigten betriebsbedingten Kündigung nicht ausgegangen werden. Es ist deshalb in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass eine Stichtagsregelung nicht deshalb in Frage gestellt wird, weil die Nichterreichung des Stichtags aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers erfolgt ist. Es ist nicht unwillig oder treuwidrig, einen Arbeitnehmer im Falle einer sozial gerechtfertigten betriebsbedingten Kündigung vom Bezug einer freiwilligen Sonderzahlung auszunehmen (vgl. BAG vom 19.11.1992 10 AZR 264/91 NZA 1993, 353).

Ein widersprüchliches oder treuwidriges Verhalten im Sinne von § 162 BGB käme darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur aufgelöst hätte, um die Entstehung des Zuwendungsanspruchs des Arbeitnehmers zu vereiteln. Dafür hat der Kläger nichts vorgetragen. Im Übrigen ergibt sich aus der Tatsache, dass die Beklagte dem Kläger wie dreizehn anderen Mitarbeitern offensichtlich zu recht betriebsbedingt gekündigt hat, dass diese Kündigung nicht willkürlich und aus sachfremden Motiven erfolgt ist.

III.

Da der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch die Voraussetzungen einer Divergenzrevision ersichtlich sind, bestand für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht kein gesetzlicher Grund.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig beim Bundesarbeitsgericht angefochten werden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.

Goeke Lescanne Kralj