OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.06.2005 - 8 E 283/05
Fundstelle
openJur 2011, 35797
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 26 K 1585/04
Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Februar 2005, mit dem der Rechtsstreit an das Landgericht Wuppertal verwiesen worden ist, aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung von Auskünften und die Aushändigung von Unterlagen über Vorgänge im Zusammenhang mit dem Ausbau der X. T. und dessen öffentlicher Förderung. Zur Begründung dieses Begehrens beruft er sich auf einen Anspruch auf Informationszugang nach dem Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein- Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW) vom 27. November 2001 (GV. NRW. S. 806).

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit dem angefochtenen Beschluss den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an das Landgericht Wuppertal verwiesen. Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde des Klägers hat Erfolg.

Die vom Verwaltungsgericht angenommenen Voraussetzungen für eine Verweisung des Verfahrens an die Zivilgerichtsbarkeit sind nicht erfüllt. Der vorliegende Rechtsstreit ist eine öffentlichrechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlichrechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche gesetzliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird.

Vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85 -, BVerwGE 74, 369, m.w.N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Juni 2000 - 21 E 472/00 -, NWVBl. 2001, 19, vom 11. Mai 2004 - 8 E 379/04 - und vom 25. Mai 2004 - 21 E 62/04 -, BauR 2004, 1750 = NVwZ-RR 2004, 776, jeweils m.w.N.

Öffentlichrechtlich sind danach Streitigkeiten, wenn sie sich als Folge eines Sachverhalts darstellen, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist. Der Charakter des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses bemisst sich nach dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Natur des Rechtsverhältnisses, nicht dagegen die rechtliche Einordnung des geltend gemachten Anspruchs durch den Kläger selbst.

Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 1994 - 5 C 33.91 -, BVerwGE 96, 71 = NJW 1994, 2968; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Juni 2000 - 21 E 472/00 -, a.a.O., vom 11. Mai 2004 - 8 E 379/04 - und vom 25. Mai 2004 - 21 E 62/04 -, a.a.O.

Ausgehend hiervon ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, weil die für das Rechtsschutzbegehren des Klägers in Betracht kommende Anspruchsgrundlage dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist.

Der Kläger stützt die geltend gemachten Ansprüche auf Erteilung von Auskünften und Aushändigung von Unterlagen - allein - auf § 4 Abs. 1 IFG NRW. Danach hat jede natürliche Person nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgesetzes NRW gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei

der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen.

§ 4 Abs. 1 IFG NRW stellt eine dem öffentlichen Recht zuzuordnende Anspruchsgrundlage dar, weil diese Vorschrift allein eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt begründet.

Anspruchsverpflichtet sind nach § 4 Abs. 1 IFG NRW die in § 2 IFG NRW genannten Stellen. Diese sind sämtlich Träger staatlicher Gewalt.

Für die in § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW genannten öffentlichen Stellen, nämlich Behörden, Einrichtungen und sonstige öffentliche Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen, liegt dies ohne Weiteres auf der Hand.

Nichts anderes gilt aber für die in § 2 Abs. 4 IFG NRW als Anspruchsverpflichtete angesprochenen natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts. Denn § 4 Abs. 1 IFG NRW begründet für diese privatrechtlichen Personen nur insoweit eine Anspruchsverpflichtung, als sie öffentlichrechtliche Aufgaben wahrnehmen. Bei der Wahrnehmung öffentlichrechtlicher Aufgaben werden aber auch natürliche und juristische Personen des Privatrechts als Träger staatlicher Gewalt tätig.

Dass die Vorschrift, auf die der Kläger seinen Anspruch stützt, eine dem öffentlichen Recht zuzuordnende Anspruchsgrundlage darstellt, reicht für die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg aus. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist es nicht erforderlich, dass "zumindest ein Verfahrensbeteiligter ... eine Behörde oder eine mit hoheitlichen Befugnissen versehene sonstige Stelle sein" muss. Entscheidend für die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg ist vielmehr allein, dass die vom jeweiligen Kläger geltend gemachte Anspruchsgrundlage eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt begründet und deshalb öffentlichrechtlicher Natur ist. Ob der jeweilige Beklagte tatsächlich ein Träger staatlicher Gewalt ist, ist vielmehr allein eine Frage der Begründetheit der Klage. Das bedeutet für den vorliegend in Rede stehenden Fall, dass die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nicht mit der Begründung verneint werden kann, die Beklagte sei als Aktiengesellschaft eine juristische Person des Privatrechts. Vielmehr stellt es eine Frage der Begründetheit der - von den Verwaltungsgerichten zu entscheidenden - Klage dar, ob die Beklagte zu dem in § 2 Abs. 4 IFG NRW genannten Kreis der Anspruchsverpflichteten zu zählen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Vgl. Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 41 zu § 17 a GVG Rn. 35, m.w.N.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (vgl. § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG) liegen nicht vor.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.