OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01.12.2004 - 8 A 3635/04
Fundstelle
openJur 2011, 35779
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 19. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einer Studiengebühr für das Sommersemester 2004. Sie ist seit dem Wintersemester 1997/1998 an der Universität zu L. im Studiengang Betriebswirtschaftslehre eingeschrieben; im Wintersemester 1999/2000 nahm sie ein Urlaubssemester. Zuvor war sie im Wintersemester 1996/1997 und im Sommersemester 1997 im Studiengang Rechtswissenschaften immatrikuliert.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung von Studienkonten und zur Erhebung von Hochschulgebühren vom 28. Januar 2003 (Studienkonten- und -finanzierungsgesetz - StKFG -, GVBl NRW S. 36) am 1. Februar 2003 und der Verordnung über die Einrichtung und Führung von Studienkonten mit Regelabbuchung sowie über die Erhebung von Gebühren an den Universitäten, Fachhochschulen und Kunsthochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17. September 2003 (RVO-StKFG NRW, GVBl NRW S. 570) am 2. Oktober 2003 zog der Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 6. Februar 2004 für das Sommersemester 2004 zu einer Studiengebühr nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG in Höhe von 650,00 EUR heran. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin sei bereits im fünfzehnten Fachsemester immatrikuliert; denn sie habe sechzehn Hochschulsemester absolviert, in denen ein Urlaubssemester enthalten sei. Ihr stehe zum Sommersemester 2004 kein Studienguthaben mehr zur Verfügung, da ihr Studium die Dauer des 1,5-fachen der Regelstudienzeit für den Studiengang Diplom/Betriebswirtschaft von neun Semestern überschreite.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 10. März 2004 Widerspruch. Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie zum dritten Hochschulsemester vom Studiengang Rechtswissenschaft zum Studiengang Betriebswirtschaftslehre gewechselt habe. Deshalb komme die Regelung des § 2 Abs. 3 StKFG zur Anwendung, wonach bei Studiengangwechseln bis zum Beginn des dritten Hochschulsemesters erneut ein neues Studienguthaben gewährt werde. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift auf Studierende, die ihr Studium ab dem Wintersemester 2002/2003 begonnen hätten, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Zudem werde bei der Gewährung von Bonussemestern eine vergleichbare Unterscheidung nicht vorgenommen.

Mit Bescheid vom 6. April 2004 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er ergänzend aus, die Anwendung des § 2 Abs. 3 StKFG auf Studierende, die ihr Studium vor dem Wintersemester 2002/2003 aufgenommen hätten, sei ausgeschlossen, da diesen nicht "erneut" ein vollständiges Studienguthaben gewährt werden könne. Denn es fehle an einer vorangegangenen ersten Gewährung eines vollen Studienguthabens. Außerdem sei § 2 Abs. 3 StKFG auf diese Studierenden auch deshalb nicht anwendbar, weil deren Studiengangwechsel nicht unter dem Eindruck der Anreizfunktion des § 2 Abs. 3 StKFG erfolgt sei. Insofern sei die Situation nicht mit der rückwirkenden Gewährung von Bonussemestern vergleichbar, die im Hinblick auf besondere Lebenslagen erfolge.

Die Klägerin hat am 7. Mai 2004 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 6. Februar 2004 und seinen Widerspruchsbescheid vom 6. April 2004 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat zunächst auf die Ausführungen in Beschlüssen der Verwaltungsgerichte Gelsenkirchen, Düsseldorf und Köln zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes verwiesen. Darüber hinaus ist er der Ansicht, dass der Klägerin für das Sommersemester 2004 kein Studienguthaben mehr zur Verfügung stehe, da sie sich im fünfzehnten Hochschulsemester befinde und damit die Regelstudienzeit von neun Semestern im Diplom-Studiengang Betriebswirtschaftslehre um mehr als das 1,5-fache überschritten habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin könnten bei dieser Berechnung die zwei vor dem Betriebswirtschaftsstudium absolvierten Studiensemester im Fach Rechtswissenschaft nicht nach § 2 Abs. 3 StKFG unberücksichtigt bleiben. Dies folge sowohl aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 StKFG als auch aus der Systematik des Gesetzes. Eine erneute Gewährung eines "vollständigen" Studienguthabens nach § 2 Abs. 3 StKFG mache nur Sinn, wenn nicht zugleich nach § 6 Abs. 1 Sätze 3 und 4 StKFG Regelabbuchungen für bereits vergangene Studiensemester vorzunehmen seien. Deshalb könne § 2 Abs. 3 StKFG nur auf solche Orientierungsphasen Anwendung finden, die im Sommersemester 2004 noch andauerten oder danach erfolgten. Damit sei aber zugleich eine Anwendung der Vorschrift auf Studierende, die bei Inkrafttreten des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes bereits studierten, ausgeschlossen. Eine Anwendung der Regelung des § 2 Abs. 3 StKFG auch auf Altfälle könne auch nicht aus dem Verhältnis zu den weiteren Absätzen des § 2 StKFG geschlossen werden. Vielmehr enthalte der erste Abschnitt des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes allgemeine Regelungen, die sowohl für Studienkonten mit Regelabbuchungen als auch für Studienkonten mit individueller Abbuchung Geltung beanspruchten. Dies gelte auch für die weiteren Regelungen des § 2 StKFG, ohne dass dieser Paragraph ausschließlich Regelungen für Altfälle enthalte. Der Ausschluss der Privilegierung von Orientierungsphasen bei Altfällen ergebe sich auch aus der mit diesen Regelungen verbundenen Absicht des Gesetzgebers, ein qualitätsorientiertes Erststudium zu fördern. Durch die Schaffung einer rechtlich privilegierten Orientierungsphase von bis zu zwei Semestern werde der Studierende angehalten, sich während der ersten beiden Semester sowohl darüber Rechenschaft abzulegen, ob seine Studienwahl seinen Vorstellungen und Neigungen entspreche, als auch eine endgültige Entscheidung über die Studienfachwahl zu treffen. Damit ziele die Regelung des § 2 Abs. 3 StKFG auf eine ernsthafte Orientierungsentscheidung sowie ein qualitätsorientiertes Erststudium. Eine solche Steuerungsfunktion habe aber die Regelung des § 2 Abs. 3 StKFG auf Orientierungsentscheidungen, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Februar 2003 getroffen worden seien, nicht ausüben können. Eine gebührenrechtliche Privilegierung solcher Orientierungsentscheidungen sei daher nicht gerechtfertigt. Wollte man die Regelung des § 2 Abs. 3 StKFG auch auf Altfälle zur Anwendung bringen, sei darüber hinaus nicht zu erklären, weshalb ein Studiengangwechsel nach dem dritten Hochschulsemester ohne gebührenrechtliche Folgen bleiben sollte. Zudem sei das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz wie das Bundesrahmenrecht insbesondere auf Neustudierende ausgerichtet und wolle den Rückgang der Zahl der Studienanfänger vermeiden.

Mit dem angegriffenen Urteil vom 19. Juli 2004 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgeben und den Gebührenbescheid des Beklagten vom 6. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2004 aufgehoben. Zugleich hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die für die streitige Langzeitstudiengebühr maßgeblichen Vorschriften des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes verstießen weder gegen § 27 Abs. 4 HRG noch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die unechte Rückwirkung, die in der Vornahme von Regelabbuchungen vom Studienkonto auch für bereits vergangene Studiensemester nach § 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StKFG liege, sei nicht ausnahmsweise unzulässig. Denn die Studierenden könnten sich nicht auf schutzwürdiges, die berechtigten fiskalischen und hochschulpolitischen Ziele des Gesetzgebers überwiegendes Vertrauen auf den Fortbestand der Gebührenfreiheit des Studiums berufen. Jedoch lägen die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes des § 9 Abs. 1 StKFG hinsichtlich der Klägerin nicht vor, da ihr für das Sommersemester 2004 noch Studienguthaben zur Verfügung stehe. Denn sie habe im Sommersemester 2004 das 1,5-fache der Regelstudienzeit von neun Semestern jedenfalls deshalb noch nicht überschritten, weil ihr die zwei Semester, die sie vor dem dritten Hochschulsemester für den Studiengang Rechtswissenschaften eingeschrieben gewesen sei, nach § 2 Abs. 3 StKFG nicht auf das Studienguthaben angerechnet werden dürften. Ausreichende Anhaltspunkte für die Auffassung des Beklagten, § 2 Abs. 3 StKFG sei nur auf Studiengangwechsel anwendbar, die ab Inkrafttreten des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes vorgenommen worden seien, könnten dem Gesetz nicht entnommen werden. Insbesondere komme der Vorschrift nur eine bedingte Lenkungswirkung zu, die eine Ungleichbehandlung von Alt- und Neufällen nicht rechtfertigen könne.

Der Beklagte hat rechtzeitig Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Zur Begründung der Berufung legt der Beklagte erneut seine Auffassung zum eingeschränkten Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 StKFG dar.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 19. Juli 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, der Beklagte könne seine Auffassung vom eingeschränkten Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 StKFG nicht maßgeblich auf den Wortlaut der Bestimmung stützen, da auch sonstige Vorschriften des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes erkennen ließen, dass die Gesetzesformulierungen wenig präzise seien. Statt dessen müsse berücksichtigt werden, dass weniger die drohende Gebührenpflicht als vielmehr die deutlich höheren Lebenshaltungs- und Studienkosten geeignet seien, Einfluss auf die Gestaltung des Studiums und die Entscheidung über einen Studiengangwechsel zu nehmen. Insofern bestehe zwischen den Studierenden, die einen Studiengangwechsel vor Inkrafttreten des Studienkonten- und - finanzierungsgesetzes vorgenommen hätten, und denjenigen, die den Wechsel später vollzogen hätten, kein relevanter Unterschied. Ein solcher sei allerdings in dem Umstand zu sehen, dass die Studierenden vor Inkrafttreten des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes auf die in § 10 Satz 1 HG normierte Studiengebührenfreiheit hätten vertrauen dürfen. Der Schutz dieses Vertrauens gebiete eine Privilegierung der Studierenden, die ihr Studium vor 2003 aufgenommen hätten. Er stehe aber auf jeden Fall der vom Beklagten vertretenen, einschränkenden Auslegung des § 2 Abs. 3 StKFG zu Lasten dieser Gruppe von Studierenden entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Gebührenbescheid des Beklagten vom 6. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 6. April 2004 zu Recht aufgehoben und der Klage stattgeben. Der angegriffene Gebührenbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Studiengebühren ist § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 RVO-StKFG NRW. Danach wird von Studierenden, denen kein Studienguthaben zur Verfügung steht, für jedes Semester eine Gebühr von 650,00 EUR erhoben. Gemäß § 2 Abs. 1, § 4 StKFG werden zum Sommersemester 2004 allen Studierenden, die an einer Universität, einer Fachhochschule oder Kunsthochschule des Landes Nordrhein-Westfalen eingeschrieben sind, um einen ersten oder in einem konsekutiven Studiengang einen weiteren berufsqualifizierenden Studienabschluss zu erwerben, ein Studienkonto mit einem Studienguthaben von 200 SWS eingerichtet. Gemäß § 6 Abs. 1 StKFG werden von dem Studienkonto für jedes Semester, in dem der Studierende in der Vergangenheit an einer Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes eingeschrieben war oder aktuell ist, Abbuchungen vorgenommen, die innerhalb einer der 1,5-fachen Regelstudienzeit entsprechenden Studiendauer zum vollständigen Verbrauch des Studienguthabens führen. Gemäß § 2 Abs. 3 StKFG wird bei Studiengangwechseln bis zu Beginn des dritten Hochschulsemesters erneut ein vollständiges Studienguthaben gewährt.

Diese Vorschriften verstoßen nicht gegen hörerrangiges Recht (1). Die Klägerin ist jedoch nicht nach § 9 Abs. 1 StKFG gebührenpflichtig, weil ihr Studienguthaben zum Sommersemester 2004 noch nicht verbraucht ist (2).

1. Der Landesgesetzgeber war befugt, Regelungen über eine sog. Langzeitstudiengebühr zu treffen (a). Die für die Entscheidung über die vorliegende Klage maßgeblichen Vorschriften des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes sind mit Art. 12 Abs. 1 GG (b), dem Rechtsstaatsprinzip (c) und den Grundsätzen des Gebührenrechts (d) vereinbar.

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers für gebührenrechtliche Regelungen im Bereich der Hochschulen folgt aus Art. 70 Abs. 1 GG. Den insoweit durch § 27 Abs. 4 HRG i.V.m. Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG bundesrechtlich vorgegebenen Rahmen überschreitet das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz nicht.

§ 27 Abs. 4 Satz 1 HRG bestimmt, dass das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Studienabschluss führt, studiengebührenfrei ist; gemäß Satz 2 kann das Landesrecht in besonderen Fällen Ausnahmen vorsehen. Anlass dieser Öffnungsklausel war die politische Diskussion um Studienfinanzierungsmodelle auf der Grundlage von Studienkonten oder Bildungsgutscheinen.

Vgl. Gesetzesbegründung zu § 27 Abs. 4 HRG, BT-Drs. 14/8361, S. 5.

Das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz hält sich im Rahmen dieser Öffnungsklausel. Denn es begründet eine Gebührenpflicht für Studien im Sinne des § 27 Abs. 4 HRG nur für den Fall, dass das Studienguthaben, das ein Studium bis zur 1,5-fachen Regelstudienzeit ermöglicht, verbraucht ist; im übrigen verbleibt es bei der Gebührenfreiheit.

Entspricht das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz dem durch § 27 Abs. 4 HRG eingeschränkten Gesetzgebungsrahmen der Länder, kommt es auf die Frage, ob der Bundesgesetzgeber mit dieser Regelung möglicherweise seine Rahmengesetzgebungskompetenz nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG überschritten hat, nicht an.

Veranlassung, die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers unter sonstigen Gesichtspunkten in Zweifel zu ziehen, besteht nicht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 -, BVerwGE 115, 32, 34 ff. zum Baden- Württembergischen Hochschulgebührengesetz.

b) Die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits maßgeblichen Regelungen des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes stehen mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang. Danach haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Geschützt sind nicht nur die Wahl der Ausbildungsstätte selbst, sondern auch die im Rahmen der Ausbildung notwendigen Tätigkeiten wie Teilnahme am Unterricht und an Prüfungen.

Die hier in Rede stehende Langzeitstudiengebühr berührt den Schutzbereich des aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG abgeleiteten Teilhaberechts nicht (aa). Auch soweit die mit der Gebührenpflicht beabsichtigte Einflussnahme auf die Gestaltung des Studiums die Studienfreiheit beschränkt, halten sich die Regelungen im Rahmen des Regelungsvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (bb).

aa) Für Ausbildungsbereiche, die wie das Hochschulwesen faktisch weitgehend in öffentlicher Hand monopolisiert sind, vermittelt Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot ein über das bloße Abwehrrecht gegen Freiheitsbeschränkungen hinausgehendes Teilhaberecht auf Zulassung zu den Ausbildungseinrichtungen. Dieses Teilhaberecht steht allerdings unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 und 25/71 -, BVerfGE 33, 303, 330 ff.; Beschluss vom 22. Oktober 1991 - 1 BvR 393, 610/85 -, BVerfGE 85, 36, 53 f.

Es umfasst insbesondere nicht den Anspruch auf ein kostenloses Studium.

BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1996 - 6 C 1.94 -, BVerwGE 102, 142, 146 f.

Das Teilhaberecht kann von einer Studiengebührenregelung allenfalls dann in seinem Schutzbereich berührt sein, wenn die Kosten eines staatlichen Ausbildungsangebotes dazu führen, dass die Inanspruchnahme auf Auszubildende beschränkt bleibt, die über entsprechend umfangreiche finanzielle Mittel verfügen, und damit die Besitzverhältnisse zu einer unüberwindbaren sozialen Barriere werden. Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 1996 - 6 C 1.94 -, a.a.O. und vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - a.a.O.

Dies ist für die Gebührenregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG schon deshalb nicht der Fall, weil sie regelmäßig erst nach der 1,5-fachen Regelstudienzeit eingreift und bei Vorliegen im einzelnen geregelter Ausnahme- und Privilegierungstatbestände oder unbilliger Härten auch noch darüber hinaus ein gebührenfreies Studium zuläßt.

bb) Allerdings berührt die hier in Rede stehende Langzeitstudiengebührenregelung den Schutzbereich des Freiheitsgrundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, soweit sie die Studierenden zu einem zügigen Studium anhalten will und ein überlanges Studium nur noch gegen Gebührenzahlung zulässt. Sie ist aber durch den Regelungsvorbehalt aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckt.

Der Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst auch das Recht zur freien Wahl der Ausbildungsstätte. Für die Frage, unter welchen materiellen Voraussetzungen die Ausbildungsfreiheit durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden kann, sind die vom Bundesverfassungsgericht zur Berufsfreiheit entwickelten Grundsätze entsprechend heranzuziehen. Danach verengt sich die Regelungsbefugnis um so mehr, je stärker eine Regelung die Berufsfreiheit berührt. Steht ausschließlich eine Regelung der näheren Modalitäten der Berufsausübung in Rede, ist sie mit der Berufsfreiheit vereinbar, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie zweckmäßig erscheinen lassen und die Betroffenen durch die Einschränkung nicht unzumutbar belastet werden. Regelungen der Berufswahl unterliegen strengeren Voraussetzungen als Berufsausübungsregelungen. Hängt die Zulassung zu einem Beruf von subjektiven Voraussetzungen ab, ist die Regelung zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter zulässig, während die Aufstellung objektiver Zulassungsvoraussetzungen nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt ist.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377, 404 ff.; Beschluss vom 17. Juli 1961 - 1 BvL 44/55 -, BVerfGE 13, 97, 104 f.

Die Gebührenpflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG ist nach ihrer Ausgestaltung einer Berufsausübungsregelung vergleichbar und deshalb an den dafür in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben zu messen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - a.a.O. zur Langzeitstudiengebühr nach dem Baden-Württembergischen Hochschulgebührengesetz; OVG Lüneburg, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 2 ME 364/03 -, DÖV 2004, 672 zum Niedersächsischen Hochschulgebührengesetz.

Denn sie knüpft nicht etwa die Wahl und Aufnahme des Studiums an bestimmte Voraussetzungen, sondern greift erst nach Ablauf einer bestimmten Studiendauer ein und lässt ein Studium, das die Regelstudienzeit weit überschreitet, nur noch gegen Kostenbeteiligung zu. Damit regelt das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz nicht die Zulassung zur Hochschule, sondern Bedingungen, unter denen das Studienangebot in Anspruch genommen werden kann.

Anderes gilt nicht etwa deshalb, weil die oder der Studierende bei Ausbleiben der Gebührenentrichtung nach § 70 Abs. 3 lit. c) HG exmatrikuliert werden kann. Regelungen über die Berufsausübung oder über die Modalitäten des Studiums werden grundsätzlich nicht dadurch zu Berufs- oder Ausbildungswahlregelungen, dass an ihre Missachtung Sanktionen geknüpft werden, die zu einem Ausschluss von der Berufs- oder Studiertätigkeit führen. Die Exmatrikulation stellt in diesem Sinne nur eine mittelbare Folge der Ausbildungsregelung dar und ist einer gesonderten Bewertung zu unterziehen.

BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - a.a.O.

Die Studiengebühr nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG ist durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt (1) und belastetet die Studierenden nicht unverhältnismäßig (2).

(1) Ziel des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes ist es, die bisher nahezu unbeschränkte Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums auf den Kern der Gewährleistung des § 27 Abs. 4 Satz 1 HRG, nämlich die Ermöglichung des Erwerbs eines ersten sowie in einem Konsekutivstudiengang auch eines weiteren berufsqualifizierenden Studienabschlusses, zu beschränken. Damit sollen die Studierenden zu zügigem Studium angehalten und eine stärkere Konzentration von finanziellen Mitteln und Ausbildungskapazitäten im Bereich der den Prüfungsordnungen entsprechenden Regelstudien erreicht werden.

Vgl. LT-Drs. 13/3023, S. 1, 19 ff.

Die Förderung der Leistungsfähigkeit der Hochschulen bei effizientem Mitteleinsatz stellt ein legitimes Gemeinwohlinteresse dar.

(2) Die zum Schutz und zur Förderung dieses Interesses eingeführte Studiengebühr erweist sich in ihrer konkreten Ausgestaltung gegenüber den Betroffenen auch nicht als unverhältnismäßig; denn sie ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich und belastet die Betroffenen nicht unangemessen.

Bei der Bewertung der Geeignetheit einer gesetzlichen Vorschrift zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei Auswahl der jeweiligen Maßnahmen eine Prognoseentscheidung über deren Wirkungen treffen musste, die durch die Unwägbarkeiten des weiteren Geschehensablaufs belastet ist. Deshalb muss sich auch die gerichtliche Kontrolle auf die Überprüfung beschränken, ob die vom Gesetzgeber zugrunde gelegte Prognose vertretbar ist und sich das gewählte Mittel nicht von vornherein als schlechthin ungeeignet darstellt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 1971 - 2 BvR 326 u.a./69 -, BVerfGE 30, 250, 262 ff.; Urteil vom 3. November 1982 - 1 BvL 4/78 -, BVerfGE 61, 291, 313 f.; Beschluss vom 4. Oktober 1983 - 1 BvR 1633, 1549/82 -, BVerfGE 65, 116, 125 f.; Urteil vom 23. Januar 1990 - 1 BvL 44/86 und 48/87 - , BVerfGE 81, 156, 192.

Die Gebührenpflichtigkeit des Studiums ab einer bestimmten Dauer ist geeignet, die Studierenden zu zügigem Studium anzuhalten und damit die Effizienz und Leistungsfähigkeit der Hochschulen zu fördern. Denn es ist davon auszugehen, dass die semesterbezogenen Kosten des Studiums im Regelfall - auch wenn der Studierende über ausreichend finanzielle Mittel verfügt - ein wesentlicher Faktor für die Entscheidung sind, in welcher Zeit die erforderlichen Studien absolviert werden. Dies gilt nicht nur für diejenigen Studierenden, die erst nach dem Inkrafttreten des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes mit dem Studium begonnen haben und im Hinblick auf die ab einer bestimmten Studiendauer eintretende Gebührenpflicht angehalten werden, sich verstärkt um eine Absolvierung des Studiums jedenfalls innerhalb der 1,5-fachen Regelstudienzeit zu bemühen. Auch die Studierenden, die bereits länger studieren, werden durch die Einführung der Gebührenpflicht veranlasst, ihr Studium möglichst bald zu beenden, um das Eintreten der Gebührenpflicht zu vermeiden oder zumindest die Anzahl der gebührenpflichtigen Semester möglichst gering zu halten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Gruppe der Studierenden, für die die Kosten des Studiums ohne jegliche Bedeutung sind, eine Größenordnung hätte, die die grundsätzliche Eignung von Langzeitstudiengebühren zur Verkürzung der Studienzeiten ernsthaft in Zweifel ziehen könnte.

Auch der Gesichtspunkt, die finanzielle Belastung der Studierenden durch die Gebührenerhebung führe wegen verstärkter Erwerbstätigkeit tatsächlich zur Verlängerung der Studiendauer, kann die Lenkungswirkung des Studienkonten- und -finanzierungsgesetz hin zu einem zügigeren Studium nicht grundlegend in Frage stellen. Denn zum einen betrifft diese Überlegung nur den Teil der Studierenden, die bereits zum Sommersemester 2004 gebührenpflichtig geworden sind. Zum andern tritt auch bei dieser Gruppe von Studierenden der beschriebene Effekt nicht zwangsläufig ein. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks und der vom Statistischen Bundesamt erhobenen Daten ist davon auszugehen, dass die Erwerbstätigkeit bei zunehmendem Alter der Studierenden nicht nur der Sicherung des notwendigen Lebensunterhaltes, sondern auch der Ermöglichung eines höheren Lebensstandards dient,

BMinBF, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2003, 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, S. 195 ff.

Deshalb kann die Mehrbelastung durch die Studiengebühr von monatlich rund 110,00 EUR auch ohne oder nur geringfügige weitere Erwerbstätigkeit durch vorübergehende Einschränkung des Lebensstandards aufgefangen werden. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass diese Möglichkeit von den Betroffenen von vornherein nicht in Betracht gezogen wird, sind nicht erkennbar.

Ebenso wenig wird die Eignung von Studiengebühren zur Steuerung des Studienverhaltens grundsätzlich durch die Möglichkeit in Frage gestellt, dass andere persönliche Umstände stärkeren Einfluss auf die Lebens- und Ausbildungsgestaltung nehmen können als die Kosten des Studiums und deshalb die Lenkungsfunktion der Gebühr im Einzelfall ins Leere geht. Zudem wird es sich insoweit nicht selten um Lebensumstände handeln (familiäre Verhältnisse, gesundheitliche Einschränkungen), die der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber durch Schaffung von Sonderregelungen zur Modifizierung der Gebührenpflicht (Bonusguthaben gemäß § 5 StKFG i.V.m. § 9 RVO-StKFG NRW, Härtefallregelung gemäß § 13 Abs. 1 StKFG i.V.m. § 14 RVO-StKFG NRW) als Belange anerkannt hat, die im Verhältnis zu dem Beschleunigungsziel schutzwürdig sind.

Erweist sich demnach die Gebührenerhebung ab einer bestimmten Studiendauer grundsätzlich als geeignet, die Studierenden zu zügigerem Studium anzuhalten, kommt dem Gesichtspunkt, dass die Gebührenerhebung ihrerseits mit Kosten verbunden ist, keine maßgebliche Bedeutung zu. Zudem stehen diesem Kostenaufwand die tatsächlichen Gebühreneinnahmen als auch die Kosteneinsparungen gegenüber, die durch eine raschere Beendigung der Studien erzielt werden.

Die Einführung von Studiengebühren ab einer bestimmten Studiendauer ist auch zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich. Andere geeignete, aber weniger einschneidende Maßnahmen werden weder von den Beteiligten aufgezeigt, noch sind solche sonst ersichtlich. Insbesondere würden Immatrikulationsverbote zur Verhinderung von (mehrfachen) Studiengangwechseln die Ausbildungsfreiheit stärker beeinträchtigen als Langzeitstudiengebühren.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. Juni 2000 - 2 S 1860/99 -, DVBl 2000, 1782, 1788, BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.

Die Erhebung einer Studiengebühr nach Verbrauch des Studienguthabens stellt auch keine unangemessene Belastung der Studierenden dar. Die Gebührenpflicht tritt erst ein, wenn die komplette Studiendauer das 1,5-fache der Regelstudienzeit für das Studienfach, in dem der Studierende aktuell eingeschrieben ist, übersteigt. Damit besteht grundsätzlich für jeden Studierfähigen eine realistische Möglichkeit, einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss durch Inanspruchnahme eines gebührenfreien Studiums zu erlangen. Mit der die Regelstudienzeit um die Hälfte überschreitenden Bemessung der Höchstdauer des gebührenfreien Studiums bleibt auch Raum für eine individuelle Gestaltung des Studiums einschließlich des 'studium generale'. Damit ist sichergestellt, dass nicht jede Abweichung von dem den Prüfungsordnungen zugrundeliegenden Studienaufbau, die mit Blick auf individuelle Erwägungen oder Lebensumstände sinnvoll oder unvermeidlich sein mag, unmittelbar gebührenauslösend ist.

Darüber hinaus wird der besonderen Bedeutung der Auswahl eines Studiengangs für den Erfolg des Studiums und der späteren Berufsausübung dadurch Rechnung getragen, dass nach § 2 Abs. 3 StKFG i.V.m. § 4 RVO-StKFG NRW bei einem Studiengangwechsel bis zu Beginn des dritten Hochschulsemesters erneut ein vollständiges Studienguthaben gewährt wird; damit unterbleibt faktisch eine Anrechnung einer bis zu zweisemestrigen "Orientierungsphase" auf die Höchstdauer des gebührenfreien Studiums. Bei der näheren Ausgestaltung dieses ausschließlich an der Studiendauer orientierten Grundkonzepts einer Langzeitstudiengebühr hat der Gesetz- und Verordnungsgeber zahlreichen individuellen und studienfachspezifischen Umständen Rechnung getragen, die ein Verlängern der Studiendauer rechtfertigen können. Dazu gehören die Regelungen über die Erhöhung des Studienguthabens durch Gewährung von Bonusguthaben nach § 5 StKFG i.V.m. § 9 RVO-StKFG NRW wegen besonderer persönlicher Belastungen oder besonderen hochschulpolitischen Engagements, die Vorschriften über die Ausnahmen von der Gebührenpflicht gemäß § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StKFG i.V.m. § 13 RVO-StKFG NRW etwa bei Beurlaubung oder Ableistung von Praxis- und Auslandssemestern und die Bestimmungen über den Erlass oder die Reduzierung der Gebühren nach § 14 RVO-StKFG NRW i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 StKFG bei wirtschaftlichen Notlagen im Zusammenhang mit besonderen familiären Belastungen oder im Rahmen der Studienabschlussprüfung und bei sonstigen Fällen unbilliger Härten. Auf diese Weise ist Gewähr dafür geschaffen, dass auch die Ausbildungsfreiheit der Studierenden, denen es aufgrund schutzwürdiger persönlicher oder studiumsbezogener Gesichtspunkte nicht möglich ist, innerhalb der 1,5-fachen Regelstudienzeit einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss zu erlangen, durch die Einführung der Studiengebühr nicht unzumutbar beschränkt wird. Insbesondere die allgemeine Härtefallregelung bietet die Möglichkeit, auch in ungewöhnlichen, vom Gesetz- und Verordnungsgeber nicht konkret vorhergesehenen Einzelfallkonstellationen einen übermäßigen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG zu vermeiden.

c) Die Einführung eines Studienkontensystems mit Anfall einer Studiengebührenpflicht bei Erschöpfung des Studienguthabens zum Sommersemester 2004 verletzt auch nicht das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Vertrauensschutzprinzip.

Den Regelungen des am 1. Februar 2003 in Kraft getretenen Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes kommt keine (echte) Rückwirkung zu. Denn ihr zeitlicher Anwendungsbereich ist ausschließlich in die Zukunft gerichtet. Die Gebühr nach § 9 StKFG ist erstmalig für das Sommersemester 2004 zu entrichten (§ 15 Abs. 1 StKFG) und fällt gemäß § 15 RVO-StKFG NRW mit der Immatrikulation oder Rückmeldung für dieses Semester an, wenn kein Studienguthaben zur Verfügung steht.

Allerdings knüpft der Gebührentatbestand des § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG hinsichtlich der Voraussetzung, dass kein Studienguthaben zur Verfügung steht, auch an Rechtsbeziehungen an, die in der Vergangenheit begründet wurden und noch nicht abgeschlossen sind. Denn gemäß § 6 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StKFG werden von dem zum Sommersemester 2004 eingeräumten Studienguthaben auch für Hochschulsemester vor dem Sommersemester 2004 Regelabbuchungen vorgenommen, soweit der Studierende an einer Hochschule im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes eingeschrieben war. Eine solche 'tatbestandliche Rückanknüpfung' oder 'unechte Rückwirkung' von Gesetzen ist grundsätzlich zulässig. Jedoch ergeben sich auch für derartige Regelungen - insbesondere in grundrechtsrelevanten Bereichen - verfassungsrechtliche Schranken aus den rechtsstaatlichen Prinzipien der Rechtssicherheit sowie der Verhältnismäßigkeit. Diese sind überschritten, wenn der Einzelne sein Vertrauen auf den Fortbestand der bestehenden Rechtslage durch konkrete Grundrechtsbetätigung ins Werk gesetzt hat und die Enttäuschung dieses Vertrauens schwerer wiegt als die Interessen der Allgemeinheit an der Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. Juni 1978 - 2 BvR 71/76 -, BVerfGE 48, 403, 413 ff., vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 99, 461/85 -, BVerfGE 72, 175, 196, vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 200, 241 ff. und vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44, 48/92 -, BVerfGE 95, 64, 86.

Nach diesen Maßstäben erweist sich die unechte Rückwirkung des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes als verfassungsgemäß.

Ziel des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes ist es, vor dem Hintergrund einer angespannten gesamtwirtschaftlichen Situation möglichst kurzfristig durch Kostenreduzierung sowie konzentriertere Nutzung der vorhandenen Ausbildungsangebote der Hochschulen auf die begrenzten Ausbildungskapazitäten und die finanziellen Belastungen der Hochschule zu reagieren, ohne die Möglichkeit eines gebührenfreien, berufsqualifizierenden Erststudiums im Kern in Frage zu stellen.

Vgl. LT-Drs. 13/3023, S. 1, 19 f.

Die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Hochschulen stellt - wie ausgeführt - ein berechtigtes und gewichtiges Gemeinwohlinteressen dar. Zugleich besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit daran, Maßnahmen zur Reduzierung der Hochschulkosten und zur Optimierung der Nutzung der vorhandenen Mittel und Ausbildungskapazitäten baldmöglichst zur Anwendung und Wirkung zu bringen. Diesem Interesse kann nur durch Regelungen ausreichend Rechnung getragen werden, die auch auf Studierende Anwendung finden, die ihr Studium bereits vor Inkrafttreten der jeweiligen Regelungen begonnen haben. Denn nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zur Zusammensetzung der Studierendenschaft,

vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 11/Reihe 4.1, Bildung und Kultur, Studierende an Hochschulen, Wintersemester 2003/2004, Tabelle S. 369: von 1.738.834 an einer deutschen Hochschule für ein Erststudium eingeschriebenen Studierenden befanden sich 702.938 in den ersten drei Semestern,

betrug der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtzahl der Studierenden zum Sommersemester 2004 ca. 60%. Nach Auskunft des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung wurden für das Sommersemester an 27% der im Wintersemester 2003/2004 immatrikulierten Studierenden Gebührenbescheide nach § 9 StKFG verschickt. Diese Zahlen verdeutlichen, dass das Studienkonten- und - finanzierungsgesetz für die aktuelle Situation an den Hochschulen nahezu wirkungslos bliebe, wäre sein Anwendungsbereich auf Studierende beschränkt, die ihr Studium erst nach Inkrafttreten des Gesetzes aufgenommen haben.

Die Rückanknüpfung der Voraussetzungen für die Entstehung der Gebührenpflicht an Studiensemester, die vor Einführung der Gebührenpflicht absolviert wurden, läuft zwar der Erwartung der Studierenden zuwider, ihr bisheriges Studienverhalten werde ohne gebührenrechtliche Auswirkungen bleiben. Das damit verbundene Vertrauen ist jedoch nicht schutzwürdig; ihm kann kein Gewicht beigemessen werden, das die Interessen der Allgemeinheit an einer kurzfristigen Reduzierung der Hochschulkosten und Optimierung der Studienabläufe überwiegt.

Die tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Hochschulwesens haben nur bedingt Veranlassung für die Bildung eines Vertrauens gegeben, ein einmal begonnenes Studium unbegrenzt gebührenfrei fortsetzen zu können. Ein allgemeines Vertrauen in den Fortbestand der zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden Rechtslage ist schon grundsätzlich nicht schutzwürdig. Für den vorliegenden Sachverhalt ist ferner zu berücksichtigen, dass die Beteiligung der Studierenden an den Kosten des Studiums durch Erhebung von Hochschulgebühren jedenfalls bis 1970 die Regel war. Auch das Festhalten am Begriff der Regelstudienzeit (§ 10 Abs. 2 HRG, § 84 WissHG, § 85 HG) und die Ausrichtung der Ausbildungsförderung an dieser nach Hochschulart und Studiengang gestaffelten Studiendauer (§ 15a BAföG) steht der Ausbildung eines schutzwürdigen Vertrauens in die folgenlos unbegrenzte Inanspruchnahme des Lehrangebots der Hochschulen entgegen. Zwar wurde die Gebührenfreiheit von Studien bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss im Jahr 2000 im Rahmen der Neuregelung des Hochschulwesens in Nordrhein-Westfalen ausdrücklich in das Hochschulgesetz (§ 10 Satz 1) aufgenommen. Jedoch war dies gerade - wie die Klägerin selbst vorträgt - eine Reaktion auf die im politischen Raum verstärkt geführte Diskussion um die Einführung von Studiengebühren. Diese Diskussion hat auch mit dem Inkrafttreten des § 10 Satz 1 HG kein Ende gefunden, sondern 2002 zur Einfügung des Absatzes 4 in § 27 HRG geführt. Dieser übernimmt zwar wörtlich die Formulierung des § 10 Satz 1 HG zur Gebührenfreiheit eines berufsqualifizierenden Erst- und Konsekutivstudiums, eröffnet aber in einem zweiten Satz die Möglichkeit für landesrechtliche Ausnahmeregelungen. Diese Öffnungsklausel war Ergebnis einer Diskussion über Studienkontenmodelle zur Einflussnahme auf die Studiendauer und Ermöglichung einer Gebührenpflicht für Langzeitstudien.

Vgl. BT-Drs 14/8361, S. 5.

Dem Interesse der Allgemeinheit an einer raschen Kostenreduzierung im Hochschulwesen und einem beschleunigten Einwirken auf die Studiendauer ist auch deshalb höheres Gewicht einzuräumen, weil das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz dem Vertrauen auf ein gebührenfreies berufsqualifizierendes Erststudium in ausreichendem Umfang Rechnung getragen hat. Bis zur Dauer der 1,5-fachen Regelstudienzeit bleibt das Erststudium auch weiterhin gebührenfrei; Studiengebühren fallen erst für Studiensemester nach Überschreiten dieser Studiendauer an. Angesichts der großzügigen Bemessung der studiengebührenfreien Studiendauer kann der Anfall von Studiengebühren durch eine effektive Studiengestaltung im Regelfall vermieden werden. Dies gilt auch für Studierende, die ihr Studium bereits vor dem Sommersemester 2004 begonnen haben. Denn auch bei diesen kann davon ausgegangen werden, dass sie ihr Studium mit dem Ziel einer erfolgreichen Beendigung in einem - im Hinblick auf die angestrebte anschließende Berufstätigkeit - realistischen Zeitraum betrieben haben und deshalb ebenfalls im Regelfall in der Lage sind, das Studium innerhalb der 1,5- fachen Regelstudienzeit zuzüglich der Übergangszeit von zwei Semestern, die durch das Inkrafttreten des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes bereits zum 1. Februar 2003 entstanden ist, abzuschließen. Im Übrigen mussten die Studierenden sich bereits seit der Einbringung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung in den Landtag am 25. September 2002 (LT-Drs. 13/3023) auf eine mögliche Gebührenerhebung für Langzeitstudierende einstellen; insoweit verblieben ihnen sogar drei Semester.

Deshalb ist die durch das Studienkonten- und -finanzierungsgesetz geschaffene Situation der Studierenden auch nicht mit den Sachverhalten vergleichbar, die den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,

Urteil vom 11. September 2001 - 16 A 4702/99 -, OVGE 48, 218,

und des Bundesverfassungsgerichtes,

Beschlüsse vom 6. April 2000 - 1 BvL 18/99 -, NVwZ 2000, 910 und vom 12. März 2003 - 1 BvR 9894/01 -, juris,

zu Einzelfragen des achtzehnten Änderungsgesetzes zum Ausbildungsförderungsgesetz zugrunde lagen. Anlass dieser Verfahren war die nachträgliche Beseitigung von förderungsrechtlichen Privilegierungstatbeständen, mit denen ein Anreiz für ein bestimmtes Verhalten - etwa die Absolvierung eines Auslandssemesters - geschaffen werden sollte. Vorliegend fehlt es an einer vergleichbaren Vertrauenslage. Denn zum einen war es nicht Ziel der in § 10 Satz 1 HG geregelten Studiengebührenfreiheit, die Studierenden zu einem zeitlich unbegrenzten, die Regelstudienzeit weit überschreitenden Studium anzuhalten. Zum anderen bleibt die Studiengebührenfreiheit nach Einführung einer Langzeitstudiengebühr in ihrem Kern erhalten.

Darüber hinaus wird ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Studierenden, deren Studiendauer zum Sommersemester 2004 das 1,5-fache der jeweiligen Regelstudienzeit überschreitet, denen aber ein Abschluss des Studiums bis zum Ende des Wintersemesters 2003/2004 nicht möglich war, dadurch vor dem Eingreifen der Gebührenpflicht bewahrt, dass die oben bereits näher dargestellten Sonder-, Ausnahme- und Härtefallregelungen zu einer Verlängerung der gebührenfreien Studienzeit, zu Ausnahmen von der Gebührenpflicht oder zum Erlass oder der Reduzierung der Gebühr führen.

'Planmäßig' nach Überschreitung der 1,5-fachen Regelstudienzeit von der Gebührenpflicht erfasst werden demgegenüber die Studierenden, die für ihre lange Studiendauer keine der vom Gesetz privilegierten Gründe geltend machen können. Dies ist insbesondere die Gruppe von Studierenden, deren Studienverlauf nicht erkennen lässt, dass ein berufsqualifizierender Abschluss ernsthaft und innerhalb einer realistischen Dauer angestrebt wird. Deren Vertrauen, die Hochschulen auf Kosten der Allgemeinheit unbegrenzt in Anspruch nehmen zu können, ist nicht schutzwürdig. Insbesondere diese Gruppe von Studierenden kurzfristig zu erfassen und mit einer Studiengebühr zu belegen, war legitimes Interesse des Gesetzgebers.

d) Die mit dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz eingeführte Studiengebühr begegnet auch hinsichtlich ihrer Höhe keinen Bedenken.

Die Höhe der jeweils für ein Semester zu erhebenden Gebühr beträgt nach § 12 Abs. 1 Satz 1 RVO-StKFG NRW 650,00 EUR. Diese Regelung der Gebührenhöhe durch den Verordnungsgeber findet in § 13 Abs. 1 Satz 2 StKFG ihre Ermächtigungsgrundlage. Durchgreifende Bedenken gegen die Festlegung der Gebührenhöhe durch den Verordnungsgeber bestehen nicht. Insbesondere war der Gesetzgeber weder durch Art. 70 LV NRW noch durch den aus dem Demokratieprinzip, dem Rechtsstaatsgrundsatz und den Grundrechten folgenden Parlamentsvorbehalt, also die Pflicht insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1977 - 1 BvL 1/75, 1 BvR 147/75 -, BVerfGE 47, 46, 78 zur Einführung einer Sexualerziehung in den Schulen,

gehindert, die Bestimmung der Höhe der Gebühr auf den Verordnungsgeber zu übertragen. Der Gesetzgeber hat den rechtlichen Rahmen für die Festsetzung der Gebührenhöhe ausreichend bestimmt. Er hat dem Verordnungsgeber das sich aus der Gesamtkonzeption des Gesetzes ergebende Ziel der Gebührenpflicht vorgegeben, nämlich die Studierenden einerseits zu einer das Entstehen der Gebührenpflicht möglichst vermeidenden Studiengestaltung anzuhalten und andererseits bei 'überlanger' Inanspruchnahme der Hochschuleinrichtungen zu einem spürbaren aber grundsätzlich tragbaren Vorteilsausgleichs heranzuziehen. Ferner hat er den Verordnungsgeber in § 13 Abs. 1 Satz 3 StKFG auf die wesentlichen Gebührenbemessungs- und -erhebungsregeln des nordrhein- westfälischen Gebührengesetzes (§§ 3 bis 6, 9 bis 22, 25 Abs.1, 26 bis 28 GebG NRW) verpflichtet. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch die vorläufige Festlegung der Gebührenhöhe auf 650,00 EUR bis zum Erlass der Rechtsverordnung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 StKFG,

vgl. § 1 Abs. 1 der zugleich mit dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz erlassenen 'Bestimmungen über die Erhebung der Gebühren nach dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz' (Art. 3 des Gesetzes zur Aufhebung des Hochschulgebührengesetzes und zur Erhebung von Hochschulgebühren sowie zur Änderung des Hochschulgesetzes vom 28. Januar 2003, GVBl S. 36),

diese inhaltlichen Vorgaben auch betragsmäßig konkretisiert und damit eine Orientierung für die Festsetzung der Gebührenhöhe gegeben, ohne den Verordnungsgeber auf diesen Betrag festzulegen.

Die Gebührenhöhe begegnet auch im Hinblick auf die für die Erhebung von Abgaben geltenden Grundsätze keinen Bedenken. Insbesondere wird sie dem Äquivalenzprinzip gerecht; die erhobene Gebühr steht nicht außer Verhältnis zu der mit ihr abgegoltenen staatlichen Leistung. Die Studiengebühr wird von den Studierenden mit der Immatrikulation bzw. Rückmeldung (§§ 13 Abs. 1 Satz 2 StKFG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 RVO-StKFG NRW) erhoben, wenn kein Studienguthaben zur Verfügung steht. Damit stellt sich die Gebühr als Abgeltung des Vorteils dar, der mit der Immatrikulation oder Rückmeldung erworben wird, nämlich der Möglichkeit, das Lehrangebot sowie die Lehrmittel der Hochschule und deren sonstige Einrichtungen in Anspruch nehmen zu können.

vgl. zur Einstufung der Langzeitstudiengebühr nach dem Baden-Württembergischen Hochschulgebührengesetz: VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 6. April 2000 - 2 S 1860/99 - , a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.

Der Wert dieser staatlichen Leistung bestimmt sich zunächst nach den Kosten, die seitens der öffentlichen Hand aufgewandt werden, um dem einzelnen Studierenden das Studium zu ermöglichen. Aufgrund der Daten, die sich aus dem "Bericht zur finanziellen Lage der Hochschulen 2003" des Statistischen Bundesamtes,

Statistisches Bundesamt, Bericht zur finanziellen Lage der Hochschulen 2003 des Statistischen Bundesamtes, S. 62, 87, 104, 110, 122 f.: durchschnittlicher jährlicher Bedarf öffentlicher Mittel je Studierender in Nordrhein-Westfalen 2001: 5.700,00 Euro bei Schwankungen je nach Fachbereich und Hochschulform zwischen ca. 30% und 600%,

sowie der Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung,

Schriftsatz vom 12. November 2004: die durchschnittlichen Ausgaben des Landes je Studienplatz belaufen sich auf jährlich 6.486,73 EUR,

ergeben, ist ohne weitergehende Ausführungen davon auszugehen, dass die Gebührenhöhe von 650,00 EUR selbst bei weniger kostenintensiven Studiengängen und auch in weniger kostenträchtigen Studienphasen unterhalb der tatsächlichen Kosten der öffentlichen Hand für die Bereithaltung des Studienangebotes sowie dessen Inanspruchnahme liegt.

Die Gebührenhöhe begegnet auch insoweit keinen Bedenken, als sie für sämtliche Hochschulformen und Studiengänge einheitlich festgesetzt wurde, ohne nach den tatsächlich in unterschiedlicher Höhe entstehenden Studienkosten zu differenzieren. Eine einheitliche Gebührenhöhe ist mit Blick auf die Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt, ohne dass damit die Grenzen des aus Art. 3 Abs. 1 GG erwachsenden Gebots der verhältnismäßigen Belastungsgleicheit der Gebührenschuldner überschritten würden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Deckung der Gesamtkosten des konkreten Studiengangs mit der Gebührenerhebung offensichtlich nicht bezweckt wird. Vielmehr stellt sich die Gebühr aufgrund ihrer im Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten geringen Höhe eher als Grundgebühr für die individuell eröffnete Möglichkeit dar, die Leistungen der Hochschule - auch über das Lehrangebot für das konkrete Studienfach hinaus - nach weitgehend freier Gestaltung in Anspruch zu nehmen. Die einheitliche Gebührenhöhe entspricht auch dem weiteren, alle Studierenden unterschiedslos erfassenden Ziel der Gebührenerhebung, nämlich die Studierenden zu einem zügigen, konzentrierten Studium anzuhalten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O. zur einheitlichen Gebührenerhebung nach dem badenwürttembergischen Hochschulgebührengesetz; BayVGH, Urteil vom 28. März 2001 - 7 B 00.1551 -, juris, zur Zweitstudiengebühr nach dem Bayerischen Hochschulgesetz.

Rechtliche Bedenken, die mit einer Gebühr bezweckte Vorteilsabschöpfung mit einer Verhaltenssteuerung zu verbinden, bestehen nicht.

BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217, 225 ff.; BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2000 - 11 C 7.00 -, BVerwGE 112, 297, 304 ff. und vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 -, a.a.O.

2. Die Heranziehung der Klägerin zur Studiengebühr nach § 9 Abs. 1 Satz 1 StKFG für das Sommersemester 2004 ist jedoch rechtswidrig, weil der Klägerin für das Sommersemester 2004 noch Studienguthaben zur Verfügung steht.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist § 2 Abs. 3 StKFG auch auf Studierende anwendbar, die - wie die Klägerin - ihr Studium vor dem Sommersemester 2004 aufgenommen haben (a). Die Anwendung des § 2 Abs. 3 StKFG auf die Klägerin hat zur Folge, dass ihr zum Sommersemester 2004 noch ein Studienguthaben im Umfang von zwei Regelabbuchungen zur Verfügung steht, weil das erste und zweite Hochschulsemester, während derer die Klägerin für den Studiengang Rechtswissenschaften eingeschrieben war, im Ergebnis ohne Einfluss auf den aktuellen Umfang ihres Studienguthabens bleiben (b).

a) Gemäß § 2 Abs. 3 StKFG wird bei Studiengangwechseln bis zum Beginn des dritten Hochschulsemesters erneut ein vollständiges Studienguthaben gewährt. Diese Regelung ist uneingeschränkt auf alle Studierenden anwendbar, denen gemäß §§ 2 Abs. 2, 4 StKFG Studienkonten eingerichtet wurden.

Weder § 2 Abs. 3 StKFG noch eine sonstige Vorschrift des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes enthalten ausdrückliche Bestimmungen über den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 StKFG; insbesondere fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung, die den Anwendungsbereich auf die Gruppe der Studierenden beschränkt, die ihr Studium nicht vor dem Sommersemester 2004 begonnen haben. Auch die Formulierung "wird erneut ein vollständiges Studienguthaben gewährt" in § 2 Abs. 3 StKFG bietet keinen Anlass zu einem den Anwendungsbereich einengenden Verständnis der Vorschrift. Vielmehr entspricht es dem in den Regelungen über die Regelabbuchungen in § 6 Abs. 1 StKFG zum Ausdruck kommenden Bestreben des Gesetzgebers, die in der Vergangenheit liegenden Studienzeiten gebührenrechtlich möglichst den zukünftigen vergleichbar zu behandeln.

Die in § 2 Abs. 3 StKFG bestimmte Sonderregelung über die erneute Gewährung eines vollständigen Studienguthabens bei Studiengangwechseln bis zum Beginn des dritten Hochschulsemesters muss im Zusammenhang mit den sonstigen Vorschriften über die Gewährung und den Verbrauch von Studienguthaben gesehen werden. Das nach § 4 StKFG zum Sommersemester 2004 gewährte Studienguthaben wird nach § 6 StKFG durch Regelabbuchungen sowohl für zukünftige als auch für bereits in der Vergangenheit absolvierte Hochschulsemester verbraucht. Während die Regelabbuchungen für zukünftige Semester nur in zeitlichem Zusammenhang mit dem jeweiligen Semester vorgenommen werden können, müssen die Abbuchungen für vergangene Semester schon mit der Einrichtung des Studienkontos gesammelt durchgeführt werden, um den Umfang des zum Sommersemester 2004 noch zur Verfügung stehenden Studienguthabens zu bestimmen. Dies hindert nicht, auch den Abbuchungsvorgang für vergangene Hochschulsemester wie für zukünftige Semester in aufeinanderfolgende Abbuchungsschritte für jedes Semester aufzuteilen. Diese Vorgehensweise bei Regelabbuchungen erfährt für den Fall des Studiengangwechsels durch die Sonderregelung des § 2 Abs. 3 StKFG eine Modifizierung: Nimmt ein Studierender zum zweiten oder dritten Hochschulsemester einen Studiengangwechsel vor, wird der bisherige Abbuchungsvorgang abgebrochen und beginnend mit dem ersten Semester des neuen Studiengangs ein neuer Abbuchungsvorgang von einem erneut gewährten, vollständigen Studienguthaben in Gang gesetzt. Dem oder der Studierenden steht ab dem Zeitpunkt des Studiengangwechsels nochmals ein vollständiges Studienguthaben zur Verfügung, dessen Umfang sich nach der Regelstudienzeit für den neuen Studiengang bestimmt. Die vorangegangenen ein oder zwei Hochschulsemester bleiben also im Ergebnis ohne Einfluss auf den Verbrauch des Studienguthabens und dem davon abhängigen Eintritt der Gebührenpflicht. Diese bei einem Studiengangwechsel bis zum dritten Hochschulsemester nach § 2 Abs. 3 StKFG vorgesehene, modifizierte Abbuchungsweise ist sowohl auf zukünftige als auch auf bereits zurückliegende Hochschulsemester anwendbar. Auch bei gebündelter Abbuchung für die Vergangenheit kann semesterweise so vorgegangen werden, dass nach einem Studiengangwechsel zum zweiten oder dritten Hochschulsemester der mit der Regelabbuchung für das erste Hochschulsemester begonnene Abbuchungsvorgang abgebrochen, erneut ein vollständiges Guthaben angesetzt wird und die Regelabbuchungen für die nachfolgenden Semester zu Lasten dieses neuen Guthabens vorgenommen werden. Als Folge dieser Vorgehensweise bleiben die dem Studienwechsel vorangegangenen Hochschulsemester ohne Einfluss auf den Umfang des zum Sommersemester 2004 noch zur Verfügung stehenden Studienguthabens.

Die Anwendung des § 2 Abs. 3 StKFG auf Studiengangwechsel bis zum Sommersemester 2004 entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt der Sonderregelung des § 2 Abs. 3 StKFG nicht lediglich eine Lenkungsfunktion zu. Zwar soll sie auch einen Anreiz schaffen, sich möglichst frühzeitig über die endgültige Studiengangwahl klar zu werden und kurzfristig auf Zweifel an der bereits getroffenen Wahl zu reagieren. Dies entspricht dem differenzierten Ziel des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes, unter Wahrung einer realistischen Möglichkeit zum gebührenfreien Erwerb eines berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses den effektiven Einsatz der begrenzten Ausbildungskapazitäten zu fördern und den Aufwand öffentlicher Mittel für das Hochschulwesen möglichst zu begrenzen.

vgl. LT-Drs 13 /3023, S. 1, 19 ff.

Darin erschöpft sich die Regelungsabsicht jedoch nicht. Der Gesetzgeber trägt vielmehr mit dieser Sonderregelung insbesondere dem Umstand Rechnung, dass in nicht wenigen Fällen der gewählte Studiengang nicht den Erwartungen und Neigungen des oder der Studierenden entspricht und deshalb in den Anfangssemestern eine Umorientierung stattfindet. Da die Wahl des Studiengangs von nicht unerheblicher Bedeutung für den Erfolg des Studiums und der späteren Berufstätigkeit ist, kann ein frühzeitiger Studiengangwechsel sinnvoll sein. Damit der oder dem Studierenden noch ausreichend Zeit zur erfolgreichen Beendigung des schließlich gewählten Studiengangs verbleibt, soll sich ein Studienwechsel innerhalb einer zweisemestrigen Orientierungsphase gebührenrechtlich nicht auswirken. Hiermit korrespondiert, dass auch nach § 7 Abs. 3 BAFöG ein früher Studiengangwechsel keine negativen Folgen für die Förderungsdauer haben soll.

Sieht sich das Gesetz also veranlasst, eine bestimmte Studiengestaltung unter Effizienzgesichtspunkten grundsätzlich zu tolerieren und von negativen gebührenrechtlichen Folgen freizustellen, kann es nicht darauf ankommen, ob die entsprechende Gestaltung des Studiums unter dem Eindruck der gesetzlichen Vorgaben oder unabhängig davon vorgenommen wurde. Der abweichenden Auffassung des Beklagten, eine Beschränkung der (unmittelbaren) Anwendung des § 2 Abs. 3 StKFG auf Studiengangwechsel nach dem Sommersemester 2004 sei gerechtfertigt, weil davon ausgegangen werden könne, dass die unter dem Eindruck drohender Langzeitstudiengebühren vorgenommenen Studiengangwechsel eher auf einer ernsthaften und mit Blick auf eine zügige Studiumsbeendigung getroffenen Entscheidung beruhten, kann nicht gefolgt werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Einschätzung des Beklagten über die Qualität der Wechselentscheidung zutreffend ist. Denn der Gesetzgeber hat davon abgesehen, die Privilegierung eines frühen Studiengangwechsels davon abhängig zu machen, dass dieser sich im Ergebnis tatsächlich als einem effektiven Studium förderlich erweist. Weder § 2 Abs. 3 StKFG noch sonstige Regelungen des Studienkonten- und - finanzierungsgesetzes knüpfen den Eintritt der Rechtsfolge des § 2 Abs. 3 StKFG an das Vorliegen weiterer Voraussetzungen (etwa die erfolgreiche Beendigung des neuen Studiengangs) oder das Ausbleiben bestimmter Umstände (etwa weitere Studiengangwechsel).

b) Hiervon ausgehend verfügt die Klägerin zum Sommersemester 2004 noch über ein Studienguthaben. Die Regelstudienzeit für den Studiengang Betriebswirtschaftslehre (Diplom), in den die Klägerin eingeschrieben ist, beträgt neun Semester (§ 2 Abs. 1 Diplomprüfungsordnung für den Studiengang Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu L. ). Demnach wird das Studienguthaben der Klägerin nach §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 und 2 StKFG durch vierzehn Regelabbuchungen verbraucht. Zwar war die Klägerin bis einschließlich Wintersemester 2003/2004 für fünfzehn Semester an einer deutschen Hochschule eingeschrieben (Wintersemester 1996/1997 bis Wintersemester 2003/2004). Jedoch führen die für die bereits vergangene Studienzeit nach § 6 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StKFG vorzunehmenden Regelabbuchungen im Ergebnis nicht zu einem vollständigen Verbrauch des Studienguthabens der Klägerin. Vielmehr war der nach Maßgabe des 6 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StKFG vorzunehmende Abbuchungsvorgang vom Studienkonto der Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 StKFG nach dem zweiten Hochschulsemester zu unterbrechen und zu Lasten eines neuen Studienguthabens fortzusetzen. Von dem zu Beginn des dritten Hochschulsemesters gewährten vollständigen Studienguthaben (entsprechend vierzehn Semestern) waren nach § 6 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 und 6 StKFG für das dritte bis fünfzehnte Hochschulsemester der Klägerin zwölf Regelabbuchungen vorzunehmen. Für das Wintersemester 1999/2000, in dem die Klägerin beurlaubt war, ist keine Abbuchung vorzunehmen. Danach verbleibt der Klägerin zum Sommersemester 2004 ein Studienguthaben im Umfang von zwei Regelabbuchungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.