AG Münster, Beschluss vom 01.03.2004 - 77 IN 35/01
Fundstelle
openJur 2011, 30425
  • Rkr:

Die nachträgliche und gesonderte Anmeldung des Deliktscharakters ist zulässig; dies auch dann, wenn die im Zusammenhang stehende Insolvenzforderung bereits rechtskräftig zur Tabelle festgestellt worden ist.

Zur Prüfung und Feststellung dieser Anmeldung ist ein gesonderter Prüfungstermin gem.§ 177 InsO anzuberaumen.

Der Schuldner ist entsprechend der Vorschriften §§ 175 Abs. 2 und 302 InsO hinsichtlich seines Widerspruchsrechtes zu belehren. Der Insolvenzverwalter sowie auch die übrigen Insolvenzgläubiger können der Anmeldung insoweit nicht widersprechen; § 178 Abs. 1 InsO.

Tenor

wird nunmehr aufgrund der zulässigen und begründeten Erinnerung vom 21.1.2004 gegen den gerichtlichen Beschluß vom 14.1.2004 angeordnet:

Hinsichtlich der Forderung lfd. Nr. 2 der Insolvenztabelle wird das nachträgliche Vorbringen der Gläubigerin, die vorgenannte Insolvenzforderung habe ihren Ursprung in einer vorsätzlich begangenen Handlung des Schuldners, im schriftlichen Verfahren geprüft (§ 177 Abs. 1 InsO analog).

Es bleibt festzustellen, daß die Forderung im übrigen bereits am 2.7.2002 durch den Insolvenzverwalter in voller Höhe festgestellt worden ist. Soweit es sich nunmehr um die Prüfung und Feststellung des Deliktscharakters der Forderung handelt, steht dem Verwalter kein eigenes Widerspruchsrecht zu.

Der Schuldner wird in einem gesonderten Schreiben auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen; vgl. §§ 175 Abs 2 i. V.m. § 302 InsO.

Die Änderung der Vorschrift § 174 Abs. 2 InsO durch das InsOÄndG vom 26.10.2001 (BGBl. I. S. 2710) schließt nicht aus, daß trotz Prüfung und rechtskräftiger Feststellung einer Insolvenzforderung noch nachträglich die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt, angemeldet werden können.

Der nachträgliche Sachvortrag ist als nachträgliche Anmeldung im Sinne von § 177 Abs. 1 InsO zu behandeln. Die Prüfung kann im schriftlichen Verfahren erfolgen.

Die Anmeldung ist bis zum Abschluß des Insolvenzverfahrens möglich.

Die Tabelle mit dem zu prüfenden Sachvortrag der Gläubigerin und die zugehörigen Urkunden sind zur Einsicht der Beteiligten auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts N, Zimmer Nr. ...# niedergelegt.

Der Prüfungsstichtag, der dem besonderen Prüfungstermin (§ 177 Abs. 1 InsO) entspricht, ist der 26.03.2004.

Gegen die Feststellung des deliktischen Charakters steht dem Schuldner ein gesondertes Widerspruchsrecht zu.

Spätestens am vorgenannten Tag muss der schriftliche Widerspruch, mit dem der Schulder die vorgebrachten Tatsachen bestreitet, bei Gericht eingehen.

Gründe

Die Sachlage stellt sich wie folgt dar:

Die Gläubigerin N. T, M2, vertr. durch die Rechtsanwälte I2, I. & H., N, hat mit Anmeldung vom 21.3.2002 eine Forderung in Höhe von insgesamt 339.175,87 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet. Die Forderung setzt sich zusammen aus einem titulierten Anspruch in Höhe von 176.906,99 Euro - Versäumnisurteil des LG N vom 2.7.2001, Az.: 2 O ...#/... sowie einem Anspruch über 130.000 Euro aus einem notariellen Schuldanerkenntnis vom 23.11.1991 - UR.-Nr.: ...#/... des Notars F..

Im Allgemeinen Prüfungstermin vom 2.7.2002 wurde die Forderung in vollem Umfang durch den Verwalter anerkannt. Die Feststellung der Forderung ist durch das Insolvenzgericht in der Tabelle vermerkt worden.

Mit Schreiben vom 1.4.2003, gerichtet an den Insolvenzverwalter Rechtsanwalt I, C, teilte der Gläubigervertreter dann unter Bezugnahme auf seine vorerwähnte Anmeldung mit, dass die angemeldeten Verbindlichkeiten des Schuldners auf vorsätzlich begangenen und unerlaubten Handlungen beruhen. Weiter heißt es im vorgenannten Schreiben: "Da die Ansprüche tituliert waren, bedurfte dies zunächst keiner näheren Ausführung, wird aber hiermit ergänzt und die angemeldete Forderung ausdrücklich auf diesen Tatbestand gestützt."

Desweiteren wurde der Sachvortrag des Gläubigervertreters ausführlich begründet und mit eingereichten Unterlagen, u.a. Klageschrift vom 5.6.2001 zu dem Verfahren 2 O ...#/... LG N sowie einem Schreiben vom 3.4.2001 nebst Anlagen belegt.

Der mit dem Schreiben vom 1.4.2003 verbundene Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung kann diesbezüglich außer Acht gelassen werden.

Auf Anfrage des Gerichts teilte der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 24.4.2003 dann mit, "dass in der Forderungsanmeldung der Frau T vom 21.3.2002 nicht angegeben war, dass ihrer Forderung eine vorsätzlich unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt."

In der weiteren Korrespondenz mit dem Gläubigervertreter hat das Gericht sodann die Auffassung vertreten, eine nachträgliche Prüfung der Forderung hinsichtlich der Tatsache, dass es sich um eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung handele, käme nicht in Betracht. Diese Rechtsauffassung wurde u.a. damit begründet, daß "sowohl § 174 Abs. 2 InsO als auch § 302 Nr. 1 InsO eindeutig sagen, dass die Forderung unter Angabe des Rechtsgrundes, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt, angemeldet werden muß. Gemäß § 175 Abs. 2 InsO ist der Schuldner auf die Rechtsfolgen des § 302 InsO und auf die Möglichkeit, Widerspruch erheben zu können, vor Prüfung der Deliktsforderung vom Insolvenzgericht hinzuweisen; diese Vorschrift würde umgangen, wenn jederzeit nachträglich nach Prüfung der Forderung der Tatbestand der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung geltend gemacht werden könnte. Der Schuldner hätte keine Möglichkeit mehr, dem zu widersprechen, weil die Forderung bereits endgültig und abschließend geprüft ist."

Mit Schreiben des Gläubigervertreters vom 13.10.2003 nimmt dieser nochmals auf seine bisherigen Ausführungen Bezug und beantragt nochmals ausdrücklich, für die Anmeldung gemäß Schriftsatz vom 1.4.2003 einen gesonderten Prüfungstermin anzuordnen. Vorsorglich ist ein entsprechender Antrag auf Tätigwerden gestellt worden (Uhlenbruck-InsO § 177 Rdn. 11).

Das Insolvenzgericht hat durch Beschluss vom 13.1.2004 dem Begehren der Gläubigerin auf Anberaumung eines nachträglichen Prüfungstermins im Sinne von § 177 Abs. 1 InsO zwecks Prüfung und Feststellung des Deliktscharakters der Forderung lfd. Nr. 2 der Insolvenztabelle nicht stattgegeben und den Antrag zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte befristete Erinnerung war zulässig und begründet.

Die angefochtene Entscheidung ist durch richterlichen Beschluss vom 13.2.2004 aufgehoben und zur erneuten Entscheidung dem zuständigen Rechtspfleger vorgelegt worden.

Zur Sachentscheidung im Einzelnen:

Klarzustellen ist, dass auf das hier vorliegende Verfahren die Vorschriften der Insolvenzordnung unter Berücksichtigung der zum 1.12.2001 (InsOÄndG v. 26.10.2001 - BGBL I. S. 2710) in Kraft getretenen Änderungen, hier insbesondere § 174 Abs. 2 sowie § 302 Nr. 1 InsO, Anwendung finden.

Das Insolvenzverfahren ist zwar vor dem 1.12.2001 beantragt, jedoch erst später, am 15.3.2002, eröffnet worden. Hinsichtlich der Anwendung des

§ 174 n.F. wird auf Artikel Nr. 103a EGInsO Bezug genommen.

Dem Vorbringen des Gläubigervertreter, die nachträgliche Bezeichnung der Forderung als Deliktsforderung sei notwendig geworden, da das Gericht bzw. der Verwalter den Gläubiger nicht in ausreichendem Maße über die gesetzlichen Änderungen sowie die Beantragung der Restschuldbefreiung informiert habe ist wie folgt zu entgegnen:

Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, inwieweit der Insolvenzverwalter den Gläubiger auf die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auf die notwendigen Inhalte der Anmeldungserklärung hinzuweisen hat.

Allgemein üblich ist, das der Verwalter im Rahmen der Bekanntmachung gem. § 30 Abs. 2 InsO die vom Schuldner benannten Gläubiger über das Verfahren in Kenntnis setzt und zur Anmeldung der Forderungen auffordert. Zumeist geschieht dies im Zusammenhang mit der Übersendung eines von den Verwaltern entwickelten Merkblattes.

Literatur und Kommentierung sind teils uneinig darüber, inwieweit der Verwalter als Empfänger der Anmeldungen ein eigenständiges Vorprüfungs- und Entscheidungsrecht hat.

Nach Ansicht des Gerichts kommt dem Verwalter aber allenfalls eine Hinweispflicht zu, wenn offensichtliche Mängel vorliegen. Einen Anspruch auf Überprüfung der Anmeldung auf formelle Fehler hat der Gläubiger nicht. Insbesondere hat der Verwalter den Gläubiger nicht auf die Notwendigkeit der Bezeichnung der Forderung als solche aus einer unerlaubten Handlung heraus hinzuweisen; vgl. insoweit Uhlenbruck, InsO, 12. Auflage, Rd. 21 zu § 174 InsO.

Ebenso wenig dürfte Seitens des Gerichts diesbezüglich eine Hinweispflicht aus § 139 ZPO i.V.m. § 4 InsO gegeben sein. Das Gericht ist ebenfalls nur insoweit verpflichtet auf offensichtliche Mängel hinzuweisen. Eine Hinweispflicht im Sinne von § 174 Abs. 2 InsO ist somit nur dann gegeben, wenn der Gläubiger die Forderung ausdrücklich als Deliktsforderung deklariert hat, die Voraussetzungen für eine wirksame Anmeldung insoweit aber nicht gänzlich erfüllt sind. Eine Verpflichtung seitens des Gericht zur Bezeichnung der Forderung als Deliktsforderung aufzufordern und entsprechenden Tatsachen und Belege zu benennen bzw. beizubringen ist nicht zu erkennen; vgl. insoweit Uhlenbruck, InsO, 12. Auflage, Rd. 24 zu § 174 InsO.

Hinzu kommt, daß der Deliktscharakter der Forderung nicht direkt aus dem Tenor der eingereichten Titel zu ersehen war.

Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass dem Gläubiger offengestanden hätte, an dem Berichts- und Prüfungstermin teilzunehmen. Spätestens im Berichtstermin am 26.4.2002 wäre der Gläubiger über die Beantragung der Restschuldbefreiung in Kenntnis gesetzt worden.

Die im Aufhebungsbeschluss des Gerichts vom 13.2.2004 angeführten Gründen stehen nicht im Widerspruch zu der hier dargestellten Rechtsauffassung.

Letztlich dürfte der Aspekt der Hinweispflicht für die Beurteilung der Rechtslage auch zweitrangig sein.

Fraglich ist vielmehr, ob nach wirksamer Anmeldung einer Forderung die Nachmeldung der Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt, zulässig ist. Es ist somit zu prüfen, ob nach Änderung des Gesetzes zum 1.12.2001 die Anmeldung des Forderungsbetrages und -grundes in zeitlichem Zusammenhang mit der Bezeichnung der Tatsachen, die für eine Deliktsforderung sprechen, stehen mss, oder ob eine Änderung der Anmeldung im Sinne von § 177 Abs. 1 S. 3 InsO möglich ist.

Durch das InsOÄndG v. 26.10.2001 (BGBl I. S. 2710) ist § 174 Abs. 2 ergänzt worden um den Zusatz "sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zu Grunde liegt". Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. Begr. zu Art. 1 Nr. 12, NZI 2001, 18) würde es für den Schuldner eine erhebliche Härte bedeuten, wenn er nach erfolgreichem Durchlaufen der Wohlverhaltensperiode erfahren würde, eine Forderung, die uU eine wesentliche Verbindlichkeit ausmacht, wäre von der Restschuldbefreiung nicht erfasst, da ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zugrunde liegt. Durch die Ergänzung des Abs. 2 soll sich der Schuldner früh darauf einstellen können, ob er sich einem Insolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung überhaupt unterwerfen will.

Nach Ansicht des Gerichts widerspricht die Intention des Gesetzgebers nicht einer nachträglichen Ergänzung der Anmeldung, soweit der Deliktscharakter bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens und vor Beginn der Wohlverhaltensphase noch verfahrensrechtliche Berücksichtigung finden könnte. Auch wenn die Anmeldung der Forderung nebst Benennung der Tatsachen, die den deliktischen Charakter bezeichnen, einheitlich erfolgte und der Schuldner im darauffolgenden Prüfungstermin Widerspruch erheben würde, wäre eine Ungewissheit seitens des Schuldners nicht ausgeschlossen. Ein vom Gläubiger geführter Feststellungsprozess vor einem ordentlichen Prozessgericht hemmt die Beendigung des Insolvenzverfahrens und den Beginn der Wohlverhaltensphase nicht. Der Schuldner würde auch dann noch Gefahr Laufen im Prozess zu unterliegen; er hätte die Folgen des § 302 Nr. 1 InsO, nämlich das Fortbestehens der Forderung trotz Restschuldbefreiung zu tragen.

Die Ergänzung der Anmeldung könnte hier allenfalls über § 174 InsO i.V.m. § 177 Abs. 1 S. 3 InsO erfolgen. Zwecks nachträglicher Prüfung und Feststellung des Deliktscharakters wäre ein nachträglicher Prüfungstermin gem. § 177 Abs. 1 S. 1 und 2 InsO anzuberaumen.

Voraussetzung wäre hier u.a., dass es sich bei der nachträgliche Anmeldung des Deliktscharakters um eine Änderung im Sinne von § 177 Abs. 1 S. 3 InsO handelt. Eine Änderung im Sinne vorgenannter Vorschrift muss eine wesentliche Änderung der ursprünglichen Anmeldung darstellen - in Betracht kommt z.B. die Angabe eines anderen Schuldgrundes oder die Beanspruchung eines wesentlich höheren Betrages.

Nach Auffassung des Gerichts dürfte im vorliegenden Fall keine Änderung des Schuldgrundes vorliegen, was zu einer insgesamten Neuanmeldung der Forderung führen würde. Hierzu auch ZInsO 10/2002, Seite 466 ff. Der der Anmeldung zugrundeliegende Lebenssachverhalt ist vielmehr der gleiche, nämlich der titulierte Zahlungsanspruch aus dem Versäumnisurteil des LG N sowie aus der notariell beurkundeten Schuldurkunde.

Zur Präzisierung des Begriffs "Änderung der Forderungsanmeldung" kann auch auf die Kommentierung zur Konkursordnung zurückgegriffen werden. In vielfacher Weise wird im Zusammenhang mit der Anmeldung und Prüfung von Insolvenzforderungen in Literatur und Kommentierung auf § 142 KO verwiesen. Auch werden hinsichtlich der Anmeldung des Deliktscharakters teils parallelen zur Anmeldung des Konkursvorrechts gem. § 61 KO gezogen. Insoweit wird u.a. auf Kübler/Prütting, InsO, Rn. 1 zu § 174 sowie Rn. 8 zu § 177 InsO hingewiesen.

Nach Kuhn-Uhlenbrock, KO, 11. Auflage, Rn. 3 zu § 142 KO ist auch ein erst nach Feststellung der angemeldeten Forderung angemeldetes Vorrecht noch zur Prüfung zuzulassen. Auf nachträglich beanspruchte Vorrechtsanmeldungen und sonstige Änderungen der Anmeldung findet § 142 Abs. 1 KO Anwendung, d.h. ein nachträglicher Prüfungstermin ist anzuberaumen gewesen. Vgl. im übrigen auch Uhlenbruck, InsO, 12. Auflage, Rn. 14 zu § 176. Dort heißt es: "Ähnlich wie bei den früheren Konkursvorrechten ist es aber dem Schuldner unbenommen, sein Bestreiten lediglich auf die Tatsachen zu beschränken, die nach Angaben des anmeldenden Gläubigers eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung darstellen. Bestreitet der Schuldner im Prüfungstermin zwar nicht die Forderung als solche, sondern nur den Rechtsgrund der unerlaubten Handlung, so hat der Gläubiger wie beim früheren Vorrechtsstreit gem. § 179 Abs. 1 die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben".

Auch § 178 Abs. 3 InsO dürfte der nachträglichen Prüfung des Deliktscharakters nicht im Wege stehen, da zumindest entsprechend des Gesetzestextes, die Anmeldung nur hinsichtlich des Betrages und des Ranges in Rechtskraft erwächst. Im vorliegenden Verfahren ist die Forderung bereits rechtskräftig zur Tabelle festgestellt worden. Dies dürfte jedoch einer nachträglichen Prüfung der Forderung wegen des Deliktscharakters nicht entgegen stehen.

Aus den vorhergehenden Ausführungen ist zu entnehmen, dass grds. einer nachträglichen Forderungsprüfung, bezogen auf die Tatsache der deliktischen Handlung, keine rechtlichen Einwendungen entgegen stehen. Über § 177 Abs. 1 InsO ist nur für diesen Zweck ein Prüfungstermin anzuberaumen. Der Schuldner ist im Rahmen von § 175 InsO zu belehren.

Wie zwischenzeitlich auch wohl herrschende Meinung sein dürfte, hat der Schuldner insoweit ein "eigenes" Widerspruchsrecht, d.h. dem Schuldner wäre es möglich, seinen Widerspruch nur auf die Tatsache zu beziehen, als das die angemeldete Forderung als deliktische Forderung deklariert wird.

Nach Auffassung des Gerichts bliebe die der Rechtskraftwirkung des § 178 Abs. 3 InsO unterliegende Erklärung des Verwalters bestehen. Nach einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts N vom 10.10.2003 - Az.: 3 C ......#/......- steht dem Verwalter, beschränkt auf den Deliktscharakter, insoweit kein eigenständiges Widerspruchsrecht zu. Der Verwalter hat vielmehr das Recht und die Pflicht, die Forderungsanmeldung zu prüfen und - soweit die Forderung berechtigt ist, diese anzuerkennen. Eine weitere Prüfungs- und Widerspruchskompetenz kommt ihm nicht zu.

Nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die im angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts N vom 13.1.2004 vertretene Auffassung aufgegeben, soweit die Möglichkeit der Anberaumung des nachträglichen Prüfungstermins im vorliegenden Fall abgelehnt worden ist.

Zwar ist das Insolvenzverfahren streng formalisiert um u.a. Mehraufwand für die Insolvenzgerichte zu vermeiden. Die Durchführung eines nachträglichen Feststellungsverfahrens gem. § 177 Abs. 1 InsO stellt jedoch keine unverhältnismäßige zusätzliche Belastung im Rahmen der Abwicklung der Insolvenzverfahren dar. Ggf. kann eine solche Nachmeldung auch mit anderen nachträglichen Forderungsanmeldungen verbunden werden. Im übrigen hat der Gesetzgeber die nachträgliche Anmeldung bereits mit gesonderten Gebührentatbeständen sanktioniert. Jeder Gläubiger, der nach Ablauf der Anmeldefrist von seinem Recht auf Forderungsanmeldung Gebrauch macht, hat eine Gebühr in Höhe von 13,00 Euro (Kostenverzeichnis der Anlage 1 Nr. 5119 zu § 11 GKG) zu zahlen. Inwieweit der entstehende Mehraufwand durch die vorgenannte Gebühr tatsächlich abgegolten wird, mag dahingestellt bleiben.

Die Tatsache, dass die nachträgliche Anmeldung des Deliktscharakters im von der Justiz in NRW verwendeten elektronisch geführten Tabellensystem nicht vorgesehen ist,

kann letztlich kein ausschlaggebender Grund für die Ablehnung der beantragten Prüfung im Sinne von § 177 Abs. 1 InsO darstellen.

Teils wird in der Praxis im Falle von nachträglichen Anmeldungen des Deliktscharakters auch so verfahren, dass der Gläubiger Forderungsanmeldungen gänzlich - auch nach rechtskräftiger Feststellung - zurückzunehmen hat und anheim gestellt wird eine Neuanmeldung im Sinne von § 174 Abs. 2 n.F. InsO vorzunehmen. Die Zulässigkeit dieser Verfahrensweise scheint aus Sicht des Gerichts zumindest zweifelhaft zu sein. Dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder würde im Falle der erwähnten Verfahrensweise ein Widerspruchsrecht einzuräumen sein. Auf den ersten Blick scheint die vorerwähnte Möglichkeit zwar praktikabel, letztlich entziehen sich die Befürworter dieses Ansatzes jedoch der Beantwortung der Frage, ob nach Änderung des § 174 Abs. 2 InsO der Gesetzgeber eine zeitgleiche Anmeldung von Forderung und der den Deliktscharakter bezeichnenden Tatsachen zwingend vorschreibt oder ob eine nachträglich gesonderte Anmeldung letztgenannten Aspektes noch bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens möglich sein sollte. Wird die Auffassung vertreten, § 174 Abs. 2 n.F. InsO schließt eine separate Anmeldung des Deliktscharakters aus, so dürfte auch eine Rücknahme einer bereits festgestellter Forderungen bei gleichzeitiger Neuanmeldung der Forderung nicht zulässig sein. Dies würde eine Umgehung von § 174 Abs. 2 n.F. InsO darstellen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.